Protocol of the Session on November 16, 2000

Meine Damen und Herren, es ist müßig zu erwähnen, dass eben das Arbeitsministerium hier eine koordinierende Rolle bei der beruflichen Eingliederung junger Sozialhilfeempfänger wirklich auch wahrnehmen muss. Dieses Ministerium hat die Verantwortung, das weiß der Minister, aber wir stellen fest, dass die Wahrnehmung nach unserer Auffassung nicht ausreichend erfolgt. Viele sozial benachteiligte Jugendliche scheitern schon häufig in der Schule. Hier zeigt die hohe Zahl der Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss in Mecklenburg-Vorpommern einen wichtigen Verbesserungsbedarf im Schulsystem. Wir haben darüber ja schon sehr intensiv diskutiert. Meine Damen und Herren, es muss dann letztlich auch als Armutszeugnis der Bildungspolitik des Landes betrachtet werden, dass das Programm JUMP zu einem wesentlichen Teil ja dazu dient, Nach- und Zusatzqualifizierungen zu gewährleisten, die eigentlich gar nicht notwendig wären, wenn die Schule das leisten würde, was hier erwartet werden muss.

Neben den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Politik, die ergriffen werden müssen, wenn das Porzellan

eigentlich schon zerbrochen ist – das ist dann zusagen im Nachhinein das Reagieren –, sind natürlich, darauf ist verwiesen worden, wirtschaftliche Rahmenbedingungen von ganz prioritärer Bedeutung. Und ich will hier nur die Schlagworte noch einmal nennen, sie sind erläutert worden. Also das Thema Bildung müsste man hier an erster Stelle nennen. Da steht zum Beispiel die Frage mit dem 12-jährigen Abitur wieder im Mittelpunkt. Auch das würde alles dazu beitragen, diesen Standort moderner aussehen zu lassen im Hinblick auf Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Oder ich will nur solche Fragen nennen wie die gesamte Wirtschaftsförderung, von Herrn Dr. Born erwähnt, das Arbeits- und Tarifrecht sowie den Fachkräftemangel im Lande. Auch das ist ja leider Gottes eine Erscheinung, die wir gegenwärtig feststellen müssen. Ich habe noch nicht gehört, dass wir uns Gedanken machen müssen über Maßnahmen, wie halten wir denn die Fachkräfte in diesem Lande.

(Heidemarie Beyer, SPD: Ach natürlich, ja, indem vernünftige Löhne gezahlt werden. – Annegrit Koburger, PDS: Billiglöhne auf keinen Fall.)

Ich will auch den geringen Abstand zwischen Löhnen und Sozialhilfe nennen. Das ist ebenfalls ein Thema, was nicht gerade eine Anreizwirkung aussendet. Und ich meine, auch der Kombilohn, meine Damen und Herren, ist eine Möglichkeit, über die man endlich mal diskutieren sollte, und das nicht nur unter dem Aspekt von …

(Annegrit Koburger, PDS: Nee, die jungen Leute arbeiten nicht für die Hälfte des Geldes für die gleiche Arbeit. Deshalb hauen sie ja ab.)

Also wissen Sie, so kann man natürlich jeden Vorschlag sofort einfach wegdrücken.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, Sie konstatieren das und dann ist es das. Sie sind nicht bereit, da- rüber nachzudenken, wie man das ändern kann. – Zurufe von einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich sage Ihnen voraus, meine Damen und Herren, es wird Ihnen immer schwerer fallen,

(Heike Lorenz, PDS: Er weiß doch, dass es nicht funktioniert.)

hier ständig Punkte einfach wegzureden unter dem Motto „Ihr stört uns in unseren Kreisen, lasst uns endlich in Ruhe!“.

(Annegrit Koburger, PDS: Nee, das hat damit nichts zu tun.)

Dies lässt sich nicht weiter aufrechterhalten.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Ja, gern.

Bitte sehr, Frau Borchardt.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Herr Seidel, ist Ihnen das Modellprojekt in Sachsen mit Namen „Tauris“, wo gerade das, was Sie jetzt hier in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben, durchgeführt wird, bekannt?

Also, ich kenne es jetzt nicht im Detail, muss ich gestehen, aber ich weiß, dass dort ein Modellprojekt läuft, ja.

Dann kennen Sie auch nicht die Ergebnisse?

Die würden Sie mir ja jetzt vielleicht sagen wollen.

Nein, ich will Ihnen die Unterlagen gern zur Verfügung stellen.

Dann lassen Sie mir die Unterlagen zukommen, damit habe ich überhaupt kein Problem.

Ich meine nach wie vor, lassen Sie mich das noch sagen, der Kombilohn soll ja nur eins leisten, er soll versuchen, dass bei einfachen Arbeiten, ich drücke das mal so einfach aus, wo nicht das gezahlt wird, was für normales Leben notwendig ist, staatlich ergänzt wird. Das halte ich doch vom Grundsatz her für vernünftig. Was ist denn daran falsch?

