Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Entwurf zum Datenschutzgesetz verabschiedet der Landtag heute den 16. Gesetzentwurf, den mein Haus zur Beratung in dieser Legislaturperiode vorgelegt hat.
Ich bedanke mich für die konstruktive Mitarbeit der Abgeordneten, insbesondere der Abgeordneten im Innenausschuss. Auch bei der Opposition bedanke ich mich, auch dann, Herr Dr. Jäger, wenn nun nicht jeder einzelne Vorschlag, den Sie eingebracht haben, auf das Wohlwollen der Regierung gestoßen ist. Ich meine allerdings, dass sich die Ergebnisse sehen lassen können und dass die 16 geänderten Gesetze, die aus meinem Geschäftsbereich verabschiedet werden konnten, das Land in vielen Dingen – ich denke an die Polizei und anderes in diesem Zusammenhang, auch vor allem an die Kommunen – vorangebracht haben.
Das Datenschutzgesetz, meine Damen und Herren, liegt im Parlament seit dem August 2001. Aber ich will darauf hinweisen, dass wir seit Jahren – seit 1995 liegt die
EG-Datenschutzrichtlinie vor, seit 1998 gibt es diese dritte Legislaturperiode mit der SPD/PDS-Koalition – an diesem Gesetzentwurf arbeiten. Ich darf auch hier allen, die daran mitgewirkt haben, herzlich danken. Auch innerhalb der Koalition gab es manche Hürde zu nehmen. Vor allem danke ich hier insbesondere, aber das gilt auch für alle anderen Gesetzentwürfe, den Beamten im Innenministerium, die mit viel Fleiß an diesen Vorlagen gearbeitet haben.
Meine Damen und Herren! Mit der jetzt vorliegenden Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie werden in erster Linie die Rechte betroffener Bürger und die Möglichkeiten der Datenschutzkontrolle verbessert. Die wesentlichen Änderungen möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen:
Erstens geht es um besonders sensible Daten, zum Beispiel über die Gesundheit oder über die ethnische Herkunft der Personen. Diese werden unter einen besonderen Schutz gestellt. Sie dürfen ohne Einwilligung der Betroffenen nur verarbeitet werden, wenn dies durch eine bereichsspezifische Vorschrift im Einzelnen erlaubt wird.
Zweitens. Wichtige Entscheidungen über eine Person dürfen nicht allein in einem automatisierten Verfahren getroffen werden. Diese zum Beispiel im Bankenbereich zur Bonitätsprüfung vor Krediten oft eingesetzten Bewertungsverfahren oder die in der Privatwirtschaft schon häufig verwendeten Profilabgleiche zur Personalplanung dürfen nicht dem Kollegen Computer überlassen bleiben, sondern müssen in jedem einzelnen Fall einer befugten natürlichen Person, also einem Menschen mit einer persönlichen Verantwortung, vorbehalten bleiben. Das regelt auch diese Datenschutznovelle.
Drittens. Der Bürger erhält wesentliche Informationsrechte schon bei der Erhebung seiner Daten, auch und gerade dann, wenn sie nicht bei ihm direkt erhoben worden sind. Außerdem werden seine Auskunftsrechte ausgedehnt. Zusätzlich erhält er ein generelles Widerspruchsrecht sogar gegen die rechtmäßige Verarbeitung seiner Daten, wenn er meint, in seiner besonderen Situation in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden zu sein.
Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Zweiten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes zum Datenschutzrecht haben wir nach stetem mühseligen Aufstieg eine enorme Höhe erklommen in der Rechtsetzung, allerdings liegt der Gipfel noch vor uns. Wir werden uns in den nächsten Jahren mit dieser Materie intensiv weiter zu befassen haben.
Der Bundesinnenminister Genosse Schily, wie ich hier sagen darf, hat ein Gutachten in Auftrag gegeben und lässt feststellen, in welchen Bereichen das ja recht komplizierte oder recht kompliziert gewordene Regelungswerk Datenschutzrecht zu vereinheitlichen ist und vor allem, wie ein neuer Ansatz gefunden werden kann, das sich jetzt auf alle Bereiche ausgedehnte Datenschutzrecht so zu konstruieren, dass ein elementar neuer Datenschutzansatz letztlich Richtschnur für die Gesetzgebung in Bund und Ländern wird. Das wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein.
