(Dr. Armin Jäger, CDU: Eine bestellte, Herr Minister. – Annegrit Koburger, PDS: Sind Ihre nicht bestellt oder was?)
Wenn Sie die Freiheit der Wissenschaft meinen einschränken zu wollen, besprechen Sie das mit der Universität.
Der GdP-Landesvorstand, meine Damen und Herren, hat mittels einer eigenen Umfrage noch einmal seine durchaus schon bekannten Positionen verdeutlicht. Weitere Umfragen gibt es auch, ich kann hier gern eine Übersicht geben. Merkwürdig ist allerdings, vielleicht aber auch fast erklärbar, dass die Umfrageergebnisse voneinander teilweise sehr deutlich abweichen. Eines aber ist klar, wir sind in einem Umgestaltungsprozess und Diskussionsprozess, der fruchtbar ist. Die Arbeitsergebnisse geben uns Recht und die Diskussionen werden wir fortführen. So haben wir nicht nur große Wachstumsraten bei der Aufklärung von Straftaten, worauf ich hinwies. Erfreulicherweise, meine Damen und Herren, hat der erhöhte Kontrolldruck auf den Straßen des Landes, gepaart mit anderen Maßnahmen, zu einem sehr erfreulichen und sehr deutlichen Rückgang an Verkehrsunfällen geführt.
1998, meine Damen und Herren, hatten wir 364 Verkehrstote, jeden Tag einen im Durchschnitt. Heute sind es 296, 68 Menschenleben weniger, die wir auf unseren Straßen pro Jahr inzwischen zu beklagen haben. Das ist eigentlich ein Erfolg, da geht es letztlich um jeden Einzelnen, um jedes einzelne Menschenleben. Das ist ein Erfolg, über den ich – das sage ich ganz offen – sehr froh bin. Und da bin ich besonders stolz auf die Polizei, dass sie in diesem Bereich ihre Kontrolltätigkeit ausgedehnt hat.
Die Kriminalitätsbelastung unseres Landes hat sich deutlich entspannt. Kamen im Jahr 1998 noch 11.255 Straftaten auf 100.000 Einwohner, so sind es 2001 noch 10.370. Vielleicht sind es noch zu viel, aber auch hier sage ich: Die Richtung stimmt und in dieser Richtung werden wir weiter a r b e i t e n.
Meine Damen und Herren, die Landespolizei konnte diese Ergebnisse nur erzielen, weil sie konsequent auf Qualitätsentwicklung gesetzt hat. 1998 hatten wir eine – sicherlich in der Diskussion unterschiedlich bewertet, Herr Rehberg, darauf will ich mich jetzt nicht einlassen, das
können wir gern noch mal vertiefen – starre, ressourcenverschwendende Polizeiorganisation. Heute haben wir eine flexible Struktur mit flacher, schlanker Führung. Moderne Führungsmethoden halten Einzug.
Im Bereich des Personals allerdings haben wir die deutlichsten Akzente gesetzt. Unser Ziel ist es, hier mehr Qualität und mehr Leistung dauerhaft zu entwickeln. 1998 gab es nur Neueinstellungen für den mittleren Polizeivollzugsdienst. Die zweigeteilte Laufbahn, Herr Rehberg, hat bei meinen vier Amtsvorgängern jedenfalls nicht gefruchtet. Und ich sage Ihnen meine Meinung auch dazu: Die zweigeteilte Laufbahn mag in der Ferne sinnvoll sein, aber das würde bedeuten, dass wir alle diejenigen, die in diesem Land kein Abitur machen, vom Polizeidienst ausschließen würden. Ich meine, das muss man sich sehr genau überlegen, ob wir unserer Jugend diesen Berufszweig vorenthalten wollen.
Ich persönlich bin da unentschieden. Es hat Vor- und Nachteile. Aber ich glaube, die Nachteile einer zweigeteilten Laufbahn sollte man sich sehr genau überlegen.
Heute, meine Damen und Herren, studieren mehr als 40 junge Leute pro Jahrgang für den gehobenen Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule in Güstrow. Das heißt, wir haben 1999 angefangen, auch für den gehobenen Dienst direkt auszubilden.
