Protocol of the Session on March 15, 2000

... nicht gerade rekordverdächtig. Es zeigt nämlich, dass es doch unendlich mühsam war, bis Sie als Koalitionsfraktion endlich einig wurden.

(Angelika Gramkow, PDS: Dass Sie nach neun Jahren einen Vorschlag machen, konnte ja keiner ahnen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Harry Glawe, CDU)

Liebe Frau Gramkow, dieser Vorschlag war auch in der alten Koalition in der Diskussion.

(Angelika Gramkow, PDS: Dafür kann ich aber nichts.)

Der Herr Innenminister, der damals innenpolitischer Sprecher war, hatte sich in der Einbringung dieses Gesetzesantrages der CDU so geäußert, wie er das als innenpolitischer Sprecher gesehen hat. Und das, was er heute sagt, ist eine Wende um 180 Grad.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oha!)

Wir haben offenbar einen sehr flexiblen Innenminister.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das spricht für ihn. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist richtig.)

Das spricht sicher für ihn. Ich habe das auch überhaupt nicht irgendwie spaßhaft gemeint.

Wir hätten beinahe den Jahrestag unseres Gesetzesantrages feiern können,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber so ist das mit den Hunden, die den Hasen nicht fangen können.)

und zwar dann als leider unerledigten. Das wäre am 31.03. dieses Jahres gewesen. Von dem trennen uns mal gerade 14 Tage.

(Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Es lag sicher daran, dass die Expertenanhörung erst sechs Monate nach Einbringung dieses Gesetzentwurfes stattgefunden hat. Der Herr Innenminister hat heute ja bekannt, dass gerade diese Expertenanhörung ihn doch sehr stark beeindruckt hat. Und dafür hat man ja auch Experten.

Er hatte noch in der Ersten Lesung hier gesagt, man müsse eine solche Regelung in die Kommunalverfassung bringen. Nun hatte ich damals gefragt, ob er uns den Unterschied erklären könne oder wolle, was denn sicherer sei, in die Verfassung des Landes oder nur in die Kommunalverfassung, und ob er nicht merke, dass ein einfaches Gesetz – und das hat Herr Kreuzer eben sehr deutlich gesagt, vollkommen richtig gesagt – durch jedes spätere Gesetz wieder geändert werden kann und dass bei der Auslegung eines Gesetzes auch das spätere Gesetz vor

rangig herangezogen wird. Damals wurde die Frage nicht beantwortet. Heute weiß auch der Innenminister, dass der Begriff „Kommunalverfassung“ insofern irreführend ist. Die Kommunalverfassung ist nämlich ein einfaches Gesetz, Herr Innenminister. Sie regelt nur – und deswegen hat man sie damals so genannt – die innere Verfassung der Kommunen. Einen sicheren Schutz der Kommunen für den Griff in die Tasche durch Aufgabenverlagerung gibt es nur, wenn wir die Landesverfassung ändern. Und das werden wir, so ist meine Zuversicht, ja heute tun.

Richtig spannend war dann doch die Entwicklung, als der Ministerpräsident am 07.10.1999 in der Mitgliederversammlung des Städte- und Gemeindetages zur Überraschung derjenigen, die die Vorgänge kannten, verkündete, es spreche für die Kommunalfreundlichkeit seiner Landesregierung, dass man das Konnexitätsprinzip einführen wolle. Wir waren alle sehr überrascht – es ist auch sicher nicht fein, wenn man sich mit Federn anderer schmückt –, aber die Zuversicht wuchs: Nun kommt’s, nun kommt die Zustimmung.

Doch, meine Damen und Herren, wir waren dann sehr erstaunt, als im Januar die Koalitionsfraktionen einen Änderungsentwurf zu unserem Gesetzentwurf vorlegten, der praktisch alles wieder zunichte gemacht hätte, wenn er heute so zur Beschlussfassung anstände. Er sollte nämlich mit dem Pferdefuß versehen werden, dass umgekehrt die Kostenerstattungsregelung der Landesverfassung auch gilt, wenn ein durch Gesetz oder Verordnung verursachter Abbau von Aufgaben etwa zu möglichen Kosteneinsparungen bei den Kommunen führen könne. Übrigens, wir sind froh darüber und wir bedanken uns bei Ihnen dafür, dass Sie dies in der weiteren Diskussion zur Änderung der Landesverfassung haben fallen lassen. Aber wir wissen natürlich, dass...

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber es ist ein Gerücht, wenn man erklärt, dass die Koalitions- fraktionen diesen Antrag eingebracht hätten.)

Das war ganz schwierig, richtig. Ich muss Ihnen in einem Punkt Recht geben.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, das will ich Ihnen mal sagen.)

Sie sind schnellstens ins Arsenal geeilt. Richtig, vielen Dank! Ja, das hatte ich vergessen. Sie sind schnellstens ins Arsenal geeilt. Wir hatten dort eine Sitzungsunterbrechung und es war ganz dramatisch. Und Ihre Bemühungen führten dazu, dass wir die Sitzung nicht fortsetzen konnten. Der Antrag, der uns schon vorgelegen hatte, wurde wieder eingesammelt.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Vielen Dank für den Hinweis! Das zum Thema Entschlossenheit dieser Koalitionsfraktionen und die tatkräftige Unterstützung des Parlamentarischen Geschäftsführers.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)

Vielen herzlichen Dank für den Hinweis!

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Bitte schön.)

