Dass sie konstatieren müssen zum Jahresende 2000 die wenigste Beschäftigung, die höchste Arbeitslosigkeit und insbesondere die höchste Jugendarbeitslosigkeit seit Jahren – das ist das Ergebnis Ihrer Politik!
Und was noch dazu kommt – und das lässt Sie offenbar völlig kalt –, ist, dass in dessen Folge in den letzten drei Jahren die Abwanderung gerade junger Leute dramatisch in diesem Land zugenommen hat, aber dramatisch zugenommen hat. Und das, das muss ich Ihnen sagen, lässt mich nicht kalt, und schon gar nicht als Vater von zwei Kindern, die knapp über 20 sind.
(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Vielleicht lässt Sie auch der Rückblick auf Ihre eigene Politik nicht kalt. Vielleicht!)
dann verstehe ich Sie nicht mehr, Herr Bartels. Das kann einen nicht kalt lassen in Mecklenburg-Vorpommern,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Und die Reparatur überlassen Sie mal uns!)
dass aufgrund Ihrer Politik gerade junge motivierte Leute in den Westen gehen. Gucken Sie sich mal die Zahlen an, wie viele Lehrer unter 30 Jahren, die im Schuldienst sind, weggehen und wie viele erst gar nicht anfangen!
(Andreas Bluhm, PDS: Da hatten wir ja auch ‘92 ein Problem. Da haben wir ja gestern schon drüber geredet. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Reden Sie mal über Ihre Reparaturen und lassen Sie mal unsere unsere Sorge sein!)
Das ist auch ein bezeichnendes Zeichen Ihrer Politik. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, dass die Menschen in diesem Land bleiben! Ansonsten können wir über den Länderfinanzausgleich ohne Ende verhandeln. Dann werden wir jedes Jahr Tausende an Einwohnern verlieren und dann gehen die Finanzzuweisungen ganz automatisch herunter – das ist auch eine Tatsache –, denn die ProKopf-Zuweisungen werden wir wohl nicht verändern können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, beim Entlastungskorridor in Höhe von 12 DM je Einwohner hieße das für Mecklenburg-Vorpommern, schlimmstenfalls mit einem jährlichen Verlust von über 20 Millionen DM rechnen zu müssen. Im Ergebnisprotokoll der Verhandlung steht in diesem Zusammenhang der Zusatz: „Bei diesen Modellrechnungen können auch Verschiebungen zwischen Umsatzsteueranteilen und Bundesergänzungszuweisungen vorgenommen werden.“
Noch einmal: Auch diese Variante war in unserem damaligen Antrag vorgesehen und hätte nach Berechnungen des DIW Mecklenburg-Vorpommern ein Plus in Höhe von 77 Millionen DM gebracht. Auch dieses haben Sie damals abgelehnt. Nach jetzigem Stand ist demgegenüber überhaupt nicht gewährleistet, dass unser Land per Saldo positiv abschneidet, denn es ist angesichts der derzeitigen Situation noch nicht klar, ob Sie mit Ihrer Anerkennung der so genannten Einwohnerveredlung in der bislang geltenden Höhe von 135 Prozent unserem Land einen wirklichen Gefallen getan haben.
Es muss dann schon in diesem Zusammenhang, Herr Ministerpräsident, nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das Modell der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen für Mecklenburg-Vorpommern einen Einnahmezuwachs in Höhe von 95 Millionen DM bedeutet hätte, während das so genannte Reformmodell, dessen Anwendung ja ironischerweise gerade möglichst wenig Reformen im deutschen Föderalismus implizieren würde, für Mecklenburg-Vorpommern ein Plus von 17 Millionen DM vorsah.
Nun, mir ist schon klar, dass diese Differenz in allererster Linie auf Kosten der Stadtstaaten gegangen wäre. Deshalb war es wohl auch ein Versuch, Länderfronten aufzubrechen. Doch wie gesehen haben wir für unsere Interessen ein so deutliches Faustpfand noch nicht in unserer Hand, garantieren es aber anderen. Ob deren besondere Gewichtung ökonomisch und verfassungsrechtlich in dieser Höhe gerechtfertigt ist, war, ist und bleibt strittig. Ich möchte nur daran erinnern, dass Hamburg die zweitreichste Region Europas ist.
