Protocol of the Session on February 1, 2001

Dass sich die Gegner des Abstammungsprinzips in ihrer Argumentation auf das Territorialprinzip aus fürstlich-absolutistischen Zeiten berufen, indem sie durch Geburt auf deutschem Territorium die Staatsbürgerschaft zubilligen wollen, ist schon bemerkenswert.

(Heiterkeit bei Irene Müller, PDS – Monty Schädel, PDS: Sie haben doch überhaupt nicht verstanden, worum es geht.)

Die Frage nach der Integrationsbereitschaft der Eltern und einer Prognose über die wirklich …

Dazu komme ich noch.

(Monty Schädel, PDS: Haben Sie sich die Bundes- ratsinitiative überhaupt schon mal angeschaut?!)

… mögliche Integration des Kindes, also die enge Beziehung zwischen Bürger und Staat, bleibt dabei unberücksichtigt. Diese Beziehung haben Sie mit Ihrem Antrag tangiert.

Die Zielrichtung der PDS ist meiner Meinung nach klar. Jeder, der nach Deutschland will, wird aufgenommen. Er erhält Bleiberecht, wenn er nur will. Damit muss auch jeder, der sich so in Deutschland aufhält, Wahlrecht erhalten.

Nach einem Artikel vom 22. Januar in Ihrem alten „Neuen Deutschland“ sägt die PDS auch am Asylkompromiss. Sie haben es ja heute bestätigt.

(Beifall Peter Ritter, PDS: Das ist richtig. – Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Ich darf danach wohl davon ausgehen, dass Sie sogar den abgelehnten Asylbewerbern, die ja nach der Definition des Antrages noch ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben, das Kommunalrecht zugestehen wollen. Ich glaube, das haben Sie hier angedeutet.

Aus dem ND-Artikel geht auch hervor, dass der Innenminister die Forderungen der PDS-Abgeordneten Ritter und Schädel zum Rechtsbruch im Ausländerrecht,

(Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

wie zum Beispiel bei der Härtefallkommission, eifrig umsetzte.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Auch das ist erwähnenswert.

(Monty Schädel, PDS: Gehen Sie doch vor Gericht und klagen Sie dagegen, wenn das Rechtsbruch ist!)

Nun wissen wir endlich, warum er keine Zeit hat, sich hinter seine Landespolizei zu stellen.

Nun zum Inhalt des PDS/SPD-Antrages, die Reihenfolge ist ja entscheidend. Man kann natürlich mit Ihrer Einstellung zur Nation und zum Begriff „Deutscher“

(Zuruf von Irene Müller, PDS – Angelika Gramkow, PDS: Wer macht das denn?)

keinerlei rechtliche Hindernisse für ein Ausländerwahlrecht sehen. Die Integration – laut Ihrer Antragsbegründung – durch die Vergabe des kommunalen Wahlrechtes erreichen zu wollen geht aber an der Realität sehr weit vorbei. Die Vergabe von Rechten ohne Pflichten – übrigens der Kardinalfehler im rot-grünen Ausländerrecht, der uns allen auf die Füße fallen wird – entspricht eben nicht der engen Beziehung zwischen Bürger und Staat.

(Peter Ritter, PDS: Wir kommen der deutschen Wahlpflicht nach.)

Die Vergabe des Ausländerwahlrechtes ist kein Mittel der Integration von Ausländern. Genauso wie der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft kann die Vergabe des kommunalen Wahlrechtes nur nach gelungener Integration erfolgen.

(Peter Ritter, PDS: Vielleicht ist die Vergabe des Wahlrechtes ein erster Schritt und …)

Das Wahlrecht, das für EU-Bürger geschaffen wurde, kann nicht so einfach mit dem allgemeinen Wahlrecht für alle Ausländer vermengt werden. Das kommunale Wahlrecht für EU-Bürger ist Teil der besonderen Rechte, die nach Artikel 8 EG-Vertrag die so genannte Unionsbürgerschaft ausmachen. Dadurch wird das Zusammengehörigkeitsgefühl der Unionsbürger gestärkt, welches für die weitere europäische Integration wichtig ist. Vor dem Hintergrund eines jahrzehntelangen Integrationsprozesses werden mit dem Kommunalwahlrecht den Unionsbürgern besondere politische Rechte verliehen, die über die politischen Rechte der anderen Ausländer hinausgehen. Aufgrund der Ermächtigung im Artikel 8 b Absatz 1 EG-Vertrag erließ der Rat im Dezember 1994 eine 16 Artikel umfassende Richtlinie zur Ausübung des Kommunalwahlrechtes. Diese Richtlinie sieht drei Ausnahmen vor:

1. Die Wohnsitzmitgliedsstaaten können bestimmen, dass der Verlust des passiven Wahlrechtes im Herkunftsland auch im Wohnsitzmitgliedsstaat berücksichtigt wird (Artikel 5 Absatz 1).

