(Dr. Armin Jäger, CDU: Seit 1998 sind Sie an der Regierung und Sie tun immer so, als gäb's die nicht.)
Eine zweite Bemerkung sei mir gestattet: Ich erinnere mich sehr gut, vor zwei Jahren wurde diese Landesregierung, übrigens auch zu Unrecht, aber immerhin sehr heftig kritisiert, dass sie es immer noch nicht geschafft hat, die europäischen Strukturfonds ins Land zu holen. Jetzt hat dieses Bundesland mit dieser Regierung als eines der ersten, das ist ja bekannt, den Zugang zu den Strukturfonds erhalten, weil sie die Bedingungen der EU erfüllt hat,
(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Ab- geordneten der CDU – Georg Nolte, CDU: Völliger Quatsch! – Dr. Armin Jäger, CDU: Wer hat Ihnen das reingeschrieben?)
und jetzt wird sich plötzlich darüber beschwert, dass diese Landesregierung planmäßig und zielstrebig diese EU-Mittel auch für den Aufbau des Landes einsetzt. Das, Herr Nolte, müssten Sie mir schon mal erklären. Ich verstehe es nicht. Es sei denn, es geht darum, alles Mögliche schlechtzureden, was Ihnen gerade so einfällt.
Eine dritte Vorbemerkung möchte ich machen. Herr Riemann, ich habe es bei anderer Gelegenheit hier schon mal gesagt: Auch wenn Ihre erste Rede aufgrund der Zeit vielleicht schon etwas in Vergessenheit geraten ist, das Verwenden gelungener Sprachbilder ist nicht unbedingt Ihre größte Stärke. Aber das Verwenden misslungener Sprachbilder rechtfertigt nicht die Verletzung der Neutralitätspflicht des Ausschussvorsitzenden.
Ich bedauere das sehr, ich will das ausdrücklich sagen, weil Sie während der Ausschussberatungen in einer, denke ich, weitgehend sehr guten Art und Weise dafür gesorgt haben, dass ein neutraler Ausschussvorsitzender die Arbeit des Ausschusses gewährleistet. Ich will das ausdrücklich sagen. Umso mehr bedauere ich, dass Sie in dem ersten Teil Ihres Berichtes, den Sie als Ausschussvorsitzender gegeben haben, diese Neutralitätspflicht verletzt haben. Ich glaube, Sie sollten das in Zukunft unterlassen, auch wenn ich einräume, dass Ihr Amtsvorgänger das früher schon viel schlimmer gemacht hat.
Die erste, das hat heute schon vielfach eine Rolle gespielt, ist die Intensität der Haushaltsberatungen in diesem Haus, vor allen Dingen natürlich im Finanzausschuss, aber auch in allen anderen Fachausschüssen. Und es ist heute schon völlig zu Recht – und ich wiederhole es, weil es wichtig und richtig ist, auch im Namen der PDS-Fraktion – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, vor allen Dingen der Ausschusssekreta
riate ganz herzlichen Dank zu sagen, zumal wir als Abgeordnete, und da nehme ich keinen von uns aus, den Kolleginnen und Kollegen streckenweise doch einiges zugemutet haben. Das gilt sicher besonders für Frau Arnold und für das Sekretariat des Finanzausschusses, aber es gilt, glaube ich, zu nicht geringem Teil auch für alle anderen Ausschusssekretariate.
Und ich will es einfach am Beispiel des Sekretariates des Bildungsausschusses sagen: Wie Frau Sorge es geschafft hat, von Mittwoch Mittag bis Donnerstag früh um 9 Uhr die Ergebnisse einer durchaus chaotischen Abschlusssitzung des Bildungsausschusses zum Haushalt 2002/2003...
(Unruhe bei Heike Polzin, SPD – Peter Ritter, PDS: Wer war da Ausschussvor- sitzender? – Heiterkeit und Unruhe bei einzel- nen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)
Ich war es noch nicht. Aber der Vorsitzende hatte auch keine Schuld daran, das will ich auch sagen. Der damalige Vorsitzende hatte vielmehr das Verdienst, dass trotz allen Chaos, das wir, und zwar alle drei Fraktionen, verursacht haben, alles noch halbwegs vernünftig über die Bühne ging. Aber wie Frau Sorge es geschafft hat, nicht nur eine Beschlussempfehlung bis Donnerstag früh um 9 Uhr vorzulegen, sondern auch noch in einer Fassung, die sehr gut lesbar war und das Chaos scheinbar als ganz ordnungsgemäße, ordentliche und ruhige Beschlusslage skizzierte, das bleibt mir ein Rätsel und ich möchte anhand dieses Beispiels – deshalb sage ich das – wirklich danken. Auf die Ausschussberatung komme ich gleich noch mal zurück, was den Bildungsausschuss betrifft.
