Protocol of the Session on March 7, 2001

Jetzt wird mitberatend nur beantragt Innenausschuss und Finanzausschuss?

So, wie ich das hier vorgetragen habe.

Gut. Danke.

Dann schließe ich die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt also vor, wie eben auch in den Reden vorgeschlagen worden ist, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1927 zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss und zur Mitbera

tung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Nutzung des Schweriner Dokumentationszentrums für Zeitgeschichte am Demmlerplatz, Drucksache 3/1295, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Drucksache 3/1946.

Antrag der Fraktion der CDU: Nutzung des Schweriner Dokumentationszen- trums für Zeitgeschichte am Demmlerplatz – Drucksache 3/1295 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 3/1946 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Herr Bluhm.

(Der Abgeordnete Andreas Bluhm verzichtet.)

Er möchte nicht. Dann haben wir im Ältestenrat verabredet eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist auch das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schnoor.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Landeszentrale für politische Bildung einmal Anschauungsmaterial für die Tatsache benötigt, dass Politik das Bohren dicker Bretter ist, dann empfehle ich sehr nachdrücklich die Geschichte des Schweriner Dokumentationszentrums für die Opfer der Diktaturen am Demmlerplatz.

(Angelika Gramkow, PDS: Aber, Frau Schnoor, nicht die ganze, bitte, ja?!)

Es muss schlicht und einfach konstatiert werden, dass das bislang erreichte Ergebnis in Schwerin nicht befriedigen kann. Ich möchte gar nicht in die Gründungsgeschichte des Dokumentationszentrums zurückgehen, die uns sicherlich allen noch sehr präsent ist. Es war ja schon damals eine eher schmerzhafte Geburt und diese Geburtsschmerzen halten bis heute an.

Da ist immer noch nicht richtig klar, wer nun letztendlich den Hut aufhaben soll, ob die Landeszentrale für politische Bildung, das Justizministerium, das Bildungsministerium

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach, Frau Schnoor!)

oder der Stasibeauftragte des Landes. Und die verschiedenen Initiativen, die Ausstellungen, die durchgeführt werden sollen, kommen alle nicht so richtig zu Potte. Das ist noch nicht einmal den Beteiligten vorzuwerfen, denen ich zunächst einmal den jeweiligen guten Willen doch unterstellen möchte. Sie wollen aus dem Projekt Dokumentationszentrum Demmlerplatz ein Erfolgsprojekt machen und dies sollte man ihnen nicht absprechen. Aber angesichts dieser versammelten Kompetenz enttäuscht es umso mehr, dass wir heute noch nicht weiter sind, wenn auch kurz vor der offiziellen Eröffnung.

Ich meine, dass wir damit unserer Verantwortung, insbesondere gegenüber den nachfolgenden Generationen, bislang nicht gerecht werden. Und dabei waren wir eigentlich schon einmal etwas weiter. Hatten wir nicht insbesondere zwei wichtige Lehren aus der Enquetekommission „Aufarbeitung und Versöhnung“ in der letzten Legislaturperiode gezogen? Hatten wir nicht erfahren, dass es zurzeit noch zu schwer ist, dass sich Zeitzeugen, Opfer und Täter unmittelbar gegenüberstehen und Versöhnung üben? Aber hatten wir nicht festgestellt, dass es richtig war, den Versuch zu machen, diesen Dialog zu führen, um zumindest die Fakten zu sammeln, damit sich spätere Generationen mit ihnen auseinander setzen können? War das nicht schon bereits ein wichtiger Erfolg? Und war das nicht auch letztendlich das entscheidende Argument, das die Befürworter des Dokumentationszentrums hier in Schwerin letztendlich die Oberhand gewinnen ließ?

Nach der ersten Freude darüber, dass es doch gelungen war, neben Rostock auch Schwerin zum gleichberechtigten Standort zu machen, stellten sich schon sehr bald Probleme ein, die vielfach einfach bürokratischer Natur waren. Ob es nun die Stellenbewirtschaftung gewesen ist, ob es die Baumaßnahmen gewesen sind, ob es die Filmaufnahmen einer Komödie in den Räumen gewesen sind oder ob es der lächerliche Streit darüber war, wer jetzt eigentlich den Schlüssel bekommt, damit die Schulklassen, die die Ausstellungen besuchen wollen, auch hinein- und wieder hinauskommen, das alles waren doch nun wirklich keine Erfolgsgeschichten, die wir als Politiker uns an die Brust heften können. Deshalb hat meine Fraktion im Ausschuss und auch hier im Plenum immer wieder dieses Thema aufgegriffen und debattiert – zuletzt mit dem Antrag vom Mai letzten Jahres –, die Landesregierung aufzufordern, jährlich einen Bericht über die konzeptionelle inhaltliche Arbeit sowie die finanzielle und personelle Ausstattung und Öffentlichkeitsarbeit abzugeben.

