Protocol of the Session on September 21, 2000

Meine Damen und Herren, zu dem Thema Selbstverständlichkeiten: Unsere Kolleginnen und Kollegen im Landtag von Niedersachsen haben sich fraktionsübergreifend für eine Entschließung entschieden. SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen haben nicht lange gezögert, sind über ihre Schatten gesprungen, sind aufeinander zugegangen und haben heute vor 16 Tagen, nämlich am 5.September, im Landtag von Niedersachsen gemeinsam ein Signal gegeben, ein Signal, dessen Charakter durch Ihren Fraktionsvorsitzenden mit Selbstverständlichkeiten überschrieben sind, nämlich ein Signal gegen fremdenfeindliche Übergriffe, ein Signal gegen Gewalt und Extremismus, ein Signal für Toleranz und Achtung der Menschenwürde, dass man als Landtag den Jugendgruppen und Initiativen dankt, dass Polizei und Verfassungsschutz weiterhin alle Anstrengungen zu unternehmen haben.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion hier, lassen Sie uns doch daran ein Beispiel nehmen, denn das sind ja nicht eben nur Selbstverständlichkeiten, sondern es ist ein Signal. Darauf kommt es an, auch wenn einige bei Ihnen das nicht verstehen wollen. Herr Rehberg, Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, zeigen Sie einfach mal Stärke, stimmen Sie dem Entschließungsantrag zu! Denn, um bei Ihrer Termini zu bleiben, Selbstverständlichkeiten in einen Ausschuss zu überweisen macht erst recht keinen Sinn.

(Herbert Helmrich, CDU: Beide in den Ausschuss!)

Auch das sei mir mal erlaubt an dieser Stelle.

(Herbert Helmrich, CDU: Beide in den Ausschuss!)

Also, Selbstverständlichkeiten und eine Entschließung überweist man nicht, man entscheidet sich dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Herbert Helmrich, CDU: Dann können Sie auch bei uns Zustimmung erwarten.)

Dieser Entschließungsantrag ist doch so gefasst, dass alle in diesem Landtag vertretenen Parteien ihre Zustimmung geben können.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Deswegen sagt er eigentlich gar nichts.)

Es geht gar nicht darum, nur Selbstverständlichkeiten zu beschließen. Dieser Antrag zum Beispiel ist in etlichen Formulierungen erheblich konkreter als die Entschließung aus Niedersachsen. Aber, ich sage es noch mal, es geht

um ein wichtiges politisches Signal aus diesem Parlament heraus. Ich betone das wirklich noch einmal. Es ist einfach notwendig, sich auf die einfachsten menschlichen Grundwerte zu besinnen und sich auch gemeinsam dazu zu bekennen. Meine Damen und Herren, so etwas spiegelt auch die Grundwerte unserer Gesellschaft wider.

Der Antrag der CDU. Meine Damen und Herren, etliche Punkte im Antrag der CDU-Fraktion – wir haben es auch schon vom Ministerpräsidenten gehört – sind mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen konsensfähig – das haben auch und vor allem Diskussionen in den letzten Tagen gezeigt –, andere eben nicht. Diese sind auch einer 30oder 40-jährigen Geschichte geschuldet, die wir miteinander haben. Das Anliegen insgesamt ist aber so wichtig, dass wir eben nicht von vornherein alles ablehnen oder zu der Methode greifen, über einen Änderungsantrag Ihren Antrag so zu verändern, dass Sie ihn selber vielleicht nicht mehr wiedererkennen, sondern wir sagen, dieser Antrag soll und muss in die Ausschüsse, wo wir ihn ernsthaft diskutieren. Und nur nebenbei bemerkt, diese Vorschläge oder ein Teil dieser Vorschläge kostet auch Geld. Das heißt, wir sind eh gezwungen, Ihren Antrag zu überweisen, und wir werden das zügig und zielgerichtet tun. Es wird keine Verzögerung von uns geben und wir werden so schnell wie möglich über die Ergebnisse zu Ihrem Antrag dann wieder hier im Plenum beraten und beschließen. Ich halte das für fair, für konsequent und für ein ehrliches Miteinander.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Abschließend möchte ich noch einmal Folgendes festhalten: Wir bitten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, stimmen Sie der Entschließung im Interesse der Demokratie und des Signals zu! Wir werden Ihren Antrag überweisen und mit Ihnen gemeinsam daran arbeiten. Lassen Sie uns gemeinsam ein Signal geben! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Jäger von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Jäger.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schlotmann hat eben mit Recht darauf hingewiesen, es liegen zwei Anträge vor. Und die einfache Frage, wenn zwei Anträge im Plenum in erster Beratung nicht zur Deckung zu bringen sind, können wir sie dann nicht in den Ausschüssen zu gemeinsamen machen, hat er deswegen verneint, weil der eine eine Entschließung ist und der andere sachliche Forderungen und Feststellungen enthält. Und da genau liegt das Problem.

