(Reinhard Dankert, SPD: Wahrscheinlich hält er das für ÖBS. – Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, Harry Glawe, CDU, und Barbara Borchardt, PDS)
Aber wir sind ja bei diesem Moment des Nachteils und ich halte nichts davon, dieses Thema so zu bagatellisieren. Die Wartefrist trifft auf unsere entschiedene Ablehnung, denn sie verstärkt die Langzeitarbeitslosigkeit, gefährdet soziale Strukturen und sie wirkt für die Menschen demotivierend.
Nun habe ich überlegt, worin kann der Grund bestehen, dass es eine Wartezeit überhaupt gibt. Also in der Logik des Gesetzes, Herr Dankert, sehe ich sie nicht, denn Gesetze sind für die Menschen da und nicht die Menschen für die Gesetze.
Nur rational ist es erklärbar. Rational ist, das ist hier gesagt worden, kein Geld da. Und wenn man sich den Bundeshaushalt der Bundesrepublik für das Jahr 2002 anschaut, dann sieht man, dass im Vergleich zum Vorjahr 16,2 Prozent weniger für ABM und 30,5 Prozent weniger für SAM eingestellt wurden. Darin liegt eigentlich die Begründung, warum es diese Wartefrist gibt.
Und nun wäre die Frage, warum diese Wartefrist für drei Jahre und ob es dafür denn eine Begründung gibt. Und da finde ich weder rational noch emotional eine Begründung, denn die Wartefrist von drei Jahren ist überhaupt nicht zu erklären.
Sie ist – als Gesundheitspolitiker muss ich das mal sagen – gesundheitspolitisch höchst bedenklich. Der Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Verschlechterung der gesundheitlichen Situation ist hinlänglich bekannt. Die Gmünder Ersatzkasse hat repräsentativ im vergangenen Jahr die Gesundheitssituation von Beschäftigten und der von seit drei Jahren Arbeitslosen untersucht. Verglichen mit Nichtarbeitslosen nehmen die seit drei Jahren arbeitslosen Männer zweimal so viele und Frauen eineinhalbmal so viele Leistungstage in Krankenhäusern in Anspruch. Die seit drei Jahren Arbeitslosen erkranken etwa achtmal so häufig an psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen wie diejenigen, die nicht arbeitslos sind. Und besonders gravierend ist aus meiner Sicht, dass diejenigen, die seit drei Jahren arbeitslos sind, ein 3,4fach höheres Risiko haben zu versterben.
Arbeitslosigkeit ist ein massenhaftes Schicksal und darum ein gesellschaftliches Problem. Und die Wartefrist nach ABM wälzt dieses gesellschaftliche Problem auf den Einzelnen wieder ab. Und das ist aus unserer Sicht unzulässig.
Weil er natürlich hätte sagen müssen, wir wollten die Wartefrist ja auch, wir wollten die auch, denn sie entspricht den Intentionen der Kohl’schen Regierung, so genannte Förderketten – also ich verstehe ja nicht den hinteren Sinn dieses Wortes. Hinzu kommt, das ist hier auch gesagt worden, dass der Kanzlerkandidat Stoiber die ABM für „von Übel“ erklärt hat.
Und er hat missachtet, dass gerade in den neuen Bundesländern das Rückgrat der existentiellen, sozialen, kulturellen und ökologischen Leistungen durch ABM und SAM erbracht wird.
Im Wahlkampf 1998 hieß es: Wir machen nicht alles anders, aber vieles besser. Schließen möchte ich mit einem Zitat von Lichtenberg, einem deutschen Schriftsteller und Physiker aus dem 18. Jahrhundert: „Es ist nicht gesagt, daß es besser wird“, schrieb er, „wenn es anders wird. Wenn es aber besser werden soll, muß es anders werden.“ – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/2738. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Der Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/2738 ist mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS und einer Stimme der Fraktion der CDU gegen die Stimmen der Fraktion der CDU und einer Stimmenthaltung bei der SPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Stärkung von Bildung und Erziehung im Bereich des Rechtsanspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz, Drucksache 3/2731.
Antrag der Fraktion der CDU: Stärkung von Bildung und Erziehung im Bereich des Rechtsanspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz (§ 24 SGB VIII und § 6 Abs. 2 KitaG M-V) – Drucksache 3/2731 –
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir mal wieder zu einem konkreten Thema und weg vom Theoretisieren und Philosophieren, Herr Koplin,
hin zu ganz nackten Fakten und Tatsachen. Und lassen Sie mich auch gleich daran anschließen und vielleicht mit einigen Zitaten beginnen, damit Sie mir nicht unterstellen, ich denke mir irgendetwas aus.
Kinder sind uns natürlich allen wichtig, das ist bekannt, auch unserer Sozialministerin. Und ich freue mich, dass Sie hier sind, Frau Ministerin Bunge, und dass Ihre Kollegin Frau Keler auch hier ist. Ich habe heute noch einige nette Grußadressen an Sie vorbereitet.
„Leuchtende Kinderaugen sind für mich die schönste Sache der Welt.“ Frau Bunge, das haben Sie schön gesagt. Das ist ein Zitat, das ich sehr gerne unterschreiben würde.
Aus den Reihen der SPD darf ich vielleicht den Herrn Kollegen Rißmann zitieren in der Sitzung am 1. Februar 2001: „Dabei darf es nicht zu einer Verschlechterung der Standards kommen, … Das Betreuungsangebot muss qualitativ den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden.“
Die Liste der wohlklingenden Zitate lässt sich beliebig fortsetzen, meine Damen und Herren. Fragt man allerdings vor Ort, und das würde ich auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPD empfehlen, nach den Rahmenbedingungen, dann schlagen einem die Wellen der Empörung entgegen, dass nichts mehr übrig bleibt von diesen wohlklingenden Zitaten,
dass nichts mehr übrig bleibt und diese verblassen. Statt für die Interessen der Kinder und deren Einrichtungen zu kämpfen, haben die Abgeordneten sich nunmehr seit fast vier Jahren hinter dem Vorwand knapper Kassen verbarrikadiert.
Frau Koburger, darf ich Sie auch zitieren? Frau Koburger, am 1. Februar 2001, hören Sie gut zu, ich zitiere: „Ja, wir haben leider nur begrenzte finanzielle Spielräume und trotzdem,“
„der Versuch wird unternommen.“ Was heißt denn, der Versuch wird unternommen, Frau Koburger? Der Versuch wird unternommen, heißt nichts anderes,