aber sie ist zuständig für Gefahrenabwehr. Und wenn ein solcher Täter eine Gefahr darstellt, dann kann das Land diese Gefahr feststellen lassen durch ein Gericht und kann sagen, dieser Gefahr müssen wir dadurch begegnen, dass Sicherungsverwahrung angeordnet wird.
Gegen diese Fragen, die Herr Schoenenburg mit zweifelndem Kopfnicken begleitet, gibt es mehrere Gutachten, die sagen, verfassungsrechtlich ist das in Ordnung.
Wir legen jetzt hier ein Gesetz vor, wie es die BadenWürttemberger auch gemacht haben. Sie haben gesagt, dann regeln wir das im Sinne der Gefahrenabwehr. Dafür ist das Land zuständig. Und ein solches Gefahrenabwehr
gesetz legen wir hier vor. Wir greifen also nicht in die Bundeszuständigkeit ein. Die Zielrichtung ist die gleiche, nämlich die Gefahrenabwehr von der Bevölkerung. Und deshalb bitten wir auch zu diesem Gesetz um Ihre Zustimmung.
Ich darf darauf hinweisen, dass wir und der Landtag von Baden-Württemberg nicht die Einzigen sind, die diese Gesetzgebungslücke sehen. Ich darf mich berufen auf die SPD in Baden-Württemberg. Sie können die Gesetzesberatung von Baden-Württemberg nachlesen. Die SPD hat Änderungsanträge gestellt. Sie hat zu einzelnen Fragen, etwa der Zuständigkeit, welches Gericht man dann damit befasst, andere Vorstellungen gehabt. Aber die Gesetzeslücke und die Möglichkeit, das prinzipiell mit Landesrecht zu regeln, ist von der SPD zumindest in Baden-Württemberg nicht bestritten worden.
Ich glaube, wir können hier sogar den Bundeskanzler als Kronzeugen anrufen, der sich in diesem Sinne geäußert hat, dass bei derartigen Personen etwas passieren muss.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehen Sie! – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)
Ich darf Ihnen außerdem sagen, dass auch die Justizministerin Schubert aus Sachsen-Anhalt – auch SPD – nach Möglichkeiten sucht, um einen Weg zu finden. Ihr schwebt noch ein anderer Weg vor, aber auch sie sieht diese Gesetzeslücke und möchte daran etwas ändern. Und wenn mich nicht alles täuscht, bin ich auch – im Prinzip jedenfalls – mit dem Justizminister aus unserem Lande, Herr Justizminister Sellering, mit Ihnen einig. Sie haben in einer Presseerklärung im Juni
und jetzt wieder am letzten Sonnabend in der Zeitung auf die Frage „Stimmen Sie auch“, Herr Minister Sellering, „dem Bundeskanzler Schröder zu, der im Sommer gefordert hat, dass nicht-therapierfähige Sexualstraftäter für immer weggesperrt werden müssen?“ gesagt: „Ja, bei schwersten Sexualdelikten dürfen wir kein Risiko eingehen.“
Und, Herr Minister, Sie haben ferner gesagt: Wir in der SPD, der Landesvorstand, wir sind alle dieser Meinung, „und wir werden auf dem Bundesparteitag im Herbst einen entsprechenden Antrag stellen“.
Sie sollten sich nicht scheuen, auch ehe Sie einen solchen Antrag im Bundesparteitag im Herbst bei der SPD stellen, hier mit uns diesen Gesetzentwurf zu beraten. Wir sind sogar bereit, in den Beratungen so lange zu warten, bis Sie dann die Absicherung von der Bundespartei haben.
