Protocol of the Session on April 10, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich nehme natürlich jeden Hinweis dankbar auf. Das ist meine Aufgabe. Aber: Das Agrarpolitische Konzept 2020 aus dem Jahr 2014 ist eine Erfolgsgeschichte. Senat und Bürgerschaft haben sich zur Agrarwirtschaft in Hamburg bekannt und diese auch konsequent gefördert. Das Konzept ist bis zum Ende des Jahres 2020 ausgelegt, wird aber weiter in die Zukunft wirken.

Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz einige Punkte aufzählen. In Hamburg kommt dem Produktionsgartenbau eine zentrale agrarpolitische Rolle zu. Deshalb hat meine Behörde zusammen mit der Wirtschaft eine Nachhaltigkeitsstrategie zur Stärkung des Produktionsgartenbaus initiiert, die jetzt alle Beteiligten erfolgreich umsetzen. Dabei geht es unter anderem um Produktionsbedingungen und Absatzmöglichkeiten, aber auch um die stärkere Wahrnehmung der Branche bei den Verbrauchern. Schon heute zeichnet sich ab, dass der Gartenbau in Hamburg durch den Prozess deutlich gestärkt wird. Im Jahr 2018 haben wir zudem ein Konzept für angewandte Forschung in der Agrarwirtschaft erarbeitet. Wie Sie sich vorstellen können, liegt mir dieser Schwerpunkt auch wirklich am Herzen, denn ohne Innovationen wird es auch in der Agrarwirtschaft keine Zukunft geben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb haben wir sehr zügig eine Förderung auf den Weg gebracht und mit einem Budget von 500 000 Euro ausgestattet. Das Budget ist 2018 auch vollständig abgerufen worden. Schwerpunkte liegen im Bereich des nachhaltigen biologischen Pflanzenschutzes, des urbanen Gartenbaus, der Digitalisierung – da findet sich dann auch die Digitalisierung wieder – und natürlich auch der Energieeffizienz.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ein weiterer sehr wichtiger Schwerpunkt ist die Förderung des ökologischen Landbaus und die Ausweitung des ökologisch bewirtschafteten Flächenanteils. Zur Umsetzung des Ökoschwerpunktes wurde im Februar 2017 der Hamburger Ökoaktionsplan 2020 mit einem Bündel verschiedener

Maßnahmen aufgelegt. Der Beitritt Hamburgs zum Bio-Städte-Netzwerk unterstützt diese Entwicklung des ökologischen Landbaus und trägt zur Erhöhung des biologisch bewirtschafteten Flächenanteils bei.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Glocke)

Herr Westhagemann, darf ich Sie kurz unterbrechen? Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Ovens. Lassen Sie die zu?

Ja.

Vielen Dank, Herr Senator, für Ihre Ausführungen. Natürlich freut es uns als CDU zu hören, dass zum agrarpolitischen Konzept zukünftig doch ein größerer Fokus auf Innovationen gelegt werden soll. Aber erlauben Sie mir eine Frage. Als wir hier vor einiger Zeit über Agrarpolitik diskutiert haben – und das Ganze auch im Kontext Innovation und Forschung –, war in der Drucksache Ihres Senats – das war vor Ihrer Zeit – von keiner einzigen Hamburger Universität, Forschungseinrichtung oder Hochschule zu lesen, sondern ausschließlich von Forschungseinrichtungen weit außerhalb Hamburgs. Wollen Sie daran in Zukunft etwas ändern? Werden wir tatsächlich auch agrarwissenschaftliche Innovationen hier in Hamburg haben? Oder bleibt es nach wie vor ein Kooperationsprodukt mit Hochschulen, die viele Hundert Kilometer außerhalb liegen?

Herr Ovens, wenn ich das so beantworten darf: Ich habe dieses Amt neu übernommen und freue mich eigentlich darauf. Deswegen habe ich Innovationen, Digitalisierung und die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft betont und daran werde ich mich dann am Ende des Tages auch messen lassen wollen. Und schließlich: Wer mehr ökologische Produkte produziert, der muss auch an der Stelle den entsprechenden Absatzmarkt haben. Die Absatzförderung soll dabei primär den Erzeugern aus Hamburg zugutekommen; da war eben auch schon die Regionalität angesprochen worden.

Seit Inkrafttreten der Richtlinie zur Absatzförderung im Jahr 2016 wurden 18 Projekte mit einem Finanzvolumen von insgesamt circa 500 000 Euro gefördert. Die Agrarförderung stellt in Hamburg auch angesichts der besonderen Agrarstruktur ein wichtiges Handlungsfeld dar. Dabei ist ein Wiedereinstieg Hamburgs in die EU-Förderung ab der nächsten Förderperiode 2020/2021 sinnvoll. Da der Aufbau einer eigenen Administrationsstruktur mit Zahlstelle für Hamburg ausscheidet, führen wir sehr gute Gespräche über eine Kooperation mit

(Andrea Oelschläger)

Niedersachsen. Erfreulicherweise besteht dort auch die gewünschte Offenheit zur Kooperation. Neben der Agrarförderung geht es auch um weitere Möglichkeiten in Absprache mit Niedersachsen. Ich setze mich daher dafür ein, ein höchstmögliches Maß an EU-Fördermitteln für Hamburg zu verhandeln. Daher würdigt der vorliegende Antrag die Bedeutung des Agrarpolitischen Konzeptes, benennt auf der anderen Seite auch die Herausforderungen und Handlungsbedarfe und beauftragt den Senat zur Fortschreibung des Agrarpolitischen Konzeptes.