Aber ganz ernsthaft, meine Damen und Herren, wir werden froh sein, dass wir – und da stimme ich Herrn Kreuzer voll zu – nach langen Beratungen nun endlich dazu kommen, etwas zu tun, was der Innenminister nunmehr, Gott sei Dank, als das Prinzip darstellt: Wer bestellt, zahlt. Wer

meine damalige Einbringungsrede liest, der wird sehen, dass wir uns jetzt sogar im Wortlaut decken, Herr Innenminister. Es wird immer besser. Es ist so.

(Monty Schädel, PDS: Na, das wage ich ja zu bezweifeln.)

Nur im Wortlaut. Es mag richtig sein, nur im Wortlaut.

(Monty Schädel, PDS: Ich meine, dass es besser wird.)

Es ist so. Wir haben uns zu bedanken bei denjenigen, die die Kommunen hier unterstützen wollen, und wir haben die große Zuversicht, dass wir diesen Schritt gemeinsam, ich hoffe, sogar einstimmig fassen werden, denn beide Ausschüsse, der federführende wie der mitberatende, haben einstimmig beschlossen. Ich würde mich freuen, wenn diese Zuversicht, die ich hier äußere, auch wirklich so umgesetzt würde. Wir haben damit einen wichtigen Schritt in die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung getan. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schoenenburg von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Schoenenburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier kann ich Herrn Jäger tatsächlich wiederholen. Wir behandeln heute voraussichtlich mit Erfolg ein verfassungsänderndes Gesetz.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, es geschehen ab und an im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Zeichen und Wunder. Denn es besteht zumindest stillschweigendes Einvernehmen zwischen den Fraktionen, die erste Änderung der Landesverfassung zu beschließen. Natürlich passiert so etwas auch in anderen Landtagen nicht alle Tage und wir werden wohl auch künftig nicht täglich Hand an die Landesverfassung anlegen. Schon die dazu erforderlichen Mehrheiten sprechen dagegen. Dennoch bin ich ein wenig optimistisch, dass wir vielleicht in nicht allzu ferner Zeit die Kraft finden und sich entsprechende Mehrheiten bilden könnten, die Verfassung an anderen Stellen weiterzuentwickeln, wo das nötig wäre und sie offenbar unterbelichtet ist.

Wir haben in dieser Diskussion, die bisher stattgefunden hat, uns sehr zurückgehalten, weil wir natürlich sehen, dass die Verfassung an vielen Stellen geändert werden müsste, und trotzdem haben wir diese Fragen nicht gestellt. Ich will in diesem Zusammenhang trotzdem daran erinnern, dass es seinerzeit in der Verfassungskommission, also 1992/93, dahin gehend Konsens gab, die Verbandsklage im Naturschutz einzuführen. Wir haben sie jedoch bisher weder in der Verfassung noch einzelgesetzlich.

(Angelika Gramkow, PDS: Das kommt aber.)

Die beiden vorhergehenden Koalitionen hatten dafür die Kraft nicht aufgebracht. Die jetzige hat sich das definitiv vorgenommen.

Dass wir mit den sozialen und den anderen Staatszielregelungen keine allzu wetterfesten Rechte in unserer Verfassung haben, ist hinlänglich bekannt. Wir haben ferner sehr hohe Hürden in der Verfassung bei der Einleitung

von Volksbegehren. Ich erinnere an die 140.000 Stimmen. Parlamentsausschusssitzungen sind bei uns kraft Verfassung im Regelfall nicht öffentlich. Wir haben den alten Zopf des Berufsbeamtentums mit dem sehr strittigen Dienst- und Treueverhältnis und wir haben recht altväterliche Formulierungen in der Verfassung über den Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Da wir heute unsere Landesverfassung ändern, gäbe es durchaus Anlass, in Ruhe, ganz ohne Hast und Eifer, aber trotzdem auch über andere Verfassungsänderungen nachzudenken, wie es in dem Zusammenhang auch angelegen sein könnte, durch den eigenen Maschendrahtzaun

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Minister Dr. Wolfgang Mehtling)

in die Verfassungen anderer Bundesländer zu schauen, in denen es durchaus Regelungen gibt, die für uns bedenkenswert wären. Ich nenne nur einmal Akteneinsichtsrechte für Bürger, Diskriminierungsverbote, die Gleichstellung von auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften mit Ehen, die Gleichstellung von Ausländern, die auf Dauer bei uns leben und wohnen, den ausdrücklichen verfassungsmäßigen Schutz des Bodens, auf dem wir leben und von dessen Ertrag wir leben. Was die Ausländerrechte anbetrifft, wäre das zum Beispiel ein solcher Beitrag gegen rechtsextremistisches Gedankengut.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Kurzum, ich wünsche uns aus Anlass dieser ersten Änderung unserer Landesverfassung mehr Mut zu einer durchaus behutsamen Fortentwicklung des Verfassungsdokumentes.

Meine Damen und Herren! Der verfassungsändernde Gesetzentwurf besteht in seiner eigentlichen materiellen Substanz lediglich aus zwei Sätzen. Und man könnte darum sagen, und Herr Jäger hat es auch gesagt, was ist das schon angesichts der üblichen Normenflut und Regelungswut des Gesetzgebers. Und manch einer wird wohl auch geneigt sein zu sagen, wieso habt ihr euch im Landtag nur so lange und so heftig darüber gestritten. Einmal abgesehen davon, dass wir uns ein paar Kapriolen hätten sparen können,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

liegt aber die Schwierigkeit natürlich in der Sache selbst. Denn kurze und klare juristische Formeln, wie wir sie schließlich im Gesetzentwurf gefunden haben, sind eben nur möglich, wenn sie durch einen entsprechenden politischen Willen und Konsens untersetzt sind.