Meine Meinen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Ich begrüße Sie zur 54. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung dieser Sitzung liegt Ihnen vor. Die Landesregierung hat gemäß Paragraph 35 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung diese Sondersitzung beantragt.
Ich rufe auf den einzigen Tagesordnungspunkt: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtags nach § 63 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung – Verkauf der Landesanteile am Stammkapital der FPM Flughafen Parchim Mecklenburg GmbH, auf Drucksache 3/1908.
Antrag der Landesregierung: Zustimmung des Landtags nach § 63 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung Verkauf der Landesanteile am Stammkapital der FPM Flughafen Parchim Mecklenburg GmbH – Drucksache 3/1908 –
Das Wort zur Begründung hat der Wirtschaftsminister Herr Professor Eggert. Bitte sehr, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Abgeordneten! Mit der heutigen Landtagsvorlage zur Privatisierung des Flughafens Schwerin-Parchim kommen, so denke ich, die mehrjährigen Bemühungen der Landesregierung zu einem erfolgreichen Abschluss. Ich darf einleitend zunächst noch einmal die Ziele, die wir mit der Privatisierung verfolgen, umreißen und anschließend in Eckpunkten das erreichte Verhandlungsergebnis darstellen. Es sind im Wesentlichen vier Zielvorgaben:
Erstens. Das Land und der Landkreis Parchim verfolgen mit der Privatisierung das vorrangige Ziel, die Betreibergesellschaft und das angrenzende Gewerbegebiet an einen leistungsfähigen Erwerber, der positive Wachstumsimpulse setzt und die Wettbewerbsposition des Flughafens stärkt, zu veräußern.
Zweitens. Weiterhin ist die Entlastung der öffentlichen Haushalte, und hier insbesondere natürlich des Landeshaushaltes, von den laufenden Zuschussverpflichtungen für die Betreibergesellschaft FPM ein wichtiges Ziel der Privatisierung.
Drittens. Darüber hinaus war auch die Erzielung eines maximalen Verkaufserlöses für die FPM-Geschäftsanteile ein wichtiges Ziel.
Und viertens. Schließlich sollte mit der Privatisierung auch ein zumindest teilweiser Rückfluss der zur Entwicklung des Flughafens eingesetzten Mittel erreicht werden.
Auf der Grundlage der durchgeführten europaweiten Ausschreibung wurde die englische Wiggins Group als präferierter Bieter ausgewählt, mit der dann auch die Privatisierungsverhandlungen geführt worden sind. Das ursprünglich in der Grundstücksentwicklung tätige Unternehmen hat in den letzten Jahren erfolgreich damit begonnen, ein Netzwerk von Regionalflughäfen, so genannte PlaneStation, aufzubauen. Der Flughafen in Parchim bietet für die Wiggins Group ideale Voraussetzungen für eine kurzfristige Einbindung in das PlaneStation-Netz und die Vorteile für die Erwerber liegen in der sofortigen Nutzbarkeit der Infrastruktur sowie in der Nähe zum osteuropäischen Raum.
Mit dem erreichten Verhandlungsergebnis, so denke ich, können wir zufrieden sein. Wiggins zahlt für die Übernahme der Geschäftsanteile einen Kaufpreis in Höhe von 3 Millionen Euro. Der Landkreis Parchim erhält für die Verpachtung der Flughafeninfrastruktur einen Erbbauzins, mit welchem er die entstehenden Aufwendungen vollständig abdecken kann. Die Übernehmer zahlen darüber hinaus für das Recht zum Betrieb des Flughafens eine Umsatzbeteiligung. Das Land erhält von diesen Mitteln einen Anteil. Neben dem Ziel der Entlastung der öffentlichen Haushalte konnte somit erreicht werden, dass das Land einen Rückfluss aus den in der Vergangenheit eingesetzten Mitteln zum Verlustausgleich erhält. Mit der Übernahme durch die Wiggins Group und der Einbringung in das PlaneStation-Netz erhält der Flughafen die Möglichkeit zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und damit die Aussicht auf die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu dem vorgelegten Antrag.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber auch – was sonst eigentlich nicht üblich ist und was ich, glaube ich, das erste Mal hier in diesem Hohen Hause mache – etwas Persönliches hinzufügen. Sie können sich vorstellen, dass für diese Privatisierung ein sehr professionelles ausgewogenes Handeln notwendig war. Ich möchte mich an dieser Stelle bei meinem Staatssekretär, der leider tödlich verunglückten Abteilungsleiterin Frau Moranz und dem gesamten Team in meinem Hause für den Einsatz bedanken.
