Protocol of the Session on April 25, 2002

und verzerren den so guten und ernsthaften Anspruch, mit erneuerbaren Energien auch Deutschlands Wirtschaft in eine energiepolitisch solide Zukunft zu führen.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Das war aber ein schöner Satz.)

Es ist unbestritten, das erste Jahrhundert des neuen Jahrtausends wartet mit drängenden Energiefragen auf. In seiner Studie „Living in One World“ hat der Weltenergierat klargemacht, dass bis zum Jahr 2050 der Primärenergiebedarf im Vergleich zu heute um etwa 50 Prozent wachsen wird.

(Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Gleichzeitig nehmen die Vorräte an fossilen Energieträgern, Öl, Gas und Kohle, ab. Ihr Anteil wird von heute 80 Prozent auf 50 Prozent sinken. Dabei bieten natürlich – und das im doppelten Sinne des Wortes – natürliche erneuerbare Energien wie Sonne, Wasser, Biomasse und auch Wind einen Ausweg.

Bereits heute entstehen 40 Prozent der weltweit erzeugten Windenergie in Deutschland. Damit ist Deutschland beim Ausbau der Windenergie an der Weltspitze – eine Spitzenposition, die stolz machen kann, aber auch uns sehr nachdenklich.

Fakt ist, über das Energieeinspeisegesetz wird über den gesetzlich festgelegten Einspeisepreis künstlich eine Nachfrage geschaffen. So liegt der Preis für Windkraft bei bis zu rund 9 Cent pro Kilowattstunde. Atomstrom dagegen kostet beispielsweise rund 5,5 Cent pro Kilowattstunde. Tatsächlich aber sind Deutschlands Stromunternehmen seit April 2000 gesetzlich dazu verpflichtet, Windstrom zu dem festgelegten Preis – Höchstsatz, ich sage es noch mal in deutschen Pfennigen, 17,8 Pfennige –, der bis zu 9 Jahren gewährt wird, zu kaufen.

So titelt die „Welt am Sonntag“ vom 10.02.2002 zu Recht „Windkraft – Bruchlandung der deutschen Energiewirtschaft“

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

und führt aus: „Windkraftanlagen sind für Betreiber inzwischen zu einer Lizenz zum Geld drucken geworden.“ Die OZ vom 19.04.2002 titelt: „Globale Trends bringen Kapital auf Trab“. Und weiter: „Die Aktienkultur in Deutschland wird weiter aufblühen, 23 Millionen potentielle Arbeitnehmer werden durch die Riester-Rente auf Kapitalmarktprodukte zugreifen“.

Ein Trend wie das Global Warning und regenerative Energien, die Brennstoffzelle und die alternative Windkraft sind zu Geschäftsfeldern avanciert.

Fakt ist: 12 Windkraftanlagenhersteller sind bereits am neuen Markt in Frankfurt notiert. Weitere Firmengebilde werden durch politische Flanken wie Steuervergünstigun

gen, Zinsverbilligungen und 51 Milliarden Euro, also über 100 Milliarden DM Bundesmittel bis 2010 hervorgespült.

In der „WirtschaftsWoche“ Januar 2002 und auch in dieser Ausgabe, die wir jetzt vorliegen haben, wird unter der Rubrik Steuern und Recht vor Anlagemodellen wie zum Beispiel Enron-Anlagen, einer der größten Hersteller von Windkraftanlagen, gewarnt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Unternehmen verkauft und ein neues Schild über die Tür gehängt wird.

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

Die Frage bleibt offen: Wer übernimmt die Gewährleistung und die technisch aufwendige Wartung? Lesen Sie dazu bitte auch den Artikel in der „WirtschaftsWoche“ vom 18.04.02, Seite 116, wie Kopfgeldjäger agieren! Herrenlose Anlagen, die wir alle nicht wollen, als wirtschaftliche Mahnmale der Zukunft wären in Größendimensionen eine Horrorvision.

Sehr geehrte Abgeordnete, ich denke, es geht schon lange nicht mehr nur bei Windkraft um die Nutzung der natürlichen Ressourcen für eine vernünftige wirtschaftliche Dimension. Hier bestimmt das Kapital die Dimensionen des Beutezuges in die Natur.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oh, des Beutezuges. – Peter Ritter, PDS: Böses Kapital.)

Ein großartiges Ziel, die Nutzung erneuerbarer Energien, doch sie werden auf dem Weg zum Ziel zu erbeuteten Energien. Der ökonomische Weg, Herr Klostermann, konterkariert das ökologische Ziel. Und lassen Sie sich einmal gegenrechnen in der Bauzeit für diese gigantischen Anlagen, wie viel Energie aufgebracht wird, um diese Anlagen erst mal zu errichten,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und dann im Ziel die Energieleistung, die wir dagegenzurechnen haben.

