Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 1. Februar 1993 war ich als Landespolitiker das erste Mal im Bahnbetriebswerk Stralsund, damals gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Klostermann. Der Anlass war, dass uns zu dem Zeitpunkt die Planungen der beiden deutschen Bahnen zur langfristigen Werkeordnung bekannt geworden waren. Diese langfristige Planung ist vom Oktober 1992. Im Februar 1993 hatte das Bahnbetriebswerk Stralsund noch 631 Mitarbeiter. Zehn Monate vorher waren es noch 923, nur damit wir mal wissen, worüber wir hier heute noch streiten und uns bemühen. In der langfristigen Werkeordnung war die Perspektive für den Standort Stralsund angegeben – Zukunft Betriebshof bis maximal fünf Mitarbeiter. Diese Situation ist also seit 1993 bekannt. In Neustrelitz hatten wir ehemals über 1.400 Mitarbeiter, die Zahlen von heute hat Minister Ebnet schon vorgetragen. Nach der langfristigen Werkeordnung sollte insgesamt bei den beiden deutschen Bahnen die Mitarbeiterzahl von 73.300 auf 39.800 reduziert werden, und zwar bis zum 01.01.2002.
Leider ist es bei den damaligen Zielgrößen für die Bahnbetriebswerke in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht einmal geblieben. Der Abbau ist noch wesentlich schlimmer. Ich will nur an einige Werke kurz erinnern, über die heute kaum noch jemand spricht: Bahnbetriebswerk Hagenow-Land, Bahnbetriebswerk Güstrow, Wagenausbesserungsstelle Hagenow-Land, Bahnbetriebswerk Neubrandenburg, Außenstelle Parchim des Bahnbetriebswerkes Schwerin, Wagenausbesserungsstelle Pasewalk, Außenstelle Saßnitz und so weiter. Diese Aufstellung ist noch nicht mal vollzählig.
Was mir aber aufgefallen ist, als ich meine alten Unterlagen seit 1993 mal angesehen habe, ist Folgendes, was mich auch sehr ärgert: Der größte Teil dieser Unterlagen sind Pressemitteilungen, Zeitungsartikel von Landespolitikern, sind leere Versprechungen, sind fast alles heiße Luft im Zeitraum 1993/94 zur Wahl. Zum Beispiel Herr Seite verspricht den Bahnern in Neustrelitz 600 Arbeitsplätze, bei Herrn Caffier ist es in seiner Pressemitteilung ähnlich. Alle anderen Zeitungsartikel versprechen, versprechen. Und wie sieht es denn nun heute wirklich aus? Und warum unterhalten wir uns gerade heute wieder über diese Situa
tion? Seit 1993 ist dieser Crashkurs bekannt. Ja, wir unterhalten uns darüber, weil die Bürgermeisterwahlen angestanden haben und die CDU dann noch mal schnell ein bisschen Publicity damit machen wollte. Ich denke mir, das haben unsere Eisenbahner und die Werker nicht verdient, dass wir so mit ihnen umgehen.
Tatsache ist aber für diese Entwicklung – und das müssen wir auch einfach mal zur Kenntnis nehmen –, die Verkehrsleistungen der Bahn in unserem Land MecklenburgVorpommern betragen von ehemals rund 80 Prozent am Gesamtverkehr heute noch nicht mal 16 Prozent beim Güterverkehr, 7 Prozent im Fernreiseverkehr, 8 Prozent im ÖPNV insgesamt. Also diese trostlose Entwicklung hinsichtlich der Verkehrsleistungen, die heute abverlangt werden auf der Schiene, führt natürlich auch zu diesem Personalabbau.
Dazu kommt noch die technische Entwicklung, die Modernisierung der Fahrzeuge. Moderne Triebfahrzeuge müssen heute nur alle sechs Jahre durchgesehen werden, nicht jeden zweiten Tag wie früher, dazu der Abbau der Zuglängen von vier bis fünf Wagen auf heute zwei und drei, die Rationalisierung der Umläufe. Das sind alles objektive Voraussetzungen, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Und wir können einem Unternehmen, das enorm unter Druck steht, so dass es in schwarze Zahlen kommt, nun auch nicht vorschreiben, wo es seine Instandsetzungskapazitäten dann noch am Leben erhalten soll.
Der Rückgang, der noch aussteht, von den Fahrzeugen, die wir brauchen – von 330 auf künftig 142, bei gleicher Leistung 13 Millionen Zugkilometer –, macht doch endlich die Entwicklung der nächsten Zeit deutlich. Dass die Bahn das nun alles optimiert durchgerechnet hat und sagt, diese geringe Fahrzeugkapazität kann ich nur an einem Standort reparieren und kontrollieren, und der Standort, wo das Zentrum aller Verkehrsleistungen liegt, ist Rostock, das ist auch nicht unlogisch. Als Techniker würde ich das auch immer so sehen. Als Landespolitiker sieht man natürlich mehr. Standort Rostock deswegen, weil dort gerade die Hauptleistungen von der S-Bahn anfallen und erbracht werden, elf Wagenumläufe täglich bei der S-Bahn.
