Protocol of the Session on March 27, 2019

aber es scheint wichtig zu sein, Sie darauf noch einmal hinzuweisen.

(Martin Bill GRÜNE: Sie haben immer was zu meckern!)

Was auffällt: In Ihrem Antrag schreiben Sie, ein Monatsticket koste im Gesamtbereich über 135 Euro. Und jetzt würden Sie auf 30 Euro im Monat kommen, also 100 Euro, die die Auszubildenden sparen. Haben Sie einmal geguckt, wie viele Auszubildende das Gesamtticket brauchen? Es sind 10 Prozent. 90 Prozent der Auszubildenden brauchen die Ringe A und B, das heißt, sie zahlen, je nachdem, was für ein Abo sie haben, zwischen 50 und 70 Euro. Also, Ihr Geschenk hat eine sehr, sehr große Verpackung, aber der Inhalt ist wesentlich kleiner geworden. Deswegen kann ich nur sagen: Sie sollten dafür sorgen, dass die Auszubildenden, die Studierenden und die Schülerinnen und Schüler gar nichts bezahlen. Das haben wir schon im Dezember beantragt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von den GRÜNEN)

Und wenn Herr Bill jetzt vorrechnet und sagt: Ja, wir müssen aber alles finanzieren … Herr Bill, in Ihrer Rechnung fehlte ein ganz wichtiger Punkt, der Punkt Folgekosten durch den Individualverkehr, durch den Auto- und den Schwerlastverkehr. Dann haben wir auch genug Geld, um kostenfreien HVV zu finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ich will nicht nur meckern, ich will noch einmal loben. Ich will loben, dass Sie erkennen, es ist gut, sehr früh eine Bindung zum HVV herzustellen. Deswegen sagen Sie ja, dass Sie die Auszubildenden an den HVV binden wollen. Warum fangen Sie

eigentlich nicht früher an? Die Schülerinnen und Schüler, das ist eigentlich das Klientel, das Sie binden müssten.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Genau. Vielen Dank, Frau Schneider.

Die Schülerinnen und Schüler brauchen einen kostenfreien HVV. Und jetzt sagen Sie: Ja, ja, DIE LINKE wieder. Rot-Rot-Grün in Berlin führt zum 1. August 2019 ein kostenfreies Schülerinnen- und Schülerticket ein. Da können Sie sich etwas abgucken.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann am Ende feststellen: Sehr, sehr mühsam nährt sich das rot-grüne Eichhörnchen. Und wenn Sie nicht weiter so verhungert sein wollen, nehmen Sie das Futter von uns an, dann geht es der gesamten Stadt besser. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Aukes von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, sind wir als FDP ja immer eine konstruktive Opposition.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP – Dirk Kien- scherf SPD: Nun mal nicht übertreiben!)

Ihre Reaktion zeigt mir, dass ich recht habe. Wir kritisieren die Regierung, wo es notwendig ist, gerade auch, wie Sie wissen, in der Verkehrspolitik – Frau Martin, da sind wir nicht immer überall einer Meinung –, aber ebenso gern loben wir Initiativen, die Sie einbringen und die wir für richtig halten, weil sie konstruktive Vorschläge enthalten. Daraus können Sie nun entnehmen, dass wir in diesem Fall dem Antrag der Koalition zustimmen werden, und ich bedanke mich, dass Sie den Antrag, den die FDP-Fraktion eingebracht hat, um den Bereich der Zuwendungsempfänger noch ein bisschen zu erweitern, übernehmen. Das finde ich sehr ordentlich, und es ist, glaube ich, auch im Sinne der Sache richtig.

(Beifall bei der FDP)

Warum machen wir das? Unsere Verkehrspolitik beruht eben auch darauf, dass wir sagen: Wir wollen, um den Individualverkehr vor allem im Innenstadtbereich zu senken, die Attraktivität des ÖPNV steigern. Und dieser Antrag, den Sie heute einbringen, ist genau ein Baustein, um die Attraktivität zu erhöhen. Es ist nicht einzusehen, dass eine bestimmte Gruppe von jungen Leuten von den Möglichkeiten, ein günstiges Ticket oder eine günstige Monatskarte zu bekommen, ausgeschlossen wird.

Insbesondere, finde ich, ist es wichtig zu betonen, dass wir damit auch das Handwerk berühren. Es

(Heike Sudmann)

hat ja zwei Aspekte, die dabei zu berücksichtigen sind: Sie wissen, wie schwer es derzeit ist, junge Leute für Handwerksberufe zu begeistern. Sicher spielt dabei auch eine Rolle, was von der Ausbildungsvergütung im Endeffekt übrig bleibt, und wenn der Kostenfaktor Fahren gesenkt wird, ist das sicher auch ein Beitrag, um Handwerk für junge Leute attraktiver zu machen. Das, finde ich, ist ein Beieffekt, und den sollte man nicht unterschätzen.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehört dann eben auch das Bekenntnis, dass Studium und Ausbildung im Beruf gleichwertig sind. Auch das ist ein Faktor, der wichtig ist.