(Barbara Borchardt, PDS: Das geht bei anderen Einrichtungen nicht?)

Politisch euphorisch vermeldet der Bundesumweltminister Trittin, es gibt zurzeit 66 Antragsteller für Offshoreprojekte. Nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie gibt es derzeit 30 konkrete Anträge für immerhin 6.000 Windräder vor den Küsten.

Auch für und vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste werden die Claims abgesteckt. Mit Unterrichtung des Ministeriums für Arbeit und Bau auf der 47. Tourismusausschusssitzung am 10.04. sind 7 Projekte mit immerhin 1.298 Anlagen aufgezeigt. Für 6 Projekte haben bereits die Anlaufberatungen begonnen. Schwerwiegend ist hierbei, dass zwar für die Projekte innerhalb der 12-Seemeilen-Zone ein Suchverfahren nach Raumordnungsprinzip staatlich durchgeführt wird, doch für die Ausschließliche Wirtschaftszone, siehe auch heute SVZ und „Nordkurier“, es keinerlei Raumordnung gibt, also eindimensional gearbeitet wird. Das Land wird zwar im Antragsverfahren in der AWZ als Art Anrainer beteiligt, wird aber nie Herr des Verfahrens sein.

Verwiesen wird im Schreiben vom 4. April 2002 des Ministeriums für Arbeit und Bau an den Tourismusausschuss darauf, dass diese vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie durchgeführten Verfahren erkennen lassen, dass hier mit äußerster Korrektheit gehandelt wird. Welch eine politische Farce! Erst jetzt werden 3 Mil

lionen Euro Bundesmittel, und zwar durch bundesdeutschen Druck Schleswig-Holsteins, die da ein ganz starker Partner für uns sind, für 15 Forschungsprojekte zu ökologischen Auswirkungen von Offshoreanlagen bereitgestellt und erste belastbare Aussagen liegen frühestens 2003 vor, Herr Klostermann. Aber mit der ersten Genehmigung eines Offshoreparks vor Borkum wurden bereits Fakten geschaffen.

Ich denke, das ist im höchsten Maße politisch fahrlässig, nach dem Motto: Das Ziel heiligt die Mittel. Das bedeutet, dass, wenn keine Versagungsgründe vorliegen – und die können ja erst vorliegen, wenn diese Forschungsprojekte gelaufen sind, wenn man erkennt, das ist nicht so gut –,

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

ein Rechtsanspruch des Antragsstellers auf Erteilung der Genehmigung besteht. Damit werden alle Beschlüsse von Kreistagen – Rügen, Fischland, Darß –, von Verbänden wie dem Regionalen Planungsverband Vorpommern, auch Hiddensee, unsere Willensbekundungen ignoriert beziehungsweise wir werden lediglich als Anrainer über Landesebene betrachtet. Erst wenn es um die Stromableitung auf dem Hoheitsgebiet Mecklenburg-Vorpommerns geht, sind Steuerungsmöglichkeiten über Raumordnungsverfahren gegeben.

Es ist kaum glaubhaft, dass vor unserer Küste möglicherweise gigantische Industriewindparke hochgerüstet werden mit so imposanten Namen wie „Kriegers Flak“ (70 Anlagen) , „Adlergrund“ (163 Anlagen) oder „Oderbank“ (200 Anlagen), und erst wenn teurer, hoch subventionierter Strom durch unser Land zur Einspeisung kommen soll, lediglich das Stromkabel nach links oder ein bisschen nach rechts gelegt werden darf, denn auch hier gilt nach EEG klar, dem Energieeinspeisegesetz, den erneuerbaren Energien Vorrang einzuräumen. Steuerungsmöglichkeiten bei der Anlandung der Energie Ja, grundsätzlich zu den Projekten Nein, so Professor Methling im Tourismusausschuss. Und deshalb fordern wir eben Maßnahmen, um Einfluss zu nehmen auf die Seeanlagenverordnung, die bisher die Versagungsgründe nicht so klar definiert. Ich vermisse auch bei der energiepolitischen Diskussion total den visionären Ansatz, wie wir Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel zum Niedrigpreisenergiestromland entwickeln könnten,

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

denn erneuerbare Energien sollten nicht teurer für den Verbraucher werden, sondern sie sollten zum wirtschaftlichen Standortfaktor und Vorteil für unser Land entwickelt werden.

