Protocol of the Session on June 28, 2001

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD – Sylvia Bretschneider, SPD: Es sind aber schon wieder viele zurückgekommen.)

Ich habe sie mitgezählt.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ja, ja. Sie sind schon mitgezählt, keine Angst.

Dieser Antrag zielt darauf ab, die Steuereinnahmen im Land noch mal zu reduzieren. Herr Riemann, bei uns im Land wird es kaum Unternehmen geben, die davon profitieren könnten. Aber Sie wissen ja, dass es doch eine Reihe von Großunternehmen in anderen Bundesländern gibt, die davon Vorteile haben könnten. Man rechnet in NRW, dass das bis zu 1 Milliarde DM ausmachen könnte. Und über den Länderfinanzausgleich sind wir dann immer wieder mit dabei. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, Sie behaupten, es würde alles vereinfacht werden dadurch. Meine Fachleute sagen, dass es gesetzes- und verwaltungstechnisch ganz schwierig ist, das abzugrenzen, und dass die Gefahr besteht, dass dann Mitnahmeeffekte auftreten und dass ein Missbrauch damit gemacht wird.

(Reinhardt Thomas, CDU: Der Missbrauch ist doch jetzt viel größer.)

Und das wollen wir eben ausschließen.

Dazu ein aktuelles Zitat, meine Damen und Herren, von jemandem, der vorschlägt, wie eine gute Steuerreform aussehen soll: „Drei niedrige Steuersätze, die Gleichbehandlung aller Einkünfte und der Wegfall aller Ausnahmen, die Steuergesetzgebung muss so transparent sein, dass jeder seine Steuererklärung selber ausfüllen kann.“ Nun können Sie dreimal raten, von wem das kommt. Nicht etwa von dem Bund der Steuerzahler und seinem Präsidenten, Herrn Dr. Karl-Heinz Däke, sondern von der CDUVorsitzenden Frau Merkel. Und ich meine, wenn man sich diesen Antrag von Ihnen ansieht und die Probleme, die es damit gibt, scheint mir, dass Ihr Antrag die Forderung Ihrer CDU-Vorsitzenden nicht erfüllt. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Bartels von der PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich will es kurz machen. Ich will auch nichts wiederholen, was die Finanzministerin schon gesagt hat, will aber denn doch meine Verwunderung ausdrücken, auch wenn Herr Riemann darüber vielleicht staunt. Aber dass das eine Vereinfachung von Steuerabläufen ist, wenn ich weitere Sondertatbestände, Ausnahmeregelungen und Ähnliches schaffe, das muss mir jemand erst mal erklären. Da braucht man kein großer Steuerexperte zu sein, um zu verstehen, dass das natürlich eine Verkomplizierung ist und keine Erleichterung.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Eine zweite Bemerkung möchte ich machen. Die Initiative zu diesem Antrag – davon gehe ich mal aus – stammt aus einem Schreiben des Verbandes der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels,

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

der das fordert.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Auf dem beiliegenden Zeitungsausschnitt sind solche Kleinbetriebe wie Woolworth und so weiter abgebildet. Und dass die Angst haben, dass sie vielleicht dann doch noch mal eine Mark Steuern zahlen könnten, das kann ich zwar verstehen, aber da sage ich Ihnen ganz ehrlich: Jede Steuermark, die diese Art von Kleinbetrieben zahlt, kann ich nur begrüßen, und dass wir dann immer mit dabei sind, hat die Finanzministerin ja gesagt.

Und dann will ich noch ein letztes Zitat anbringen. Auf Initiative des damaligen Bundesrates ist 1983 die Grunderwerbssteuer vereinfacht worden. Dabei ist zum Beispiel auch der Steuersatz drastisch gesenkt worden. Er lag vor 1983 noch bei sieben Prozent. Die Zielstellung wurde in einer Bundestagsdrucksache mit der Kennnummer 9/2114 I 5 folgendermaßen beschrieben: „Die Grunderwerbssteuer solle wieder zum Regelfall des Marktgeschehens gemacht und vom Ballast der differenzierenden und ständig neue Begehrlichkeiten weckenden Befreiungstatbestände befreit“ werden.

Wenn ich mich richtig erinnere, war 1983 die PDS nicht im Bundestag. Also es ist unverdächtig, dass das von der PDS stammt. Und ich denke, wir sollten diesem Beispiel folgen und den Antrag ablehnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Monty Schädel, PDS)

Das Wort hat Herr Borchert von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, wie dieser CDUAntrag entstanden ist. Da schickt die Bundesarbeitsgemeinschaft für die Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels ein Schreiben raus und die CDU-Fraktion, in dem Fall Herr Riemann, springt sofort auf dieses Begehren an,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Na, andere Themen haben die eben nicht von der CDU.)

dass bei konzerninternen Umstrukturierungsmaßnahmen die 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer bezogen auf den Grundstückswert ganz einfach erlassen werden sollen.

Ich habe den Eindruck, dass sich zumindest Herr Riemann vermutlich mit diesem Thema nicht wirklich ernsthaft auseinander gesetzt hat, vor allen Dingen nicht damit, was dies dann praktisch für die Länder, insbesondere auch für unser Land Mecklenburg-Vorpommern, bedeutet. Verstärkt hat sich natürlich bei mir dann auch der Eindruck, Herr Riemann, dass Sie wieder einmal einen Antrag gestrickt haben mit einer ausgesprochen heißen, glühenden Nadel.