Nach dem jetzigen Stand haben wir weder das eine noch das andere Modell realisiert, sondern können jetzt stattdessen umfangreiche Planspiele durchführen, die alle schlimmstenfalls die Rechnung ohne den Wirt, nämlich den Bund, machen werden, denn dieser hat sich ja bislang überhaupt noch nicht zu dem ganzen Problemkomplex geäußert. Es ist dann schon ziemlich erstaunlich, dass über ganz konkrete Zahlen in aller Öffentlichkeit gesprochen wird, obwohl das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgetragen hat, bis Anfang 2003 im Rahmen eines so genannten Maßstäbegesetzes verständliche und nachvollziehbare Kriterien zu beschließen, nach denen Bund und Länder künftig die Steuereinnahmen unter sich aufteilen. Von der Logik her kann es auch gar nicht anders sein,
als dass ich eben erst diese Maßstäbe konkretisieren muss und mich dann um die sich daraus abzuleitenden Summen streite. Offenbar ist jetzt der umgekehrte Weg geplant.
(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS: Ich habe gar nicht gewusst, dass Herr Rehberg so blaue Augen hat.)
Das heißt, ich lege erst die Summen fest und passe die Maßstäbe dann so an, dass sie zu jenen kompatibel sind.
Dass die Hoffnungen der Länder gegenüber dem Bund auf nicht gerade standfesten Füßen stehen, wird ja dann auch in der Formulierung der Regierungschefs deutlich, die da lautet: „Sie“ – die Länder – „gehen davon aus, dass der Bund mit dem Entwurf des Maßstäbegesetzes die gemeinsame Position der Länder berücksichtigt.“ Das bedeutet doch aber im Umkehrschluss, dass das gesamte in Wiesbaden erzielte Ergebnis möglicherweise auf Treibsand gebaut ist. Ob und in welcher Form der Bund die Länderpositionen in dieser Form berücksichtigt, ist also gänzlich offen und der erwähnte Korridor von 12 DM somit eine denkbare Option, die sich aber genauso gut und genauso schnell wieder in Luft auflösen kann.
Eine einzige Enttäuschung stellt auch die Tatsache dar, dass bei der Frage der bislang geltenden hälftigen Einbeziehung der Gemeindesteuern in den Länderfinanzausgleich nicht die geringsten Fortschritte erzielt werden konnten.
(Angelika Gramkow, PDS: Haben Sie gerade das Geberlandmodell gelobt? – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Geli, darüber redet er nicht. – Angelika Gramkow, PDS: Gerade so, wie es passt.)
muss ich selbstverständlich immer Land und Kommunen zusammennehmen. Um deutlich zu machen, über welche finanziellen Größenordnungen ich in diesem Zusammenhang spreche: Insgesamt käme für Mecklenburg-Vorpommern bei einer vollen Anrechnung ein Plus von 631 Millionen DM heraus. Es ist zwar unrealistisch anzunehmen, dass man in dieser Frage die eigene Position in voller Höhe hätte durchsetzen können, aber, wie gesagt, wir haben nicht einmal eine Brotkrume erhalten.
(Angelika Gramkow, PDS: Das ist doch offen. Das wissen Sie doch! – Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler und Angelika Gramkow, PDS)
Frau Gramkow, was ich jetzt nicht verstehe, ist, da Sie offenbar alles wissen, warum Sie diesen Antrag gestellt haben, dass die Landesregierung darüber berichtet.
Das ist vollkommen fragwürdig. Besser wäre es gewesen, wir hätten im Oktober einen inhaltlich fundierten Antrag in die Ausschüsse überwiesen
Aber offenbar sind Sie nicht mal ansatzweise an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der CDU-Opposition in diesem Land interessiert.
Und auch insoweit fällt es mir natürlich schwer, Frau Kollegin Gramkow, die Position unseres Landes – weil ich sie ja gar nicht kenne, sie ist ja nirgendwo fixiert – gegenüber Ministerpräsidenten wie Erwin Teufel, Edmund Stoiber oder Roland Koch deutlich zu machen. Das kann ich ja gar nicht tun. Ich weiß nicht, welche Haltung das Land in den einzelnen Punkten, was Länderfinanzausgleich und Solidarpakt betrifft, einnimmt.
