Sicher ist die angedachte langfristige Verpachtung keine Wunderwaffe zum Abbau der Arbeitslosigkeit auf dem Lande und auch kein Allheilmittel für kränkelnde Landwirtschaftsbetriebe, da gebe ich Ihnen Recht. Aber ihre behutsame und langfristige Durchsetzung ist ein Mittel, aktive nachhaltige Politik im ländlichen Raum zu betreiben, die sich positiv auf die Zukunft der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern auswirken kann. Und das auf zweierlei Art:
Erstens sollen mit der langfristigen Verpachtung Unternehmen mit arbeitsintensiven Produktionsprofilen bevorzugt werden, wie zum Beispiel die Tierproduktion, so dass auch arbeitsmarktpolitische Effekte eintreten können – direkt oder indirekt. Dass diese Vermutung nicht ganz falsch ist, zeigten uns Gespräche mit Beschäftigten aus der Landwirtschaft, die wir im Rahmen einer öffentlichen Fraktionssitzung der PDS auf der Insel Rügen Anfang Mai durchgeführt haben. Wir konnten uns mit eigenen Augen und Ohren davon überzeugen, wie viele Arbeitsplätze auf dem Lande im vor- und vor allen Dingen im nachgelagerten Bereich indirekt von der Schweine- und Milchproduktion abhängen.
Zweitens bietet die langfristige Verpachtung landeseigener Flächen dem Land eine ganz kleine Möglichkeit, die einseitige Orientierung der EU auf die Förderung weniger Marktfrüchte wie Raps oder Getreide zu korrigieren. Deshalb sollen auch Unternehmen, die nicht Tierproduktion betreiben, aber arbeitsintensiv sind, in den Genuss der langfristigen bevorzugten Verpachtung von Landesflächen kommen. Das sind Unternehmen, die in nicht reglementierten Produktionsbereichen wirtschaften wie etwa im Kartoffelanbau oder in der Obst- und Gemüse
produktion, was nebenbei gesagt auch verbraucherfreundliche Effekte zur Folge haben könnte – denn die Kartoffeln aus Mecklenburg-Vorpommern, Sie wissen es alle, schmecken nun mal am besten –,
Dass uns mit der Durchsetzung des Prinzips der langfristigen Verpachtung an arbeitsintensive Unternehmen nicht der große Wurf bei der Umgestaltung landwirtschaftlicher Strukturen gelingt, geht schon aus den zur Verfügung stehenden Flächen hervor. Vor dem Ablauf der meisten Pachtverträge im Jahre 2005 werden nur 4.680 Hektar für eine zielstrebige Verpachtung unter den im Antrag formulierten Bedingungen frei. Der Herr Minister hat es ja schon explizit ausgeführt. Das scheint recht belanglos zu sein. Doch wurde uns von den meisten Experten bestätigt, dass die Richtung, nämlich arbeitsintensive und Betriebe mit einer hohen Wertschöpfung zu bevorzugen, richtig ist. Umso stichhaltiger müssen die Kriterien sein, die formulieren, wer unter welchen Umständen welche Flächen bevorzugt pachten könnte. Im Ausschuss haben wir entsprechende Grundsätze und Vergabekriterien erarbeitet, an denen sich das Konzept der Landesregierung orientieren soll.
Grundprinzip, und ich wiederhole es noch einmal, bei allen Entscheidungen wird sein, dass in laufende Pachtverträge nicht eingegriffen wird, dass landwirtschaftlichen Unternehmen nicht – egal, wie sich ihre Bilanz gestaltet –, dass diesen Betrieben nicht durch die Hintertür quasi ihr Land entzogen wird.
Der Prozess der Vergabe von Flächen soll ein durchschaubarer und demokratischer Prozess sein. Entscheidungen darüber sollen nicht am grünen Tisch getroffen werden, sondern die kreislichen Pachtempfehlungskommissionen müssen als Partner in diesen Prozess einbezogen werden. Ihre Mitglieder, die in der Regel aus dem Bauernverband und aus den Ämtern für Landwirtschaft kommen, kennen die Verhältnisse vor Ort am besten. Die Pachtkommissionen haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet, ihre Entscheidungen wurden weitestgehend akzeptiert. Gerade deshalb bestehen wir auf ihre Beteiligung und können nicht nachvollziehen, warum beispielsweise die BVVG bei ihren derzeitigen Verhandlungen versucht, die Pachtempfehlungskommission bei den Entscheidungen außen vor zu lassen.
Doch langer Rede kurzer Sinn: Für eine aktive Agrarpolitik gibt es nur zwei Steuerungsinstrumente – Förderpolitik und Bodenzugang –, die den Rahmen für die Landwirtschaft im Lande bilden. Und in diesem Sinne, Herr Brick, denke ich, ist es doch eine politische Entscheidung, die wir heute treffen. Wir begründen sie zwar fachlich anders, aber trotzdem entscheiden wir politisch darüber, ob wir diese Instrumente nutzen wollen oder nicht. Ich denke, es gilt, beide Instrumente zu nutzen im Interesse der Landwirte.
