Protocol of the Session on June 28, 2001

Gleichzeitig wissen wir auch, dass es deshalb durchaus Möglichkeiten gibt, Kulturprojekte

(Beifall Dr. Gottfried Timm, SPD)

aus Mitteln des Wirtschaftsministeriums zu fördern.

Danke, Herr Timm. Ich weiß zwar nicht warum, aber trotzdem danke.

(Dr. Gottfried Timm, SPD: Das ist wichtig.)

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist, wie können wir, auch durch die Richtlinie, die Möglichkeit schaffen, dass Mittel aus dem Wirtschaftsministerium, das heißt aus der Wirtschaftsförderung, und aus der Kulturförderung gebündelt werden, ohne dass wir dann vom Rechnungshof zu Recht den Vorwurf von Doppelförderung in Kauf nehmen müssen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser hier nur angedeutete Komplex der Fragen zeigt sehr deutlich, dass wir es mit einer Materie zu tun haben, die nicht mit einem Schnellschuss und auch nicht durch eine von der Regierung allein vorgenommene Überarbeitung einer Richtlinie erledigt werden kann. Wir wünschen uns deshalb, und das ist die Zielstellung unseres Antrages, eine breite Diskussion im Lande. Wir wünschen uns die Vorschläge und Wünsche der Leute, die bei uns Kultur lebendig werden lassen. Und wir wünschen uns dann auch eine Auseinandersetzung mit den Ergebnissen dieser Gespräche im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Deshalb ist auch das im Antrag verankert, um uns als Legislative in die Lage zu versetzen, mögliche Schlussfolgerungen zu ziehen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat das Wort der Bildungsminister Herr Kauffold. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße diesen Antrag der PDS- und SPD-Fraktion, die Richtlinie zur Projektförderung im kulturellen Bereich zu überprüfen, auch aus dem Grunde, weil diese Richtlinie und die Anlagen nun schon ein gewisses Alter auf dem Buckel haben und zweitens nun auch Gespräche mit denjenigen aktivieren, die im Bereich von Kultur tätig sind, aber auch mit denen, die passiv Kultur konsumieren. Sie zu überarbeiten, zu überprüfen, ob die Richtlinie so noch aktuell ist, so noch richtig ist, so noch eine ideale und günstige Arbeitsgrundlage darstellt, ist das Anliegen.

Natürlich würde ich auch in diesen Diskussionsprozess einige Grundsätze einspeisen wollen, von denen ich hier einige nenne. Erst einmal einige grundsätzliche Ziele, die für Kulturpolitik in unserem Land wichtig sind: Das eine ist, dass Kunst und Kultur wesentliche Standortfaktoren für die Charakterisierung des Erscheinungsbildes unseres

Landes sind, aber vor allem auch zur Entwicklung unseres Landes, und dass Kunst und Kultur ein ganz wesentlicher Faktor sind für die Lebensqualität der Menschen in unserem Land und die Attraktivität unseres Landes für unsere Gäste steigern. Sie sind identitätsfördernd als auch identitätsstiftend und ein wichtiger Bereich für die Teilnahme der Menschen am Leben der Gesellschaft. Das trifft sowohl für die Hochkultur zu wie für die Breitenkultur. Das Letztere belegen anschaulich in jeder Saison und in jedem Jahr die zahlreichen Stadt-, Dorf- und Heimatfeste im Lande. Man erlebt dort die sehr engagierte Teilnahme vieler Menschen aus allen Regionen unseres Landes.

Eine weitere grundsätzliche Aussage, die man berücksichtigen muss, ist, dass Kunst- und Kulturangebote von der Basis her wachsen und dass sie einer Partnerschaft bedürfen, damit sie gut wachsen, zwischen allen Ebenen in Kultur, Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Gemeinwesen. Und eine weitere grundsätzliche Aussage ist, dass Kunst und Kultur des regionalen, nationalen und internationalen Austausches und der Kommunikation bedürfen. Das sind auch Grundsätze, die ich selber anlege, wenn über Fördergegenstände beraten wird. Das sind grundsätzliche Inhalte, denen die Förderrichtlinie auch dienen soll. Das würde ich also ganz gerne in die Diskussionen einspeisen.

