Protocol of the Session on June 27, 2001

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Kreuzer von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den ersten Blick sieht der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung zu Änderungen im amtlichen Vermessungs- und Katasterwesen herzlich unpolitisch aus. Ich kann mir tatsächlich auch Regelungsmaterien mit einem größeren politischen Zündstoff vorstellen, aber eben nur auf den ersten Blick, denn auch dieser Gesetzentwurf hat es ein bisschen in sich. Zumindest zwei Probleme wären für mich wichtig genug, dass wir uns in der Folge kräftig auseinander setzen.

Das erste Problem ist, darauf hat Herr Kollege Markhoff schon hingewiesen, der Zug der Kommunalisierung der Kataster- und Vermessungsämter, der ja mit der Funktionalreform, die wir Ende der ersten Wahlperiode hier beschlossen haben, ein erstes und bis jetzt endgültiges Ergebnis hatte. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hatte gehofft, dass diese übergreifenden Katasterämter, die wir noch in vier Städten haben, wo zugleich die Aufgaben des umliegenden Landkreises mit erledigt werden, im Sinne einer Rationalität im Prozess nicht nur erhalten, sondern weitergeführt werden können. Aber offensichtlich ist der Zug der Zeit nicht nur unter dem Siegel der Kommunalisierung, sondern unter dem Siegel, ein Pfund zu haben, einen Gegenstand zu haben, über den man verfügen kann und mit dem man wuchern kann, so, dass auch zu Lasten einer größeren Effektivität jetzt eine weitere Verteilung vorgenommen werden soll oder vorgenommen werden muss nach dem Prinzip „Jedem Landrat sein Katasteramt“ oder „Jedem Oberbürgermeister sein Kataster- und Vermessungsamt“. Ob das und inwieweit das sinnvoll ist, muss beredet werden.

Ich sehe durchaus auch den Konflikt, der hier schon angesprochen worden ist, hinsichtlich der Interessenabwägung zwischen den ureigensten Interessen tatsächlich der Kommunen und den ureigensten Interessen des Verbandes der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure und auch der sinnvollen und effektiven Arbeit, die in diesen Unternehmen der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure geleistet wird. Ich denke, hier werden wir in den nachfolgenden Ausschussberatungen heftige Meinungsunterschiede auszutragen haben und sicherlich schnelle Lösungen nicht gleich finden. Wir werden das, so denke ich jedenfalls, ganz kräftig mit den entsprechenden Betroffenen, mit den Interessen- und Bedenkenträgern zu bereden haben.

Punkt zwei ist, auch in diesem Gesetz gibt es wieder die uralte Floskel mit dem Riesenbart, dass öffentlich Bestellter nur sein kann, wer zu DDR-Zeiten nicht unnötig nah bei der Stasi war. Ich schließe an das an, was meine Kollegin Frau Schulz in der vorvorigen Tagesordnungspunktdebatte schon gesagt hat, wir müssen jetzt einfach mal dazu kommen, uns von alten Floskeln zu befreien, und zwar an den Stellen, wo sie nun wirklich überhaupt keinen politischen Sinn mehr machen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Und ich denke, an der Stelle sollte man’s tun.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Lieber Herr Kollege Riemann, ich bin mir natürlich darüber im Klaren, dass ganz bestimmte herausragende öffentliche Ämter mit Leuten besetzt werden müssen, die praktisch frei von Makel sind und das auch über ihre Amtszeit hinweg durchstehen können, möglicherweise auch nach ihrer Amtszeit nachweisen müssen und dann nicht ins schwarze Loch fallen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Gilt das auch für Landtagsabgeordnete?)

Und da sollten gerade Sie aus Ihrer Truppe ganz stille sein, was die Anforderungen an die Moral, an die Integrität, an die Inhalte von schwarzen Koffern und Ähnliches betrifft.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Das nur dazu.