Nun ist die Frühlingsinitiative, die Sie hier als Koalition in den letzten Wochen auf uns niederprasseln lassen, auf der einen Seite sehr gut, auf der anderen Seite muss man aber auch sagen: Es kommt eben alles erst jetzt. Die Erkenntnis, dass man so etwas früher hätte machen können, ist ja sicher auch bei Ihnen vorhanden gewesen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir in wenigen Monaten und dann noch einmal in einem Dreivierteljahr Wahlen haben. Trotzdem ist die Maßnahme insgesamt richtig.

Herr Thering hat es vorhin in seinen Ausführungen gesagt und ich will es auch noch einmal kurz ansprechen: Es ist in der Regel wirklich so, dass Sie Anträge der Opposition höchstens an den Ausschuss verweisen und sie dann versenken. Da sollten Sie im Sinne einer gemeinschaftlichen Arbeit gerade in der Verkehrspolitik noch einmal darüber nachdenken, ob Sie nicht Gutes, das nicht von Ihnen kommt, auch dann als Gutes anerkennen und ihm in dem Augenblick zustimmen, auch wenn es von der Opposition eingebracht wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der Freiwilligendienst, den wir jetzt mit einplanen, ist einfach ein fundamentaler Bestanteil unserer Gesellschaft und dient eben auch dazu, dass junge Leute sich sozial engagieren und die Möglichkeit bekommen, in ganz unterschiedlichen Bereichen Erfahrungen zu sammeln. Diesen Menschen den Zugang zu ermöglichen, ist ein wichtiger Punkt.

Wir sagen also ja zu dem Antrag der Koalition wie auch zu unserem Antrag. Wir freuen uns, dass dieser Antrag von den Koalitionsparteien angenommen wird, und hoffen, dass das nicht nur in diesem Fall, sondern vielleicht auch in dem einen oder anderen Fall noch der Fall ist. Wir freuen uns, dass wir den Menschen diese Möglichkeit ermöglichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was SPD und GRÜNE in ihrem Antrag darstellen, trifft zu. Die Situation der Auszubildenden ist vergleichbar mit der der Studenten, und daher ist es selbstverständlich nötig, für diese Gruppe eine Möglichkeit zu finden, die sie in die Lage versetzt, eine günstigere, preiswertere Möglichkeit zu finden, den ÖPNV zu nutzen. Dafür jetzt einen Prüfantrag zu stellen und das entsprechende Verfahren einzuleiten ist daher folgerichtig.

Deswegen bleibt mir nur noch, ein paar Anmerkungen zu machen. Sie schreiben:

"Die Auszubildenden sind dagegen nicht als Körperschaft öffentlichen Rechts verfasst. Vielmehr müssten für sie unter anderem die Handelsoder Handwerkskammern tätig werden, deren Mitglieder die jeweiligen Ausbildungsbetriebe sind."

Das ist ja eine Aufforderung an diese Institutionen, tätig zu werden. Gut, Sie haben ihnen jetzt die Arbeit abgenommen, Sie haben diesen Antrag gestellt – was, wie gesagt, gut und richtig ist. Aber warum werden Sie eigentlich nicht noch mehr aktiv im Sinne des vorliegenden Antrags? Denn dieser Antrag ist selektiv. Er nimmt eine Teilgruppe und bearbeitet das Thema nicht ganzheitlich. Denn letztendlich gibt es ja mehr als nur die Auszubildenden, die vielleicht gern öfter mit dem ÖPNV fahren würden, aber nicht die Mittel dafür haben. Wir haben Senioren, die knapp über dem Sozialhilfesatz leben, ohne Bedarf für eine Abo-Karte. Denen bringt die Sozialkarte also nichts. Wir haben die alleinerziehende Mutter oder den alleinerziehenden Vater, die auch einmal eine Einzelkarte brauchen, die sie sich – und das zeigen uns Anschreiben, die wir bekommen – nicht leisten können. Das sorgt dafür, dass auch diese Menschen benachteiligt sind im Sinne des Antrags. Klar, jetzt können Sie kommen mit: Wir haben die AGH-Karte, wir haben die Sozialkarte, wir haben die Regelsätze in den Sozialhilfen und damit schaffen wir ja Ausgleiche. Das sind alles punktuelle Ansätze, um ausgleichend zu wirken. Sie sind vom Ansatz her alle gut und richtig, aber immer Insellösungen. So auch dieser Antrag.

