Protocol of the Session on December 12, 2001

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber Sie müssen sich daran gewöhnen, dass es im Augenblick nicht nach Ihren Wünschen geht.)

Aber die Landesregierung und vor allem die Frau Finanzministerin, aber auch die Fraktionen von SPD und PDS haben offenbar kein Interesse an einer gründlichen Beratung des Doppelhaushaltes gehabt.

(Angelika Gramkow, PDS: Zumindest waren wir vollzählig in den Ausschüs- sen und die CDU-Fraktion nicht.)

Ihre heimliche Argumentation: Der Haushalt ist spitz auf Knopf gerechnet, Luftbuchungen gibt es natürlich auch nicht, alles ist wie immer höchst seriös veranschlagt, Gestaltungsspielräume für die Fraktionen, wo kämen wir denn da hin? Meine Damen und Herren, aus Sicht der Landesregierung kann ich das ja alles noch nachvollziehen, aber bei den regierungstragenden Fraktionen, dass Sie dieses unwürdige Schauspiel aktiv mitgemacht haben, das kann ich in keiner Art und Weise nachvollziehen.

(Angelika Gramkow, PDS: Im Gegensatz zu Ihnen war ich bei diesem Schauspiel dabei und weiß auch, worüber ich rede.)

Sie haben sich ganz einfach als willfährige Gehilfen der Finanzministerin definiert. Und ich muss Ihnen auch sagen: Wenn ich allein das Thema Jugendförderung sehe, dann muss man doch fragen, was haben Sie noch für ein parlamentarisches Selbstverständnis. Haben Sie sich einmal die Mühe gemacht, sich das Ausführungsgesetz zum KJHG, das Landesjugendfördergesetz, in den Paragraphen 3, 4 und 5 anzusehen,

(Angelika Gramkow, PDS: Ja.)

ob da wirklich drinsteht, ob der Gesetzestext hergibt, dass „Jugend baut“ mit dabei ist? Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist zur Zeit der großen Koalition nach heftigem Ringen verabschiedet worden, aber doch nicht mit der Maßgabe, dass bei „Jugend baut“ Pro-Kopf-Förderungen der Teilnehmer im mehr als fünfstelligen Bereich vorhanden sind und dass andere dann Nasse machen, ob’s die Sportjugend ist, ob’s Jugend

und Freizeitvereine vor Ort sind. Wie wollen Sie denn das Problem lösen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wie wollen Sie denn das Problem lösen, dass Sie die durchschnittliche Ausstattung von 20 DM auf 14,43 DM absenken? Und wie wollen Sie denn die Vereinbarung mit den Landkreisen und kreisfreien Städten treffen, wo ja bis maximal 20 DM kofinanziert werden können und die Mittel dann vom Land kommen? Wird das jetzt auch gegengerechnet?

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS)

Was machen Sie mit Landkreisen, wo keine Projekte „Jugend baut“ vorhanden sind?

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Rehberg, lassen Sie sich das doch mal erklären von Ihren Kollegen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen nur eins sagen, Frau Gramkow,

(Angelika Gramkow, PDS: Seit wann sind Sie eigentlich darüber gestolpert?)

entweder Sie haben geschlafen oder Sie waren von der Geschwindigkeit der Haushaltsberatungen überfordert.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Und wenn es das sein sollte, ist es traurig. Aber wenn das bewusst gemacht worden ist, die eigenen politischen Grundsätze über Bord schmeißen, dann muss ich Ihnen sagen, frage ich mich, wie sehen Sie Ihre Pflichten als Parlamentarier hier in diesem Haus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Das hat doch nichts mit Lobbyismus zu tun, sondern das hat etwas mit politischer Glaubwürdigkeit insbesondere gegenüber jungen Leuten zu tun. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landesjugendring steht wirklich nicht dafür, zumindest nicht die Spitze und die Geschäftsstelle, in großer Art und Weise CDU-freundlich zu sein.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und das hat der Kollege Schlotmann völlig ausgeblendet: Vor welchem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund spielt sich denn das ganze Szenario der Beratung des Doppelhaushaltes 2002/03 ab? Wenn man Investoren mit offenen Armen empfangen will, dann darf man aber nicht dafür sorgen, dass man wie von der „Welt“ am 6. Dezember ein sehr ernüchterndes Nikolausgeschenk erhält in Form eines Artikels mit der Überschrift „Sachsen und Thüringen haben im Osten die wichtigsten Industriezweige – Deutliches Nord-Süd-Gefälle in den neuen Bundesländern“.

(Annegrit Koburger, PDS: Das war schon zu Kaisers Zeiten so.)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren,...