(Angelika Gramkow, PDS: Er hat nicht zuge- hört. – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Das soll ja jetzt Herr Dr. Knapp richten. Da warten wir noch drauf. – Zuruf von Dr. Christian Beckmann, CDU)
Ja, gut. Also über die Versorgungsmentalität dieser Landesregierung gegenüber Personen, die sie gerne hin und her schiebt, will ich jetzt nicht debattieren. Das können wir vielleicht noch zu einem späteren Tagesordnungspunkt realisieren.
Und auch ein weiterer Punkt lässt erkennen, dass man eben nicht davon sprechen kann, dass, wie es in der Öffentlichkeit hieß, der Osten keine Verluste erleiden würde. Im Punkt 2 des Ergebnisprotokolls heißt es im Zusammenhang mit der Problematik der Mischfinanzierung, darunter die GA, „zu gewährleisten, dass die überproportionalen Zuweisungen aus Mischfinanzierungen an die ostdeutschen Länder auch weiterhin für die Fortsetzung des Aufbau Ost zur Verfügung stehen“. Wenn man sich diese Formulierung genau anguckt, stellt man recht schnell fest, dass von einer absoluten Höhe der Zuweisungen aus den Mischfinanzierungen nicht die Rede ist. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass die Konferenz in Wiesbaden nicht einmal eine Mindestausstattung im Rahmen solcher Programme gefordert hat und der Bund nunmehr einen großzügigen Spielraum hat, auch an dieser Stelle entsprechende Kürzungen vorzunehmen, wie er es in der Vergangenheit getan hat.
Meine Damen und Herren, da genügt schon ein Blick auf die Erstattungsbeiträge des Bundes für Infrastrukturmaßnahmen und betriebliche Investitionen, die von 285,6 Millionen DM in 2000 auf 213,3 Millionen DM in diesem Jahr absinken. Warum diese Entwicklungstendenz sich nach 2005 ändern sollte, bleibt mir nach dem jetzigen Kenntnisstand unerfindlich.
Da kann ich auch nicht der Aufforderung des Präsidenten der IHK zu Schwerin Herrn Liesberg folgen, der Bundeskanzler möge doch nun nach zwei Jahren im Amt den Aufbau Ost endlich zur Chefsache zu machen. Dies kommt nach den bisherigen Erfahrungen ja vielmehr einer Drohung gleich.
Meine Damen und Herren! Zu begrüßen ist hingegen, dass die Formulierung aufgenommen wurde, in Verhandlungen mit dem Bund überhaupt auf eine Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben/Mischfinanzierungen hinzuwirken. Dieses kann die Eigenverantwortlichkeit und den individuellen Gestaltungsspielraum der Länder erhöhen. Wir sehen es ja alljährlich in den Haushaltsberatungen, dass die Handlungsmöglichkeiten des Landes und insbesondere des Landtages durch die zahlreichen Mischfinanzierungsprogramme stark eingeschränkt sind. Wenn es hier zu Änderungen kommen sollte, könnten wir dieses nur positiv bewerten.
Selbiges gilt für die Formulierung, dass die Arbeitsgruppe unter der Federführung Bayerns und Bremens bis zur Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten unter anderem zum Thema „Stärkung der Gesetzgebungsbefugnisse der Länder“ bislang vorliegende Vorschläge aufbereitet. Die Crux dabei ist aus Sicht meiner Fraktion in ihrer Rolle als Opposition allerdings, dass man unserem Land, so lange SPD und PDS Verantwortung tragen, einen höheren eigenen Entscheidungsspielraum eigentlich gar nicht wünschen kann. Insofern kann ich für den Zeitraum des Solidarpaktes II, den ich auf 10 bis 15 Jahre veranschlage, nur die Hoffnung aussprechen, dass ein Kompromiss derart gefunden wird, dass die Projekthoheit so weit wie möglich bei den Ländern liegen sollte, die Mittelzuweisungen aber investiv gebunden sind. Denn ohne Zweckbindung besteht die Gefahr, dass – und dafür ist unser Land leider nach wie vor ein sehr unrühmliches negatives Beispiel – die Zuweisungen entweder für Zwecke der Haushaltskonsolidierung, ich denke nur an die Substitution von EFRE-Mitteln, missbraucht oder für politische Spielwiesen verwendet werden.
Und wenn ich mir Ihr Haushalts-Ist, Frau Finanzministerin, für das Jahr 2000 anschaue, dann werden Sie in den nachfolgenden Verhandlungen sehr schlecht dastehen.