Mit dem Ihnen vorliegenden Regierungsentwurf eines Gesetzes zu Änderungen im amtlichen Vermessungs- und Katasterwesen werden folgende fünf Ziele verfolgt:
1. Berücksichtigung von Rechtsänderungen und der aktuellen technischen, und zwar Multimediaentwicklung in dem Gesetzesvorhaben,
Zum ersten Punkt: Berücksichtigung von Rechtsänderungen und der aktuellen Entwicklung in bestimmten Rechtsgebieten
Mit der Aufnahme einer neuen Gebäudedefinition in das Vermessungs- und Katastergesetz soll der vollständige Nachweis von Gebäuden im Liegenschaftskataster rechtlich unstreitig abgesichert werden, da durch das genehmigungsfreie Bauen gemäß Landesbauordnung eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Lücke in der Gebäudeeinmessungspflicht entstanden war. Das führt derzeit ja auch zu öffentlichen Diskussionen, wie wir es in der Presse nachlesen können. Daneben soll das auch datenschutzrechtlich zukünftig zulässige Verbundverfahren für praktische Anwendungen beispielsweise im Intranet geöffnet werden.
Die Arbeit der Vermessungsingenieure im öffentlichen Vermessungswesen wird zunehmend an den verfügbaren raumbezogenen Daten in digitaler Form, den so genannten Geobasisdaten, gemessen. Daher enthält der Gesetzentwurf der Landesregierung Öffnungen sowohl für eine integrierte Führung digitaler Kataster- und Vermessungsdaten in einer zentralen Datenbank als auch für die Benutzung des Liegenschaftskatasters über das Internet. Da diese Daten schließlich Grundlage planerischen Handelns sind, ist ihre Verfügbarkeit inzwischen auch maßgebliche Voraussetzung für Standort- und Investitionsentscheidungen sozusagen in allen modernen Industriestaaten.
Mit dem Gesetz über die Funktionalreform von 1994, mit dem die bis dahin staatlichen Kataster- und Vermessungsämter kommunalisiert wurden, wurde eine Reihe neuer Paragraphen in das Vermessungs- und Katastergesetz eingefügt. Die Kommunalisierung hat sich im Wesentlichen bewährt, so dass die entsprechenden Regelungen in die Logik der Paragraphenfolge eingearbeitet wurden. Das entnehmen Sie bitte dann auch dem Studium des Gesetzeswerkes.
Ich kann es hier auch gerne ausführen, es würde aber zu stundenlangen, möglicherweise ermüdenden Ausführungen führen.
Dann komme ich zum Punkt 4: Umsetzung der Bemühungen zur bundesweiten Vereinheitlichung von rechtlichen und fachlichen Grundsätzen im öffentlichen Vermessungswesen und so weiter
Obwohl das öffentliche Vermessungswesen Ländersache ist, liegt es im Interesse eines jeden Bundeslandes, die Standards der Aufgabenwahrnehmung weitestgehend bundeseinheitlich zu regeln. Das Land Mecklenburg-Vorpommern kann auf diese Weise auch von Entwicklungen anderer Bundesländer profitieren und umgekehrt. Andere können durch uns profitieren und damit können wir selbst eigene Entwicklungskosten sparen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Verwaltungsverfahren, insbesondere das Verfahren für Liegenschaftsmessungen strikt auf das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht ausgerichtet. Damit wird das Verwaltungsverfahren bis hin zum gerichtlichen Vorverfahren auch für den Bürger transparenter und nachvollziehbarer, wie jedermann verstehen wird.
Meine Damen und Herren, das öffentliche Vermessungswesen soll sich mehr und mehr zu einer modernen Dienstleistungseinrichtung für das Land MecklenburgVorpommern entwickeln. Voraussetzung hierfür ist eine Ausrichtung der Verwaltung auf innovative und mit modernsten Standards versehene Informations- und Kommunikationstechnologien. Begriffe wie Geodatenportale beziehungsweise Geodateninfrastruktur, Geoinformationssysteme und internetbasierte Geodatenrecherchen sollen in naher Zukunft auch für die Anwender dieser Dienstleistungen jeweils zum Standard gehören.
Der Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung (SAPOS) reiht sich in diese Entwicklungstendenzen ein. Die Daten von SAPOS können nicht nur für die Landes- und Liegenschaftsvermessung verwendet werden, sondern zum Beispiel auch für Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, das allgemeine Verkehrsmanagement, das heißt die Flottensteuerung oder die Steuerung von landwirtschaftlichen Maschinen und für die Flugnavigation, im Übrigen ja auch für Bordcomputer bei neueren Personenkraftwagen. An diesen Beispielen wird deutlich, dass die sehr fachspezifische Rechtsmaterie bei der fortschreitenden digitalen Entwicklung der Technik eine Vielzahl von Lebensbereichen im Alltag der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen dieses Landes inzwischen tangiert.