Die vorliegende Novelle unseres neuen Vermessungsund Katastergesetzes von 1992 soll Rechtsänderungen beziehungsweise Rechtsentwicklungen berücksichtigen, insbesondere in der Landesbauordnung, der Kommunalverfassung und dem Datenschutzrecht, und sie soll weiterhin Bemühungen auch zur landesweiten Vereinheitlichung von rechtlichen und fachlichen Grundsätzen im öffentlichen Vermessungswesen umsetzen. Mit der Änderung des Gesetzes über die Berufsordnung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land MecklenburgVorpommern von 1994 werden auch entsprechende Regelungen des diesbezüglichen Berufsrechts nach gewonnenen praktischen Erfahrungen weiterentwickelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele interessante Details der vorliegenden Novelle ließen sich hier anführen, beispielsweise die Ersetzung des Begriffes „Grenzherstellung“ durch „Grenzfeststellung“, die leicht erweiterte Legaldefinition für das Flurstück oder die neue Gebäudedefinition. Lassen Sie mich also doch einige Fragen ansprechen, die uns mit Sicherheit in den Ausschussberatungen weiter bewegen werden, nämlich beispielsweise das Verhältnis von neu geschaffenen Verfahrensstandards und dem Konnexitätsprinzip, wobei ich es nicht ganz so vordergründig sehe wie mein Vorredner Herr Kollege Markhoff. Hier muss man sicherlich auch noch ein kleines bisschen tiefer loten. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, im neuen Paragraphen 2 Absatz 1 des Vermessungs- und Katastergesetzes wird beispielsweise von der interessanten Konstellation ausgegangen, und das sage ich überhaupt nicht sarkastisch, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mit der Schaffung neuer Verfahrensstandards zur Übernahme anderer, nämlich kostengünstigerer Verfahrenslösungen ermutigt werden, ohne Zwang dafür, dann auf fachbezogener Entscheidungsbasis zu handeln.

Dies und sicherlich noch einige weitere Regelungen, meine Damen und Herren, scheinen doch noch für einige Spannungen nicht nur in der politischen, sondern auch in der fachlichen Auseinandersetzung und Ratsuchung und dann schließlich auch in der fachlichen Entscheidung zu sorgen. Wir dürfen also gespannt sein auf die anstehenden Beratungen und natürlich plädiere ich auch für die Überweisung in die Ausschüsse. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heidemarie Beyer, SPD)

Danke schön, Herr Kreuzer.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Friese von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will gleich zu Beginn meiner kurzen Rede nicht verhehlen, dass ich vor einigen Monaten, als ich

erstmals von diesem Gesetzesvorhaben des Innenministers erfuhr, den spontanen Eindruck hatte, das wird ein Selbstläufer, große politische Auseinandersetzungen sind nicht zu erwarten. Aber seit dem Bekanntwerden der Pläne des Innenministers gingen bei mir und sicherlich auch bei den Damen und Herren aus den anderen Fraktionen Briefe von Bürgerinnen und Bürgern ein, die Tag für Tag mit diesem Gesetz arbeiten und damit leben müssen, es also praktisch anwenden müssen. Diese haben bei ihrem täglichen Umgang mit dem Gesetz erheblichen Novellierungsbedarf erkannt und diesen uns mitgeteilt.

Dabei ist mir vor allem eines klar geworden: Wir als Landtagsabgeordnete beschäftigen uns mit großer Hingabe, Elan, mitunter auch mit Herzblut mit Gesetzen wie dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz, Polizeistrukturen, dem Kindertagesstättengesetz, mit Gesetzen zum Naturschutz, zum Schulgesetz. Das alles ist richtig und wichtig. Mir hat die Zeit im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfes aber deutlich klar gemacht, dass es Gesetze eben wie dieses Vermessungs- und Katastergesetz gibt, die vom Landtag weitgehend stiefmütterlich behandelt werden. Ich bin jetzt zu der Ansicht gelangt, dass es auch bei solch weitgehend unbekannten Gesetzen Änderungsbedarfe gibt, die den Rechtsanwendern und Bürgerinnen und Bürgern das Leben erleichtern können, dass es technische Entwicklungen gibt, an die ein Gesetz angepasst werden muss.