Dies ist, wenn man so will, die Ankündigung eines Einstiegs in die zweigeteilte Laufbahn, aber der mittlere Dienst hat nach wie vor einen großen Stellenwert in der Landespolizei. Außerdem werden bis zu 50 junge Menschen jährlich im mittleren Dienst neu eingestellt. Mehr als 60 Beamte können pro Jahr nach erfolgreicher Ausbildung, die nicht einfach ist, jeweils in den gehobenen Dienst aufsteigen.
1998, meine Damen und Herren, als wir in die Verantwortung gingen, haben 63 junge Leute bei der Polizei die Ausbildung begonnen. Im Jahr 2002 werden es insgesamt 100 sein,
eine deutliche Steigerung, die wir im Blick auf die Ausbildungsleistung der Polizei gemacht haben. Das zeigt, dass auch die Reform der Aus- und Fortbildung sinnvoll war. Die Zusammenlegung der Ausbildung zum mittleren Dienst in Rostock, der Ausbildung zum gehobenen Dienst und der Landespolizeischule in Neustrelitz zeigt positive Effekte. Ich selbst habe mich wiederholt in Güstrow hiervon überzeugen können, auch wenn noch nicht alle Probleme heute gelöst sind. Aber auch hier sage ich, die Richtung stimmt, wir müssen Synergien für die Aus- und Fortbildung letztlich im gesamten öffentlichen Dienst schaffen.
Meine Damen und Herren, diese strukturellen Maßnahmen führen selbstverständlich und erklärbar dazu, dass wir ein Höchstmaß an Führungs- und Überzeugungskraft durch die Dienstvorgesetzten voraussetzen müssen. Ich habe Verständnis für so manche Frage und manche Sorge der einzelnen Beamten. Aber ich will auch sagen, wir wollen, dass mehr Polizisten auf die Straße kommen, weniger in Führungsebenen verwendet werden. Deshalb ist es
gewollt, dass auch lebensältere Polizisten, meine Damen und Herren, vom Schreibtisch in den Streifendienst zurückkehren, mit anderen Worten von einer Führungsfunktion zurücktreten ins Glied. Sicherlich gibt es an diesen Stellen gegenüber den Beamten noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Aber ich sage Ihnen, diesen Weg wollen wir gehen. Und ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren auch die Beamten, die erneut in die Streife müssen, von der Richtigkeit dieser Maßnahme überzeugen können.
Ein besonderes Thema sind bei der Landespolizei oder, genauer gesagt, in der öffentlichen Diskussion über die Landespolizei derzeit die Mehrarbeitszeiten. In der Presse lese ich, dass unsere Landespolizei im Vergleich aller Polizeien am meisten damit belastet sein soll. Richtig ist Folgendes: Durch Einsätze der Bereitschaftspolizei in anderen Ländern, wie zuletzt in Berlin beim Besuch des amerikanischen Präsidenten, durch Einsätze im eigenen Land, wie insbesondere beim Demonstrationsgeschehen, durch den Bäderdienst der Landespolizei und durch weitere spezielle Herausforderungen haben wir besondere Belastungen. Diese sind Bestandteil der polizeilichen Aufgabenstellungen, aber ich sage auch an dieser Stelle noch einmal klar und deutlich: Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern einwohnerbezogen die meisten Polizeibeamten der deutschen Flächenbundesländer. Das bleibt auch so. Und wir werden zuerst die polizeilichen Aufgaben im eigenen Land bewältigen, bevor wir andere Länder unterstützen können. Auch das bleibt so. Im Übrigen macht das auch jedes Bundesland so.
Meine Damen und Herren, ein Problem bei der Polizei ist aber Folgendes – ich will in aller Offenheit darauf hinweisen: Für viele scheint die Polizei der Reparaturbetrieb unserer Gesellschaft zu sein. Ob das beim Thema Rechtsextremismus der Fall ist, ob das beim Thema Jugend und Gewalt der Fall ist, ob das beim Drogenthema der Fall ist, ob das bei Erziehungsfragen der Fall ist, wie wir jetzt auch nach den Ereignissen von Erfurt gelegentlich hören, die Polizei wird als die Institution angesehen, die einzugreifen hat, wenn es brennt. Das muss sie auch, aber ich frage mich, ob nicht viel früher beim Thema Rechtsextremismus, beim Thema Jugendgewalt, beim Thema Drogen, beim allgemeinen Erziehungsthema andere als die Polizei ihre Aufgaben wahrzunehmen haben,
Und ich sage Ihnen eins: In allen Gesprächen mit den Polizeibeamten sind hier besondere Sorgen und auch besondere Belastungen zu spüren. Deswegen bin ich zwar nach wie vor sehr stolz auf die Polizei, die die Präventionsarbeit in diesem Lande in den letzten Jahren angeschoben hat, aber wir müssen alle darauf setzen, dass das Thema Prävention wegkommt von der Polizei und die Motorenfunktion der Polizei abklingt zugunsten einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Damit würden wir der Polizei große Dienste leisten, wenn wir weiterkämen auf diesem Weg.