Meine Damen und Herren, es hilft uns überhaupt nicht, wenn wir aus diesen zwei Beschlussvorlagen die eine zur Abstimmung stellen, die – und das werden Sie zugeben – nur eine Aufforderung an andere ist, nicht aber eine Festlegung, was wir, der Landtag, tun werden und was die Landesregierung tun soll, …

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das stimmt nicht.)

Das steht so in den Anträgen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Da haben Sie nicht genau gelesen.)

Heute lasse ich mich nicht provozieren, mir ist das Thema zu ernst.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich habe auch gar keine Lust dazu.)

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber Sie ha- ben offensichtlich den Antrag nicht gelesen.)

Aber wenn uns der Ministerpräsident einen Entschließungsantrag vorlegt, in dem der Zeigefinger nur nach außen gerichtet ist, nämlich was wir von anderen erwarten, dann, Herr Schlotmann, ist genau das nicht erreicht, was wir, glaube ich, gemeinsam wollen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

nämlich zeigen, dass wir als Demokraten auf eine Herausforderung mit den Mitteln reagieren, die uns der Rechtsstaat zur Verfügung stellt, und da, wo unsere Rechtsordnung, wie sich zeigt – und das hat dieser Sommer gezeigt –, an Punkten renovierungs-, veränderungsbedürftig ist, darum zu ringen, auch da einig zu werden. Es bringt nichts zu appellieren, aber selber nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, Sie haben selber in Ihrem Antrag gesagt, die Landesregierung wird aufgefordert, ein Programm vorzulegen. Nun wollte ich heute eigentlich sagen: Was wollen Sie eigentlich, die Landesregierung hat ja ein Programm vorgelegt? Aber – bitte, bitte, nehmen Sie mir das jetzt nicht übel – das ist nicht das, was ein Konzept zur Bekämpfung des Rechtsextremismus ist. Das ist mit Sicherheit auch nicht so gemeint. Die Überschrift ist auch eine andere. Aber muss erst ein solcher Sommer wie dieser kommen, dass wir hier an diesem Pult versuchen, uns zu einigen? Haben wir nicht zwei Jahre im Grunde damit verloren, dass der eine oder der andere Recht haben wollte? Wir reden heute über Situationen, in denen sich Eltern befinden.

Herr Rehberg hat den Kabinettsbeschluss aus dem März 1968 zitiert, Entschuldigung, 1998. So lange ist es nun doch wieder nicht her.

(Heinz Müller, SPD: ‘68 war aber auch ein heißes Jahr.)

Das war auch ein heißes Jahr, Herr Müller. Das wissen wir beide.

1998, im März 1998 gab es ein klares Konzept für die Lehrerfortbildung. Was ist denn daraus geworden?

(Heike Lorenz, PDS: Es wird umgesetzt.)

Meine Damen und Herren, es ist nicht allein die Schuld des jetzigen Kultusministers, es ist nichts davon umgesetzt. Das Einzige, was geschehen ist – das muss ich auch fairerweise sagen –, sind Veranstaltungen der Landespolizeischule und der Fachhochschule in Güstrow. Und die werden von Lehrern auch angenommen.