Es ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle hier Anwesenden können sicherlich einhellig sagen: Endlich ist es vollbracht! Die Privatisierung des Flughafens Parchim hat uns alle über einen längeren Zeitraum beschäftigt. Ich selbst habe mich als Mitglied des Wirtschafts- und des Finanzausschusses mehrmals damit befasst.
Nach einer ganzen Reihe erfolgloser Privatisierungsversuche hat die derzeitige Landesregierung nun mit den vorliegenden Verträgen eine sehr gute Arbeit geleistet. Ein in sich schlüssiges Konzept bezieht die reellen Nutzungsmöglichkeiten des Flughafens im nationalen und im internationalen Flugverkehr ein und berücksichtigt auch die Belange des Landes und des Landkreises Parchim. Für das Land wird neben den Flughäfen Rostock-Laage und Neubrandenburg ein dritter wettbewerbsfähiger Regionalflughafen erhalten bleiben. Zudem wird der Landeshaushalt durch die Einstellung des Verlustausgleiches für die Betreibergesellschaft nicht weiter belastet. Vielmehr werden in den nächsten Jahren Rückflüsse durch die Umsatzbeteiligung zu erwarten sein. Der Landkreis Parchim wird durch das neue Betreiberkonzept ein wettbewerbsfähiges Unternehmen gewinnen, von dem auch die mittelständischen Unternehmen vor Ort profitieren und durch das weitere Ansiedlungen von Unternehmen mit zusätzlichen Arbeitsplätzen für die Region möglich wer
den. Zudem wird durch Umsatzbeteiligung eine regelmäßige Einnahmequelle für den Landkreis geschaffen.
Wie wichtig eine Flugverkehrsanbindung für die Ansiedlung neuer Unternehmen im Lande ist, zeigt nicht nur das Beispiel – hoffentlich – BMW. Ein Unternehmen, das auf Zulieferer angewiesen ist, wird nicht auf eine gute Anbindung an einen Flughafen verzichten.
Meine Damen und Herren, mit der Privatisierung des Flughafens Parchim und einer Steigerung seiner Wettbewerbsfähigkeit liefern wir einen weiteren Baustein in der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes. Daher wird unsere Fraktion dem Antrag auf Überweisung in den Finanz- und in den Wirtschaftsausschuss zustimmen. Dort können Detailfragen noch diskutiert werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschichte des Flughafens Parchim beschäftigt uns ja schon seit einigen Jahren. Seit das Kabinett am 15. Dezember 1992 beschloss, ein erstes Konzept für den Luftverkehr in Mecklenburg-Vorpommern zu initiieren, nach welchem das Land eine Beteiligung an der Betreibergesellschaft des Flughafens Parchim, der FPM, anstrebte, hat es diverse Versuche gegeben, eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für diesen Standort zu finden.
Ich denke aber, dass diese Tatsache kein Grund ist, nicht einen erneuten Versuch zu unternehmen, zumal einen, der aus meiner Sicht sehr erfolgversprechend ist. Wir sind heute an einem Punkt angekommen, an dem der Landtag mit seinem Votum der Geschichte des Flughafens Parchim einen entscheidenden Impuls in eine erfolgreiche Zukunft geben kann.
