Protocol of the Session on May 24, 2000

Aber bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass die CDU sehr wohl etwas dazu zu sagen hat, denn die Novelle des Hochschulrahmengesetzes war eines der letzten Projekte einer CDU-geführten Bundesregierung, das mit Erfolg durch Bundestag und Bundesrat gebracht wurde. Auch dieses progressive, wenn auch nicht weit genug gehende Gesetzeswerk wäre fast an der dogmatischen Haltung der SPD gescheitert, da damals ein ausdrückliches Verbot von Studiengebühren in das Gesetz hineingeschrieben werden sollte. Nach Ihrem Willen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, hätten wir diesen Gesetzentwurf heute nicht beraten können. Sie haben sich damals nicht nur der großen Steuerreform verweigert, sondern Sie hätten auch fast dieses Gesetz, die Hochschulreform, verhindert. Aber auch hier passt sich die SPD den Realitäten an. Im „Spiegel“ dieser Woche konnte man nachlesen, dass der niedersächsische Wissenschaftsminister über Studiengebühren philosophiert, als ob es den Widerstand seiner Genossen in den Debatten zum Hochschulrahmengesetz nie gegeben hätte.

(Heike Lorenz, PDS: Das ist traurig.)

Jaja, so ändern sich die Zeiten.

Heute können wir feststellen, dass mit diesem Staatsvertrag und mit dem Gesetz die Hochschulen mehr Einfluss auf die Auswahl ihrer Studenten bekommen. Wir können feststellen, dass die Qualität der Abschlüsse bei der Zuweisung von Studienplätzen eine größere Rolle spielt als eine Sozialauswahl. Das ist sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung, in die Richtung, in die wir seit Jahren auch unsere Hochschulen drängen, in die Richtung der Autonomie, auch in der Frage, welche Studenten sie für welche Fächer rekrutieren können und wollen.

Das Hochschulrahmengesetz geht dabei nicht weit genug. Ich wage gar die These, dass die Zentrale Vergabestelle von Studienplätzen in Dortmund, bekannt als ZVS, eigentlich überflüssig ist.

(Beifall Andreas Bluhm, PDS, und Angelika Gramkow, PDS – Andreas Bluhm, PDS: Das ist richtig.)

Schön, dass wir einer Meinung sind.

Wie in anderen Bereichen auch sollen sich die Hochschulen profilieren, um mit attraktiven Angeboten Studenten werben zu können, und dann können sie selbst beschränken, wenn sie der Meinung sind, dass sie sich das leisten können. Aber davon sind wir doch noch einige Meter weit entfernt.

Auch die Landesregierung scheint diesem liberalen Hochschulmodell sehr abgeneigt gegenüberzustehen. Anders ist die Studie von Dieter Dohmen zur Prognose der Studierendenzahlen für Mecklenburg-Vorpommern bis 2020 nicht zu erklären. Dieses Auftragsgutachten kommt zu dem Schluss, dass Mecklenburg-Vorpommern als obere Annahme bei einer studienberechtigten Quote von 40 Prozent im Jahr 2020 auf eine Studentenzahl von 16.829 kommt. Heute haben wir in Mecklenburg-Vorpommern circa 26.000 Studenten und erwartet werden in den nächsten Jahren circa 30.000 Studenten.

Muss hier allein wieder die demographische Entwicklung für ein derart politisch gewolltes Horrorszenario her

halten, damit Sie über kurz oder lang den Investitionskorridor abschmelzen können?

(Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Warum gilt für Mecklenburg-Vorpommern die obere Annahme von 40 Prozent bei den studienberechtigten Quoten, während sie bundesweit durchschnittlich bei 50 Prozent liegt? Warum beträgt die Nettostudierquote in Mecklenburg-Vorpommern künftig höchstens 67 Prozent, während sie bundesweit bei 80 Prozent liegt? Die Landesregierung hat weder dem Parlament noch den Hochschulen diese Zahlen und ihre Folgen je erläutert.