Wir haben uns hier mit diesem Datenschutzgesetz vorgenommen, ab 2005 die Befugnisse des Datenschutzbeauftragten neu zu regeln. Ich meine, dass dies eine hier im Land sehr intensiv zu nutzende Zeit sein wird, aber vor allem in Abstimmung mit dem Bund und den übrigen Ländern, diese Materie zu bearbeiten. Ich hoffe auf eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit und meine, dass wir
bei uns, aber vor allem auch bundesweit eine breite Debatte brauchen, derzeit allerdings von einer Lösung insbesondere im Blick auf die Befugnisse des Datenschutzbeauftragten weit entfernt sind. Blickt man nach Schleswig-Holstein, sieht die Konstruktion völlig anders aus, als wenn man etwa nach Süddeutschland blickt. Insofern, meine Damen und Herren, bedanke ich mich noch mal, wünsche mir auch für die weiteren Vorhaben eine konstruktive Zusammenarbeit und erwarte, dass das Gesetz verabschiedet wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich vor circa 15 Minuten nach der Reihenfolge der Redner erkundigt und war damit sehr wohl einverstanden. Da stand: Als Erster redet Herr Müller, dann rede ich, dann redet Schulz
Frau Schulz, Verzeihung. Ich wusste es nicht genau. Ich wusste nur noch Schulz. Entschuldigen Sie bitte.
Herr Helmrich, der Minister hat gesagt, er möchte zuerst sprechen. Gemäß Artikel 82 unserer Geschäftsordnung haben Sie jetzt das Rederecht. Die Regelung sieht vor, dass nach der Regierung die Opposition spricht, und Sie haben deswegen jetzt das Wort.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehen Sie, so ist das! Das muss man ja mal sagen.)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zurück auf die allgemein lobenden Worte des Ministers, denen ich mich, was die Beratung im Innenausschuss anbetrifft, anschließen kann.
Ich darf als Mitglied des Rechtsausschusses darüber hinaus noch meiner Freude Ausdruck geben, dass der Innenausschuss wie der Rechtsausschuss zur Bearbeitung in Synopsenform übergegangen ist und dies auch im Beschlussvorschlag hier in der Drucksache 3/2765 so zum Ausdruck bringt. Für alle, die sich mit dieser Drucksache nicht beschäftigen, das ist ja immer die Mehrzahl in einem Parlament, ist es natürlich wesentlich leichter, sich einen Überblick zu verschaffen, worüber sie denn abstimmen sollen, wenn sie nicht in dem jeweiligen Fachausschuss sind. Dies möchte ich hier ganz besonders hervorgehoben haben.
Zum Zweiten. Die Veränderungen, die zum Teil auf unsere Vorschläge mit zurückgehen, aber auch die Vor
schläge des Datenschutzbeauftragten haben geholfen, den Gesetzentwurf zu verbessern, und es war insoweit eine weitgehende Einigkeit im Ausschuss. Das soll auch hier heute seinen Ausdruck finden. Wir werden dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen.
Ich möchte allerdings zu zwei kleinen Punkten Stellung nehmen. Der eine ist der Paragraph 20. Der Paragraph 20 „Behördlicher Datenschutzbeauftragter“, was ja auch für alle sonstigen Stellen, die zu den öffentlichen Stellen zählen, gilt, sieht vor, einen Datenschutzbeauftragten pro Behörde oder, wenn man so sagen kann, pro öffentliche Stelle, pro öffentlichen Betrieb einzusetzen. Alles in Ordnung. Aber man geht in anderen Ländern dazu über, hier eine Ausnahme zu machen bei einer Beschäftigtenzahl bis zu zehn Personen. Nehmen Sie sich eine Stelle – und ich komme gleich zu den Notaren –, nehmen Sie etwa einen Notar mit zwei Angestellten und einem Lehrling. Er selber soll immer ansprechbar sein und soll die Aufsicht als Behördenleiter führen. Der kann also nicht bestellt werden. Dann müssen sie die beiden Angestellten – den Lehrling können sie schließlich nicht nehmen, vielleicht auch, müssen sie überlegen –, aber sonst müssen sie die beiden Angestellten nehmen, den einen als Datenschutzbeauftragten, den anderen als Stellvertreter, so, wie das hier vorgeschrieben ist.