Der Landwirtschaftsausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/731 in
der Fassung seiner Beschlussempfehlung anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses auf Drucksache 3/1280 mit den Stimmen der SPDund PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtages zur Mitstiftung des Landes zur Errichtung der Stiftung „Alfried-Krupp-Kolleg Greifswald“, Drucksache 3/1209, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Drucksache 3/1311.
Antrag der Landesregierung: Zustimmung des Landtages zur Mitstiftung des Landes zur Errichtung der Stiftung „Alfried-Krupp-Kolleg Greifswald“ – Drucksache 3/1209 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 3/1311 –
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/1209 unverändert anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Drucksache 3/1311 einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrages der Landesregierung – Einwilligung des Landtages gemäß § 63 Absatz 1 LHO zur weiteren Beteiligung des Landes an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Drucksache 3/1210, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bau, Arbeit und Landesentwicklung, Drucksache 3/1309.
Antrag der Landesregierung: Einwilligung des Landtages gemäß § 63 Absatz 1 LHO zur weiteren Beteiligung des Landes an Gesellschaften mit beschränkter Haftung – Drucksache 3/1210 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bau, Arbeit und Landesentwicklung – Drucksache 3/1309 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Herr Baunach von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Baunach.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Landtag hat den Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/1210 in seiner 38. Sitzung am 12. April 2000 beraten und dem Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesent
wicklung zur federführenden Beratung sowie mitberatend an den Finanz- und an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Der Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung hat den Antrag in drei Sitzungen beraten, abschließend am 16. Mai 2000.
Das Beratungsergebnis des federführenden Ausschusses sieht die Empfehlung an den Landtag vor, den Antrag unverändert anzunehmen. Der Finanzausschuss hat mehrheitlich empfohlen, den Antrag ebenfalls unverändert anzunehmen. Der Wirtschaftsausschuss stimmte dem Antrag einstimmig zu, jedoch machte er darauf aufmerksam, dass es im Rahmen der Tätigkeit der Gesellschaften nicht zu Verzerrungen auf dem ersten Arbeitsmarkt kommen dürfe. Die Überwachung sollte durch das zuständige Ministerium sichergestellt werden.
Nun einige kurze Bemerkungen zu den Beratungen des Ausschusses für Bau, Arbeit und Landesentwicklung:
Die Fraktion der CDU hat im Rahmen dieser Beratungen eine Verlängerung der Beteiligung des Landes an den Gesellschaften TGL MV und TGS Schiffbau bis zum 31.12.2005 abgelehnt.
Durch die Unterrichtung werde nicht die Notwendigkeit noch die Sinnhaftigkeit des Fortbestehens zweier Gesellschaften deutlich gemacht. Es wäre zumindest erforderlich gewesen, so die CDU-Fraktion, beide Gesellschaften zusammenzulegen und damit bestimmte Synergieeffekte zu realisieren.
Unter arbeitsmarktpolitischen Aspekten erscheine darüber hinaus der eingeschlagene Weg, der sich vor allem auf die beschriebenen Aufgaben der Gesellschaften beziehe, stark kritikwürdig. Weiter regte die Fraktion der CDU an, die bis zum Jahre 2005 veranschlagten Mittel für die Fortführung der Beteiligung in Höhe von 17,632 Millionen DM für beschäftigungswirksame investitionsfördernde Maßnahmen im Bereich der Innenstadtsanierung zu verwenden. (Dazu eine kleine persönliche Bemerkung: Das hat natürlich für mich als Städter einen gewissen Charme, genauso wie die heute schon mal in der Aktuel- len Stunde diskutierte Anspielung auf das Thema Situati- on der Theater und der heutige Tagesordnungspunkt. Wie gesagt, eine kleine persönliche Bemerkung, die sich heute aus den Reden ergeben hat.) Der ursprüngliche Zweck beider Gesellschaften sei es gewesen, so die CDU-Fraktion weiter, nach der Wende eine Auffanglösung für Beschäftigte in den von der Transformation besonders betroffenen Wirtschaftsbereichen zu schaffen.
Die Koalitionsfraktionen von SPD und PDS begrüßten die – auf der Grundlage der konkreten Beschäftigungslage im Lande und der bisherigen Erfahrungen – weiterentwickelten Unternehmenskonzepte und künftigen Unternehmensschwerpunkte der Gesellschaften. Beide Gesellschaften seien auch weiterhin unverzichtbar für das aktiv gestaltete Engagement des Landes in der Arbeitsmarktpolitik. Die beiden hochgradig spezialisierten Trägergesellschaften müssen auch weiterhin durch kompetente
Beratung der Beschäftigungsgesellschaften und der Kommunen den wirksamen Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente auf hohem Niveau sichern, so die Koalitionsfraktionen von SPD und PDS.
Der Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung hat mehrheitlich bei einer Stimmenthaltung der Fraktion der PDS und zwei Gegenstimmen der Fraktion der CDU beschlossen, dem Landtag die unveränderte Annahme des Antrages zu empfehlen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss sagen, ich hoffe, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren derart verbessern wird, dass wir im Jahre 2005
nicht mehr über eine Verlängerung einer Beteiligung des Landes an den Gesellschaften beraten müssen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Zunächst hat um das Wort gebeten die Sozialministerin in Vertretung für den Minister für Arbeit und Bau. Bitte sehr, Frau Ministerin Bunge.