Protocol of the Session on March 13, 2002

Danke schön, Frau Müller.

Ich schließe damit die Aussprache.

Kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf der Drucksache 3/2584 verfahrensmäßig für erledigt erklären? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/2745. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2775 vor.

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 3/2745 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2775 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ich rufe zuerst auf den Abgeordneten Nitz von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte beim letzten Satz von Frau Müller ansetzen, es regeln sich eben viele Dinge nicht von alleine. So auch in diesem Fall.

Ich habe eine etwas längere Redezeit beantragt, damit wir möglichst – vielleicht auch abweichend von den mit viel Fleiß erarbeiteten Statements – ins Gespräch kommen können. Ich möchte Ihnen zu Anfang etwas vortragen, was Petenten über uns denken. Ich möchte bitten, dass sich niemand persönlich verletzt fühlt, denn von Irrtum und Schuld ist keiner frei, auch nicht mit Mehrheit. Also bitte ich um Aufmerksamkeit für den Brief, den ich Ihnen jetzt vorlesen werde:

„Der Petitionsausschuss hat sich abschließend am 07.11. mit meinem Anliegen befasst und festgestellt, dass die Formalismen abgearbeitet wurden. Inhaltlich wurden seitens der Fachministerien die stereotypen Begründungen wiederholt. Ich wurde zu keinem Zeitpunkt in die Bearbeitung einbezogen, alles wurde hinter verschlossenen Türen behandelt. Kann das der übliche Umgang mit Bürgern, die sich wie ich fachkundig um Ökonomie und Ökologie sowie verkehrlich günstige Lösungen bemühen, sein, oder sind wir nach ,Glasnost und Perestroika‘ wieder da, wo wir mal waren? Auf Grund meiner jahrelangen einschlägigen Tätigkeit kann ich mir sehr wohl ein Bild über die fachliche Seite meiner Petition machen und kenne Arbeits- und Denkweise in Behörden, so dass mich das auf diese Weise erreichte Ergebnis nicht verwundert. Die Zeche zahlen die Bürger dieses Landes, die diese gigantischen Lösungen erhaltend finanzieren müssen,... Auf Grund des Umfanges der angesprochenen Problematik hätten sich die gewählten Abgeordneten“, die vielleicht auch mal zuhören könnten,...

(Torsten Koplin, PDS: So wie Ihre eigenen Leute. – Irene Müller, PDS: So wie Ihre eigene Fraktion.)

Wenn Sie vielleicht auch mal zuhören könnten!

... „nach meiner Auffassung intensiver und vor Ort befassen müssen. Die Behandlung, die mir bisher widerfuhr, ich habe sehr viel Arbeit investiert, ist empörend und hoffentlich nicht symptomatisch. Ich handele nicht aus Eigennutz oder Rechthaberei, das ergibt sich schon aus dem Thema! Ich bitte Sie, das Anliegen wieder aufzugreifen und mich in die Abarbeitung einzubeziehen“ – das ist vielleicht der wichtigste Satz in diesem Brief: „und mich in

die Abarbeitung einzubeziehen“ – „oder mir zu erklären, dass die Wende lange zurückliegt und Bürger sich gefälligst um ihren Kram kümmern sollen, weil der Staat, die geballte Fachlichkeit der Behörden, immer Recht hat. In der Hoffnung, im Interesse dieses Landes zumindest angehört zu werden, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen“.

Ich empfehle allen, sich diesen Brief mal zu besorgen – er ist weder geheim noch vertraulich – und sich dann die Frage zu stellen, wie man das mit seinem Anspruch hier in der Politik vereinbart. Ich denke, egal welcher politischen Überzeugung man ist, auf solche Dinge muss man reagieren.

Und nun zum Eigentlichen: Wir wollen heute eine Petition abschließen, die uns dem Grunde nach seit 1997 in verschiedenen Vorgängen begleitet. Es geht um das Konfliktfeld Wassersport und Naturschutz, im Grunde der Konflikt, den einheimische Investoren und Touristen so erleben, dass Aussperrungen, Arbeitsplatzverlust und Abwanderung die Folge sind und, was am meisten aufhorchen lassen sollte, dass dabei auch noch der Naturschutzgedanke, Dr. Klostermann, zerstört wird. Und ich sage Ihnen das als Naturfreund, der das sachliche Anliegen der Nationalparke, der Naturschutzgebiete, der Landschaftsschutzgebiete, sogar der Befahrensordnung und auch der FFH-Richtlinie mitträgt, genau wie auch – hören Sie auf den Titel der Initiative, die hier die Petition gemacht hat – „Wassersport pro Natur“. Was immer wieder verkannt wird, der Wassersport ist der natürliche Partner des Naturschutzes.

(Irene Müller, PDS: Ja, na, wenn sie es doch noch einsehen wollten.)

Und man muss auch mal überlegen, wem der Erhalt des Naturreichtumes gerade in der wilden Zeit nach der Wende, gerade in den Gebieten, die heute gesperrt sind, wem das maßgeblich zu verdanken ist. Für die Segler beginnt die Freiheit auch heute in vielen Fällen hinter der 3-Meilen-Zone.