Und dann müssen diese beiden sich selbst kontrollieren. Wir wissen alle, dass es immer wieder bei Regelungen in zu kleinen Betrieben nicht funktionieren kann. Und das kann hier auch nicht funktionieren. Wir werden deshalb heute keinen Antrag stellen, werden uns das aber notieren für die angedachte Novellierung, über die Sie, Herr Minister, eben gesprochen haben.
Ich möchte dann als zweiten Punkt zum Paragraphen 30 sprechen, zu dem wir im Ausschuss und insbesondere auch mit dem Herrn Datenschutzbeauftragten nach wie vor unterschiedlicher Meinung sind.
Ich darf zunächst sinngemäß zitieren, was der Datenschutzbeauftragte zur Überprüfung der hier im Lande, in Mecklenburg-Vorpommern ansässigen Notare durch ihn sagt. Er ist der Auffassung, dass auf der Grundlage von Paragraph 24 Absatz 6 Bundesdatenschutzgesetz die Befugnis, Notare – und damit auch hinsichtlich ihrer Verschwiegenheitspflicht und über die Verschwiegenheitspflicht hinaus –, auch die Notare überprüfen zu können, Amtsverschwiegenheiten, sagt das Bundesgesetz, auch für die Landesdatenschutzbeauftragten gelte. Das heißt, das Bundesgesetz, so sagt der Datenschutzbeauftragte, übertrage die Rechte, die im Bundesdatenschutzgesetz natürlich zunächst nur geregelt sind für den Bundesdatenschutzbeauftragten. Die Rechte, die der hat hinsichtlich der Verschwiegenheitspflichten, der Berufsverschwiegenheitspflichten werden auch unmittelbar auf die Landesdatenschutzbeauftragten übertragen.
Eine solche Gesetzesregelung, wo ein Bundesgesetz die Rechte und Pflichten unmittelbar von Landesbeauftragten oder Landesbediensteten regelt, wäre ein Unikum. Ich beziehe mich hinsichtlich unserer Auffassung, dass hier keine unmittelbare Übertragung auf den Landesda
tenschutzbeauftragten erfolgt, auf die Entwicklung dieser Vorschrift im Bundestag. Dort heißt es ausdrücklich, dass diese Vorschrift ermöglichen soll, dass dem Landesdatenschutzbeauftragten eine Bundesverschwiegenheitspflicht, denn die steht in Paragraph 18 der Bundesnotarordnung, bei der Ausübung seines Amtes nach Landesrecht nicht entgegengehalten werden kann. Diese Vorschrift setzt also nach der Begründung entsprechendes Landesrecht voraus. Und ein solches Landesrecht, wir haben unser Landesrecht, nur, da steht es nicht drin. Und in dem jetzigen Gesetzentwurf steht es auch nicht drin. Deshalb haben wir hier bei uns im Land nach diesem Gesetz keine Kontrolle durch den Landesdatenschutzbeauftragten.
Dass auch der Gesetzgeber auf Bundesebene dieses Problem gesehen hat, ergibt sich ebenfalls aus den Bundestagsdrucksachen. Da heißt es nämlich, Bundestagsdrucksache 11/4306 auf Seite 78: Es wird gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren – damals in der 11. Legislaturperiode des Bundestages – sicherzustellen, dass die Vorschriften, hier der Absatz 6 und der damalige Paragraph 34 Absatz 4, unabhängig davon gelten sollen, ob der Datenschutz im Land durch Gesetz geregelt ist oder nicht. Und genau diese Sicherstellung ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht erfolgt. Und damit ist die Auslegung des Datenschutzbeauftragten nicht zu halten.
