Anita Heiliger und Constance Engelfried untersuchten im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Zusammenhang zwischen sexualisierter Gewalt, männlicher Sozialisation und potentieller Täterschaft. Die vorgelegten Ergebnisse bestätigen nicht nur die Resultate der Ursachenforschung von Männergewalt, sondern dass die Sozialisationsmuster bei Jungen den Samen für mögliche Gewalttätigkeiten gegenüber Frauen im Erwachsenenalter legen. Seit ihrer frühen Kindheit werden die Jungen am Beispiel ihrer Eltern und in Kinderallgemeinschaften mit den Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern konfrontiert. Das erfährt während der Pubertät noch eine erhebliche Verstärkung, insbesondere in Kreisen gleichaltriger Jungen. Wahrgenommen und gelernt wird dabei, so die Ergebnisse der Untersuchung, die Botschaft allgemeiner Frauenabwertung, das praktische Angebot, sich auf Kosten von Mädchen und Frauen Gefühle von Dominanz und Stärke zu verschaffen, sowie die Anerkennung dafür im gesellschaftlichen Umfeld. Ebenso die Aufklärung über Sexualität erfolgt durch das so genannte Volksaufklärungsmittel pornographischer Abbildung einschließlich der ihnen darüber vermittelten Verfügbarkeit von Frauen für Männer.
Der Erkenntnis über Ursachen und Wirkungsmechanismen folgend wurden zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen, die zum Abbau Gewalt hervorrufender und Gewalt begünstigender Strukturen und Bedingungen beitragen. Als einen wesentlichen Bestandteil betrachte ich die Debatten, Konzepte und Projekte für den Bildungs- und Erziehungsbereich sowie für den Kinder- und Jugendhilfebereich. Hier hat die Mädchen- und Frauenforschung
einen enormen Anteil an den schon eingetretenen Veränderungen. Die vorliegenden und immer wieder aktualisierten Analysen belegen eindeutig, dass weder in Kindereinrichtungen und Schulen noch in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit die spezifische Lebenssituation von Mädchen Berücksichtigung findet und die Arbeit mit Jungen in althergebrachter Weise erfolgt. Daraus ergibt sich, dass der grundsätzlich positive Ansatz der Koedukation unter diesen Bedingungen zu einer Verfestigung und Verstärkung patriarchalischer, geschlechtshierarchischer gesellschaftlicher Strukturen führt und Diskriminierungen sowie Benachteiligungen begünstigt.
Folgerichtig sind daher die Entstehung autonomer Räume und spezifische Angebote für Mädchen, um deren Interessen und Bedürfnissen besser gerecht werden zu können und insbesondere deren Fähigkeiten und Fertigkeiten allseitig zu entwickeln.
Ebenso bedarf es einer generellen Umorientierung in der Arbeit mit den Jungen. Das heißt, wir brauchen im Bildungs- und Erziehungsbereich eine emanzipatorische geschlechtsspezifische Kinder- und Jugendarbeit.
Mit der Entwicklung geschlechtsspezifischer Ansätze in der Jugendhilfe, insbesondere für die Mädchenarbeit, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Lebenslagen, sozialen Chancen und die Formen der Lebensbewältigung von Mädchen und jungen Frauen, von Jungen und jungen Männern sich auch heute noch unterscheiden. Aus diesen Unterschieden erwachsen für die Entwicklung der persönlichen Identität und der sozialen Integration von Mädchen und jungen Frauen nach wie vor Benachteiligungen. Fehlend sind jedoch nach wie vor Konzepte und Projekte einer emanzipatorischen Jungenarbeit.
Rolle der Frau in Gegenwart und Geschichte kritisch betrachten und das daraus abgeleitete Bild von Weiblichkeit
Lebensplanung, Hilfe bei der Berufsorientierung, insbesondere bei so genannten frauenuntypischen Berufen
kritische Betrachtung der Rolle des Mannes in der Gegenwart und Geschichte und des daraus abgeleiteten Bildes von Männlichkeit
Auf der Basis solcher Zielstellungen und Kriterien sind in den verschiedenen Einrichtungen und Institutionen Konzepte für eine geschlechtsspezifische, den herkömmlichen Rollenklischees entgegenstehende Kinder- und Jugendarbeit zu befördern. Diese umzusetzen heißt auch, die notwendigen Fachkräfte dahin gehend aus-, fort- und weiterzubilden. Die gesellschaftliche Aufgabe der Einlösung der Gleichberechtigung und der Kampf gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder verlangt den Institutionen ab, ihr Bewusstsein weiterzuentwickeln und die Veränderungen voranzubringen, ja, Teil der Veränderungen zu werden und die Geschlechterhierarchie und die Gewalt in Frage zu stellen. Dabei spielen die Schule und die Jugendhilfe aufgrund ihres Einflusses auf die künftige Generation von Frauen und Männern eine herausragende Rolle. Dies gilt es zu nutzen, um Pädagoginnen und Pädagogen zu unterstützen und zu befähigen, die alten Geschlechtsrollenbilder abzubauen und ein positives gewaltfreies Geschlechterverhältnis zu befördern. Hier muss nach meinem Dafürhalten in den kommenden Jahren verstärkt gearbeitet werden und deswegen habe ich diesen Passus auch sehr ausführlich gemacht.
Ich bitte auch darum zu prüfen, inwieweit dieser Landesaktionsplan als Broschüre rausgegeben beziehungsweise auch im Internet veröffentlicht werden kann. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Vor circa eineinhalb Jahren haben die Koalitionsfraktionen die Landesregierung beauftragt, einen Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu erarbeiten. Heute diskutieren wir über das Ergebnis der Umsetzung dieses Antrages – ein Ergebnis, das sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen kann.
Veranstaltungen mit bundesweiter Beteiligung haben gezeigt, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern mit dem vorliegenden Landesaktionsplan zu den Vorreitern in Deutschland bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gehört.
Herr Dr. Born, als Pädagogin habe ich gelernt, zuerst zu loben. Und da kann ich sagen, in Ansätzen hatte es schon was, stellenweise könnte man Ihren Ausführungen zu
stimmen, das wäre unterstützenswert. Aber insgesamt, glaube ich, müssen wir noch sehr viele Gespräche mit Ihnen führen, bevor Sie hier vielleicht noch einmal in die Bütt gehen.
Das wollte ich jetzt sagen. Da gibt es nämlich noch gar keinen. So hatte ich den Eindruck, dass Sie überhaupt keinen Landesaktionsplan gelesen haben. Und ich frage Sie auch: Welchen Haushalt haben Sie eigentlich gelesen? Sie sprechen hier von 52.000 Euro für die Frauenhäuser. Es stimmt: 52.700 Euro Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände als Träger von Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser.