Protocol of the Session on November 15, 2000

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist unerhört, was Sie hier sagen!)

Wir müssen die Diskussion um die laxe Einstellung einiger Politiker zum Sexualstrafrecht und zum Maßregelvollzug führen, damit es nicht noch mehr Opfer gibt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das kommt doch wieder so, wie ich gedacht habe.)

Der Fall des psychisch kranken und unheilbaren Schwerverbrechers Schmökel wird eine neue Debatte über den deutschen Strafvollzug und den Maßregelvollzug auslösen. Das konnten Sie doch schon hören.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das hätten Sie wohl gern!)

Und das ist richtig so, leider muss man das so sagen.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Sie würden alle nur wegsperren.)

Ich darf Sie an 1996 erinnern. Der 1996 bekannt gewordene Sexualmord in Belgien, die Verbrechen einschlägig vorbestrafter Sexualstraftäter in Deutschland sowie der Mord an der siebenjährigen Natalie führten zu Bürgerinitiativen. 1,2 Millionen Deutsche verlangten im Dezember 1996

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja.)

auf Unterschriftenlisten einen besseren Schutz der Gesellschaft vor Sexualstraftätern. Was ist denn seitdem passiert?

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Thomas, schämen Sie sich denn gar nicht?!)

Was ist denn seitdem passiert?

(Annegrit Koburger, PDS: Eine ganze Menge!)

Sie sollten sich schämen!

Nur wenige Tage nach der spontanen Unterschriftenaktion wurde die zehnjährige Kim in Niedersachsen umgebracht.

Zur Erinnerung: Kindesmissbrauch wurde nach der linksliberalen Strafrechtsreform der 70er Jahre nicht mehr als Verbrechen verfolgt. Politisch besonders skandalös war die im Wahlkampf 1985 bundesweit verbreitete Programmbroschüre der Grünen zur Wahl in NordrheinWestfalen. Deren Forderung zur Entkriminalisierung von einvernehmlicher Sexualität zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, auch Kindern sowie Straffreiheit für einvernehmliche Kontakte mit Kindern gehören zu den dunklen Kapiteln in der deutschen Rechtsgeschichte nach 1949. Aus diesem Dunstkreis kommt auch der Irrglaube, dass die meisten gefährlichen Sexualstraftäter therapierbar sind.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Da gibt es klare Zahlen und Fakten. – Dr. Martina Bunge, PDS: Sie bezeichnen Wissenschaft als Dunst.)

Zahlen und Fakten,

(Dr. Martina Bunge, PDS: Das ist ja nicht zu fassen!)

genau das ist der Punkt, über Rückfallquoten,...

Frau Dr. Bunge, Sie täten gut, etwas ruhiger zu sein, denn Ihnen haben wir ja einiges zu verdanken.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Martina Bunge, PDS: Ich spreche ja heute noch. – Glocke der Vizepräsidentin)

... Fehldiagnosen mit mörderischen Folgen wurden und werden von dieser Klientel und von Ihnen, die dieses Gesetz eingebracht haben, ignoriert.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie haben gar kein Recht, jemandem den Mund zu verbieten, Sie nicht!)

Wir haben 1997 im Bereich des Sexualstrafrechtes gehandelt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist ja wohl unerhört! – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das kann doch nicht wahr sein! – Glocke der Vizepräsidentin)

Mit Opfer-Anwalt, Forderungspfandrecht für Opfer,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: So ein Holzkopf!)

verbesserter Sicherheitsverwahrung und höherer Strafandrohung haben wir Zeichen gesetzt.

Die Vorfälle in Ueckermünde, der Fall Schmökel und Ihr Gesetzentwurf zeigen wieder, dass Sie leider nichts dazugelernt haben.

(Zurufe von Wolfgang Riemann, CDU, und Heike Lorenz, PDS)

Ein Vergleich zwischen Neuruppin und Ueckermünde beweist das.

Im Maßregelvollzug Brandenburg gab es unter Regine Hildebrandt zwischen 1994 und 1998 32 Ausbrüche psychisch Kranker.

(Barbara Borchardt, PDS: Sind wir jetzt in Brandenburg?! – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Allein 1998 verübte ein Ausbrecher zwei Raubmorde. Unter der Aufsicht des SPD-Sozialministers Alwin Ziel in Brandenburg und unter der Aufsicht von Ihnen, Frau Dr. Bunge, in Schwerin hatten solche traurigen Skandale keine wesentlichen Folgen für die Verantwortlichen in der Politik und im Maßregelvollzug. Nach Schmökel trat der Staatssekretär von Alwin Ziel freiwillig zurück. Nach Zander freut sich Herr Azzola über seinen hoch bezahlten Ruhestand. In Potsdam und in Schwerin wurden nur Pfleger – ich betone, nur Pfleger – suspendiert beziehungsweise abgemahnt.

In Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommerns Maßregelvollzug machten Pfleger auf Sicherheitsprobleme aufmerksam. In Neuruppin und in Ueckermünde gab es eine himmelschreiende Freigängerpraxis für gefährliche Sexualstraftäter. In Neuruppin und in Ueckermünde saßen nichttherapierbare Gewaltverbrecher, die trotz vorheriger Ausbrüche wieder Freigang erhielten. In Neuruppin und Üeckermünde tricksten gefährliche Schwerverbrecher wiederholt ihre Therapeuten aus, um zu fliehen beziehungsweise in den Freigang zu kommen, um dann zu flüchten. Die Verantwortlichen in Potsdam und Schwerin setzen trotz dieser skandalösen Vorfälle, wie Vergewaltigung und Mord, weiter und vorrangig auf fragwürdige Therapiekonzepte zu Lasten der Sicherheit unserer Bürger. Tote und vergewaltigte Frauen interessieren dabei offenbar nicht.

(Heike Lorenz, PDS: Also das ist ja widerlich!)

Ein Schmökel-Opfer lebt auch in Mecklenburg-Vorpommern und Sie übergeben nach der mörderischen Flucht von Schmökel

(Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

den Maßregelvollzug wieder Frau Dr. Bunge.

(Annegrit Koburger, PDS: Das ist doch überhaupt nicht wahr! Können Sie nicht lesen, was dort geschrieben steht?!)

Dieser Ministerpräsident hat die Öffentlichkeit mit seinem Rücktritt...

Wir können gut lesen.

(Annegrit Koburger, PDS: Augenscheinlich nicht. – Zuruf von Irene Müller, PDS)

... als Justizminister und der angekündigten Verlagerung des Maßregelvollzuges in das Justizressort übrigens hinters Licht geführt. Das muss man deutlich sagen. Nicht nur im Maßregelvollzug sitzen tickende Zeitbomben. Sie sitzen auch in der Regierung und in den sie tragenden Fraktionen in einigen Landtagen Deutschlands,

(Heike Lorenz, PDS: Also wissen Sie noch, was Sie hier erzählen?!)

weil sie nichts, aber auch gar nichts aus Ueckermünde und dem Fall Schmökel gelernt haben. Ihr Gesetzentwurf zeigt, dass die ungeheuerlichen Vorfälle in Ueckermünde und der Fall Schmökel eben nichts in Ihren Köpfen bewirkt haben. Schlimmer noch, Herr Dr. Schoenenburg bezeich

nete in der vorigen Landtagssitzung unseren Gesetzentwurf als puren Aktionismus und Profilierungssucht,

(Annegrit Koburger, PDS: Ja. – Heike Lorenz, PDS: Das war er auch. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist er auch heute noch. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

wir sollten von den armen psychisch kranken Tätern nicht das Bild von Monstern malen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig. – Annegrit Koburger, PDS: Ja.)