Protocol of the Session on June 28, 2001

Auch wenn der heute zur Beratung anstehende Antrag auf der Drucksache 3/2111 von allen Fraktionen dieses Hauses eingebracht wurde, so muss ich doch voranstellen, dass es bis zur heutigen Antragsvorlage ein sehr steiniger Weg war. So hat meine Fraktion seit dem Februar 2000 vier Anträge in das Parlament eingebracht, die zum Ziel hatten, sich für präventive Maßnahmen und für Initiativen zur Bekämpfung von Schiffsunglücken, Tankerunfällen und Ölkatastrophen an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns einzusetzen. Und schon damals – seit dem 2. Februar 2000 – verwiesen wir darauf, dass es in Sachen Ostseesicherheit Unzulänglichkeiten gibt. Mittlerweile sind diese Defizite wohl allen Mitgliedern

dieses Hohen Hauses bekannt und ich will hier nur einige wenige nennen:

Kompetenzüberschneidungen zwischen Bund und Ländern,

Mangel an Schlepperkapazitäten in der Ostsee für den Notfall,

keine Lotsenpflicht.

Meine Damen und Herren, wir haben gleichzeitig Vorschläge unterbreitet, wie die vorhandenen Mängel beseitigt werden können. Ziel unserer Anträge war die Sensibilisierung dieses Parlamentes und dieser Regierung für die Problematik sowie eine Überweisung in den Umweltausschuss zur folgenden Beratung. Sie aber, meine Damen und Herren von der Koalition, haben allerdings aus politischen Gründen eine frühzeitige Befassung des Umweltausschusses und dieses Parlamentes mit eben diesem Thema verhindert.

(Peter Ritter, PDS: Er war zweimal als Stellvertre- ter im Umweltausschuss. Das ist ja unglaublich!)

Sie haben Zeit verschenkt und die Anträge meiner Fraktion auf den Drucksachen 3/1054 „Sicherheitskonzept Ostsee“, 3/1293 „Sofortmaßnahmen für ein nationales Sicherheitskonzept Ostsee“, 3/1820 „Nationales Sicherheitskonzept Ost- und Nordsee“ und 3/2025 „Sofortmaßnahmen auf der Ostsee zur Ostseesicherheit“ abgelehnt. Da wurde immer wieder darauf verwiesen, dass dieses Land keinerlei Zuständigkeiten und kaum Einflussmöglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit auf der Ostsee habe.

Herr Dr. Klostermann verwies noch in der Debatte am 2. Februar 2000 darauf und ich darf zitieren: „Eine zentrale Küstenwacht allerdings und gerade die Strukturen in Frankreich haben jüngst und in der Vergangenheit bewiesen, dass das dortige System sich absolut als Missmanagement bewiesen hat.“ Schön, dass Sie diesen Irrtum endlich einsehen, Herr Dr. Klostermann, und schon einem Koordinierungsverband „Küstenwache“ zustimmen. Punkt 2.11 dieses Antrages – unser Ziel bleibt die Küstenwache.

Der Umweltminister führte seinerzeit aus: „Eine Küstenwache nach amerikanischem Vorbild schafft eine neue Behörde, sichert aber nicht das notwendige Zusammenwirken der vorhandenen und weiter existierenden Behörden und Einrichtungen.“ Und weiterhin kam er damals zu der Erkenntnis: „Ferner fordert die CDU von norddeutschen Anrainern, Technik präventiv vorzuhalten. Dies erscheint mir in ausreichendem Maße gegeben zu sein.“ Peinlich vor dem heutigen Antrag. Auch hier ist nun die Einsicht. Immerhin, in Punkt 2.10 fordern Sie mit uns ein Mehrzweckschiff. Das reicht zwar noch nicht ganz, aber immerhin, wir bewegen uns, Sie bewegen sich.

Seit dem ersten Antrag meiner Fraktion sind nun bald eineinhalb Jahre ins Land gegangen, in denen seitens der Landesregierung nichts, aber auch gar nichts und nichts Wesentliches

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie sagen doch bewusst die Unwahrheit!)

für die Verbesserung der Sicherheit auf der Ostsee getan wurde.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Mein Gott!)