Der Innenminister legt uns heute einen Gesetzentwurf vor, der die rechtliche Öffnung für technische Weiterentwicklungen und eine Ausrichtung auf die Erfordernisse der Praxis und die Steigerung der Rechtssicherheit vorsieht.

Ausgerechnet an diesem heutigen Tage ist in der hiesigen „Schweriner Volkszeitung“ ein Artikel erschienen, der angebliche Lücken im Vermessungs- und Katastergesetz beschreibt. Der in dem Artikel genannte Fall wurde auch an mich herangetragen. Ich habe sein Anliegen dem Innenminister mit der Bitte um Prüfung übersandt. In dem Antwortschreiben hat mir der Innenminister mitgeteilt, dass er eine vertretbare Möglichkeit sieht, dem Anliegen des Bürgers abzuhelfen, indem eine Verordnungsermächtigung in den Gesetzentwurf aufgenommen wird. Für mich ist das ein praktisches und geradezu klassisches Beispiel dafür, wie ernst wir die Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger nehmen und wie schnell und unkompliziert mitunter geholfen werden kann. Dafür schon jetzt einen recht herzlichen Dank an den Innenminister.

So wie vor einigen Monaten bin ich nach wie vor der Ansicht, dass es um diesen Gesetzentwurf nicht die großen politischen Auseinandersetzungen und Kontroversen geben muss. Anders als vielleicht noch vor einigen Monaten kann ich aber jetzt schon sagen, ich bin gespannt auf die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf in den Ausschüssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Friese.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/2112 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss, an den Finanzausschuss

und an den Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über den Staatsvertrag vom 1./6. Juni 2001 zwischen dem Land Brandenburg und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit in Zweckverbänden, Planungsverbänden nach § 205 des Baugesetzbuches und durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen, Drucksache 3/2113.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes über den Staatsvertrag vom 1./6. Juni 2001 zwischen dem Land Brandenburg und dem Land MecklenburgVorpommern über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit in Zweckverbänden, Planungsverbänden nach § 205 des Baugesetzbuches und durch öffentlichrechtliche Vereinbarungen (Erste Lesung) – Drucksache 3/2113 –

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen hiermit den Entwurf für ein Gesetz über den Staatsvertrag vom 1. beziehungsweise 6. Juni 2001 zwischen dem Land Brandenburg und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit in Zweckverbänden, Planungsverbänden nach Paragraph 205 des Baugesetzbuches und durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen vor. Dieser Gesetzentwurf soll den zwischen den Regierungen beider Länder ausgehandelten Staatsvertrag in Landesrecht umsetzen.

Nach sehr intensiven, aufwendigen Verhandlungen haben mein Kollege Schönbohm und ich diesen Staatsvertrag, der für die kommunalen Körperschaften gerade im Grenzgebiet zwischen den beiden Bundesländern von nachhaltiger Bedeutung ist, am Anfang dieses Monats, nämlich am 1. beziehungsweise 6. Juni unterzeichnet. In endgültige Rechtskraft wird dieser Staatsvertrag aber erst nach der Zustimmung der Landtage von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erwachsen können.

Seit Jahren besteht für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mecklenburg-vorpommerscher und brandenburgischer Kommunen ein erhebliches, aufwendiges Zusammenarbeitsverfahren. Dies betrifft derzeit insbesondere die Gebiete der Abwasserbeseitigung und der Energieversorgung. So ist zum Beispiel der kommunale Anteilseignerverband der EMO, der seit circa fünf Jahren die Aktienverwaltung am früheren kommunalen Energieversorgungsunternehmen EMO für seine gemeindlichen Mitglieder übernimmt, außerordentlich an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit interessiert, denn das Versorgungsgebiet der EMO umfasste den gesamten ehemaligen Bezirk Neubrandenburg und damit auch Gemeinden in der Prignitz sowie in der Uckermark, die mit der Bildung der Länder nach dem Ländereinführungsgesetz heute zum Land Brandenburg gehören.