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

Sehr geehrte Abgeordnete, ich bitte Sie, auch im Namen meiner beiden Kollegen und, ich denke, auch vieler, die sich hier nicht offen äußern, dass wir aus unserer gemeinsamen politischen Verantwortung hier im Landtag für unseren Lebensraum Mecklenburg-Vorpommern diesem Berichtsantrag zustimmen. Zu viele Fragen bleiben noch unbeantwortet. Lassen Sie uns keinen neuen politischen Sündenfall, diesmal nicht vom Reißbrett, sondern gleich vom Aktienmarkt inszenieren, denn auch auf dem Reißbrett existiert bis heute noch nicht eine 5-MegawattAnlage. Bis zum heutigen Tag liegen keine realistischen, aussagefähigen Energiebilanzen und Energieeinspeisungsmöglichkeiten vor. Lubmin und Bentwisch werden

benannt als Standorte, aber die Möglichkeit besteht noch nicht.

Es gilt auch, sehr ernsthaft die prognostizierten Arbeitsplätze im Land – „Nordex“ machte unlängst Schlagzeilen mit Billigarbeitsplätzen, auch für Ingenieure, man staune, die Belegschaft ging damit an die Öffentlichkeit – gegen die Tausenden Arbeitsplätze im Tourismus wirtschaftlich ins Verhältnis zu setzen und weitere Subventionen wirtschaftspolitisch klug abzuwägen.

Und ich mache hier mal aufmerksam, Herr Professor Methling, damit ich es hier nicht in den Saal posaune, ohne mich absolut rückversichert zu haben, auf der e.disAktionärsversammlung voriger Woche in Fürstenwalde wurde vom Vorstandsvorsitzenden im Saal verkündet, dass es in Dänemark einen Super-GAU gegeben hat mit einer Windflaute von zwei Tagen, wo sich kein Windrad mehr auf See drehte

(Reinhardt Thomas, CDU: Ist zusammengebrochen.)

und man ein totales Umdenken in der Subventionierung staatlicherseits einbringt und keinerlei Subventionen mehr für Windkrafträder einstellen will.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: So ist das, wenn kein Wind weht.)

So ist das, wenn kein Wind weht. Es wird ja auch nicht, wenn die Windräder sich drehen, ein Atomkraftwerk abgestellt. Das ist ja der Trugschluss, der hier suggeriert wird.

(Peter Ritter, PDS: Wir können es doch aber befördern, Frau Skrzepski, befördern. – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Solche Artikel wie in der „Ostsee-Zeitung“ bitte ich hierbei zu beachten, die natürlich sehr interessant gestaltet sind.

(Peter Ritter, PDS: Wir könnten Atomkraftwerke schon heute abschalten, ohne dass wir im Dunkeln sitzen.)

Unten heißt es: „e.dis zieht Preise an“, obwohl 17 Prozent der Energieleistung bei e.dis durch Windkraftanlagen geliefert wird, und oben brillieren wir, man setzt als Mecklenburg-Vorpommer auf die Entwicklung der Fischwirtschaft. Dazu wird mein verehrter Herr Landtagskollege Herr Brick noch reden. Die Ostsee als Ernährungsgrundlage der Zukunft soll zum Beispiel bei nur einem der Projekte – und ich bitte Sie, das wirklich noch mal zu verinnerlichen, vor Rügen zum Beispiel – mit 200 Windkraftanlagen um eine Fläche von 195 Quadratkilometern, ein Fünftel der Fläche Rügens, beraubt werden. Riesige Monopile werden in Stahlfundamente installiert, die 20 Meter tief in den Meeresgrund gerammt werden und das Meer auf diesen riesigen Flächen mit Tausenden Kubikmetern Beton auf Ewigkeit versiegeln. Das sind Mahnmale der Zukunft für mich. Oberhalb des Wassers können wir alles abtragen, aber diese Betonfundamente bleiben ewig.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Der Kreistag Rügen und die Insel Hiddensee sowie Ämter und Gemeinden Rügens und auch die PDS auf der Insel Rügen warnen davor, stimmen dem Kreistag einstimmig zu, auch die Landrätin, und sie erwarten die Aussetzung dieser Offshoreanlagen, sie lehnen diese Projekte ab.

Ich denke, sehr geehrte Abgeordnete, setzen wir unsere menschliche Energie dafür ein, sehr verantwortungsvoll für unsere Menschen im Land, in der Tradition, für die Seefahrt und die Fischereiwirtschaft eine hochwertige Tourismusregion, die wir mit vielen Geldern, mit Milliarden geschaffen haben, mit 8 Milliarden Investitionen, vor politischen Auswüchsen und einem energiepolitischen Gigantismus zu bewahren. Lassen Sie uns Entscheidungen mit Sach- und Fachkenntnis treffen, nicht mit Halbwissen und Legislaturdenken! Es gibt den Einen, der da mit der ruhigen Hand regiert

(Siegfried Friese, SPD: Und der regiert gut.)

im Bund, und Herr Methling wird uns heute bestimmt sagen, dass er mit wissenden professionellen Händen, im wahrsten Sinne des Wortes grünen Händen regiert, aber das Volk hat zurzeit nur Halbwissen in den Händen,

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)