Was mich bei der Sache am meisten stört, ist, dass auch hier eine Beteiligung der Petenten bei der Lösung der Petition nicht erfolgt ist. Wir haben es immerhin mit 27 Wassersportverbänden zu tun mit über 5.200 Mitgliedern, da kann man auch die Familienmitglieder hinzuzählen, die sind alle mitbetroffen. Und diese Wassersportler werden seit 1997 mit Allgemeinplätzen abgewiesen, immer wieder, wie „Es gibt keinen neuen Sachstand“.

(Die Abgeordnete Beate Mahr meldet sich für eine Anfrage.)

Am Ende, okay? Gut.

Es gibt keinen neuen Sachstand. Ja, woher soll denn der Sachverstand auch kommen?

Herr Abgeordneter Nitz, gestatten Sie eine Anfrage?

Ja, am Ende. Das dauert aber noch ein bisschen.

Wir haben vorhin von Sportförderung gesprochen. Ich erinnere bloß mal an dieser Stelle daran. Und bei dieser Petition geht es um ganze fünf Vorschläge. 33 Vorschläge wurden gemacht, nicht ein einziger wurde umgesetzt, fünf sind übrig geblieben. Ich kann das gerne mal vortragen, um was es geht. Das ist einmal der Schwarze Peter als Liegeplatz. Dann ist es ein kleines Stück auf dem Ufer

streifen, Außenstrand Hiddensee, nördlich Gellen. Dann ist es die Reede am Bock, wo man durch das Versetzen einer Tonne innerhalb einer Tiefwasserrinne wesentlich mehr Ankerplätze erreicht. Dann sind es die Verengungen im Fahrwasser, die auch sicherheitsrelevant sind, dazu lese ich gleich einige Sachen vor. Und dann ist es die Regelung in der Harving, wo man einen kleinen Uferstreifen, der von Land frei begehbar ist und der auch für Segelfahrzeuge nutzbar ist, für Motorboote öffnet.

Lassen Sie mich bitte einiges zitieren. Die Initiative Wassersport pro Natur: „Dann das Totschlagargument, daß es neben den Nutzerverbänden auch Schützerverbände gebe, denen, ,die vorgenannte Verordnung schon viel zu weit gehe.’ Darin steckt wohl die Drohung, wenn ihr nicht stille seid, bleibt ihr ganz zu Hause?“

In der Stellungnahme des Wasser- und Schifffahrtsamtes ist zu lesen: „Die vom Deutschen Sportbund beantragten Verbesserungsvorschläge dienen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, da größere Flächen im Nationalpark genutzt werden können.“

Die Weiße Flotte dazu: „Durch diese Festlegung werden für alle Verkehrsteilnehmer in diesen engen Fahrwassern aufgrund der Dichte der Belegung Gefahrensituationen provoziert, die nicht vertretbar sind.“

Ich habe auch von der Wasserschutzpolizei einiges. Da kann man dann lesen: „Im Laufe der Zeit bringen das Leben mit dieser Verordnung und die daraus resultierenden Erfahrungen verbesserungswürdige und verbesserungsbedürftige Hinweise mit sich.“ Und sie haben als Schwerpunkte herausgearbeitet die Verengung im Fahrwasser Hiddensee, das Befahren der Schutzzone II mit Motorbooten an der westlichen Außenküste von Hiddensee. Aus Sicht der Wasserschutzpolizei ist die künstliche Verengung im Fahrwasser Hiddensee, welche aus Kartenblatt und so weiter zu entnehmen ist, nicht gerechtfertigt und für die prognostische Entwicklung des zu erwartenden maritimen Tourismus im Bereich hinderlich. „Diese Verengung des Verkehrsraumes lässt kaum Ausweichmanöver zu und führt somit zu latenten Verkehrsgefährdungen. Es ist in gewisser Hinsicht nur der Umsicht aller in diesem Bereich fahrenden Schiffsführer zu verdanken, dass es hier noch zu keinen schwerwiegenden Unfällen gekommen ist. Jedoch ist eine ständige latente Gefahr vorhanden, welche nicht herausgefordert werden sollte.“ Das schreibt die Wasserschutzpolizei dazu.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Ich zitiere einen Bericht des Ruderclubs: „Himmelfahrt 1998 fuhren wir mit drei Ruderbooten, Tiefgang 15 Zentimeter, Freibord 0,5 Meter, von der Vittower Fähre kommend bei nordwestlichem Wind in Richtung Halbinsel Bug/Fischerhaken, um Wind- und Wellenschutz zu erhalten. Circa 1.000 Meter vor dem Ufer wurden wir von Parkwächtern in einem schweren Schlauchboot mit Außenbordmotor angewiesen, in die Fahrrinne zurückzukehren. Anschließend konnten wir erleben, wie diese Naturschützer mit relativ hoher Geschwindigkeit über das Flachwassergebiet hinwegfuhren, wo wir mit unseren Booten sicher keinen Schaden anrichten, diese es aber richtig durchpflügten.“ Wohlgemerkt, das sind Ruderboote. Wenn man gerade mit Ruderbooten mit Kindern unterwegs ist, weiß man ganz genau, bei schlechtem Wetter muss man unter Land oder man kann es nicht mehr tun.