Herr Riemann, wessen Interessen in Mecklenburg-Vorpommern wollen Sie eigentlich mit diesem Antrag vertreten? Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels sind ja nun nicht unbedingt die typischen Betriebsgrößen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Und von daher kann ich nur ableiten, dass Sie weniger die Interessen des Einzelhandels hier im Auge haben, sondern sich möglicherweise instrumentalisieren lassen von Mittel- und Großkonzernen Deutschlands, die hier bei uns in dem Falle überhaupt oder fast keine Rolle spielen. Mir ist auch nicht bekannt, dass diese Grunderwerbssteuer für konzerninterne Umstrukturierungsmaßnahmen für unsere Unternehmen, für unsere Wirtschaft zurzeit überhaupt ein gravierendes Problem darstellt. Die haben wahrhaftig momentan andere Sorgen.

Nun zu den Gründen, die folgerichtig zur Ablehnung führen. Die SPD-Fraktion wird natürlich solch einen Unsinn nicht mitmachen und auch keine Bundesratsinitiative unserer Landesregierung hiermit unterstützen, mit der wir uns möglicherweise im Bundesrat nur lächerlich machen würden.

Vier Gründe gibt es für die Ablehnung aus Sicht der SPD-Fraktion:

Erstens. Es ist ganz klar, dass wir uns bei einer Landessteuer selbst ins Knie schießen, wir selbst hier auf Steuereinnahmen verzichten würden, die wir natürlich in Größenordnungen brauchen. Auch wenn sie nur marginal sein sollten, Herr Riemann, können wir doch wohl jede Mark gebrauchen. Insgesamt sind es circa 200 Millionen, die wir als Grunderwerbssteuer etwa im Jahr einnehmen. Wie viel dann möglicherweise diesen Bereich trifft, ist mal dahingestellt. Aber auf alle Fälle können wir auf dieses Geld nicht verzichten. Und auf die anderen Bundesländer hat Frau Keler ja schon verwiesen. Ingesamt sind es 1998 zum Beispiel 11,8 Milliarden, also fast 12 Milliarden, Grunderwerbssteuereinnahmen gewesen für die Länder. Und da kommen wir möglicherweise daher als nun nicht gerade reiches Land Mecklenburg-Vorpommern und meinen, durch diese Initiative Steuerausfälle in Größenordnungen bei den Bundesländern zu bewirken. Also das ist wirklich völliger Nonsens.

Zu Ihrer Behauptung, es könnte irgendetwas zu tun haben mit Abbau von Bürokratie: Es ist natürlich ganz klar, Steuerfachleute haben das eindeutig auch belegt, dass man nicht aus einem Gesetzeswerk einen einzelnen Baustein herausgreifen kann. 1983 hat gerade erst der Bundesgesetzgeber deutlich gemacht – 1983, was hatten wir damals für eine Regierung, zumindest war wohl da die CDU nicht ganz untätig, glaube ich –, eine vereinheitlichte Gesetzgebung zu erreichen, in der so genannte Ausnahmen und Befreiungsvorschriften nach Möglichkeit aufge

hoben werden sollten. Es wurde bis heute auch so gemacht.

Ich glaube, auch im Sinne von Transparenz und Steuerv ereinfachung ist es absoluter Unsinn, dass Sie hier in dieser Weise einen Systembestandteil des komplizierten Grunderwerbssteuergesetzes herauslösen wollen. Dass man mit solchen Aktionen nicht unbedingt etwas dazu beiträgt, weitere Begehrlichkeiten zu vermeiden, das ist Ihnen auch klar. Als Finanzpolitiker, Herr Riemann, hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie selbst darauf achten, dass wir nicht durch weitere Steuerbefreiungen zu Steuermindereinnahmen kommen, die uns dann natürlich im Landeshaushalt wieder fehlen. Von daher ist es ganz klar, die SPD-Fraktion lehnt Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Barbara Borchardt, PDS)

Wollen Sie noch mal?

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

Bitte sehr, Herr Riemann, Sie haben das Wort.

(Zuruf von Ministerin Sigrid Keler)

Nein, morgen ist noch mal Tagung. Wir müssen morgen noch mal, Frau Finanzministerin.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Sie auch?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich nicht entsinnen, dass die CDU im April 2001 im Bundestag dieses vorgetragen hat. Es war die Bundesregierung, Herr Bartels und Herr Borchert. Ihre Kollegen im Bundestag, Ihre Kollegen in der Bundesregierung haben diesen Vorschlag gemacht.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wir haben Kollegen in der Bundesregierung? Das wusste ich ja noch gar nicht. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Na ja, gut. Sie wollen da rein, Herr Dr. Bartels. Und wenn die SPD so weitermacht, dann werden Sie das sicherlich auch irgendwann mal schaffen. Egal.

(Peter Ritter, PDS: Da haben Sie aber Horror davor, was?!)

Ja, das ist eine Horrorvorstellung,

(Peter Ritter, PDS: Na das kann ich mir vorstellen! – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Fangen Sie aber nicht an zu zittern!)

das darf ich schon mal feststellen.

(Peter Ritter, PDS: Das Beste ist, Sie gehen ins Exil.)

Herr Bartels und Herr Borchert, Einnahmeausfälle, die Sie hier konstatieren, die beziehen sich auf die gesamte Grunderwerbssteuer. Und wissen Sie, wie viel davon für den Fall der Umstrukturierung von Betrieben anfällt? Können Sie mir das sagen?

(Rudolf Borchert, SPD: Wissen Sie es denn?)

Ich sage Ihnen, es ist ein Prozent für diesen Bereich, für den wir das vorschlagen.