Protocol of the Session on June 29, 2001

alte Handelslinien sich auftun. Stettin war Hansestadt, gehört zum Ostseeraum. Sicher ist sie auch Konkurrent mit Hafen und Werft. Aber, Herr Dankert, wenn Sie dort eine Werft sehen, Standard DDR 1989,

(Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

noch mit 6.000 Beschäftigten, dann wissen wir beide eins: Dort wird sich die Produktivität erhöhen, aber auch die Sozialstandards werden sich erhöhen. Das ist eine parallele Entwicklung. Deswegen noch einmal mein Appell, dass wir nicht Kampagnen starten, das ist nicht der Grund, sondern dass viel zielorientierter gearbeitet wird und dass wir den Unternehmern gerade in dieser Region vor Ort helfen, Hilfestellungen geben, dass sie sich zurechtfinden und dass sie sich nicht, wenn sie den ersten Schritt nach Polen machen, gleich dabei das Bein verstauchen oder den Knöchel anknacksen, weil nämlich der Schritt nicht richtig gesetzt wird, denn das ist mehr als problematisch.

Meine Damen und Herren! Es gibt ein weiteres Aufgabengebiet für die Politik, Herr Minister Ebnet. Ich habe dazu von Ihnen keine Äußerung gehört, und zwar dazu, dass bis zum Jahr 2006 die EU-Mittel für die grenznahen Regionen im Infrastrukturbereich nicht aufgestockt werden sollen zur Vorbereitung der EU-Osterweiterung. Wir sollten tunlichst dafür sorgen, dass wir das Wohlstandsgefälle auf beiden Seiten im Bereich der Infrastruktur abbauen, dann wird es für beide Seiten leichter mit dem Beitritt. Ob das nun 2004, 2005 oder 2006 sein wird, das wird nicht die zentrale Frage sein, die Polen drängen sehr stark hinein.

Man muss den Polen aber auch eins sagen, das lassen Sie mich zum Schluss noch sehr, sehr deutlich machen, das ist meine persönlich Auffassung, und zwar dass Sie sich sicher sehr, sehr gut vorbereiten auf den Beitritt in die Europäische Union. Aber ich glaube, dass gerade wir Ihnen helfen können mit unserer Erfahrung der Jahre 1989/90 und später. Es gab zum Beispiel ein Rieseninteresse an der Arbeit der Treuhandanstalt, weil viele polnische Unternehmen nur scheinprivatisiert sind. Das sind keine privaten Strukturen, die da aufgebaut worden sind. Sie wollen wissen, wie das hier bewältigt worden ist im Osten Deutschlands.

Deswegen, glaube ich, ist es nicht politisch schlicht, ist es keine Vergesellschaftungstour, sondern das ist für mich politischer Rahmen, politische Infrastruktur, um ein Zukunftsproblem von Mecklenburg-Vorpommern so anzugehen, wie wir das alle wollen, dass es sich positiv für das Land Mecklenburg-Vorpommern auswirkt. Und wenn Sie den Antrag heute ablehnen, habe ich zumindest die Hoffnung, dass Sie in den Haushaltsberatungen bereit sind, mit uns noch einmal sachgerecht über dieses Thema zu diskutieren. Wenn dieser Antrag heute dazu führt, dass sich bei Ihnen ein Stück weit der politische Horizont zu diesem Thema geweitet hat, nicht so, wie Sie uns das unterstellt haben, Herr Minister Ebnet, sondern wie, glaube ich, der Rest hier die Debatte sachlich geführt hat, ich glaube, dann sind wir schon einen kleinen Schritt vorangekommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Bräunig von der SPD-Fraktion. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Rehberg, im Prinzip ist alles gesagt worden und ich möchte mich nicht wiederholen. Für die Bedeutsamkeit des Hauses, glaube ich, gibt es Einigkeit. Herr Rehberg, ich persönlich betrachte diesen Antrag nicht als Kampagne der CDU. Für mich hat er ein Fundament.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Was ich allerdings bemängele, ist, Herr Rehberg, dass im Antrag nicht aufgezeigt wird, wo finanzielle Lücken sind und wie die geforderten Mittel eingesetzt werden. Es wäre natürlich gut gewesen, wenn das hier stehen würde. Wir wissen alle, wie wichtig dieses Haus ist. Ich habe selbst an der Anhörung in Pasewalk teilgenommen, als die IHK von Neubrandenburg und Rostock auch zugegen waren und als es um die Bildung dieses Hauses ging. Das ist im Allgemeinen von allen Fraktionsmitgliedern, die dort waren und meiner Meinung nach waren alle drei Fraktionen dort,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