(Heike Lorenz, PDS: Und was ist daran anders als aufsteigende Sozialhilfe?)

Jetzt müssen wir natürlich nur überlegen, wie man eben Missbrauch und all diese Dinge verhindert. Aber lasst uns doch mal einen Modellversuch auch in diesem Lande zu einem solchen Projekt machen, dann reden wir über Dinge, die sich in der Praxis beweisen oder nicht beweisen. Ich halte das für einen richtigen Weg.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen erneut zehn Punkte hier vorgelegt. Der Minister hat drei Punkte in seiner Presseerklärung angekündigt, das wären schon mal dreizehn Punkte. Wenn wir nicht endlich bereit sind, auch über diese Punkte vernünftig zu reden, statt zu sagen, das interessiert uns alles nicht, stört unsere Kreise nicht, dann, meine Damen und Herren, nehmen wir unsere Verantwortung hier nicht ausreichend wahr.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Insofern bitte ich Sie noch einmal: Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Minister für Arbeit und Bau Herr Holter. Bitte sehr, Herr Minister.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Landesentwicklung auch noch.)

Die Ergänzung ist richtig, danke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Als Politiker, Herr Born, sollte man die Kunst der Wiederholung beherrschen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Transrapid, A3XX, das sage ich doch in jeder Rede.)

Ja, das beweisen Sie ja auch in Ihrer Rede. Die Frage ist bloß, ob man die Kunst der Wiederholung immer vor dem gleichen Gremium beherrschen muss. Deswegen, glaube ich, kommt manchmal ein Stück Langeweile auf.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Na ja. – Peter Ritter, PDS: Darüber können wir ja dann noch mal reden. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Zweitens werden durch ständige Wiederholungen Unwahrheiten natürlich nicht wahrer.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und wenn die Zahlen der Arbeitsmarktpolitik Sie langweilen, Herr Minister.)

Ich langweile mich nicht angesichts der Arbeitsmarktzahlen. Im Gegenteil, das ist mein ganzes Bemühen, von 0 bis 24 Uhr dagegen etwas zu tun, das will ich hier deutlich sagen.

(Beifall Heike Lorenz, PDS – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Aber ich meine, Sie haben es selber bewiesen, meine Herren, und in dem Falle die Herren von der CDU, dass Sie Ihr eigenes Thema nicht ernst genommen haben bis zu dem Zeitpunkt, als Kollege Seidel eben gesprochen hat. Also so gehen Sie mit Ihren eigenen Anträgen hier um. Das habe ich festgestellt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was soll das denn?! – Harry Glawe, CDU: Wie kommen Sie denn darauf?)

Ich meine, ich weiß nicht so recht, woran ich mit Ihnen bin.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das verstehe ich ja gar nicht.)

Ich will das mal am folgenden Beispiel deutlich machen. Am 24.10., Herr Born, Sie haben es ja zitiert, gab es eine Pressekonferenz. Das Kabinett hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Wir haben dann hier auch eine Aktuelle Stunde im Landtag dazu gehabt. Auf der einen Seite, das wissen Sie, bin ich sehr für Transparenz und lege das, was ich beabsichtige und was ich mit meinem Ministerium geleistet habe, immer offen. Sie haben damals am 24.10. auf diese Pressekonferenz reagiert und haben gesagt: „Bloß keine Schnellschüsse.“ Ich habe Sie ernst genommen und gesagt, wir schaffen eine Datenbasis, eine Datenbasis, die Sie heute noch mal eingefordert haben, um also zielorientiert und zielgenau die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das Kabinett hat am Dienstag, am 14., genau diese Datenbasis beraten und es ist heute Donnerstag. Ich sage Ihnen zu, ich stelle, wenn es denn hier als vereinbart gelten kann, den Ausschussmitgliedern das Datenmaterial zur Verfügung, um dann also hier auch auf einer gleichen Ausgangsbasis zu diskutieren. Hier muss man eben feststellen, wenn man über arbeitslose Jugendliche spricht, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, sind das 7,2 Prozent. Das ist eben meines Erachtens weniger als das, was Dr. Seidel gesagt hatte.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Doktor ist er noch nicht.)

Aber ich meine, ich bin sehr dafür, wir sollten uns gemeinsam diese Daten anschauen, auf deren Grundlage wir gemeinsam debattieren.

Zweitens will ich hier sagen, weil das auch anklang bei Ihnen, Herr Seidel, mit der Berufsfrühorientierung, ich war am 25.10. in Hannover zu einer internationalen Beratung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Da wurde das Land Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich hervorgehoben und gelobt, weil wir das einzige Land sind – das ist nun wahrlich nicht mein Verdienst, deswegen sage ich das jetzt mal in etwas allgemeiner Form, sondern glau