2. Leitende kommunale Ämter können den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten werden, also der so genannte Funktionsvorbehalt nach Artikel 5 Absatz 3.

3. Unvereinbarkeitsregelungen können auch bei in anderen Mitgliedsstaaten ausgeübten Ämtern angewandt werden.

Mit dieser Richtlinie wurde der Stellenwert des jeweils nationalen Staatsvolkes angemessen berücksichtigt. Es ist eben nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, unterschiedslos das Wahlrecht den Deutschen, den Unionsbürgern sowie den übrigen Ausländern einzuräumen. Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz setzt für die Ausübung des Kommunalwahlrechtes voraus, dass der Wähler Deutscher ist. Die Bestimmungen über das Staatsvolk gemäß Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz gehen dem Diskriminierungsverbot nach Artikel 3 Grundgesetz vor.

Der verfassungsgebende Gesetzgeber hat 1992 durch Einführung des Artikels 28 Absatz 1 Satz 3 im Grundgesetz den Staatsangehörigen der EU-Gemeinschaft das Kommunalwahlrecht ermöglicht. Nach der Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes war der verfassungsgebende Gesetzgeber nur aufgrund der Offenheit des Grundgesetzes für die europäische Integration dazu berechtigt. Diese Offenheit des Grundgesetzes besteht nicht für Nicht-EU-Bürger. Das Wahlrecht für Ausländer, die keine Unionsbürgerschaft besitzen, kann demnach nur am Ende eines Integrationsprozesses, das heißt nach der Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft,

(Peter Ritter, PDS: Wenn’s nach Ihnen ginge, fangen wir ja nicht mal an mit der Integration.)

und nicht an dessen Anfang stehen.

Wir haben doch ein Grundgesetz! Dass Sie das ignorieren, glaube ich Ihnen gerne.

(Peter Ritter, PDS: Wenn’s nach Ihnen ginge, fangen wir ja nicht mal an mit der Integration. – Zuruf von Karsten Neumann, PDS)

Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang noch auf das Problem der rund 60.000 ausländischen Extremisten wie zum Beispiel PKK und türkische Nationalisten.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Monty Schädel, PDS: Hallo Feindbild!)

Wird denen ein Wahlrecht eingeräumt, dann könnte die Wahlbeteiligung ausländischer nationalistischer Parteien aus Staaten, die nicht der EU angehören, nicht mehr verhindert werden.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Wir haben in Deutschland weiß Gott genügend Akzeptanzprobleme mit Ihrer Ausländerpolitik. Und eines muss man auch sagen: Für viele Deutsche werden damit Ausländer privilegiert. Beispiel dafür ist die Vergabepraxis der Staatsbürgerschaft

(Irene Müller, PDS: O Gott, o Gott!)

sowie die der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Integration wird damit nicht gefördert. Ihre Vorstellungen, dass die Vergabe des Kommunalwahlrechtes am Anfang der Integration stehen kann, ist auch nach Artikel 79 Absatz 3 Grundgesetz verfassungsrechtlich bedenklich.

Die Städte und Gemeinden in Deutschland lehnen ein kommunales Wahlrecht für Ausländer, die nicht Bürger der EU sind, ab – ein Beschluss von 1998 im Übrigen.

(Angelika Gramkow, PDS: Die Portu- giesen haben wir ja schon integriert.)

Bei der kommunalen Selbstverwaltung handelt es sich um die Ausübung von Staatsgewalt, die vom Volk legitimiert werden muss.

(Peter Ritter, PDS: Also gehören wir nicht zum Volk, oder?)

Das Volk in den Gemeinden und Gemeindeverbänden ist teilidentisch mit dem Volk der Länder, welches wiederum teilidentisch mit dem Volk im Bund ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Keine Ahnung, Herr Ritter!)

Ja, das kann man wirklich so sagen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Minister Dr. Gottfried Timm: Herr Thomas hat keine Ahnung, wie … – Unruhe bei Dr. Armin Jäger, CDU)

Ihr Antrag bedeutet letztendlich eine Neudefinition der Staatsgewalt, die nach Grundgesetz vom deutschen Volk legitimiert werden muss. Von wem wollen Sie eigentlich die Staatsgewalt legitimieren lassen? Wieder von Proletariern aller Länder? Das hatten wir schon. 100 Millionen Tote hat es dabei gegeben.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist doch wohl eine Frechheit!)

Und deren Führer wurden schließlich nicht vom Volk legitimiert. Sie wollen doch wohl nicht behaupten,