Was die Förderrichtlinie selber betrifft, sollten in Zukunft stärker die Inhalte der kulturellen Aktivitäten, aber auch die Effizienz der eingesetzten Mittel berücksichtigt werden. Nun ist das natürlich mit der Effizienz, Sie haben das auch schon gesagt, Herr Bartels, so eine Frage. Im Bereich der Kultur tritt sofort die Frage auf nach der Freiheit der Kunst. Die soll natürlich in keiner Weise eingeschränkt werden. Aber dennoch sollten solche Gesichtspunkte auch stärker in der Richtlinie deutlich werden und Orientierung geben. Die Richtlinie gibt bisher diesbezüglich keine Orientierungen. Die Richtlinie weist vielmehr, und das ist das Zweite, was man bedenken muss, vor allen Dingen verwaltungsrelevante Gesichtspunkte aus. Das schließt natürlich auch die Möglichkeit ein, dass Handlungslogik und Handlungspraxis der Verwaltungen den kulturellen Inhalt der Fördergegenstände dominieren. Das muss nicht sein, kann aber sein.

Das Dritte, was beachtet werden sollte bei der Überarbeitung, ist, dass die bisherige Richtlinie in der Anlage 1 konkret 12 Förderbereiche und insgesamt 55 Teilbereiche benennt, aus denen Fördertatbestände abgeleitet werden können. Natürlich widerspiegelt die Auflistung die erhebliche Breite des Bereiches Kultur und der Fördermöglichkeiten. Diese Anlage liest sich beinahe wie ein Stichwortverzeichnis aus einem Kunst- und Kulturlexikon. Also die Förderbreite ist weitgehend mit diesen Stichwörtern ausgewiesen. Es muss aber geprüft werden, welche Schwerpunkte im Bestand bleiben und welche neuen Förderrichtungen hinzugefügt werden sollen.

Ich möchte an dieser Stelle, wie auch Herr Bartels, zur Klarstellung betonen, dass ich es für eine bemerkenswerte Leistung halte, dass die Ressourcen für die Kulturförderung in dieser Legislaturperiode stabilisiert worden sind. Die Erweiterung der Fördermöglichkeiten ist deshalb wohl weniger eine Frage der Stichworte...

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber nicht durch die Landesregierung, sondern durch dieses Parlament. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach, Herr Riemann!)

Herr Riemann, gut, die Landesregierung hat sicher auch ihren Beitrag dazu geleistet. Das ist richtig, Herr Riemann. Das Etatrecht des Parlamentes wird ja in keiner Weise bezweifelt.

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Die Frage der Erweiterung der Fördermöglichkeiten ist also, wie im Antrag genannt, weniger eine Frage der Stichworte in der Anlage 1, sondern eher eine Frage der Effizienz beim Einsatz der verfügbaren Mittel.

Nach meiner Auffassung ist es notwendig, den Gedanken der Erweiterung von Fördermöglichkeiten mit der Zielstellung der Vernetzung bei Förderprojekten zu verbinden. Das hat durchaus zu tun auch mit der Ausstrahlung der Projekte in die Gesellschaft. Aus diesem Grunde ist auch eine neue Kategorie eingeführt worden, die förderbereichsübergreifenden Projekte.

Und nun ein vierter Gesichtspunkt bei der Überarbeitung. Die jetzt bestehende Förderrichtlinie bezieht sich in ihrer Bezeichnung ausschließlich auf die Projektförderung. Bei den aufgeführten Gegenstandsbereichen der Förderung ist jedoch eine Vermischung zu erkennen zwischen reinen Projekten oder Gegenständen, aus denen sich reine Projekte herleiten, und Bereichen, die eigentlich von Natur aus rein institutionell sind, einer rein institutionellen Förderung bedürfen. Das also ist eine Vermischung, die dort vorhanden ist.