Sie fragen vielleicht, was das mit dem Staatsvertrag zu tun hat, meine Damen und Herren. Sehr viel. Mit dem Staatsvertrag werden den Hochschulen auf der einen Seite mehr Handlungsspielräume eröffnet, die im gleichen Atemzug durch derlei Prognosen von vornherein wieder geschlossen werden, denn die Prognosen gehen nicht davon aus, dass sich die Hochschulen in MecklenburgVorpommern so entwickeln, dass sie fachbezogen deutschlandweit einmal attraktiv sind und dadurch eine Sogwirkung nach Greifswald und Rostock entsteht. Die Biowissenschaften in Greifswald zum Beispiel machen deutlich, welche Potenzen hier vorhanden sind.

Das Gutachten berücksichtigt nicht, dass mittlerweile 23 Prozent der Studenten in Greifswald nicht aus Mecklenburg-Vorpommern kommen und nicht von der ZVS nach Greifswald zwangsverpflichtet wurden. Selbst von diesen ZVS-Studenten bleiben noch fast 39 Prozent in Greifswald. Ein Drittel aller Studenten der Greifswalder Universität kommt nicht aus Mecklenburg-Vorpommern. Wo sind denn nun die Strategien, diese Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zu halten? Wo sind denn die Strategien der Landesregierung, um die durch das HRG geöffneten Spielräume zu nutzen

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

und die Horrorszenarien eines Auftragsgutachtens ad absurdum zu führen und durch eine vorwärts gerichtete Hochschulpolitik die Handlungsspielräume auszubauen? Nichts, aber gar nichts sieht und hört man.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Mit Beginn der Legislaturperiode verkündete der Herr Bildungsminister, dass Anfang 2000 ein Entwurf für die Novelle des Landeshochschulgesetzes vorliegt. Nichts liegt vor. Stattdessen werden Berufungen verzögert, Befristungen angestrebt und andere abenteuerliche Dinge veranstaltet, nicht zu vergessen die permanenten Störversuche des Finanzministeriums bei den Hochschulmodellhaushalten an den Fachhochschulen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Auch das noch!)

Nutzen Sie die Freiräume des HRG konsequenter und bringen Sie endlich eine Linie in die Hochschulpolitik, sonst werden Horrorszenarien aus Ihrem Gutachten Wirklichkeit, denn die Folge Ihrer Politik wird sein, dass hier keiner mehr studieren und lehren will. Lassen Sie es bitte nicht so weit kommen und arbeiten Sie daran, den bereits angerichteten Flurschaden wieder zu beheben! Wie ich schon angekündigt habe, werden wir den vorliegenden Staatsvertrag zügig beraten, damit er umgesetzt werden kann.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Vielen Dank, Frau Schnoor.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Rißmann von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Punkte herausgreifen, die für unser Bundesland von Bedeutung sind, zum einen die größere Flexibilität für die Studierenden zugunsten der Bewerber, die aus diesem Gesetzentwurf für uns Vorteile bietet, und zum Zweiten die verbesserte Möglichkeit für ausländische Studierende, unsere Hochschulen für bestimmte Studiengänge auszuwählen, indem Begrenzungen von fünf Prozent als Obergrenze aufgehoben werden und in dafür geeigneten Studiengängen die Attraktivität ohnehin Bestand und damit eine Wirkungsakzeptanz, bei uns studieren zu können, sich auch an ausländische Studenten richtet. Es versteht sich von selbst, dass die Aufhebung von Sonderregelungen, die im Rahmen des Übergangs von Studienmöglichkeiten aus der DDR erforderlich waren, mit dieser Regelung erfolgt. Und die Möglichkeit, die natürlich die Opposition nutzen kann, auf andere Felder im Bereich der Hochschulpolitik anlässlich einer Diskussion hinzuweisen, bleibt ihnen unbenommen.