Das können wir gerne so lange liegen lassen. Aber dann, meine ich, könnten wir hier im Landtag zum Schutz der Bevölkerung beitragen, und wenn es nur wenige Fälle sind – über Sexualstraftaten in diesem Lande haben wir gehört, drei, fünf im Jahr, die eine ist verbrannt worden, wir alle kennen diese Bilder –, und wenn wir nur einen oder zwei solcher Fälle dadurch verhindern, dann haben wir hier etwas Gutes getan. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Helmrich, Sie sagten es bereits, wir haben uns vor vier Monaten hier an dieser Stelle damit beschäftigt und diesen Antrag abgelehnt. Weil es sich aber um ein ernstes Thema handelt und wir dieses durchaus auch als ein solches sehen, will ich auf Ihren Antrag eingehen. Ich komme allerdings, das sage ich vorweg, zu anderen Ergebnissen als zu denen, die Sie hier vorgetragen haben. Es stellt sich nämlich die Frage, was mit Ihrem Gesetzentwurf eigentlich bezweckt werden soll. Die Antworten auf diese Fragen gehen aus Ihrem Gesetzentwurf nur vordergründig hervor. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass Ihr Gesetzentwurf Fragen aufwirft, diese meiner Meinung nach aber nur unzureichend beziehungsweise nicht beantwortet.
Fangen wir mit den von Ihnen postulierten angeblichen Lücken zum Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern an. Ich frage mich, ob Sie die Problem- und Gesetzeslage recht beurteilen. Sie führen aus, eine landesrechtliche Regelung zur Abwehr der von nicht psychisch Kranken drohenden Gefahren sei zulässig und geboten –
und jetzt zitiere ich aus Ihrem Gesetzentwurf –, „auch wenn nur wenige Fälle diese Maßnahme erfordern“. Ich stimme zu, an dieser Stelle muss man nicht über Häufigkeiten streiten, ein Fall ist bereits zu viel.
An anderer Stelle heißt es: Bei einem kleinen Teil von Rückfalltätern ließe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersehen, dass sie nach ihrer Haftentlassung erneut schwerste Straftaten begehen würden. Dann wiederum ist in Ihrem Gesetzentwurf davon die Rede, dass die Rege
lung nur in sehr wenigen Fällen eingreifen wird. Es hat den Anschein, als drücken Sie sich vor klaren Termini oder Sie wissen nichts Genaues. Ich frage mich, wie Sie zu Ihren Erkenntnissen über diese wenigen Fälle kommen. Für die von Ihnen geschilderte Fallkonstellation liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, keine konkreten Zahlen, nicht einmal für unser Bundesland.
Die Bundesjustizministerin hat bei den Landesjustizministern nachgefragt und wenn ich recht informiert bin, haben wir in Mecklenburg-Vorpommern keinen solchen Fall zu melden gehabt.
Herr Dr. Jäger, ich sagte bereits, dieses ist nicht die Stelle, um über Zahlen und Häufigkeiten zu reden.
Ich will nur darauf hinweisen, wir hatten in MecklenburgVorpommern einen solchen Fall bisher nicht. Mir scheint, Sie reden hier von einer eingebildeten Tätergruppe.
Müsste man nicht erst einmal wissen, von welchen konkreten Phänomenen auszugehen ist, bevor man einen Gesetzentwurf einbringt? Mir geht es um klare Definitionen. Auch treten bei mir Zweifel auf, ob Sie sich im Klaren darüber sind, von welchen gefährlichen Tätern Sie überhaupt reden. Einmal heißt es in der Entwurfsbegründung, man könne die Gefährlichkeit von Straftätern darin erkennen, dass diese zum einen damit drohen, nach der Strafverbüßung neue Straftaten zu begehen,
und zum anderen, dass diese ankündigen, als HIVPositive beziehungsweise Aids-Kranke weiterhin ungeschützt sexuelle Kontakte zu pflegen.
Drei Seiten weiter ist dann davon die Rede, dass eine von einem Strafgefangenen ausgehende Ansteckungsgefahr oder Drohung mit minderschweren Rechtsverletzungen, also Straftaten eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht rechtfertigen. Laut Begründung Ihres Gesetzentwurfes besteht die von Ihnen ausgemachte Zielgruppe aus, ich zitiere, „zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilte Straftäter, bei denen durch die Verurteilung die formalen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorliegen, bei denen das Gericht im Zeitpunkt des Urteils aber noch nicht den Hang des Betroffenen zu erheblichen Straftaten bzw. seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit erkennen konnte.“
Diese Rechtslage sieht aber bereits jetzt vor, dass das Gericht bei der Urteilsfestlegung neben dem Strafmaß, das zeitlich begrenzt ist, eine darauf folgende Sicherungsverwahrung anordnen kann.