Ich komme dann zum letzten Punkt, der im Ausschuss dann eben streitig war. Eben war das die Auslegung des Paragraphen 24 Absatz 6 Bundesdatenschutzgesetz. Dieses überträgt, wie ich ausgeführt habe, dem Landesdatenschutzberechtigten die Aufgabe, Notare zu überprüfen, nicht. Dazu bedarf es des Landesrechts. Und nun gibt es im Ausschuss eine Diskussion, ob man das nicht mit einer Entschließung regeln könne. Und diese Entschließung finden Sie in der Drucksache auf Seite 72, da heißt es: „,Hinsichtlich der Regelung in § 30 geht der Landtag davon aus, dass Notare als unabhängige Träger eines öffentliches Amtes der Datenschutzkontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unterliegen.‘“
Ich habe Ihnen eben gesagt, dass die Bundesvorschrift im Bundesdatenschutzgesetz nach allgemeiner Meinung nicht die Rechte auf das Landesdatenschutzgesetz überträgt.
Und nach Paragraph 30 natürlich auch nicht. Und ich kann zum Schluss nur sagen: Wenn Sie sich die Geschichte unseres Gesetzes ansehen, dass der Innenminister in seinem Referentenentwurf 1999 das zwar mal vorgeschlagen hat, das aber eben aus dem Gesetzentwurf herausgestrichen worden ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, so muss jeder zwingend unseren Gesetzentwurf so auslegen, dass es eben nicht gewollt ist. Und das kann man nicht durch eine Entschließung, die auch noch streitig ist, in einem Ausschuss beheben. – Vielen Dank.
Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Müller von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenminister hat schon darauf verwiesen, Ausgangspunkt dieser Novelle unseres Datenschutzrechtes ist die entsprechende Richtlinie der EG, so hieß es damals noch, die aus dem Jahr 1995 stammt und eine Anpassung des nationalen Rechtes innerhalb von drei Jahren verlangt. Dem sind wir, zumindest fristgemäß, nicht nachgekommen, sondern wir haben zunächst abgewartet, wie sich das Recht auf der Bundesebene entwickelt, um hier einen Gleichklang von Datenschutzrecht auf der Bundes- und auf der Landesebene herbeizuführen beziehungsweise zu erhalten. Und so ergibt es sich, dass wir dieses Gesetz jetzt hier in der Zweiten Lesung beraten, obwohl es nach den Wünschen der EG oder EU eigentlich schon längst hätte passieren sollen.
Wir setzen also mit diesem Gesetz um, was die Europäische Union uns im Datenschutzbereich vorschreibt, und wir fügen Eigenes hinzu, das der inzwischen eingetretenen Entwicklung und unserer politischen Überzeugung geschuldet ist. Wir stärken, der Innenminister hat es dargelegt, die Rechte der Betroffenen. Wir passen uns an technische Entwicklungen an. Dies bezieht sich insbesondere auf die Frage von mobilen Datenverarbeitungssystemen, die zunehmend zur Anwendung kommen und für die es entsprechende Vorschriften geben muss. Das bezieht sich auf technische Fragen im Bereich der Datensicherheit, das bezieht sich aber auch auf den Bereich von Videoüberwachungsmöglichkeiten. Dieses ist zwar nicht prinzipiell etwas Neues, dieses ist aber etwas, was auch technisch in den letzten Jahren verfeinert und verbessert worden ist und das zunehmend zur Anwendung kommt beziehungsweise dessen Anwendung diskutiert wird. Wir treffen Regelungen für besondere Kategorien von Daten. Wir schaffen behördliche Datenschutzbeauftragte. Kollege Helmrich ist ausführlich auf dieses Thema eingegangen. Ich möchte hier nur hinzufügen, Herr Kollege, wir schaffen ja auch die Möglichkeit, dass mehrere Daten verarbeitende Stellen gemeinsam einen Datenschutzbeauftragten einrichten. Ich glaube, dass dieses ein sehr kluger Weg ist und in der Praxis vieles von den Problemen nicht entstehen lässt, die Sie so ein bisschen haben anklingen lassen mit Ihrem Beispiel mit dem Notar und den zwei Angestellten und dem Lehrling. Ich glaube, dass die Möglichkeit, gemeinsame Datenschutzbeauftragte zu schaffen, uns in der Praxis sehr viel weiter helfen wird. Ich denke da auch an die kommunale Ebene, wo kommunale Unternehmen beispielsweise einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten bestellen könnten, der dann für alle tätig ist.