Ich denke, wir sind, was das Landeshochschulgesetz, die Novellierung oder ein neues Gesetz angeht, doch noch auf einem guten Weg, wenn auch mit gewissem zeitlichen Verzug. Wir werden die Möglichkeiten, die wir mit der Neuregelung für unser Land haben, in der Weise ausgestalten, dass es weiterhin Attraktivität für die Hochschulen beinhaltet. Wenn die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze in die Diskussion gebracht wird: Es ist richtig, dass wir anfangs davon sicher in erheblichem Maße profitiert haben, dass Studenten zugewiesen wurden, und inzwischen Beleg für die Attraktivität unserer Hochschulen daraus zu entnehmen ist, dass die auswärtigen, nicht aus unserem Bundesland kommenden Studenten nicht über die Zentrale Vergabestelle bei uns landen, sondern inzwischen auch aus dem Ranking entnehmen, dass unsere Hochschulen attraktiv geworden sind.

Ich bin optimistisch, dass wir auch in den angesprochenen Kritikpunkten in den nächsten Monaten Lösungen auf den Tisch bekommen werden. Unsere Fraktion bemüht sich ebenfalls, die Beratung in den Ausschüssen zu beschleunigen. Ich empfehle die Zustimmung zur Überweisung. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Siegfried Friese, SPD: Bravo!)

Vielen Dank, Herr Dr. Rißmann.

Das Wort für die PDS-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Gramkow. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich haben wir Redezeit angemeldet, nachdem klar war, dass die CDU reden wird, Frau Schnoor.

(Rainer Prachtl, CDU: Nee, umgekehrt! – Wolfgang Riemann, CDU: Umgekehrt!)

Ich möchte eigentlich nur zwei Bemerkungen machen, …

Dann hätte ich vielleicht doch eine Rede, Herr Riemann, aber na gut.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist Ihnen gar nicht mehr wichtig, Frau Gramkow!)

… wozu man doch, Frau Schnoor, diesen Staatsvertrag und damit die Vereinbarung zu Studienplätzen missbrauchen kann.

Erstens. Ja, es wird in diesem Land keine Studiengebühren geben, Frau Schnoor. So steht es auch in der Vereinbarung zwischen SPD und PDS.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, und Andreas Bluhm, PDS)

Zweitens. Ja, wir sind in einer sehr intensiven und konstruktiven Beratung zwischen Regierung

(Wolfgang Riemann, CDU: Frau Gramkow, auch nicht für Langzeitstudenten?)

und den Abgeordneten bezüglich der Novelle des Landeshochschulgesetzes mit den Stichworten Flexibilisierung, Autonomie – etwas anders, wie ich weiß, als Sie sie verstehen – und Globalisierung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die bremsen Sie aber ständig, die Landesregierung.)

Drittens. Ja, es gibt ein Gutachten, das allerdings für uns nicht der Ausgangspunkt der Beratung ist, sondern für uns ist der Ausgangspunkt, dass wir definieren wollen: Welche Entwicklungspotentiale schreiben wir unseren Hochschulen, unseren Universitäten zu? In welche Richtung vom Leitbild her sollen sie sich entwickeln? Was brauchen sie, um dieses Entwicklungspotential verstärken zu können an Größe, Ausstattung, und ich sage hier ganz klar, materiell-technischer und personeller Ausstattung? Was müssen wir im Land Mecklenburg-Vorpommern dazu tun, dass sie dieses qualitative Niveau, was sie bereits jetzt erreicht haben, denn nicht umsonst sind unsere Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern führend, wenn Sie in „Spiegel“ und „Focus“ in Bezug auf Ausbildung nachlesen, halten und ausbauen? Hier müssen wir die Qualität nach wie vor erhöhen.

Und am Ende, Frau Schnoor, wird ein Hochschulgesamtplan stehen, wo noch nicht klar ist, ob er die Zahlen des Gutachtens oder eventuell doch den Bedarf, den wir als Entwicklungspotential für die Hochschulen sehen, beinhalten wird. Aber ich würde Ihnen raten, warten Sie es ab.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Gramkow.

Damit ist die Aussprache beendet.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1285 zur Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Abgeordneten aus allen Fraktionen überwiesen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. September 1998 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom

5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen, Drucksache 3/1288.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 9. September 1998 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen (Erste Lesung) – Drucksache 3/1288 –