Schätzungen gingen von circa 1.500 zusätzlichen Lehrerstellen aus. Das wäre eine Summe von 98 Millionen DM pro Jahr gewesen. Diese Investition in die Bildung wollten Sie, meine Damen und Herren der CDU, nicht oder Sie haben sich als größerer Partner – mit einer Finanzministerin – damals nicht durchsetzen können.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Richtig. – Eckhardt Rehberg, CDU: Da war das Finanz- ministerium schon SPD-geführt, Herr Bluhm.)
Meine Damen und Herren, für die Angleichung der Stundentafeln war ein Zeitraum bis zum Jahr 2000 vorgesehen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde 1995 gerade der Entwurf des Schulgesetzes diskutiert. Bis 1996 sollte deshalb eine Entscheidung über die Länge des gymnasialen Bildungsganges fallen. Es wäre sicher möglich gewesen, die 12 Jahre zu fixieren, aber das hätte bedeutet, die erwähnten 23 Stunden aufzustocken beziehungsweise sie ausschließlich in Klasse 11 und 12 aufzustocken. Die Folge wäre gewesen, dass die Schüler dann 36 Wochenstunden Unterricht hätten. Konkret hätte das geheißen: 7 bis 8 Stunden am Tag Unterricht, mit Pausen sind das etwa 9 bis 10 Stunden plus Fahrzeit, dazu kommen Hausaufgaben und außerunterrichtliche Aktivitäten – eine Belastung, die wohl nicht gegangen wäre.
Den anderen Weg, die Verteilung über den gesamten Bildungsgang, habe ich schon beschrieben. Er hätte ab Klasse 5 über 30 Wochenstunden ergeben, bei durch
Ich will nicht verschweigen, dass es auch eine Möglichkeit der Entlastung bei der Verteilung der Stunden gegeben hätte, nämlich die Verlagerung des Unterrichtes auf den Sonnabend. Ich glaube aber nicht, dass sich damals wie heute für eine solche Entscheidung eine Mehrheit in diesem Lande finden würde. Es ist aber zumindest ehrlich, auf die Konsequenzen hinzuweisen, und nicht, wie es die CDU offensichtlich tut, sie zu ignorieren und zu verschweigen.
Und zu den Erblasten, die allein die CDU zu verantworten hat, gehören die Kürzungen der Stundentafel 1992.
sie waren die Hilfskrücke, um arbeitsrechtlich eine Grundlage für Entlassungen mangels Bedarf zu haben. Kurz gesagt: keine Lehrerstunden, keine Stellen, keine Arbeit. Und die CDU zog das damals trotz massiver Proteste schonungslos durch.
Es gibt aber eben auch einen qualitativen Effekt für die Sicherung von Bildungsqualität, der bis heute wirkt, auf die Länge von Schulzeit Auswirkungen hat und leider häufig übersehen wird. Kürzungen von Stundentafeln sind immer mit einem Verlust an Bildungsmöglichkeiten verbunden. Und der Verlust wird umso größer, je umfangreicher diese Kürzungen sind.
Ich weiß, dass es problematisch ist, in einer Rede mit allzu vielen Zahlen zu operieren, aber Herr Rehberg provozierte mich geradezu dazu. Und in diesem Fall lässt sich das jetzt auch nicht mehr vermeiden.
Der Vergleich bezieht sich auf die Stundentafeln der POS und EOS sowie den 1990 eingeführten gymnasialen Bildungsgang in Mecklenburg-Vorpommern. Betrachten wir zuerst die Gesamtzahl der gestrichenen Stunden. Sie betrug für die Klassenstufen 5 bis 10 minus 740 Stunden, für die Klassenstufen 11 bis 12 minus 111 Stunden, also eine Gesamtkürzung von 840 Stunden. Rechnet man dann noch die Kürzungen im Grundschulbereich dazu, dann sind es 1.110 Stunden, die ein Gymnasiast in Mecklenburg-Vorpommern jetzt weniger hat als ein Abiturient bis 1990.
(Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Der hat kein M/L mehr. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Und die fehlen übrigens bis heute. Bei der Analyse der einzelnen Fächer ergibt sich ein noch differenzierteres Bild:
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heike Lorenz, PDS: Alles nicht nötig. – Wolfgang Riemann, CDU: Wenn Frau Keler sich nicht gesträubt hätte, hätten wir das schon längst erreichen können. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Und der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Chemie- und Physikunterricht jeweils ein Jahr früher begann.
Nun, es ist offensichtlich, dass die CDU mit dem heute vorliegenden Entwurf das Ziel verfolgt, die erheblichen Nachteile für die Bildung der Schüler der Klassen 5 bis 10 – einschließlich der Gymnasiasten – in Kauf zu nehmen, um sie dann in der gymnasialen Oberstufe zumindest teilweise wieder auszugleichen. Es kann also festgestellt werden, bei den Klassen 5 bis 10 wurden in den genannten Fächern 770 Stunden gestrichen, bei den Klassen 11 und 12 erhöhte sich die Stundenzahl um 333. Fakt ist, die Folge sind gravierende Einschnitte in der Chancengleichheit. Und das, meine Damen und Herren, ist die Chancengleichheit, die die CDU meint und praktiziert. Wir sind nicht gegen Eliteförderung, aber wir sind entschieden gegen eine Eliteförderung auf Kosten aller anderen Schüler in diesem Land.
Ich verwies schon darauf, dass diese Kürzungen bis heute Auswirkungen auf die Länge der Schulzeit haben. Es liegt auf der Hand: Wenn fast ein Schuljahr fehlt, kann das für den Wissens- und Kompetenzerwerb nicht ohne Folgen bleiben. Das heißt, wenn die CDU heute darüber redet, dass es in der DDR in 12 Jahren ging, dann haben die heutigen Gymnasiasten davon eigentlich nur 11 Jahre.
Es ergibt sich nur ein richtiges Bild, wenn man die fehlenden Stunden – und damit schließt sich dann der Kreis – auf die heutigen Stundentafeln der Klassenstufen 5 bis 12 aufschlägt, und dann sind es eben 13. Es sollte nicht vergessen werden, dass Stundenzuwächse in den Klassen 5 bis 10 natürlich bessere Grundlagen für die gymnasiale Oberstufe schaffen, doch nicht nur dafür, sie schaffen auch bessere Grundlagen bei Realschülern für die Berufsausbildung oder das Fachgymnasium.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion über die mangelhaften naturwissenschaftlichen Kenntnisse der Schüler. Ich frage, woher sollen sie denn kommen, wenn 592 Stunden in Mathematik, Chemie und Physik fehlen? Das ist der Zusammenhang von Ursache und Wirkung.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Rahmenbedingungen schon 1995 nicht gestimmt haben. Darum haben wir 1996 beim Schulgesetz der Einführung des 13. Schuljahres zugestimmt. Die Bedingungen stimmen allerdings bis heute nicht
Im vorliegenden Gesetzentwurf kommt nun auch die CDU zu dieser Erkenntnis, reichlich spät allerdings.
Jetzt wollen Sie die Verteilung der Stunden auch auf den Sekundarbereich I. Und siehe da – liest man Ihre Begründung –, kosten tut es nix,
denn die Lehrerstellen, die beim 13. Schuljahr eingespart werden, reichen angeblich aus. Mitnichten, meine Damen und Herren von der CDU, Sie verschweigen offensichtlich, dass durch die hohen Übergangsquoten aus der Grundschule in das Gymnasium, die dem selektiven Schulsystem geschuldet sind, diese Lehrerstellen keinesfalls ausreichen werden. Sie verschweigen ebenfalls, dass zusätzliche Stellen auch erforderlich werden, weil parallel die Stunden des Realschulbildungsgangs erhöht werden müssen. Oder sollen sie das nicht? Sie wollen Ihre Bildungspolitik der vergangenen Jahre offensichtlich weder verantworten noch rechtfertigen.