Diese Tatsache wird durch den vorliegenden Antrag aller Fraktionen und durch die Verlautbarungen der Koalitionäre in der Presse bestätigt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem der Umweltausschuss nun in Vorbereitung der 9. Ostseeparlamentarierkonferenz

(Dr. Henning Klostermann, SPD: 10.!)

eine internationale Anhörung mit Sachverständigen aus den Ostseeanrainerstaaten durchgeführt hat und ein teures Rechtsgutachten der Juristischen Fraktion Rostock über die Grundlagen des internationalen, europäischen und nationalen Seerechts erstellen ließ, finden Sie sich, meine Damen und Herren der Koalition, endlich, endlich bereit, bei einigen Punkten einzulenken.

Die Expertenmeinung und die Ergebnisse des Gutachtens haben Sie zu diesem Schritt bewegt. Das hätten Sie auch früher haben können. Ansonsten, wenn dieses Gutachten nicht zu denselben Schlussfolgerungen wie meine Fraktion gekommen wäre, würden Sie noch heute behaupten, wir haben keine Zuständigkeiten und keine Handlungsmöglichkeiten. Das Gutachten weist mit seinen 14 Handlungsempfehlungen deutliche Schritte auf, die seitens der Landesregierung auf EU-, Bundes- und Landesebene eingeleitet werden müssen. Ich sage es noch einmal: Zu dieser Erkenntnis hätten wir früher und kostengünstiger kommen können. Die Empfehlungen des Gutachtens finden sich im Wesentlichen auch in dem vorliegenden Antrag wieder und hätten schon auf der Grundlage des Berichtes der unabhängigen Expertenkommission „Havarie Pallas“ formuliert werden können, aber damals haben die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen einfach noch geschlafen und ihre politische Ignoranz mit der Ablehnung unserer Anträge unter Beweis gestellt. Heute versuchen Sie, auf den fahrenden Zug aufzuspringen

(Peter Ritter, PDS: Aufs fahrende Schiff.)

und wollen die Initiativen meiner Fraktion in Anspruch nehmen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Das kann man schon als Geschichtsklitterung bezeichnen, was Sie natürlich heute hier bestreiten werden.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wissen Sie überhaupt, was das ist, Herr Riemann, Geschichtsklitterung?)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich in Absprache mit den Experten schon frühzeitig mit dem Bericht der Pallas-Havarie befasst, so dass wir heute zumindest einige unserer damaligen Forderungen und Vorschläge im gemeinsamen Antrag „Maritime Sicherheit auf der Ostsee“ wiederfinden. Nur und auch nur aus diesem Grunde ist meine Fraktion bereit, diesen Antrag mitzutragen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Oh, wie gnädig. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Riemann, haben Sie nicht noch ein paar Entchen?)

Bekanntlich ist der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach. Und der vorliegende Antrag ist nach Auffassung meiner Fraktion eben nur der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich im Umweltausschuss einigen konnte und auf den man sich hier im Landtag einigen muss.

Nachdem Sie, meine Damen und Herren der Koalition, bisher vier Anträge meiner Fraktion zu diesem Thema aus rein politischer Motivation abgelehnt haben, stellt der heutige interfraktionelle...

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Die müssen Sie noch mal aufzählen.)

Dass Sie das nicht gerne hören, glaube ich Ihnen allemal. Seine Fehler aus der Vergangenheit einzugestehen, das fällt manchem hier in diesem Hause schwer.

(Kerstin Kassner, PDS: Wie wahr, wie wahr.)