Es wäre an dieser Stelle jedoch vermessen zu glauben, dass der Verkauf der Landesanteile gänzlich ohne kritische Stimmen abläuft. Nach dem Motto „Was wollen die mit einem Flughafen in einer Kleinstadt mitten im dünn besiedelten Gebiet?“ werden die Stimmen laut. Diesen Stimmen muss sicherlich auch Gehör geschenkt werden, allerdings muss diesen Stimmen auch gesagt werden, dass gerade die Tatsache der Lage des Flughafens eines der Hauptargumente seitens der Wiggins Group bei der Bewerbung gewesen ist. Als fast perfekt wurde dabei die geographische Lage direkt an der Autobahn zwischen den Metropolen Hamburg und Berlin angesehen. Dazu kommt eine Infrastruktur vor Ort, die nicht zuletzt durch Investitionen in infrastrukturelle Ausbaumaßnahmen in Höhe von 67,7 Millionen DM realisiert werden konnte. Allein 60 Millionen DM dieser Mittel stammen aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Infrastruktur“.
Ein weiterer Punkt, der aus meiner Sicht für den Erfolg des Vorhabens spricht, ist das Konzept der Wiggins Group. Es ist ein Phänomen im internationalen Luftfahrtbereich zu verzeichnen, dass viele Unternehmen, die sowohl im Passagierflugbetrieb als auch im Luftfrachtbetrieb tätig sind, in zunehmendem Maße sehr gerne die effiziente und gute Infrastruktur beziehungsweise Dienstleistung eines Regionalflughafens wahrnehmen, statt auf die großen Flughäfen wie zum Beispiel Berlin, Hamburg oder Hannover zu setzen.
Dass die Wiggins Group auf diesem Gebiet kein Anfänger ist, das zeigt das internationale Netzwerk des Unternehmens und die Erfahrung, die dahintersteht. So wurde bereits im Jahr 1997 in Großbritannien der ehemalige Luftwaffenstützpunkt Manston übernommen, der heute unter dem Namen London-Manston registriert ist. Die Ausgangssituation in Parchim ist insofern vergleichbar, als dass es sich auch bei diesem Flughafen um ein ehemals militärisch genutztes Objekt handelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch damals zeigten die Stimmen der Skeptiker eine Tendenz auf, die mit Parchim vergleichbar ist. So wurden insbesondere die Argumente der geographischen Lage in der Nähe eines kleinen Ortes stark strapaziert. Heute können wir feststellen, dass London-Manston einen wichtigen Teil des internationalen Flughafennetzwerkes der Wiggins Group darstellt, welcher mit einem Frachtumschlag von 4.000 Tonnen im Dezember 2000 annähernd Werte erreicht wie zum Beispiel Hamburg-Fuhlsbüttel.
Auch Prognosen internationaler Fachinstitutionen sehen den Markt als Wachstumsbranche an. Für die kommenden 15 Jahre wird für den Luftfrachtbereich eine Steigerung von 7 bis 15 Prozent prognostiziert. Neben dem Transport von internationaler Postfracht kommt dabei insbesondere auch dem Transport von verderblicher Ware wie zum Beispiel Lebensmitteln und Blumen eine zunehmende Bedeutung zu.
Für den Bereich des Passagierverkehrs sieht Wiggins auch zukünftig wachsendes Potential für den Standort Parchim. Neben den bereits bestehenden noch relativ übersichtlich gestalteten Möglichkeiten des Charterfluges in beliebte südeuropäische Urlaubsdomizile ist ein weiterer Ausbau des wachsenden Marktes der so genannten Billigfluglinien, wie wir sie inzwischen mit RYANAIR, Buzz oder Go kennen, vorgesehen, die sehr an Attraktivität zugenommen haben. Diese Fluggesellschaften sind meist Tochterunternehmen renommierter großer Gesellschaften und sprechen insbesondere eine Kundschaft an, die möglichst günstig und ohne viel Service von einem Ort an den anderen kommen will. Und diese nehmen dann gern in Kauf, auch nicht direkt in der Metropole zu landen, sondern Zusatzwege zu nehmen. Hier besteht sicherlich nicht nur für die Region Parchim, sondern für das ganze Land Mecklenburg-Vorpommern die Chance, zusätzliches Touristenpotential zu gewinnen. Und als Beispiel mag ich da nennen die inzwischen vollen Maschinen von RYANAIR von Lübeck nach London und zurück, die immer beliebter werden, weil man diese Entfernung zu Preisen von 100 bis maximal 300 Mark leicht überbrücken kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei allem Optimismus müssen an dieser Stelle auch klare Aussagen des Landtages getroffen werden, die für den Fall der Fälle ein klares Signal in die Region und das Land aussenden. Denn eins ist klar, eine Privatisierung birgt neben den beschriebenen großen Chancen natürlich auch Risiken. Und auch wenn durch die gewählten vertraglichen Vereinbarungen dieses Risiko minimiert werden konnte, so möchte ich an dieser Stelle Folgendes noch einmal ganz deutlich herausstellen: Meine Damen und Herren, das Ausscheiden des Landes aus der Trägerschaft des Flughafens Parchim darf nicht zum Ausscheiden des Landes aus der Verantwortung vor allen Dingen gegenüber dem Kreis Parchim führen.