Welche Chancen haben wir mit weiteren Instandhaltungskapazitäten? Ich bin auch dafür, dass wir diese geringen Standorte mit den wenigen Arbeitsplätzen wenigstens noch versuchen zu halten. Ja, realistische Aussichten haben wir natürlich, Standort Rostock, Neustrelitz, wenn es gelingt, diesen Standort zu privatisieren und weitergehend zu nutzen auch für SPNV-Fahrzeugbestände anderer Bahnen als der OME. Über den Standort Schwerin hat noch keiner gesprochen. Der alte Standort geht zum Fahrplanwechsel des Bahnwerkes ein. Ganz klein, unscheinbar, kaum zur Kenntnis genommen ist aber ein neuer Standort in die Entwicklung gekommen, nämlich der Ausbau der bisherigen Straßenbahnwerkstatt zu einer Instandhaltungskapazität für den Schienenpersonennahverkehr. Das ist eine Kapazitätserweiterung am Standort Schwerin. Damit haben wir hier auch ein kleines kombiniertes Bahnwerk in Schwerin – Straßenbahn/Eisenbahn.
Was wir zumindest tun müssten – und darauf können wir Einfluss nehmen –, ist, dass wir bei künftigen Ausschreibungen und Vergaben an andere Anbieter von Schienenpersonennahverkehrsleistungen, als es die
DB AG ist, darauf bestehen und zum unverzichtbaren Bestandteil der abzuschließenden Verträge machen, dass die Fahrzeuge, die bei uns im Land Nahverkehrsleistungen erbringen, die wir bezahlen, und das nicht schlecht, wenigstens auch in unserem Land instand gehalten werden. – Danke schön.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/2083 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der PDS und SPD auf der Drucksache 3/2083 einstimmig angenommen.
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2026 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2026 mit den soeben beschlossenen Änderungen angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zuordnung und Verpachtung der Fließgewässer zweiter Ordnung, Drucksache 3/2062.
Antrag der Fraktion der CDU: Zuordnung und Verpachtung der Fließgewässer zweiter Ordnung – Drucksache 3/2062 –
Wir sollten beide, Herr Minister, angesichts der Saalbesetzung vielleicht Interessierte in eine gemütliche Ecke einladen.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, wo sind denn Ihre Leute, Herr Brick? – Zuruf von Minister Till Backhaus)
(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Barbara Borchardt, PDS: Auch für die Schwestern. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Es sind ja nur Brüder im Geiste.)
Aber wir wollen ja schnell fertig werden, Herr Dr. Schoenenburg, darum lassen Sie mich mal erst vom Leder ziehen.
(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Jetzt haben Sie mich aber an einer schwachen Stelle erwischt.)
Zum Antrag: Auf allen Delegiertenkonferenzen oder Jahreshauptversammlungen von Fischereiverbänden, so
auch auf denen des Landesanglerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, heben Politiker aller Couleur gern die identitätsprägende Rolle der Fischerei und der Angelei unseres gewässerreichen Bundeslandes hervor. Dies ist keineswegs zu bestreiten, doch müssen Lippenbekenntnissen auch Taten folgen. Mit dem Ihnen, verehrte Abgeordnete, vorgelegten, schlichten, einfachen, leicht überschaubaren Antrag zur Zuordnung und Verpachtung der Fließgewässer zweiter Ordnung möchte die CDU-Fraktion zum Handeln im Interesse unserer Angler auffordern.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern verfügt – und hier nageln Sie mich bitte nicht auf die Zahl fest – ungefähr über 1.000 Hektar Fließgewässer zweiter Ordnung. Ich mache auch darauf aufmerksam, im Landeswassergesetz sind die Gewässer erster Ordnung, die sich im Eigentum des Landes befinden, sofern es nicht Bundeswasserstraßen sind, aufgeführt. Die restlichen nicht aufgeführten Gewässer sind die Gewässer zweiter Ordnung, die den Eigentümern der Ufergrundstücke gehören, es sei denn, sie bilden ein selbständiges Grundstück, und nur um diese Fließgewässer geht es in diesem Antrag.
Von den 1.000 Kilometern Fließgewässer hat die Eigentümerermittlung bisher ergeben, dass derzeit rund 400 Kilometer zum Eigentum des Landes, also zum allgemeinen Grundvermögen gehören. Eine Ressortzuordnung an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei ist bisher nur in sehr geringem Umfang erfolgt. Zum besseren Verständnis nenne ich Ihnen mal, vielleicht ist das eine oder andere in Ihrem Wahlkreis darunter, einige der Fließgewässer, die in Frage kommen: die Datze bei Neubrandenburg, Radegast bei Grevesmühlen, Banzkower Kanal, Löcknitz bei Ludwigslust, Beke bei Güstrow, Obere Rück bei Anklam oder die Kösterbeck im Landkreis Bad Doberan. Die Aufzählung kann man natürlich fortsetzen.
Verehrte Damen und Herren, wie sieht nun die rechtliche Konstellation aus? Ich will das versuchen, in gebotener Kürze hier darzustellen.