(Heike Lorenz, PDS: Und der Landeszentrale für politische Bildung.)

Heute steht wieder zur Debatte – und richtig, das müssen wir in den Haushaltsberatungen natürlich auch sehen –, dass hier etwas getan werden muss.

Sie haben Forderungen gestellt. Sie fordern in diesem Entschließungsantrag Kommunen und Polizei dazu auf zu verhindern, dass rechtsradikale Strukturen die Vorherrschaft auf öffentlichen Plätzen bekommen. Meine Damen

und Herren, dann müssen Sie an das Versammlungsgesetz heran!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Aber dann müssen wir auch einmal reden über die Umbenennung von Namen in der polizeilichen Organisation. Ich nehme Ihnen gar nicht übel, Herr Innenminister, dass Sie die Gruppe, die sich mit der rechtsextremistischen Gewalt zu meiner Zeit beschäftigte, umbenannt haben, aber ich nehme Ihnen übel, dass Sie auf eine „Panorama“-Sendung hin, in der unsere Beamten so gezeigt wurden, als würden sie Rechtsextremisten die Bierdosen halten – wer es gesehen hat, wird mir das zugeben – und sich zurückziehen, wenn es gewalttätig wird, dass Sie da nicht öffentlich entgegengetreten sind, denn das fördert doch im Grunde dieses Bestreben von jungen Leuten zu sagen, jetzt wollen wir doch mal gucken, was wir dürfen. Und das heißt, dass nach außen, weil Sie die Auslandsbeziehungen, Herr Ministerpräsident, genannt haben, ein Bild vom Lande entsteht, von dem wir wissen, dass es so gar nicht ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Da muss auch die Regierung Stellung beziehen.

Und, meine Damen und Herren, wir haben eine ganze Menge Vorschläge gemacht. Ich weiß, dass nicht alle sofort Ihre Zustimmung finden. Ich weiß, dass man auch Abstriche machen muss, selbstverständlich. Aber warum geben wir uns eigentlich nicht die Chance, dass nach einer Beratung im Rechts- und im Innenausschuss – ich glaube, das sind die beiden Ausschüsse, die dazu berufen sind – zwei Dinge herauskommen: gemeinschaftliche ganz konkrete Maßnahmen und eine gemeinsame Entschließung aller Demokraten. Lassen Sie es uns doch einmal bitte versuchen! Es geht nicht an, dass der eine vorformuliert und sagt, wenn du das nicht mitmachst, dann kriegen wir keine Entschließung zustande,

(Angelika Gramkow, PDS: Das haben wir nicht getan, Herr Dr. Jäger.)

und wenn du konkrete Forderungen stellst, dann muss man die erst im Ausschuss beraten.

(Heidemarie Beyer, SPD: Es geht um Ent- scheidungen. – Angelika Gramkow, PDS: Soweit sie haushaltsrelevant sind, müssen sie in den Ausschuss.)

Meine Damen und Herren, Sie wissen auch, dass man nur politisch handeln kann, wenn man sich wenigstens über die Eckpunkte der weiteren Arbeit einig wird. Und das bedeutet, Sie können niemandem zumuten, heute einer Entschließung, die durchaus in Ordnung ist – das ist nicht mein Problem, aber sie geht nicht an das Problem heran –, zuzustimmen und wieder darauf zu vertrauen – und da haben wir im Augenblick nicht das Vertrauen, denn eineinhalb Jahre ist nichts geschehen, erst musste dieser Sommer kommen –,

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

darauf zu vertrauen, dass Sie dann in den Ausschüssen die konkreten Vorhaben einfach wieder niederstimmen.

Ich bitte Sie herzlich – und da greife ich den Appell von Herrn Schlotmann gerne auf –, lassen Sie uns doch nicht das Schaubild geben, dass wir nicht in der Lage sind, da, wo wir ein Riesenproblem für dieses Land sehen, uns gemeinschaftlich zu verhalten und zu zeigen, wir Politiker