Sie machen es sich zu einfach, meine Damen und Herren von der Opposition. Nach dem Motto „Einer muss ja schuld sein“ machen Sie die Sozialministerin zum Sündenbock für die Vorfälle in der forensischen Klinik in
Ueckermünde. Damit werden Sie der komplexen Sachlage beim Thema Maßregelvollzug in keiner Weise gerecht. Es geht um die Sicherheit der Menschen in unserem Land
Die Sozialministerin leistet gute Arbeit. Sie hat ihre Aufgabe der Fachaufsicht über den Maßregelvollzug in der forensischen Klinik Ueckermünde erfüllt. Im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten hat sie getan, was man tun muss und was man tun kann. Sie kann nicht für das individuelle Fehlverhalten Einzelner persönlich zur Verantwortung gezogen werden.
Sie, meine Damen und Herren, wissen genauso gut wie ich, die Gewährleistung der Sicherheit im Maßregelvollzug dieser Klinik ist an erster Stelle Aufgabe des Trägers. So steht es auch im Vertrag. Und er wird dabei durch die Sozialministerin überwacht. Im Rahmen dieser Überwachung sind die Sicherheitsmaßnahmen ständig intensiviert und verbessert worden. Die Sozialministerin hat den Träger der Klinik mehrfach zur Einhaltung und Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen im Maßregelvollzug aufgefordert. Gemeinsam mit allen Verantwortlichen hat sie bereits am 15. Dezember 1999 einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Sicherheit in der Fachklinik Ueckermünde erarbeitet und festgelegt.
Zu den zehn Punkten gehörten beispielsweise die Einrichtung zusätzlicher Streifengänge auf dem Gelände, die Aussetzung des unbewachten Hofganges im Rahmen der Lockerungsstufe eins, eine größere Anzahl von Kontrollgängen in den Wohngruppen und ihre genaue Dokumentation, die Überprüfung der Alarmanlage, die Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen bei Beleuchtung, Videoüberwachung, Zäunen und Toren ebenso wie der Auftrag an den Träger, wirksame personelle Konsequenzen zu ziehen. Und Ziel all dieser Maßnahmen war es, die Bevölkerung besser zu schützen, ohne den therapieorientierten Ansatz des Maßregelvollzuges zu vernachlässigen.
Nach den letzten Vorfällen hat die Sozialministerin eine noch härtere Gangart eingeschlagen. Der Träger wurde zu durchgreifenden Konsequenzen verpflichtet, das heißt, er sucht einen neuen ärztlichen Direktor. Der Geschäftsführer des Christophorus Diakoniewerkes GmbH ist von seiner Zuständigkeit in Ueckermünde entbunden worden. Der ärztliche Dienst und die Pflegedienstleistung wurden verstärkt. Außerdem ist die Überwachung und Kontrolle des Trägers der Klinik durch das Sozialministerium in den letzten Wochen erheblich verstärkt worden. Darüber hinaus ist Mitte August eine Projektgruppe eingesetzt worden und diese hat zunächst bis Ende des Jahres den Auftrag, die bestehenden und geplanten Sicherheitskonzepte in allen – ich betone, in allen – vorhandenen Standorten für forensische Psychatrien im Land sowie der im Bau befindlichen Einrichtung Rostock zu überprüfen und Vorschläge für deren Verbesserung zu erarbeiten. Dies umfasst weitere Maßnahmen zur Optimierung der Außensicherung und Maßnahmen zur qualitativen Verbesserung
bestehender Sicherheitseinrichtungen. Es darf keine Schwachstellen im Sicherheitsgürtel geben, denn Defizite bei der Gewährleistung und Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen waren die Ursache für die Entweichung von Patienten. Und davor, meine Damen und Herren, müssen wir die Bürger schützen.
Im Justizvollzug, aber auch im Maßregelvollzug wird individuelles Fehlverhalten vor Ort niemals völlig auszuschließen sein, aber die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern müssen sich darauf verlassen können, dass alles für ihre Sicherheit getan wird. Und dafür wollen wir sorgen, das geht vor und das ist für uns das Wichtigste. Aber wir müssen noch mehr tun und das ist keine Aufgabe, die eine Sozialministerin allein lösen kann.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie fordern die Entlassung der Sozialministerin. So einfach kann man es sich nicht machen. Das ist wirklich nur Kurzstreckendenken.
Wir müssen grundsätzlich die Strukturen beim Maßregelvollzug verbessern, und wir haben entschieden und gehandelt.
Wir haben im Kabinett und im Koalitionsausschuss einvernehmlich vereinbart, dass die Zuständigkeit für den Maßregelvollzug vom Sozialministerium auf das Justizministerium übertragen wird. Unsere Entscheidung wird somit von allen politisch Verantwortlichen mitgetragen.