Ein Beispiel dafür: Die Musikschulen werden ja auch über die Projektförderung, über die Richtlinie, die als Projektförderung ausgewiesen ist, gefördert, aber das sind Institutionen. Wir können Musikschulen ja nicht als Projekte fördern. Ähnliches gilt für eine Reihe von Verbänden. Den Heimatverband können wir nicht als Projekt fördern, obwohl aus dem Heimatverband auch Projekte sich herleiten. Eine solche Klarstellung ist einfach notwendig, um eine solche Kompartimentierung zu sehen, und um mal klar werden zu lassen, welche Mittel sind denn nun tatsächlich für die Projektförderung da, welche Mittel werden institutionell verfügt und was ist eigentlich dann noch über – die Musikschulen werden jährlich mit 6,9 Millionen DM gefördert, der ganze Topf liegt bei 21,78 Millionen DM, die Verbände bekommen auch noch eine Förderung –, damit wir uns selber nichts vormachen und klare Vorstellungen haben, was vorhanden ist.

Und zum anderen ist das auch wichtig, damit wir niemanden verunsichern. Projekte sind ja zeitlich begrenzte Gegenstände von Förderungen. Solche Einrichtungen, solche Förderbereiche, die hier ausgewiesen sind und die Institutionen darstellen, dann über Projekte zu fördern, gibt eine gewisse Verunsicherung. Andererseits beobachten wir auch bei Projekten, die wirklich Projektcharakter haben, dass da eine gewisse Institutionalisierung erfolgt. Also, das zu entflechten, meine ich, ist mal nötig. Außerdem benötigen wir inhaltliche und finanzielle Freiräume, damit auch neue Projekte in die Förderung aufgenommen werden können. Wenn wir die Förderung stabilisieren, dann darf das nicht heißen, dass diese Förderung ausschließlich an Erbhöfe verteilt wird. Es muss auch die Möglichkeit geben, neue Projekte zu fördern.

Ich würde – ich wiederhole das noch mal – auch besonders solche Projekte für sehr wertvoll und wichtig halten, die in die Gesellschaft ausstrahlen. Ich würde mir zum Beispiel eine recht hohe Kontinuität wünschen, bei dem, was wir jetzt im Bündnis von Kultur gegen Gewalt in Gang

gesetzt haben, und möchte in diesem Zusammenhang die Gelegenheit nutzen, Sie alle zur diesjährigen Abschlussveranstaltung des Projektes „Künstler für Schüler“ einzuladen, die am 11. Juli 2001, 14.30 Uhr, vor dem und im Marstall geboten wird.

Ein weiterer Gesichtspunkt, auf den ich hinweisen möchte, ist, dass wir in unserem Lande regelmäßig die Schwerpunkte überprüfen und verändern müssen. Dazu möchte ich die bewusste Förderung von völlig neuen und auch interdisziplinären Projekten nennen, die Stärkung von kulturellen Zentren im ländlichen Raum, das dürfen wir auch nicht vergessen, die Vernetzung von Projekten zur Erhöhung der Effizienz der eingesetzten Mittel und auch die Förderung von Projekten, in denen besonders begabte beziehungsweise benachteiligte Menschen eingebunden sind. Das ist also ein Diskussionsbereich von erheblicher Breite, der sich aus den bisherigen Erfahrungen der Arbeit im kulturpolitischen Bereich ergibt, den wir in die Diskussion mit einspeisen werden und auf dessen Grundlage ich selber sehr gern die Richtlinie überarbeiten möchte. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schnoor von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Frau Schnoor.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mittlerweile verstehe einer in diesem Land, was er will und was er nicht will.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach!)