An dieser Stelle auch noch einmal, Herr Ovens: Als Senator der BWVI begrüße ich diesen Antrag sehr, insbesondere auch die Forderung, die notwendigen Agrarflächen zu erhalten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist in einem Stadtstaat mit begrenzter Fläche angesichts der erheblichen Nutzungskonkurrenten natürlich ein wichtiges Signal auch an unsere Landwirte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Senator Westhagemann. – Es hat sich dann noch zu Wort gemeldet Frau Sparr von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte nur kurz etwas geraderücken. Herr Duge hat sich ein bisschen darüber ausgelassen

(Zuruf: Duwe!)

Duwe, Entschuldigung –, ist sich in Spekulationen ergangen, wer nun im Bereich Agrarwirtschaft wovon besonders viel Ahnung hat. Ich weiß nicht, ob er vielleicht schon einmal auf einem Trecker gesessen hat; kann sein. Nichtsdestotrotz ist es vielleicht gut, sich auch einmal mit den einschlägigen EU-Regularien genauer zu befassen. Denn dieses Thema Deichbau ist absolut ein Thema der Förderung durch die zweite Säule, weil gerade im ländlichen Raum die Deiche auch dazu da sind, die Agrarflächen zu schützen. Das sollte eigentlich einleuchtend sein; es wundert mich, dass Ihnen das so fremd vorkommt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der zweite Punkt zum Thema ELER. Herr Hackbusch hat sich da ein bisschen ereifert.

(Dennis Gladiator CDU: Das war Herr Jersch!)

Es ist nicht so, dass da in der letzten Förderperiode keine Gelder geflossen sind, sondern Hamburg war der Ansicht, dass es aus der eigenen Kasse besser gehen kann, weil man dann die Verwaltungskosten nicht hat. Inzwischen wird das an

ders gesehen. Es gibt sicherlich auch gute Gründe dafür und ich denke, dass wir das noch stärken können. So weit. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Sparr. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer sich nun dem gemeinsamen Antrag der SPD und der GRÜNEN aus Drucksache 21/16691 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer nicht? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden.

Und wir sind beim Tagesordnungspunkt 49, das ist die Drucksache 21/16689, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen stärken – Mehr Transparenz bei automatischen Bonitätsprüfungen durch Scoring-Algorithmen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen stärken – Mehr Transparenz bei automatischen Bonitätsprüfungen durch Scoring-Algorithmen – Drs 21/16689 –]

Wer möchte dazu das Wort begehren? – Herr Schmidt von der SPD-Fraktion, Sie haben es.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden über ein Thema, das viele sensible Lebensbereiche betrifft, sei es, wenn man einen Kredit oder einen Vertrag abschließen oder auch nur irgendetwas zum Beispiel im Internet bestellen möchte. Klar, Risikobewertung ist sinnvoll. Sie schützt die Händler, die Kreditinstitute und auch die ehrlichen Kunden, denn wenn viele Betrüger unterwegs sind, dann ist am Ende der Ehrliche der Dumme, weil er den Schaden mitbezahlen muss. Insofern ist das grundsätzlich natürlich eine sinnvolle Geschichte.

Wir reden aber mittlerweile sehr stark über automatisierte, durch Algorithmen getriebene Verfahren und dieses Scoring hat dann auch seine Schattenseite. Stellen Sie sich vor, Sie haben die falsche Postleitzahl, die vielleicht mit 22 anfängt und nicht mit 20 oder mit 21. Stellen Sie sich vor, Sie heißen Kevin mit Vorname oder Ahmad mit Nachname oder Ihr Alter ist falsch, so wie bei mir, dann kann es schon einmal sein, dass Sie einen negativen Wert bekommen. Dann kann es sein, dass Sie zum Beispiel nur noch per Nachnahme bestellen dürfen, gar nicht bestellen dürfen oder den Kredit, den Sie bitter nötig haben, nicht bekommen, ob