einhellig begrüßt worden. Herr Born, Sie waren ja auch da.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wollen wir mal zusammen nach Stettin fahren? Da sehen wir sofort die Notwendigkeit.)

Die Notwendigkeit, Herr Dr. Born, die sehe ich auch so ein.

Ich will keine lange Rede halten, ich lege mein Konzept einfach mal zur Seite.

Herr Rehberg, ich glaube nicht, dass es maßgebend ist, jetzt diesen Antrag durchzubekommen. Politisch wäre es natürlich gut gewesen für die CDU, das ist richtig, das akzeptiere ich. Ich meine aber dennoch, Herr Dr. Born,

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

dass dieser Antrag in den Finanzausschuss gehört, nämlich zur Beratung des Haushaltes, und ich bin fest davon überzeugt, dass die Mitglieder des Finanzausschusses hier eine Lösung finden werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Ich persönlich würde mich dafür einsetzen, dass wir die Summe erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

In welchem Maße weiß ich nicht, kann ich jetzt nicht sagen. Das wird die Diskussion im Finanzausschuss …

(Eckhardt Rehberg, CDU: Aber, Herr Bräunig, Sie sind dann in der Gefahr, dass Sie mit mir auf Vergesellschaftungstour sind. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ach, Herr Rehberg, hören Sie auf mit so was! Darüber brauchen wir uns doch nicht zu unterhalten. Ich meine einfach, dass die Gründe vorhanden sind, und ich sage es noch einmal: Herr Rehberg, wir lehnen heute Ihren Antrag ab,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Gegenüber dem Wirtschaftsminister war das gut.)

aber lassen Sie uns sachlich im Finanzausschuss über dieses Haus noch einmal reden, ich glaube, dass da eine Möglichkeit gegeben ist. – Vielen Dank.

(Beifall und Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2129. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2129 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und zum Schutz vor zunehmend schlechterer Zahlungsmoral, auf Drucksache 3/2130.

Antrag der Fraktion der CDU: Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und zum Schutz vor zunehmend schlechterer Zahlungsmoral – Drucksache 3/2130 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Thomas von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Thomas.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Rostocker Unternehmerstammtisch diskutierte am 11. April mit Justizminister Erwin Sellering zu Fragen der Zahlungsmoral. Ich würde gern aus den Erfahrungen anderer Unternehmer hinzufügen, dass es sich auch hier um extreme und vorsätzliche Zahlungsunwilligkeit handelt. Der Justizminister versprach in Rostock, dass wir einen Weg finden müssen – richtig so –, um mit der Unmoral fertig zu werden. Sein Hinweis, dass Unternehmer finanziell oft so unter Druck stehen, dass sie jeden Auftrag mit Konditionen annehmen, die man nicht unterschreiben sollte, bringt uns aber in der Sache, denke ich, nicht weiter. Andererseits müsste jeder Unternehmer jeweils zuerst den Auftraggeber überprüfen. Dafür hat er erstens keine Zeit und zweitens ist da noch der Datenschutz, über den wir in Deutschland schon genügend geredet haben.

Kritik kam und kommt aber von den Unternehmen vor allem zu dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen. Das Gesetz ist ihrer Meinung nach abseits jeglicher alltäglicher Praxis. Herr Sellering – Sie können sich sicherlich noch daran erinnern – hat vier Hauptkritikpunkte mitgenommen:

1. Der Schuldner kommt erst 30 Tage nach Zugang der Rechnung in Verzug.

2. Nachweisregelung zum Rechnungseingang

3. Vollzugs- und Fälligkeitsregelungen

4. Klärung des Problems der Abnahmeverweigerung

Allein im Amtsgerichtsbezirk Rostock wurden im vorherigen Jahr 769 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das ist eine Steigerung um 15 Prozent gegenüber 1999. 30 Prozent der Insolvenzen entstehen durch mangelnde Zahlungsmoral. Im ersten Quartal dieses Jahres sind am Amtsgericht Rostock 137 Insolvenzverfahren eröffnet worden. Hinzu kommen noch 118 von kleineren Betrieben und Verbrauchern. Das ist eine Steigerung um 100 Prozent zum Vergleichszeitraum 2000. Diese Zahlen aus der Wirtschaftshauptstadt unseres Landes müssten uns alle beunruhigen.

