Protocol of the Session on March 13, 2002

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Im SGB V steht im Paragraphen 266: „Zwischen den Krankenkassen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt.“ Und das wollen Sie für nichtig erklären

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

beziehungsweise Sie stellen sich dahinter.

Sicher ist der Risikostrukturausgleich ein kompliziertes Gebilde und man kann nicht alle Besonderheiten ausgleichen. Und es kommt zu Verwerfungen. Aber es gibt auch Vorschläge dazu, außerhalb des Risikostrukturausgleichs solche Verwerfungen abzubauen, zum Beispiel für die Problematik Sachsen. Weil Sachsen mehr bekommt aus dem Risikostrukturausgleich, als es ausgibt, gibt es den Vorschlag, die angehäuften 500 Millionen den bedürftigen AOKn beziehungsweise IKKn – diese haben das gleiche Problem – in den Ostländern umzuverteilen

(Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

und das alljährlich weiterzuführen,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Da sieht man mal, wie krank das System ist. Eine halbe Milliarde häufen die an! Das ist Wahnsinn!)

so dass dort das Problem der Altschulden gelöst wird.

(Harry Glawe, CDU: Geben Sie doch zu, dass das System so nicht stimmt! Geben Sie es doch zu!)

Diesen kasseninternen Ausgleich fordern wir. Und ich kann Ihnen sagen, auf Arbeitsebene besteht Einverständnis, dass es diese Regelung geben muss,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Aha!)

weil Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel mehr Ausgaben hat,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Aha!)

die nicht beeinflussbar sind und deshalb eines kasseninternen Ausgleichs bedürfen.

(Harry Glawe, CDU: Ja, für Herzkranke. – Nils Albrecht, CDU: Ja. – Dr. Ulrich Born, CDU: Also bedarf es Korrekturen.)

Aber politisch wird dagegengehalten.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Sie strafen Ihren Ministerpräsidenten Lügen, Frau Sozial- ministerin. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Warum? Warum wird politisch dagegengehalten? Ich kann Ihnen eines sagen: Ich bin froh, dass der Sozialminister Sachsens sich gegen die generelle Klage mit wehrt. Aber dass er jetzt 12,9 Prozent Beitragssatz festlegt, das ist ein schönes Abschiedsgeschenk, wenn er nun in den Ruhestand geht.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das macht er doch nicht. Das muss doch die AOK machen. Das ist eine bundesgesetzliche Rege- lung. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Er könnte unserer Lösung zustimmen, denn das Bundesministerium ist gewillt,

(Harry Glawe, CDU: Er darf keine ungesetzlichen Rücklagen bilden. – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

eine solche Regelung gesetzlich einzuführen – die geht im Paragraphen 265 a –, wenn alle Länder im Osten mitspielen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Da können Sie Ihre Hausaufgaben machen

(Harry Glawe, CDU: Dann machen Sie das doch! Machen Sie das doch!)

und die CDU in Sachsen auffordern, da mitzumachen. Dann wäre nämlich eine der Verwerfungen gelöst.

(Harry Glawe, CDU: Das hätten Sie schon längst machen müssen. – Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist doch noch geltendes Recht. Dann ändern Sie es doch!)

Und ich kann Ihnen eines sagen zu dem Teil Transfer West-Ost:

(Harry Glawe, CDU: Sie hätten doch die Federführung übernehmen kön- nen in der Verhandlungsgruppe.)

Dieser ist 1999 eingeführt worden. Das ist vor allen Dingen von mir initiiert worden

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Oh ja!)

ob der besonderen Probleme in den neuen Bundesländern und in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und ich werde mich vehement dagegen wehren mit allen Mitteln,

(Nils Albrecht, CDU: So, wie Sie sich um die Pflegedienste im Land gekümmert haben.)

dass Sie diesen Erfolg dieser Landesregierung zunichte machen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Rißmann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Rißmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über das Prinzip, dass solidarische Finanzierung starke Schultern stärker belastet als schwächere, Gesunde für Kranke etwas tun, Junge für Alte, Besserverdienende für Einkommensschwache, scheint es ja Einvernehmen zu geben, wenn man dem glauben könnte. Diesem Prinzip ist der Risikostrukturausgleich, als er konzipiert wurde, nur bedingt gefolgt. Wir haben in den vergangenen Jahren seit 1994 registrieren müssen, dass er verbesserungsbedürftig war. Die Reform dieses Risikostrukturausgleichs ist deshalb ein weiterer richtiger und wichtiger Schritt.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Wenn ab 2007 die tatsächlichen Krankheitsrisiken ausgeglichen werden, dürften damit auch Beitragssatzverwerfungen, wie sie zurzeit in Ostdeutschland deutlich geworden sind, der Vergangenheit angehören. Eine begründete Hoffnung, meine ich, dass dieser solidarische Ausgleich als Notwendigkeit von allen verstanden, begriffen und akzeptiert wird, insbesondere in unserem Bundesland natürlich, wenn man sich das Auftreten bestimmter Erkrankungen vor Augen führt, dass Patienten bei uns wesentlich häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die zu chronischen Leiden führen und auch chronisch sind, und Diabetes haben, wenn man in Rechnung stellt die erhöhte Zahl von Bluthochdruckkrankheiten, aber auch ver

meidbare Krankheiten, nikotin- und alkoholbedingte Spätfolgen, die nun auch die Kassen belasten.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Übergewicht.)

Und die Einnahmen sind in unserem Land niedriger, deutlich niedriger. Höheres Vorkommen auch an übergewichtigen Patienten, schlechtere Mundgesundheit als Startpunkt für alles, was sich später an Erkrankungen entwickeln kann, aber auch die schlechtere Situation in der Einwohner-Arzt-Relation in unserem Bundesland, die geringere Ausstattung oder Ausführung von Praxispersonal, die höhere Anzahl an Fällen pro Arzt und die Überlastung des medizinischen Personals in den Krankenhäusern sind Gründe, die bedacht werden müssen, wenn man sich für einen solidarischen Ausgleich der Finanzierung einsetzt. Die logische Konsequenz in der vorhandenen Situation ist, dass diese solidarische Finanzierung beibehalten werden muss unter Berücksichtigung der Morbidität.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich ist die Problematik der AOK unterschiedlich. Aber allgemein kann man sagen, dass bei einem Anteil von 44 Prozent der Versicherten in der AOK und von 54 Prozent der Risiko- oder Härtefälle in der AOK dieses Missverhältnis doch eines Ausgleichs bedarf

(Harry Glawe, CDU: Dafür ist das Alter doch mit drin. Das ist doch mit drin.)

und es begründet, warum der Risikostrukturausgleich, auch die Modifizierung oder die Reform notwendig ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich halte eine Klage in dieser Situation für kontraproduktiv. Nun, der Teufel mag ein Haar in der Suppe finden, man mag in Bayern Erbsen zählen und weitere Dinge finden, die vielleicht noch einmal überprüft werden müssen. Und wenn ein Koch das Rezept in Frage stellt, kann man sagen, okay, man müsste noch einmal überlegen. Wenn dann aber am Ende der Zielstellung doch eindeutig formuliert wird, dass die finanzielle Autonomie der Länder den Vorrang gegenüber der Solidarität verdient, wenn das die Grundaussage der Klage ist, dann ist hier etwas falsch.