(Senator Michael Westhagemann)

wohl Sie sich vorher noch nie irgendetwas haben zuschulden kommen lassen. Das ist ein Thema, das seit Jahren in der Diskussion ist. Und seit Jahren wird immer wieder versucht, dort mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Spielregeln reinzubekommen, und gleichzeitig erleben wir aber auch, dass seit Jahren diese Algorithmen immer komplexer werden. Künstliche Intelligenz und Machine Learning sind dort mittlerweile gang und gäbe und führen dazu, dass neue Komponenten in die Bewertung des Scorings hineinkommen. Gerade Machine Learning mit den falschen Daten kann massive Probleme mit sich bringen. Es gibt zum Beispiel automatisierte Bewerbungsverfahren, in die die Bewerber, zum Beispiel gerade im technischen Bereich, in den letzten Jahren eingeflossen sind. Und wenn dort die falschen Daten als Grundlage des Machine Learning stehen, werden zum Beispiel sehr häufig Frauen benachteiligt. Diese Diskussion haben wir vorhin auch in der Aktuellen Stunde gehabt. Wenn der Computer in der Vergangenheit gar keine weiblichen Lebensläufe gelesen hat, dann wird er auch in Zukunft keine weiblichen Lebensläufe in ein Bewerberverfahren hineinlassen. Das ist natürlich ein negativer Ausfluss vom Scoring, den sicherlich keiner hier im Hause begrüßen kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen ist das, was wir hier fordern, ein Stück weit Selbstverständlichkeit. Wir brauchen mehr Transparenz, und zwar Transparenz im Sinne dessen, dass ich als Verbraucherin/Verbraucher ein Auskunftsrecht bekomme – was zum Teil der Fall ist, aber nicht überall. Und dann muss ich diese Auskunft natürlich auch verstehen, und zwar muss ich diese Auskunft verstehen können, ohne ein Mathematik- oder Wirtschaftsstudium absolviert zu haben, sondern das muss natürlich in einer so einfachen Sprache sein, dass auch der durchschnittlich begabte Politiker das versteht.

Dann brauchen wir natürlich auch klare Regeln. Wir brauchen Regeln, welche Daten überhaupt benutzt werden. Was fließt in die Berechnungen des Scores ein? Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen auch die Möglichkeit haben, zu wissen, wie sie eventuell den Score positiv verändern können, sodass sie dann auch Verträge abschließen können.

Für viele dieser Sachen setzt dieser Senat sich seit Langem ein. Es gibt die Verbraucherministerkonferenz, wo der Senat wichtige Initiativen geleistet hat. Das Verfahren läuft. Wir haben jetzt die Ethikkommission auf Bundesebene, die einen Bericht vorgelegt hat. Vor Kurzem gab es auch ein großes Gutachten von Expertinnen und Experten an die Justizministerin. All diese Sachen sind also momentan im Fluss. Wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, Gutes zu tun und auch darüber zu sprechen. Weil es eine gesellschaftlich breite und rele

vante Diskussion ist, fordern wir an dieser Stelle den Senat auf, dort nicht locker zu lassen, weiter den Weg zu gehen, den er eingeschlagen hat, und dann im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu handeln. Was wir in jedem Fall verhindern wollen – ich glaube, darin sind wir alle uns auch einig –, ist so eine Art Superscore, wie er gerade in China eingeführt wird. Das ist natürlich das komplette Gegenteil von einem gesellschaftlichen Bild, das wir uns in Deutschland und in Europa vorstellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schmidt. – Als Nächster erhält das Wort Herr Thering von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns als CDUFraktion hatte und hat das Thema Verbraucherschutz in den letzten Jahren immer einen sehr hohen Stellenwert in unserer Fraktionsarbeit eingenommen. Denken Sie nur an unseren Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung – zu gut für die Tonne, ist hier das Stichwort – oder an unseren Kampf für mehr Lebensmittelkontrolleure in Hamburg. Wir wissen selbst, dass die Wirkungsgrade hier in vielen Bereichen deutlich unter 100 Prozent sind und dass viele Imbissbetreiber, Kantinenbetreiber et cetera noch nie in ihrem Leben einen Lebensmittelkontrolleur in Hamburg gesehen haben. Von daher ist es richtig und wichtig, dass wir alle uns immer wieder Gedanken darüber machen, wie wir den Verbraucherschutz in unserer Stadt stärken.

(Beifall bei der CDU)

Aber alle unsere guten Ideen in den letzten Jahren haben Sie abgelehnt. Da haben wir uns natürlich gefreut, dass Sie im Bereich Verbraucherschutz jetzt endlich einmal einen Antrag auf die Tagesordnung setzen. Wenn ich mich nämlich zurückerinnere, ist es schon ziemlich lange her, dass die SPDFraktion in diesem Bereich einmal etwas gemacht hat. Wir waren sehr erfreut, als wir gesehen haben, dass das Ganze jetzt auch noch zur Debatte angemeldet wird. Das ist gut. Dann haben wir uns den Antrag einmal angeguckt und ich möchte kurz daraus zitieren. Darin steht:

"Der Senat wird ersucht, bis zum 31. Dezember 2019 zu berichten,"

zu berichten, nicht sich irgendwie dafür einzusetzen, sondern lediglich darüber zu berichten –

"wie und mit welchem Erfolg er sich bisher auf Bundesebene für ein besseres Auskunftsrecht […] eingesetzt hat […]."