Die Landesregierung strebt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Beschleunigung dieser Anwenderprozesse auf rechtlich gesicherter Grundlage an. Meine Damen und Herren, deswegen bitte ich Sie, diesen Gesetzentwurf in die ausgezeichneten Ausschüsse
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines muss man dem Innenministerium bescheinigen: Fleiß. Der Landtag wird zurzeit mit einer Fülle von Gesetzentwürfen aus diesem Ministerium überschüttet, …
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Götz Kreuzer, PDS: Fleiß gehört zu den Kopf- zensuren. – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)
… denen es allerdings insgesamt an etwas mangelt, nämlich an Mut und Reformwillen. Ob es das Katastrophenschutzgesetz, das Brandschutzgesetz oder der hier vorliegende Entwurf eines Vermessungs- und Katastergesetzes ist, die Gesetzentwürfe beschränken sich im Großen und Ganzen auf die Anpassung an andere Gesetze und redaktionelle Verbesserungen. Dabei wäre es doch angebracht, bei jedem Gesetzentwurf auch zu prüfen, ob unter dem Gesichtspunkt einer Funktionalreform Bedarf für eine Verlagerung von Aufgaben besteht.
Ich vermisse bei diesem Gesetzentwurf grundsätzliche Gedanken darüber, ob eine Zusammenlegung des Landesvermessungsamtes mit anderen oberen Landesbehörden zu einer Dienstleistungseinheit sinnvoll ist.
Es liegen seit geraumer Zeit Vorschläge des Bundes Deutscher Steuerzahler vor, die Vorschläge für eine Neustrukturierung der Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern enthalten. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Landesregierung mit diesen Vorschlägen zumindest gedanklich auseinander setzt.
Der Innenminister hat kürzlich in einer Pressekonferenz die neuen digitalen Verbesserungen für die Vermessungsund Katasterbehörden vorgestellt. Die flächendeckende Digitalisierung der herkömmlichen Flurkarten bis zum Jahr 2007 soll 70 Millionen DM kosten. Für die Einführung des Satellitenpositionierungsdienstes der deutschen Landesvermessung in Mecklenburg-Vorpommern zahlt das Land 1,9 Millionen DM. Gerade in Anbetracht dieser erheblichen Kosten, die für die Landesvermessung aufgewendet werden, ist es meines Erachtens angebracht, über Einsparpotentiale nachzudenken.
Darüber hinaus wäre darüber nachzudenken, ob die zunehmende Bedeutung der Geodaten für die Wirtschaft und private Interessenten durch Ausgliederung dieser Serviceleistungen wirtschaftlich besser genutzt werden kann. Aber diese Landesregierung, so mein Eindruck, hat bis heute kein Konzept für derartige Überlegungen zu einer Verwaltungs- und Funktionalreform.
das Gesetz über die Funktionalreform eine umfangreiche Aufgabenverlagerung auf die Landkreise und kreisfreien Städte vorgenommen.
Und hier gilt es nun anzusetzen und darüber nachzudenken, ob die Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte infolge der zwischenzeitlich gestiegenen Zahl von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren zumindest teilweise auch gänzlich von den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren des Landes wahrgenommen werden können. Der Berufsstand der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure wurde 1990 bei uns wieder eingeführt. Derzeit sind 80 öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im Land tätig, die sich in direkter Konkurrenz zu den Aufgaben der Kataster- und Vermessungsbehörden befinden.
(Dr. Gottfried Timm, SPD: Ja, nur das ist kommunalisiert. Da müssen Sie die Landräte fragen, ob sie das wollen.)
Sowohl die Vermessungsingenieure als auch die Katasterbehörden sind Vermessungsstellen im Sinne des Gesetzes. Das zunehmende Angebot der Katasterbehörden, Vermessungen für Private durchzuführen, führt aber zu einer wirtschaftlichen Schwächung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, die im Gegensatz zu den Katasterbehörden aus den Gebühreneinnahmen sowohl ihre Kosten als auch ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Wir werden daher in den Ausschussberatungen darüber nachdenken müssen, wie eine existenzbedrohliche Konkurrenz zwischen den verschiedenen Vermessungsstellen vermieden werden kann.
Meine Damen und Herren, auch in diesem Gesetzentwurf ist wieder die Behandlung des Themas Konnexität zu kritisieren. In der Einleitung des Gesetzentwurfes heißt es, dass verschiedene Neuregelungen des Gesetzes keine neuen Aufgaben darstellen, sondern dass es sich um neue Standards beziehungsweise Standarderhöhungen bei bestehenden Aufgaben handele. Das heißt aber, dass hier das Konnexitätsprinzip greift. Ich zitiere aus der Begründung zur Änderung der Kommunalverfassung auf Drucksache 3/1133: „Die Ausgleichszahlung erfolgt auch, … wenn die Gemeinden und Landkreise bestimmte Aufgaben bereits wahrnehmen, jedoch Standards der Aufgabenerfüllung erhöht werden und so zu einer Mehrbelastung führen.“ Das heißt, dass in diesem Fall eine Kostenfolgeabschätzung unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände vorzunehmen ist. Die lapidare Feststellung des Gesetzentwurfes, die Sicherstellung des Standards führt in der Summe zu keinen Mehrbelastungen der Gemeinden und Landkreise, genügt den gesetzlichen Anforderungen der Kommunalverfassung nicht.
Meine Damen und Herren, wir stimmen der Überweisung in die Ausschüsse zu. Wir denken, dass wir in den Ausschüssen eine gute Beratung in einer fairen Atmosphäre dazu führen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.