Wenn sich das Unternehmen darüber hinaus seiner sozialen Verantwortung gegenüber den Menschen in der
Region bewusst ist, werden nicht nur die bestehenden Arbeitsplätze am Flughafen Parchim erhalten bleiben, sondern zusätzlich in den nächsten Jahren neue entstehen. Und auch das ist gerade für diese Region von großer Bedeutung. So wurde es zumindest, also dass die soziale Verantwortung übernommen werden soll, aus den Kreisen der Wiggins Group bestätigt. Inwiefern beispielweise an zumindest zeitlich befristete Beschäftigungsgarantien gedacht wurde, vermag ich jetzt allerdings noch nicht sicher zu entscheiden.
Zusammenfassend denke ich aber, dass im Falle der heutigen Zustimmung des Landtages eine handwerklich gut vorbereitete und auch mit dem nötigen Quäntchen Glück beschiedene Privatisierung des Flughafens Parchim für die Menschen in der Region und für das ganze Land ein Schritt in Richtung Zukunft darstellen kann. Aus diesem Grunde stimmen wir dem vorliegenden Antrag zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über unseren Tagesordnungspunkt heute könnte man eigentlich zwei Überschriften setzen: „Was lange währt, wird gut“ oder auch angesichts der Situation „Größere Chancen als Risiken“. Insofern wird die PDS-Landtagsfraktion für die Überweisung dieses Antrages stimmen und, ich denke, auch in den Ausschüssen für die Realisierung dieser Privatisierung des Flughafens Parchim.
Und angesichts der inhaltlichen Strukturierung der Rede von Frau Schnoor würde ich jetzt ganz gerne dieses Thema benutzen, um vielleicht drei Fragen zu beantworten:
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Angesichts der Entscheidung zum Luftverkehrskonzept in Mecklenburg-Vorpommern 1992 haben wir es heute mit der Situation zu tun, dass wir den drittwichtigsten Flughafen in Mecklenburg-Vorpommern privatisieren. Neben Rostock-Laage und Neubrandenburg ist Parchim eben dieser drittwichtigste Flughafen in diesem Konzept, für den wir erst 1994 – zwei Jahre nach Beschließung des Konzeptes – der Landesbeteiligung zugestimmt haben. Der Parchimer Flughafen ist der einzige zivile Flughafen im Gegensatz zu den anderen beiden. Er ist der einzige, der unter Allwetterbedingungen jederzeit anzufliegen ist,
und er hat einen 24-Stunden-Betrieb. Und man muss hinzufügen, dass das auch Bedingungen sind, die für den Investor – natürlich gebe ich Frau Schnoor hier Recht – sehr interessant gewesen sind. Der Investor bietet neben der Betreibung von Flughäfen und der Gewähr, diesen
Flughafen zu einem Regionalflughafen weiter auszubauen, noch einen anderen Vorzug aus unserer Sicht und der besteht darin, dass er insbesondere Erfahrungen hat, die angrenzenden Gewerbeflächen investorfreundlich aufzubereiten, was eventuell dazu führt, dass die Gewerbeflächen vermarktet werden können und damit auch langfristige Arbeitsplätze in dieser Region in der Nähe des Flughafens entstehen können.
Insofern, denke ich, ist das vorgelegte Konzept eine gute, eine saubere Arbeit, die hier geleistet worden ist. Und es hat lange gedauert. In diesem Zusammenhang sind wir auch dankbar für die Arbeit, die im Wirtschaftsministerium zusammen mit der Investorengruppe geleistet worden ist.