Diese kommunale Zusammenarbeit in Formen des öffentlichen Rechtes, also zum Beispiel in Zweckverbänden, in Planungsverbänden und so weiter, und durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bedarf einer staatsvertraglichen Regelung, weil Hoheitsrechte beider Länder, vor allem Aufsichtsrechte hierdurch berührt sind. Bisher sind die Kommunen gezwungen, teilweise auf privatrechtliche Konstruktionen auszuweichen. Zum Teil unterbleiben aber auch notwendige grenzüberschreitende Regelungen, zumal das Privatrecht nur sehr eingeschränkt als Gestaltungsmittel zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben angewandt werden kann.

Der Staatsvertrag nun ermöglicht, durch grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit auch im Interesse der Kostensenkung Doppelstrukturen bei den verschiedenen Verbänden et cetera pp. abzubauen. Damit eröffnet das Land Mecklenburg-Vorpommern den Kommunen die Chance, auf der Grundlage eines einheitlichen Rechtes zwischen den beiden Ländern grenzüberschreitend tätig zu werden und mögliche Synergieeffekte zu nutzen. Mit dem Land Brandenburg, das heißt meinem Kollegen Herrn Schönbohm, ist deshalb vereinbart worden, sowohl das Recht der kommunalen Zusammenarbeit, also die Organisationsstruktur, als auch das zwischen beiden Ländern abgestimmte materielle Fachrecht im Staatsvertrag aufzulisten. Dabei bestimmt sich nach dem Sitz des Verbandes, welches Landesrecht jeweils für den Gesamtverband gilt.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist die Änderung des Schulgesetzes – nichts Geringeres als das – dahin gehend, dass bei länderübergreifenden Schulzweckverbänden der Schullastenausgleich zwischen den beteiligten Kommunen und nicht mehr durch die jeweiligen Länder zu erfolgen hat. Insoweit entspricht dieser Zusatz ebenfalls dem mit dem Staatsvertrag verfolgten Ziel der Kostenoptimierung und der Entbürokratisierung der Zusammenarbeit.

In Vorbereitung des Gesetzentwurfes sind die kommunalen Landesverbände sowie zahlreiche Fachverbände angehört worden. Dabei sind die Zielsetzung des Staatsvertrages und seine Ausgestaltung weitestgehend auf Zustimmung gestoßen. Ich will wenigstens ergänzend hinzufügen, dass es allein um eine Kooperation und überhaupt nicht um etwa angedachte Fusionsbestrebungen der beiden Länder geht. Dieser Diskussion will ich hier sofort einen Riegel vorschieben.

Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Bedeutung dieses Gesetzesvorhabens für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der kommunalen Körperschaften bitte ich Sie um eine zügige und konstruktive Beratung in den Ausschüssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Markhoff von der Fraktion der CDU.

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Markhoff ist doch auch dafür.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir heute Morgen über den Föderalismus debattieren konnten, legt uns die Landesregierung nun mit dem Staatsvertrag über die kommunale Zusammenarbeit zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips und insbesondere einen Schritt in Richtung Chancengleichheit der Kommunen bei uns im Lande vor. Die Kommunen in den Grenzregionen zu unserem Nachbarland Brandenburg waren im Vergleich zu den im Zentrum des Landes liegenden Kommunen bisher ein wenig benachteiligt, weil ihnen schlicht und einfach das Hinterland für eine optimale Partnerschaftsgestaltung fehlte. Dies lag – auch dies ist kein Geheimnis – insbesondere an unseren brandenburgischen Kollegen, weil die Brandenburger anders als wir in ihrer Kommunalverfassung keine Vorsorge geleistet haben, um hier zu vernünftigen Regelungen zu kommen.