Deswegen würden wir es begrüßen, wenn dieser Antrag den Anstoß dazu geben würde, das Thema Fahrpreisgestaltung vielleicht einmal grundsätzlich anzugehen, statt weitere Insellösungen aufzuzeigen. Der Zusatzantrag hat jetzt eine weitere Gruppe entdeckt, die man behandeln könnte. Und auch da kann man nur zustimmen, wie man auch diesem Antrag nur zustimmen kann. Deswegen an dieser Stelle einmal der Vorschlag an den Senat, zu überlegen, ob es nicht ein angemessenes Projekt für die entsprechenden Behörden wäre, das Tarifsystem unter diesem Aspekt noch einmal neu zu bewerten und dabei vielleicht auch den Mut zu

(Ewald Aukes)

haben – ich bin mir bewusst, dass das ein dickes Brett ist –, dieses Brett anzugehen, anzubohren und auch einmal grundsätzlich über die Tarifstruktur nachzudenken.

Die übergeordnete Zielsetzung muss einfach sein, mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV zu bewegen und dabei zeitgleich über attraktive Angebote – wir haben es eben schon einmal gehört – die MIV-Pendlerströme zu verringern. Das wäre eine Win-win-Situation und dafür wäre solch eine attraktive Tarifgestaltung ein Schlüssel.

Zielsetzung muss dabei auch sein, dass den einkommensschwachen Haushalten die Möglichkeit geboten wird, den ÖPNV zu nutzen, ihn also in diesem Sinne bezahlbar zu gestalten. Denn der ÖPNV spielt eine nicht unwichtige Rolle bei der sozialen Teilhabe dieser Bevölkerungsgruppen, die über ein nicht so hohes Haushaltseinkommen verfügt – und das ist noch dezent ausgedrückt, nicht so hohes Haushaltseinkommen.

Wir werden diesem Antrag, wie gesagt, zustimmen. Wir werden auch dem Zusatzantrag zustimmen, auch wenn er nicht ganzheitlich ist. Aber er ist der Spatz in der Hand, der bekanntlich besser ist als nichts.

Dann noch ein Wort zu Herrn Bill: Ja, wir haben hier erfreulicherweise einen Konsens darüber, dass der ÖPNV zu fördern ist. Und, ja, der Senat tut anerkennenderweise auch viele Sachen in diese Richtung: Anschaffung neuer Züge, Planung neuer Strecken. Aber der entscheidende Punkt ist, dass das Motto der Stadt dann eigentlich ein falsches ist in Anbetracht der Rolle, die der ÖPNV heute spielt und für die Lösung der Verkehrsprobleme, aber auch für die Luftreinhaltung spielen kann und muss, nämlich das Motto "Hamburg wird Fahrradstadt". Das ist dann nämlich falsch. Das richtige Motto wäre, wie wir es auch fordern, "Hamburg muss ÖPNV-Stadt werden". Das wäre das richtige Motto. Denn daraus leiten sich auch Prioritäten und Zielsetzungen ab. Das ist ein Punkt, über den ich Sie bitte, noch einmal nachzudenken, ob Sie das nicht verfolgen wollen.

Wenn diese Maßnahme, wie wir hoffen, Erfolg hat, dann werden die Züge noch voller werden, als sie es schon sind. Die jetzt geplanten Maßnahmen wie die U5 werden uns dann nicht retten,

(Glocke)

denn die stehen erst in Jahrzehnten zur Verfügung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senator Westhagemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ehlebracht,

leistungsfähig, da bin ich immer gern dabei. Vielleicht haben wir das leistungsfähigste Mobilitätskonzept, das man bundesweit, vielleicht europaweit sehen kann. Denn wir dürfen nicht verkennen, dass wir heute schon ein leistungsfähiges Mobilitätskonzept haben. Darin schließt sich natürlich der öffentliche Nahverkehr mit ein und wir werden ihn ja auch kontinuierlich ausbauen, aber das vor dem Hintergrund, dass wir auch die notwendigen Investitionen dafür brauchen. Und deswegen gibt es natürlich immer eine Diskussion über die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr. An einer Stelle bin ich da sehr offen, nämlich bei den Auszubildenden. Da ich selbst einmal Auszubildender war und seinerzeit mit dem Fahrrad zu meiner Betriebsstätte gefahren bin – weil ich leider keinen öffentlichen Nahverkehr in der Nähe hatte, war ich dann länger mit dem Fahrrad unterwegs –, kann ich mir wirklich gut vorstellen, dass wir dieses Angebot für Auszubildende überdenken sollten, wie wir sie da unterstützen können.

Ein Weiteres: Als Wirtschaftssenator muss ich sagen, wenn man sich heute mit den Unternehmen, mit den Kammern unterhält, dann laufen wir auf ein Riesenproblem hin, auch künftig genügend Fachkräfte in Hamburg zu sichern. Ich glaube, desto früher sollten wir anfangen, die Auszubildenden an den ÖPNV heranzuführen und das auch attraktiv zu gestalten. Das bindet dann am Ende des Tages auch unsere Wirtschaftskraft nicht nur mit den jetzigen Auszubildenden, sondern dann auch mit den Fachkräften.