Zu DDR-Zeiten waren die Bezirksfachausschüsse des DAV, jeder Bezirk hatte einen, die Inhaber des fischereilichen Nutzungsrechts an den Fließgewässern zweiter Ordnung, die sich, wie es so schön hieß, im Eigentum des Volkes befanden. Mit der Bildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern schlossen sich die drei DAV-Bezirksfachausschüsse Rostock, Schwerin und Neubrandenburg zum Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern zusammen. Der Landesanglerverband trat als Rechtsnachfolger der Bezirksfachausschüsse in die bestehenden unentgeltlichen Nutzungsverträge ein, für die nach Paragraph 23 Absatz 6 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ein besonderer Kündigungsschutz noch bis zum 31.12.2002 besteht. Wenn also in unserem Antrag vom bisherigen Nutzer die Rede ist, dann verbirgt sich dahinter, wie ich versucht habe darzulegen, der Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern.
Nun mag mancher von Ihnen denken, die eineinhalb Jahre bis zum 31.12.2002 sind noch eine lange Zeit, so dass eigentlich aktueller Handlungsbedarf überhaupt nicht besteht. Aber für eine ordnungsgemäße Gewässerbewirtschaftung ist ein längerer Zeitraum notwendig und vor allem Rechtssicherheit und ich meine, darauf haben unsere Angler auch ein Anrecht. Als Jäger und Nutzer der Natur denken sie, wie auch Landwirte, Förster und Jäger, in größeren Zeiträumen, als wir heute in unserer schnelllebigen Zeit vielleicht gewöhnt sind.
Nun sind ja von den in Frage kommenden Fließgewässern nur 400 im Eigentum des Landes. Von den anderen etwa 600 Kilometern sind die Eigentümer größtenteils unbekannt. Und ich will doch das eigentliche Problem berühren, Herr Minister, was Sie mir in Ihrer heutigen Presseerklärung absprechen. Das Land soll zunächst in einem ersten Schritt die 400 Kilometer verpachten. Dies kann auf dem Wege der beschränkten Ausschreibung gemäß der Richtlinie für Verpachtung von Gewässern an Angler und andere Interessenten vom 26.03. dieses Jahres erfolgen. Damit würde das Land auch entsprechende Einnahmen erzielen, denn die Pachthöhe von 100 DM pro Hektar sind eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung. Aber was passiert mit den restlichen 600 Kilometern? Erlauben Sie mir, dass ich auch dazu kurz Stellung nehme:
Die Eigentümer sind also größtenteils unbekannt. Eine Eigentümerrecherche ist bei kleinparzelliertem Eigentum schwierig, zumindest so kosten- und zeitaufwendig, dass der Landesanglerverband dies nicht zu leisten vermag. Die Landesregierung, wie ich festgestellt habe, kann dies auch nicht leisten. Darum ein Vorschlag: Für das fischereiliche Nutzungsrecht zahlt der Landesanglerverband eine adäquate Pacht auf ein notarisches Konto ein. Wird ein Eigentümer ermittelt, kann die Pacht abzüglich eventueller Nebenkosten ausgekehrt werden. Der Eigentümer entscheidet dann, ob und auf welcher Basis ein Pachtverhältnis fortgeführt wird. Mit diesem Verfahren würde keine Seite benachteiligt und unsere Angler könnten in für sie interessanten Fanggründen ihrer Passion nachgehen. Aber das sollte nur eine Anregung am Rande sein, da es ja nicht direkter Gegenstand unseres Antrages ist.
So lassen Sie mich dann abschließend sagen, der vorgelegte Antrag möchte für den als Naturschutzverband anerkannten Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern Rechtssicherheit schaffen, indem ihm als Grundlage seiner Tätigkeit zumindest die landeseigenen Fließgewässer zweiter Ordnung verpachtet werden. Zuvor sollte zweckmäßigerweise die Zuordnung an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei erfolgen, da es ja, wie schon in der Ressortbezeichnung zum Ausdruck kommt, für dieses Gebiet der Fischerei auch zuständig ist.
Verehrte Abgeordnete, so weit zur rechtlichen Begründung des Antrages. Ich werde mich nachher in der Aussprache noch mal zu Wort melden. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde ja, dass dieser Antrag an sich für das Land Mecklenburg-Vorpommern, für mich als Vertreter des Hauses eine Unterstützung darstellen soll. So erkenne ich diesen Antrag erst einmal an. Das sage ich mal gleich von vornherein.
Wobei ich schon noch mal klar stellen möchte, Herr Brick, dass unsere Recherche, um das auf den Punkt zu bringen, ergeben hat, dass wir von den 1.000 Hektar und den 400 Kilometern Fließgewässer etwa 39.900 Kilometer Fließgewässer zweiter Ordnung im Eigentum haben.
Das sind ja die Gewässer zweiter Ordnung. Und diejenigen, die sich in der Vergangenheit genau damit auseinander gesetzt haben, wissen, da ist jeder Graben, jeder Vorfluter und so weiter mit dabei. Und hier liegt eben der Teufel im Detail.