Aus diesem Grunde ebenfalls stellt der interfraktionelle Antrag auf der Drucksache 3/2111 eine Chance dar, in Sachen Ostseesicherheit wenigstens das Notwendigste zu erreichen. Diese Tatsache darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viele unserer Forderungen und Vorschläge zur Verbesserung der Schiffssicherheit auf der Ostsee im vorliegenden Antrag nicht ihren Niederschlag finden. Ich will auch nicht verschweigen, dass es deshalb in meiner Fraktion, aber auch aufgrund des Agierens der Koalition mit der Landesregierung durchaus Stimmen gegen diesen Antrag gab.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, insbesondere möchte ich nach Lektüre des Plenarprotokolls vom 2. Februar 2000 die Abgeordneten Muth und Klostermann, aber auch unseren Umweltminister beglückwünschen. Sie haben seitdem einen Paradigmenwechsel vollzogen, der seinesgleichen sucht.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS)

Seinerzeit äußerte sich der Umweltminister zur Einführung einer monographischen Struktur der Küstenwache dahingehend: „Ich halte es für zweifelhaft, dass mit einer solchen neuen Struktureinheit die Effekte erzielt werden, wie Sie es wollen.“ Dr. Klostermann war damals noch der Auffassung: „Konzeptionelles Arbeiten ist Aufgabe der Administration. Wir haben uns eingemischt, wir haben die Landesregierung verstärkt ermuntert,“ – na ja gut, wenn sie im Schlaf lag, musste sie ermuntert werden – „bestärkt und damit ist aus meiner Sicht unsere Aufgabe zunächst erfüllt. Wir sollten uns jetzt nicht wochenlang in den Ausschüssen mit dem Grobecker-Bericht beschäftigen...“

Heute hingegen verkündet er in der „Ostsee-Zeitung“, insbesondere solle das Land in allen vom Bundesumweltministerium gebildeten Arbeitsgruppen der so genannten Grobecker-Kommission mitarbeiten. Späte Erkenntnis, Herr Klostermann, aber eine richtige Erkenntnis. Ich hoffe, dass Sie auch in Zukunft lernfähig sein können, denn ich kündige heute schon an, dass Sie diese Lernfähigkeit benötigen werden.

Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.

(Peter Ritter, PDS: Ach wie gut, dass wir die CDU-Fraktion haben.)

Sie wird sich aber nicht mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufrieden geben, sondern weiterhin am Thema bleiben, kreativ sein und das Thema auf der Tagesordnung halten.

(Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Für uns hat sich, Herr Klostermann, das Thema mit dem heutigen Antrag noch nicht erledigt. Schon heute Abend werden Sie sich zu unserem Vorschlag positionieren müssen, die Bundeswehr, die NATO verstärkt in die Ostseesi

cherheit einzubinden. Ich bin gespannt, ob Sie nach diesem gemeinsamen Antrag nun wieder in Ihre Mauertaktik verfallen.

(Peter Ritter, PDS: Es wäre ja interessant, ob Ihr Antrag überhaupt noch erforderlich gewesen wäre nach diesem gemeinsamen Antrag.)

Ich rate Ihnen jedoch davon ab, denn Ihr heutiges Verh a l ten zeigt es deutlich, wir bringen die Mauern des Abstreitens, Verniedlichens und Blockierens zum Einsturz – f r ü her oder später. Für unser Land, für die maritime Sicherheit gilt: Je früher, desto besser. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Abgeordneter, beantworten Sie jetzt die Frage von Herrn Ritter? interjection: (Zustimmung)

Bitte, Herr Ritter, fragen Sie.

Herr Riemann, es war in der Tat ein sehr langer und intensiver Diskussionsprozess, den wir geführt haben. Ab und an waren Sie ja auch im Umweltausschuss, wenn einer Ihrer Kollegen offensichtlich keine Zeit hatte. Aber das nur nebenbei.

Ich dachte, wir könnten auch froh sein über die gemeinsame Beschlussfassung aller drei Fraktionen, die heute hier vorliegt, weil das Thema in der Tat sehr wichtig ist. Ich habe allerdings bei den Diskussionen immer wieder eins vermisst, vielleicht können Sie das hier noch mal darlegen. Was hat denn die CDU in den Jahren von 1990 bis 1998 für die Ostseesicherheit im Einzelnen unternommen?

Herr Ritter, da möchte ich mit einer Gegenfrage antworten: Gab es einen Antrag zur Ostseesicherheit aus Ihrer Fraktion?

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)