Ich bekenne, dass dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit wäre, die das Bildungsministerium einmal im Jahr machen könnte. Es muss ja nun nicht einmal ein Bericht vor dem Hohen Haus sein, sondern es kann auch eine schriftliche Vorlage sein, die dann im Ausschuss diskutiert wird. Aber selbst darum wurde jetzt ein nahezu einjähriger Zinnober veranstaltet. Und dabei fand ich das Gespräch, das wir in den Ausschüssen dazu geführt haben, gar nicht so schlecht, bewies es doch, dass wirklich Handlungsbedarf besteht. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass wir auch aufgrund dieser Erkenntnisse als Landtag, da wir doch maßgeblich an der Installation dieses Dokumentationszentrums beteiligt waren, unser Interesse durch die Anforderung eines jährlichen Berichtes noch einmal nachdrücklich unterstreichen. Wir sollten zeigen, dass wir in dem Dokumentationszentrum in Schwerin einen Leuchtturm der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte sehen.

Einen Leuchtturm stellt man bekanntermaßen auf eine Anhöhe. Aber, meine Damen und Herren, was macht die Koalitionsmehrheit? Auf der Basis der Feststellung, dass man mit dem Abschluss des Kooperationsvertrages mit der Universität Rostock einen entscheidenden Schritt getan hat, mit dem die konkrete Umsetzung vorangehen werde, wird das Dokumentationszentrum nur eingebunden in das große weite Feld der politischen Bildung. Und bitte verstehen Sie mich an dieser Stelle nicht miss: Die politische Bildung ist heute wichtiger denn je. Nur, wir sollten immer wieder klarstellen, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein wichtiges einzelnes

Element in dieser politischen Bildung ist. Deshalb sollte dieses einzelne Element als Leuchtturm präsentiert werden.

Was aber nun die Regierungsmehrheit damit macht, ist, einen Leuchtturm ins Tal zu stellen. Das kann sicherlich nicht der richtige Weg sein. Deshalb muss man auch schon einmal die Frage stellen, wo eigentlich die Motive dafür liegen. Und da liegt schon die These nahe, dass der Vorstoß aus der SPD zur Abschaffung des Paragraphen 8 des Landesbeamtengesetzes und die stiefmütterliche Behandlung

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Oh, Frau Schnoor!)

des Dokumentationszentrums am Standort Schwerin zwei Früchte am selben Baum des Verdrängens sind.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie sollten mal wirklich mit Herrn Helmrich darüber reden.)

Deshalb können wir dieser Taktik, die in der Beschlussempfehlung hier zum Tragen kommt, nicht zustimmen,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Auwei!)

auch deshalb nicht, weil ich nicht sagen kann, dass die Ausschussberatungen mit voller Offenheit geführt wurden.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Auwei!)

Das zeigt heute ein Blick in die „Schweriner Volkszeitung“.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wieso?)

Es ist doch ein Ausdruck der Chance, aus dem Dokumentationszentrum einen Leuchtturm zu machen, wenn wir erklären, dass der Bundespräsident am 6. Juni 2001 zur offiziellen Eröffnung herkommen wird.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, das ist doch schön.)

Ich frage mich allerdings, meine Damen und Herren, ob es ein Zeichen der Kooperation zwischen Exekutive und Legislative darstellt, gerade in diesem wichtigen Feld, wenn ein Jahr lang ein Antrag zum Dokumentationszentrum in den Ausschüssen bearbeitet wird, eine Drucksache mit Datum vom 27.02.2001 die Beschlussempfehlung des Ausschusses wiedergibt und dann die Ausschussmitglieder aus der Zeitung so ganz nebenbei erfahren, dass der Bundespräsident zur Eröffnung anwesend sein wird.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist doch schön.)