Auch auf einer Veranstaltung der MIT Rostock am 25. April mit circa 75 Vertretern von geschädigten Unternehmen, Verbänden, Polizei und Politikern wurde deutlich, dass der Begriff „fehlende Zahlungsmoral“ die harte Realität nicht widerspiegelt. Hier geht es mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern um vorsätzliche, von langer Hand vorbereitete Zahlungsverweigerungen mit fließendem Übergang zur Wirtschaftskriminalität. Der behandelte Fall zeigte das. Aufgrund der Unterlagen und der privaten Recherchen – der privaten Recherchen der Handwerker auf eigene Kosten, ich betone das extra – konnten der Staatsanwaltschaft Rostock Akten mit Hinweisen auf fünf Straftatbestände übergeben werden. Die geschädigten Mittelständler haben trotzdem noch keine müde Mark gesehen.

In dem geschilderten Fall handelt es sich offenbar auch um einen Bauträger, der hier im Osten nur das wiederholt, was er in den alten Ländern schon geübt hat. Aus seinem vorherigen Wirkungskreis ermittelten die geschädigten Handwerker, nicht etwa Polizei oder Justiz, wiederum durch eigene Recherchen den Hinweis auf Vorstrafen, Gewerbeentzug und auf gleiche Praktiken, mit denen auch dort Handwerker geschädigt worden sind. Die Bestechung eines Grundbuchangestellten, erwähnt in den Medien, diente offenbar auch zur Informationsbeschaffung, als Einstieg zum Erwerb von über 70 Objekten allein in Rostock. Den fälligen Rechnungen für Leistungen an diesen Objekten in Millionenhöhe laufen die Handwerker seit langem hinterher.

Dass ein Bauleiter, der wegen dieser Machenschaften das Bauträgerunternehmen verließ und sich der Staatsanwaltschaft als Zeuge zur Verfügung gestellt hat, per Gerichtsurteil vom 18.06. zum Schweigen verurteilt wurde, zeigt, wie hilflos wir derzeitig sind. Mit dieser Rechtsprechung wird doch eher der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt. Wenn arbeitsrechtliche Regelungen über das öffentliche Interesse an Zeugen für die Strafverfolgung gestellt werden, dann wird doch durch Rechtsprechung letztlich eine Straftat unter Umständen gedeckt. Das Zeugenproblem, über das wir gestern auch geredet haben, hat sich dann in Deutschland wohl gänzlich erledigt.

Solche Einzelfälle zeigen aber nur, dass es in der gesamten Baubranche riesige Probleme gibt. Die Zahlungsmoral ist nur die Spitze des Eisberges einer darunter wuchernden Schattenwirtschaft und das muss aber vor allem die Landesregierung bewegen. Hier geht es um die Vernichtung von Unternehmen und Arbeitsplätzen in Mecklenburg-Vorpommern und hier geht es offenbar auch um Korruption, Wirtschaftskriminalität, illegale Beschäftigung, illegale Arbeitnehmerüberlassung und so weiter. Und hier geht es vor allen Dingen auch um den Schutz der seriösen mittelständischen Unternehmen vor krimineller und steuerfreier Konkurrenz. Staatsanwaltschaften und Gerichte behandeln beim Problem Zahlungsmoral und Wirtschaftskriminalität, wenn überhaupt, jeden Fall von Geschädigten strafrechtlich und zivilrechtlich im Einzelfall. Sie erkennen dabei weder den zusammenhängenden Großfall noch das organisierte Vorgehen in Form von Wirtschaftskriminalität.