Also wenn Sie sich mit Kaisers Zeiten zufrieden geben, ich nicht, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Annegrit Koburger, PDS: Das war schon zu Kaisers Zeiten so.)

Ich möchte in einem Land wohnen, das mithalten kann in der Bundesrepublik. Und Kaisers Zeiten sind für mich und für uns in der CDU-Fraktion kein Maßstab von Politik, nicht mal ansatzweise.

Und, Herr Ministerpräsident, auch auf die Gefahr hin, dass Sie noch heute eine Pressemitteilung erstellen lassen mit der Überschrift „Springer Verlag redet das Land schlecht“, diese nackten Tatsachen, die muss man sich schon einmal zu Gemüte führen:

1. Beim Bruttoinlandsprodukt liegen wir mit einer Abweichung vom Gesamtdurchschnitt in Höhe von minus 0,4 Prozent an letzter Stelle.

2. Bei der Arbeitsplatzdichte liegen wir mit einer Abweichung von minus 5 Prozent an letzter Stelle.

3. Beim Export liegen wir mit einer Abweichung von minus 4,9 Prozent an letzter Stelle.

4. Bei der Zahl der Patentanmeldungen je 1.000 Einwohner liegen wir als Indikator für die Forschungs- und Entwicklungsleistung mit minus 37,5 Prozent an letzter Stelle.

5. Bei der Selbständigenquote je 1.000 Erwerbstätige als Indikator für die Aufbruchstimmung liegen wir mit minus 41,5 Prozentpunkten an letzter Stelle.

(Angelika Gramkow, PDS: Bei den Einschreibun- gen an den Universitäten liegen wir auf Platz 1.)

6. Beim Abwanderungssaldo als Indikator für subjektiv wahrgenommene Zukunftsaussichten liegen wir vor Sachsen-Anhalt mit minus 0,08 Prozentpunkten an vorletzter Stelle.

7. Ebenfalls Vorletzter sind wir bei der Investitionsquote mit minus 2,3 Prozentpunkten.

Auch und gerade bei der Arbeitslosigkeit kämpft Mecklenburg-Vorpommern hartnäckig mit Sachsen-Anhalt um die rote Laterne.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sind Fakten.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sachsen mit einer Note von 1,7 Platz 1, Thüringen mit einem Wert von 1,9 Platz 2, Mecklenburg-Vorpommern Schlusslicht mit der Durchschnittsnote 4,2.

(Wolfgang Riemann, CDU: Versetzungsgefährdet.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat nichts mit Schlechtreden zu tun. Nur, die Frage ist doch: Welche Schlüsse ziehen Sie aus diesen Tatsachen? Wie ist Ihr Landeshaushalt, ein Doppelhaushalt, darauf ausgerichtet, wirklich Zukunftsvorsorge für Mecklenburg-Vorpommern zu betreiben?

(Friedbert Grams, CDU: So ist es.)

Ist es Zukunftsvorsorge, dass Sie Investitionen etwa in der gleichen Höhe in der Mittelfristigen Finanzplanung streichen, wie die Nettokreditaufnahme sinkt? Das heißt, die Nettokreditaufnahme sinkt bei Ihnen voll zu Lasten der Investitionen und bei steigenden Verwaltungsausgaben, die Personalausgaben steigen auch. Das ist doch keine Zukunftsvorsorge, die Sie hier betreiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, ich bin übrigens hoch gespannt, hoch gespannt über den Ländervergleich der PISA-Studie im Frühsommer nächsten Jahres. Ich bin gespannt, ob die Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg an der Spitze liegen werden, auch Thüringen und Sachsen, die über Jahre eine Kontinuität in der Bildungspolitik haben, und nicht die...

(Andreas Bluhm, PDS: Aber trotzdem ist Deutsch- land drittklassig. – Angelika Gramkow, PDS: Sie sagen das, gerade Sie sagen das hier in diesem Landtag, Herr Rehberg?! Schämen Sie sich eigent- lich gar nicht?! – Glocke der Vizepräsidentin)

Nee, überhaupt nicht. Wissen Sie, ich schäme mich überhaupt nicht. Wenn hier Kontinuität in der Bildungspolitik wirklich vorgenommen werden würde,...

(Andreas Bluhm, PDS: Diese Kontinuität, Herr Rehberg, hat Deutschland auf Platz 25 gebracht. – Zuruf von Heidemarie Beyer, SPD)

Und wissen Sie, ich muss sagen, ich muss mich überhaupt nicht schämen. Das Bildungsministerium ist seit 1994 in SPD-Hand, sieben Jahre, und das Finanzministerium fünf Jahre in SPD-Hand.