Nun bin ich froh, dass nach jahrelangen Verhandlungen endlich eine Lösung gefunden wurde. Ich meine jedoch gleichzeitig, dass uns diese Situation veranlassen muss, darüber nachzudenken, wie wir eine grenzübergreifende kommunale Zusammenarbeit künftig besser und effektiver und vor allen Dingen schneller gestalten können. Wenn es nämlich schon innerhalb Deutschlands so unglaublich schwierig ist, hier zu juristisch sauberen Lösungen zu kommen, die der faktischen Notwendigkeit einer Zusammenarbeit gerecht werden, dann fürchte ich für die Zeit nach der Aufnahme Polens in die Europäische Union, dass dies noch komplizierter werden könnte. Deshalb sollten wir schon heute auf eine internationale, länderübergreifende Zusammenarbeit der Kommunen reagieren. Ich meine deshalb, wir sollten im Innen- und Rechtsausschuss unsere Beratung über diesen Staatsvertrag nicht eindimensional auf das vorgelegte Lösungspaket konzentrieren, sondern uns gleichzeitig Gedanken darüber machen, wie wir uns darauf vorbereiten, unseren Kommunen für den Zeitpunkt der endgültigen Mitgliedschaft der Republik Polen in die Europäische Union unmittelbar die Möglichkeiten zu geben, gleich lautende und ähnliche Verträge abzuschließen.

Hinsichtlich des konkreten Vorschlages des Staatsvertrages mit Brandenburg sollten wir noch einmal darauf schauen, inwieweit ein Höchstmaß an Praktikabilität erreicht werden könnte. Gerade hinsichtlich der Situation in den Schulverbänden macht es das unterschiedliche Kommunalrecht einerseits und das unterschiedliche Schulrecht andererseits schon äußerst kompliziert, eine Zusammenarbeit zu organisieren, die dann auch funktioniert.

Ich meine, wir sollten uns schon die Mühe machen, einmal anhand eines Einzelfalles durchzuspielen, wie handhabbar dieser Staatsvertrag am Ende sein wird, denn diese Handhabbarkeit wird der Schlüssel zum Erfolg sein. Wenn die Kommunen zu große bürokratische Hürden sehen, dann werden sie die aus meiner Sicht durchaus notwendige Zusammenarbeit hier nicht eingehen. Ich meine, wir sollten hier einmal ganz offen über die Einzelregelung diskutieren und noch einmal auf die Brandenburger zugehen, falls wir im Ausschuss noch ein paar Ideen entwickeln können, um mögliche Vereinfachungen zu erreichen, die im beiderseitigen Interesse liegen dürften. Ich denke, da sollte es auch angemessen sein, vielleicht den einen oder anderen Vertreter einer Kommune aus dem Brandenburgischen einzuladen, um deren Sichtweise auch im Parlament noch besser kennen zu lernen.

Mit diesem Staatsvertrag gehen wir durchaus einen Schritt nach vorne. Er folgt im Übrigen unserer Auffassung, die zunehmend mehr und mehr auch von den Kolleginnen und Kollegen der PDS geteilt zu werden scheint, dass unsere Kommunalstruktur, wie wir es hier in unserer Kommunalverfassung festgeschrieben haben, leistungsfähiger ist, als selbst unser Innenminister es ihr zutraut. Dieser Vertrag – und die hoffentlich zahlreichen Kooperationen, die aufgrund dieses Vertrages verwirklicht werden können – zeigt, dass das schlichte Abzählen der Köpfe für die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen der falsche Maßstab ist. Wir können nicht einfach erklären, Gemeinden unter 500 Einwohner sind zu klein, deshalb muss es zu Gemeindefusionen kommen. Nein. Der Schlüssel für die Leistungsfähigkeit der kommunalen Strukturen liegt darin, den kommunalen Vertretern die Möglichkeit zu geben, ihre Aufgaben effektiv zu organisieren, so, wie es die Grenzgemeinden zu Brandenburg künftig tun können, unabhängig davon, ob es nun Gemeinden mit 6.000 oder 2.000 Einwohnern sein können.