Der Yachtclub Strelasund schreibt: „Die Rechtlosigkeit des Wassersportes gegenüber Maßnahmen des Naturschutzes und die Erkenntnis, in der Folgezeit unsere Wassersportgebiete der Ermessungswillkür des Naturschutzes zu unterwerfen, machen die Richtlinien zum Alptraum.“

In „Wassersport und Wirtschaft“, Nummer 1 dieses Jahres können wir lesen: „Die Charterverträge gingen um 40 Prozent“ – um 40 Prozent, das ist fast die Hälfte – „gegenüber dem Vorjahr zurück. Messestände des Landes blieben geradezu verwaist.“

Und zum Schluss zu diesem Thema einen Auszug aus einer Stellungnahme des BUND, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands: „Einig waren sich die Teilnehmer aus Tourismus-, Segler-, Motoryacht-, Angler-, Jagd- und Umweltverbänden über notwendige und sinnvollere Regelungen zum Erhalt der einzigartigen Natur in Mecklenburg-Vorpommern. Zukünftig sollen dabei die Erfahrungen der Nutzer besser einbezogen werden. Jedoch auch die Umweltverbände wollen bei Gefahren für den Naturschutz frühzeitiger mit den Nutzerverbänden in Kontakt treten. Das wollen wir auch.“

Große Mühe gab man sich zu begründen, warum das uralte Angelrevier Werderbucht-Aue ganzjährig gesperrt sein muss. Lesen Sie bitte die fünf Seiten dort selbst und urteilen Sie, nachdem Sie mit den Nutzern, insbesondere auch bei der Bootshafengemeinschaft Wendisch-Langendorf, gewesen sind, mit denen mal gesprochen haben, sich das mal angesehen haben. Also, mit solchen Argumenten könnte man jeden Parkplatz zum Biotop machen.

(Dr. Henning Klostermann, SPD: Aber! Aber!)

So viel zur Sportförderung.

Ganz klar noch einmal an dieser Stelle: Wenn der Petitionsausschuss Erfüllungsgehilfe der Behörden ist, wenn er Petenten nicht in die Problemlösung einbezieht und wenn ihm die Wege im Land zu weit sein sollten, dann hat er keine Existenzberechtigung mehr. Und ich denke, das, was ich Ihnen vorgetragen habe, ist eigentlich Grund genug, sich diese Petition noch einmal genau anzugucken, zu gucken, ob es irgendwo Kompromissmöglichkeiten gibt. Deshalb liegt dieser Änderungsantrag von der CDU vor. Ich bitte Sie, uns hierbei zuzustimmen und diese Petition dann wohlwollend weiter mit zu bearbeiten und nicht heute abzuschließen. – Herzlichen Dank.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie jetzt die Anfrage der Abgeordneten?

Herr Nitz, die Einladung der Petenten in den Ausschuss ist von Ihnen jetzt das zweite Mal hier im Landtag thematisiert worden. Meinen Sie denn wirklich, dass über das, was ein Petent uns schriftlich vorlegt, dass er darüber hinaus noch Informationen in den Ausschuss geben könnte, oder teilen Sie nicht eher meine Meinung aus der praktischen Erfahrung, dass Petenten im Ausschuss sich oft verwirrt vorkommen, dass es sie überlastet, vor all den Menschen ihr Recht vertreten zu können? Ich hatte mehr den Eindruck, als dass die Petenten da nicht mehr vorzubringen hätten, außer sie kommen eben gleich mit Steuerberater anmarschiert, was ja auch nicht Sinn der Sache sein kann.

Mag sein, dass manchmal Petenten verwirrt sind. Aber wenn Petenten verwirrt sind, dann liegt das wahrscheinlich in erster Linie mal an uns.

(Heiterkeit bei Irene Müller, PDS)

Und zum anderen, wenn man immer nur über die Leute redet, aber nicht mit den Leuten, dann, denke ich mal, wird man immer nur ein einseitiges Ergebnis bekommen. Denn es ist ja so, wir unterhalten uns mit den Behörden, wir lassen die Behörden durch Behörden überprüfen und wir haben dann meistens die gleichen Begründungen. Uns fehlt einfach die andere Seite, die sagt, nee, nee, so ist das nicht gewesen. Das ist in ganz vielen Fällen so gewesen. Das ist doch eine Erfahrung aus unserer Arbeit, dass wir ohne Einbeziehung der Betroffenen überhaupt kein objektives Bild bekommen können.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage, Herr Abgeordneter?

Herr Nitz, haben Sie wirklich den Eindruck, dass wir über die Leute reden und nicht über das Petitum der Leute?

(Dr. Henning Klostermann, SPD: Ja.)