Und deshalb zeigt auch die heutige Veröffentlichung in der „Schweriner Volkszeitung“, dass es richtig und wichtig gewesen wäre, unseren Berichtsantrag in der ursprünglichen Fassung zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Da die Mehrheit von SPD und PDS einen anderen Weg geht,

(Beifall Jörg Vierkant, CDU)

müssen wir heute gegen die Beschlussempfehlung stimmen. Ich verspreche jedoch, dass wir seitens der CDU weiterhin ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung des Dokumentationszentrums an beiden Standorten richten werden. Wir werden dann auch wieder die Initiative ergreifen, wenn jetzt nicht die Entwicklung dynamisch vorangetrieben wird. Eine Chance hierzu besteht. Das zeigt auch der angekündigte Besuch des Herrn Bundespräsidenten.

(Angelika Gramkow, PDS: Frau Birthler kommt auch.)

Und ich hoffe sehr, dass seitens der SPD und PDS diese Chance nicht wieder vertan wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Rißmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ergebnis, sehr spät zustande gekommen, das Anliegen aus der vergangenen Legislatur aus der Arbeit der Enquetekommission mit zwei Aspekten, exakte wissenschaftliche Bearbeitung geschichtlicher Probleme aus der neueren Geschichte und gleichzeitig der Anspruch, für politische Bildung etwas zu tun aus diesem Bereich, an zwei Orten im Lande, an zwei Zentren anzusiedeln, halte ich nach wie vor für die ideale Lösung, die aus einem langen Prozess und leider auch mit einem sehr langen und hohen Zeitaufwand betrieben worden ist, jetzt aber mit dem Kooperationsvertrag zwischen der Universität und der Landeszentrale für politische Bildung eine ganz seriöse und solide Grundlage hat, auf der sich das Kind, das aus der Enquetekommission geboren wurde, nun hoffentlich bald gut entwickelt und sogar Siebenmeilenstiefel anziehen kann. Denn ich halte es für extrem wichtig – eine der Erfahrungen aus der Enquetekommission –, dass nämlich die Möglichkeit, sich in der Diskussion gegenüberzustehen, Zeitzeugen zu benennen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der es möglich ist, einen Austausch, ein auf Augenhöhe Begegnen zwischen Tätern und Opfern und zwischen all denen, die weder Täter noch Opfer waren, mit der Möglichkeit, ihre Rolle im DDR-System anzunehmen, dass diese Idee in den nächsten Jahren auch noch weitere Früchte tragen wird.

Eine Erfahrung, die wir dabei gemacht haben: Die Jugendlichen hat das in der Regel nicht interessiert. Und dieser Schwerpunkt, politische Bildung im Dokumentationszentrum in Schwerin anzusiedeln, hat einen langen Weg nötig gehabt. Das mag an der Bausituation gelegen haben, das mag in der Zuständigkeit zweier Ministerien aus einer Partei – schwer zu erklären – seine Ursache gehabt haben, aber es ist so weit. Es wird am 6. Juni 2001 die Eröffnung sein. Der Beirat hatte die Information, dass im Mai die Eröffnung vorgesehen war. Aber wenn man das um ein paar Tage verschiebt, weil man Prominenz zur Eröffnung dabeihaben möchte, ist das sicher verständlich.

Ich möchte an dieser Stelle ein Gegenargument oder eine Meinung von Frau Schnoor hier doch als nicht begründet hinstellen oder klarstellen. Ich bin gegen das Vergessen, gegen das Verdrängen. Und wenn mein Kollege Herr Friese heute hier den Eindruck erweckt hat, als würde er sich in vorauseilendem Gehorsam oder mit einer bestimmten Absicht zu dem Tagesordnungspunkt Dienstrecht Paragraph 80 geäußert haben, will ich dem ganz entschieden widersprechen. Es ist nicht eine taktische oder wie auch immer geartete Vorgehensweise. Es ist eine Einzelmeinung von Herrn Friese gewesen, die er hier vertreten hat, die nicht meine Meinung ist, die nicht Mehrheitsmeinung in der Fraktion ist.

Ohne eine exakte Aufarbeitung, historisch genau, und ohne die Einbeziehung der Adressaten in diese Aufarbeitung – und das ist Aufgabe dieses Dokumentationszen