Herr Helmrich, derzeit ist die Fachaufsicht über den Maßregelvollzug in allen Bundesländern bei den Sozialministerien oder entsprechenden Stellen angesiedelt. Aber nur weil alle es so machen, ist das nicht zwangsläufig der Weisheit letzter Schluss. Und die jüngsten Vorkommnisse in Ueckermünde verlangen von der Politik, weiter zu denken, neue Lösungen zu suchen und zu handeln. Und wir sind gemeinsam – ich betone, gemeinsam – der Auffassung, dass die Aufsicht über den Maßregelvollzug beim Justizministerium besser aufgehoben ist. Dieser Entschluss wurde in völliger Übereinstimmung mit der Sozialministerin getroffen. Es kann überhaupt nicht davon die Rede sein, dass der Sozialministerin hier etwas weggenommen wurde.
Denn es ist ja richtig, es handelt sich um psychisch Kranke, aber – und da haben Sie Recht, Herr Thomas – eben auch um Straftäter. Und bisher wurde der erste Aspekt stark und im Laufe der Zeit vielleicht auch zu stark in den Vordergrund gerückt. Ich meine, hier ist ein Stück umdenken nötig. Und wenn ich vor der Alternative stehe – so etwas wurde ja da diskutiert –, im Sicherheitsraum darf kein Gitter vor dem Fenster sein, weil dadurch die Psyche des Patienten Schaden nehmen könnte, auf der anderen Seite dadurch aber ein erhöhtes Ausbruchsrisiko besteht, dann, denke ich, hat der Schutz der Bevölkerung Vorrang.
Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren, ist bereit, die Priorität im Bereich der Justiz zu setzen. Und für uns gilt: Das Wichtigste sind der Schutz und die Sicherheit der Bürger in unserem Land, das steht für uns an erster Stelle. Ich würde nicht unglücklich darüber sein, wenn es Nachahmer geben würde für die Vorgehensweise Mecklenburg-Vorpommerns. Und, Herr Abgeordneter Thomas, Sie können ja die Erfahrungen, die es hier gibt, Ihren Kollegen in den CDU-geführten Ländern mitteilen
und für Ähnliches plädieren, was wir hier in MecklenburgVorpommern auf den Weg gebracht haben. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Entlassung der Sozialministerin hat die CDU beantragt und ich denke, es gibt dafür genügend Gründe. Ich will noch mal auf den Ministerpräsidenten eingehen.
Also, Herr Ministerpräsident, wenn Sie vom Kriseninterventionsraum reden und davon, dass der nicht vergittert sein darf, dann ist das ja auf den ersten Blick richtig. Nur, Sie haben selbst in Ihrer Rede gesagt, dass es keine Schwachstellen mehr geben darf. Und da die Sozialministerin spätestens am 15. Dezember vorigen Jahres erklärt hat, dass eine Schwachstellenanalyse aufgestellt ist und alles punktuell abgearbeitet werden soll, frage ich mich schon und die CDU insbesondere fragt sich: Wie kann es sein, dass ein Eingewiesener in einem Kriseninterventionsraum untergebracht wird, der eigentlich nur für einige wenige Stunden zu belegen ist? Der Ausbrecher Zander, Herr Ministerpräsident, war dort sechs Wochen untergebracht. Das hätte bedeutet, dass Sie sofort, wenn Sie Ihre eigenen Schwachstellen und Sicherheitskonzepte ernst genommen hätten, das Sozialministerium, das LKA und das Justizministerium, entscheiden hätten müssen, wie die Sicherheit für diesen Raum hätte hergestellt werden können.
(Heike Lorenz, PDS: Das wäre das erste Problem, dass Sie dafür Mitarbeiter nehmen müssen, wenn das überhaupt bekannt wird.)
Und das, was Sie hier treiben, der Opposition Populismus vorzuwerfen, das ist schon hanebüchen, meine Damen und Herren, so können wir nicht miteinander umgehen.
Meine Damen und Herren, Sicherheit und Therapie psychisch kranker Straftäter im Maßregelvollzug ist ein Thema, das in der Bevölkerung zu großen Verunsicherungen und auch zu Ängsten geführt hat, insbesondere durch die Straftaten und Mehrfachausbrüche von Gewalttätern im vergangenen und in diesem Jahr. Auf der Grundlage von Bundesgesetzen wird der Maßregelvollzug als landeshoheitliche Aufgabe durch die Bundesländer wahrgenommen. Die wiederholten Ausbrüche von verurteilten Straftätern nach Paragraphen 63 und 64 Strafgesetzbuch haben erhebliche Mängel in der inneren Organisation der forensischen Psychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern offenbart.
Was ist passiert, meine Damen und Herren? Es bleibt festzustellen, dass die Sozialministerin Frau Dr. Bunge den Ereignissen von Anfang an hinterhergelaufen ist. Statt zu agieren, hat sie weitestgehend nur reagiert. Gleiches gilt für die Koalitionäre dieser rot-roten Koalition.
Die Sozialministerin kam über Ankündigungen, Sicherheitskonzepte, optimierte Sicherheitskonzepte und Arbeitsgruppen nicht hinaus. Lassen Sie mich folgende Daten nennen:
30. Oktober 1999, 12. Dezember 1999, 12. Mai 2000, 16. Juli, 25. Juli, 8. August – an diesen Tagen funktionieren die Sicherheitskonzepte der Ministerin und dieser Landesregierung nicht. Straftäter übersteigen Zäune, sägen sich aus Einrichtungen, übersteigen sechs Meter hohe Mauern,