Mit der Verweigerung, Rechnungen zu bezahlen, fängt es zumeist an. Mit ständig neuen Firmen, die von Strohmännern geführt werden, geht es weiter. Mit „Plattmachern“ – und das ist ein Ausdruck aus der Branche – endet diese Form der Wirtschaftskriminalität, die reihen

weise Existenzen und Arbeitsplätze in unserem Land vernichtet. Der konsequenten Bekämpfung dieser Wirtschaftskriminalität, die mit Korruption und Betrug einhergeht, muss endlich auch bei uns oberste Priorität eingeräumt werden. Auch hier reden wir, wenn auch in veränderter Form, wieder über das Thema „Opferschutz“. Um das aktuelle Problem Wirtschaftskriminalität und Zahlungsmoral in den Griff zu bekommen, müssen wir erst einmal das auf den Weg bringen, was seitens des Landes getan werden muss, um weiteren Schaden von der mittelständischen Wirtschaft, von Handwerkern und Gewerbetreibenden abzuwenden. Vor dem Hintergrund dessen, dass zwei Drittel aller Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern Probleme mit der so genannten Zahlungsmoral haben, und dem Einblick in Einzelfälle ist die Errichtung einer so genannten Soko Bau beim LKA zur zentralen Ermittlung voll gerechtfertigt.

Das Kernproblem besteht aus unserer Sicht auch darin, dass Staatsanwaltschaft, Polizei und Gewerbeaufsicht nicht über komplexe Informationen zu Personen verfügen, die in diesem Gesamtkomplex schon einmal beziehungsweise mehrfach in unserem Land oder in anderen Bundesländern beziehungsweise im Ausland aufgefallen sind. Deswegen sprechen wir uns für die Errichtung einer so genannten Verdachtsgewinnungsdatei aus, mit der wir glauben, dass wir hier einiges auf den Weg bringen können. Die rechtlichen Grundlagen, denke ich, sollten wir dann, falls dieser Antrag angenommen wird, noch mal in den Ausschüssen bereden. In dieser Datei sollten als ordnungspolizeiliche Maßnahmen zivilrechtlich anhängige Verfahren und Urteile, strafrechtliche Ermittlungsverfahren, anhängige Strafverfahren und Urteile sowie Gewerbeentzug gespeichert werden. Für Gerichte, Polizei, Staatsanwaltschaften und Gewerbeämter muss diese Datei zugänglich sein. Bei Hinweisen auf Straftaten kann sofort ein Abgleich erfolgen und das gesamte Problem, zum Beispiel bei einem Bauträger, erkannt werden, was bisher ohne diese zentrale Datei kaum möglich ist, jedenfalls praktisch kaum möglich ist. Die Vernetzung mit ähnlichen Dateien beziehungsweise neuen in Deutschland zu errichtenden – und in einigen Ländern gibt es da schon Hinweise – ist unverzichtbar, weil gerade die Vorinformation zu den Akteuren, die hier im Land unsere Handwerker schädigen, fehlen. Bei dem Vorliegen eines berechtigten Interesses, zum Beispiel Gerichtsurteile zugunsten eines Handwerkers, sollte dieser ein eingeschränktes Informationsrecht erhalten.

Wenn wir Wirtschaftskriminalität in unserem Land effektiv bekämpfen wollen, dann ist natürlich vor allem die volle personelle Ausstattung des Sachgebietes Wirtschaftskriminalität der Kriminalpolizei sicherzustellen, aber bitte nicht so, wie derzeit oft üblich, dass die Beamten für Sonderkommissionen, die nicht in ihr Fachgebiet fallen, abgezogen werden. Im Bereich des Justizministers müssen wieder Schwerpunktermittlungen der Staatsanwaltschaft bei Wirtschaftskriminalität durch geeignete personelle Ausstattungen ermöglicht werden.

(Angelika Gramkow, PDS: Na, haben wir etwa eine ungeeignete personelle Ausstattung bei unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften?)

In Rostock gibt es eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die wegen Personalmangels nur eingeschränkt arbeiten kann. Von fünfeinhalb Stellen sind vier besetzt. Wer glaubt, dass diese vier mit Hochdruck im Bereich der Wirtschaftskriminalität ermitteln, der irrt. Abordnungen zur