Meine Damen und Herren, deswegen sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Wir haben in einer angespannten Zeit eine hervorragend arbeitende Landespolizei. Sie befindet
sich in einer Umstrukturierungsphase. Sie können sich in den Dienststellen jederzeit davon überzeugen, dass die Polizei die Leistungen erbringt, die wir mit ihnen gemeinsam in den Zielvereinbarungen definieren. Aber eine Bitte, Herr Dr. Jäger, möchte ich äußern: Reden Sie die Polizei nicht schlecht! Sie hat es nicht verdient.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Das machen Sie doch, Herr Timm! Das machen Sie!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern ist ein außerordentlich wichtiges Thema. Dieses Thema ist aktuell, es ist auch sensibel und es eignet sich deshalb vielleicht in einer Aktuellen Stunde tatsächlich nur für eine Oppositionsfraktion.
Aber, meine Damen und Herren, Fragen der Polizeistruktur, der Organisation, der Laufbahn, der Besoldung, das kann ja wohl keiner bestreiten, diese Aufgaben brauchen Lösungen und für diese Lösungen braucht man einen langen Atem. Im Bereich der Polizei haben wir in den letzten Jahren sehr intensiv und sehr emotional diskutiert. Die Novellierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, das Polizeiorganisationsgesetz waren einige dieser wichtigen und nicht unumstrittenen Projekte. Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität, zur Bekämpfung des Rechtsextremismus oder der Wirtschaftskriminalität standen genauso zur Debatte wie Reaktionen auf die Ereignisse des 11. September 2001, eingeschlossen den Oppositionsantrag mit dem bombastischen Titel „Antiterrorpaket M-V in Höhe von 30 Mio. DM“. Alle diese Debatten haben wir der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern zugemutet.
Nun lassen Sie mich aufgrund dieser wichtigen Diskussionen einiges bemerken aus Sicht der PDS-Fraktion:
Erstens ist festzustellen, dass durch das immense Reform- und Maßnahmepaket auch unseren Polizistinnen und Polizisten Erhebliches abzuverlangen war und ihnen an dieser Stelle dafür auch unser Dank, und zwar unser aller Dank gebührt.
Zweitens will und kann ich nicht abschließend beurteilen, ob das vorgelegte Reformtempo – der Innenminister hat es ja eben anschaulich noch einmal dargestellt – immer adressenkonform gewesen ist. Die PDS hat sich stets dafür ausgesprochen, die notwendigen Polizeireformen in engem Schulterschluss mit den Betroffenen, insbesondere auch mit der GdP, vorzubereiten und umzusetzen. Dies ist nicht immer und überall gleich gut gelungen, das will ich eingestehen.
Drittens ist die PDS von Anfang an dafür eingetreten, die durchgeführten Strukturveränderungen nach einer angemessenen Frist zu evaluieren. Diese Forderung schauen wir uns nach einem, nach zwei Jahren an, was aus den Reformansätzen im Bereich der Polizei zur Gewährleistung der Sicherheit in Mecklenburg-Vorpom
mern geworden ist, und wir sind uns nicht zu schade, Schwächen und Stärken dieser Reform zu bewerten und dann notfalls auch zu korrigieren. Allerdings aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, vier Monate nach dem eigentlichen Beginn bereits darüber nachzudenken, wie was wo funktioniert hat.
Und viertens ist es nachweislich dem Drängen meiner Fraktion zu verdanken, dass manchmal ja auch in Konfrontation zur Landesregierung, insbesondere aber in guter Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium es gelungen ist, bei der Errichtung des Betriebs für Bau- und Liegenschaftsverwaltung die besonderen Interessen der Polizei und damit auch der Polizistinnen und Polizisten in diesem Land besonders zu behandeln und gesetzgeberisch zu berücksichtigen.