Aber ich will in diesem Zusammenhang auch eins sagen: Bei all dieser Intensität bei den Zumutungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, es ist kein Selbstzweck, sondern es geht darum, dass in unserem Land Planungs- und Arbeitssicherheit für die beiden kommenden Jahre herrscht. Und ich bitte, bei aller Bitte um Entschuldigung für manches, was wir da so verzapft haben, auch um Verständnis, dass dieser Zweck die etwas chaotischen Mittel gelegentlich durchaus heiligen sollte, und darum, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, übrigens nicht nur in den Ausschusssekretariaten, sondern auch in den Ministerien, uns dafür Verständnis entgegenbringen. Denn es geht ja nicht darum, dass sich irgendjemand – sei es eine Ministerin, sei es eine Landesregierung oder eine Koalitionsfraktion – rein aus Daffke das Thema der termingerechten Verabschiedung eines Haushaltes an das Revers heften will, auch wenn das die CDU mit ihrer Haltung der Verzögerung ums Prinzip immer nahe legt
oder immer mal wieder nahe gelegt hat. Es geht wirklich darum, dass wir mit einer rechtzeitigen Verabschiedung des Haushaltes auch entsprechende Sicherheiten im Umgang mit dem Geld in unserem Land ermöglichen.
In dem Zusammenhang, was Verzögerungstaktiken und Solidität betrifft, ist schon einiges zu den Anträgen der CDU gesagt worden. Ich möchte hier nur noch mal feststellen, dass aus meiner Sicht – und Herr Bluhm hat
(Harry Glawe, CDU: Was für ein Verständnis haben Sie eigentlich von Oppositionsarbeit, Dr. Bartels?)
trotz der Länge der Antwort nicht beantwortet worden ist. Und wenn ich feststelle, dass eine Aufstockung der Personalstellen im Land durch die CDU beantragt wird, und ich dann den Antrag 3/2540 sehe, dann komme ich schon ins Grübeln. In diesem Antrag 3/2540 räumt die CDU-Fraktion die zentral veranschlagten Personalausgaben fast vollständig aus. Sagen Sie mir bitte, wie Sie die 180 zusätzlichen Stellen finanzieren wollen, wenn Sie von den 12,4 Millionen Euro 10,5 Millionen Euro aus diesem Titel herausnehmen. Also ich habe in meiner Zeit als Oppositionspolitiker in diesem Haus ja auch manche von Finanzern als tollkühn bezeichnete Forderung gestellt, das gebe ich ja zu, aber auf so eine Idee bin ich nie gekommen, diesen Titel einfach völlig leer zu machen. Wie das funktionieren soll, das müsste mir jemand, der von Finanzen in der CDU etwas versteht, mal erklären.
(Wolfgang Riemann, CDU: 100 Millio- nen haben wir da im Jahr 2000 nicht ausgegeben, mehr als 100 Millionen!)
Eine zweite Anmerkung möchte ich zu den durchaus positiven Erfahrungen machen, die wir gerade auch in diesem Jahr gemacht haben, was die Zusammenarbeit zwischen Landtag und Regierung betrifft. Herr Borchert hat eben schon die Liste der Veränderungen und ihre Auswirkungen skizziert, ich brauche das nicht zu wiederholen. Aber ich will durchaus mal – und das sollte man dann auch tun – ein Beispiel dieses positiven Umgangs zwischen Landtag und Regierung hier nennen.
Sie erinnern sich vielleicht, dass Frau Gramkow in der Ersten Lesung des Landtages auf die später von mir dann immer so bezeichnete Sammelbüchse im Kapitel 0770 eingegangen ist und gesagt hat, dass die PDS-Fraktion hier Veränderungen für notwendig hält. Nach der von der CDU beantragten und für den Fortgang der Diskussion sehr hilfreichen Expertenanhörung im Bildungsausschuss zu den Hochschulhaushalten hat das Bildungsministerium die Bitte des Ausschusses, mit den Universitäten, Fachhochschulen und der Hochschule für Musik und Theater eine einvernehmliche Lösung zu finden, innerhalb weniger Tage realisiert und dem Bildungsausschuss einen Lösungsvorschlag, der von allen Hochschulen mitgetragen wird, vorgelegt, den wir ohne weitere Diskussion akzeptieren konnten. Und das ist eine völlig neue Qualität, die ich nach sieben Jahren konstatieren muss und wo ich vor allen Dingen auch der Hochschulabteilung des Bildungsministeriums meinen ausdrücklichen Dank aussprechen möchte.