Herr Minister, nach Ihren soeben gemachten Ausführungen habe ich doch den Eindruck, dass Sie erhebliche Mängel in der derzeitigen Förderrichtlinie für Kultur sehen. Ich verstehe dann nur nicht, warum Sie sie nicht bereits geändert haben, sondern darauf warten, dass der Landtag dieses beschließt.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Meine Damen und Herren, prinzipiell finde ich es ja gut, dass sich die PDS-Fraktion zu einem einigermaßen substantiellen Antrag aufschwingt. Im Vergleich zu dem Antrag zur Einbindung von Kinder- und Jugendparlamenten macht dieser Antrag ja direkt ein wenig Hoffnung. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen genauso gut wie ich, dass eine Überarbeitung der Förderrichtlinie für die Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern keines der Probleme unserer sehr vielseitigen Kulturlandschaft löst. In einem Punkt allerdings kann ich mitgehen, es ist gewiss nicht ein Problem der Förderrichtlinie, sondern vielmehr ein verwaltungstechnisches Problem, die Fördermittel zeitnah auszureichen. Das ist vor allen Dingen ein Problem vieler kleiner, sehr interessanter Kulturprojekte, die wenig Eigenkapital haben. In der Analyse wird das Problem richtig erkannt, aber die Lösung des Problems liegt in der Antragsverwaltung und nicht in der Förderrichtlinie selbst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einer Erweiterung der Fördermöglichkeiten stehen wir sehr skeptisch gegenüber. Sehen wir uns doch einmal die Haushaltsrealitäten an. Mit diesen sind Sie schnell zur Stelle, wenn die Opposition Forderungen erhebt,

(Angelika Gramkow, PDS: Ja.)

aber gleiche Maßstäbe müssen Sie auch an Ihr Handeln anlegen. In der Koalitionsvereinbarung haben Sie die Stabilisierung der Fördermittel für Kultur festgeschrieben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Eingefroren.)

Das kann wiederum alles heißen. Die Theaterfördermittel – Theater gehört übrigens auch zur Kultur – wurden nämlich auf 70 Millionen DM stabilisiert. Aber dennoch geraten nahezu alle Theater ins Trudeln und der Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters musste unlängst Programmeinschnitte ankündigen, um das spielbare Programm noch in der entsprechenden Qualität anbieten zu können. Meine Damen und Herren, das sind Folgen der Stabilisierung von Landesförderung.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach, Frau Schnoor.)

Die allgemeine Kulturförderung haben Sie mit fast 22 Millionen DM stabilisiert. Das ist wohl richtig. Dennoch kann ich mich entsinnen, dass im Haushalt 2000 insbesondere die Musikschulen von Kürzungen betroffen sein sollten. Wir alle kennen die Schreiben des Musikschulverbandes, der auf der einen Seite nach wie vor froh ist,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie kennen doch das Ergebnis, Frau Schnoor.)

dass der Landtag interfraktionell die vorgesehenen Kürzungen abwenden konnte, aber sie machen auch deutlich, dass die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst durch eine Stabilisierung der Fördermittel nicht abgedeckt werden kann und sich Mehrbedarfe ergeben. Und ich spreche hier noch gar nicht von der derzeitigen Inflationsrate.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, das ist nur ein Beispiel für den Zustand der Kulturförderung in Mecklenburg-Vorpommern. Schaut man sich allein mal die Haushalte der Förderbereiche für die Kulturförderung an, dann muss man daran messen, wie umfangreich das Land Mecklenburg-Vorpommern Kultur fördert. Aber es reicht nicht aus. Das meine ich jetzt nicht aus materieller Sicht. Der Antrag entspricht übrigens auch nicht der Koalitionsvereinbarung der Regierungsfraktionen. Während sich der Antrag mit einer Erweiterung der Fördermöglichkeiten im Rahmen der Kulturfördermittel beschäftigt, fordert Ihr Koalitionsvertrag die Öffnung entsprechender Förderprogramme des Landes, um – ich zitiere – „die Kulturwirtschaft als Schnittstelle zwischen der wirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen, touristischen und kulturellen Entwicklung des Landes“ zu unterstützen. Wie weit sind Sie denn damit eigentlich vorangekommen?

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Land hat ein Problem. Dieses Problem ist der Kulturminister,

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

der nämlich schon bei seinem Amtsantritt

(Heinz Müller, SPD: Ach herrje.)