Ähnliches gilt, was das Ergebnis betrifft, für die nicht sehr einfachen, in internen Gesprächen zum Teil auch sehr heftigen Auseinandersetzungen um die schon erwähnten Budgetierungsschritte bei den Universitäten und der Hochschule für Musik und Theater. Auch hier hat der produktive Streit zu neuen Ergebnissen geführt, die uns voranbringen werden. Und ohne produktiven Streit gibt es
auch keine neuen Erkenntnisse. Ich glaube, dass wir hier alle die Erfahrungen gemacht haben, sowohl im Landtag als auch in der Regierung, dass es sich lohnt, sich auf derartigen produktiven Streit einzulassen und so nach neuen Erkenntnissen zu suchen.
In dem Zusammenhang muss ich mich eigentlich auch ein bisschen wundern, Herr Riemann, dass Sie von einer sehr breiten Diskussion des Einzelplans 07 im Finanzausschuss gesprochen haben.
Ich muss schon sagen, ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass in diesem Jahr die Diskussion des Einzelplanes 07 im Finanzausschuss eine völlig neue Qualität hatte. Alle, die schon ein paar Jahre im Finanzausschuss waren oder sind, wissen, dass der gesamte Finanzausschuss sich vor dem Tag, an dem der Einzelplan 07 im Finanzausschuss behandelt wurde, immer gegrault hat, weil es mindestens einen Tag dauerte, meistens mehr, und es war immer relativ unübersichtlich. In diesem Jahr hat der Ausschussvorsitzende und Obmann der CDU im Finanzausschuss die Behandlung mit der Feststellung eingeleitet, dass der Bildungsausschuss eine hervorragende Arbeit geleistet hätte,
dass das Ministerium eine hervorragende Qualität bei seinen Antworten, seinen Informationen vorgelegt hat
(Harry Glawe, CDU: Das ist doch immer gut, ne?! – Georg Nolte, CDU: Waren ja auch sieben Sitzungen vorher. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
und dass man sich deshalb auf Wesentliches beschränken könne. Und wir waren in vier Stunden – in vier Stunden! – mit dem Einzelplan 07 im Finanzausschuss fertig. Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, ich würde es heute noch nicht glauben.
Aber es zeigt, was alles möglich ist, auch im Finanzausschuss. Und ich sage das auch bewusst sowohl als Würdigung der Arbeit des Ministeriums als auch der beiden Ausschüsse und ich denke, auch solche Dinge sollte man mal nennen.
Unter diesen Gesichtspunkten hoffe ich denn auch, dass bestimmte Disharmonien, die nach wie vor vorhanden sind, auch im Umgang zwischen Regierung und Landtag in Zukunft noch überwunden werden. Es ist schon darauf hingewiesen worden, Beherbergungsstätten, Studentenwerke, ich will das nicht im Detail ausführen. Ich hoffe aber, dass der nächste Landtag bei der nächsten Haushaltsdebatte nicht wieder von vorne anfangen muss und den politischen Willen des Landtages, was Studentenwerke und Beherbergungsstätten betrifft, artikulieren muss
und dass wir dann doch dazu kommen, dass solch erklärter politischer Wille auch stärker berücksichtigt wird. Aber ich bin da guter Hoffnung,
Ein letztes Problem will ich ansprechen. Es gilt in diesem Lande ein Grundsatz, der sicher insgesamt richtig und gut ist, der heißt: Jede Mark aus Brüssel, jede Mark aus Berlin wird, wenn nötig, komplementiert. Aber wie jede feste Regel hat auch diese ihre Probleme. Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen: Im Haushalt des Umweltministers gibt es einen Titel, der ein EU-Programm umsetzt und durch Landesmittel komplementiert, wo es um die Ausfälle der Landwirte durch die Zugvögel geht und aufgrund dessen Anträge gestellt werden können zur Kompensierung der Verluste der Landwirte. Die Praxis zeigt, dass dieses Programm überhaupt nicht wirkt, dass die Mittel nicht abfließen, weil die Kriterien der EU für die Bedingungen in Mecklenburg-Vorpommern nicht passen. Und wir haben das im Finanzausschuss diskutiert. Es gibt keine Beschlusslage, aber ich sage es hier einfach, weil wir an diesem Punkt, meine ich, weiterdenken müssen. Vielleicht könnte in Zukunft in solchen Fällen, und das ist sicher nicht der einzige, den ich hier als Beispiel nenne, durch Verzicht auf EU-Mittel und den Einsatz der Landesmittel, die zur Komplementierung genutzt werden, für ein ähnliches Programm, das aber den Bedingungen des Landes angepasst ist, mehr bewirkt werden. Wir hätten dann im Haushalt zwar weniger Geld, aber wir hätten in der Realität, in der Praxis vor Ort bei den Landwirten mehr Geld zur Verfügung. Darüber, also über die Relativierung unseres Ansatzes, jede Mark zu komplementieren, sollten wir vielleicht in der Zukunft intensiver diskutieren, um vielleicht noch mehr zu erreichen. – Ich danke Ihnen.