Protocol of the Session on December 13, 2018

Punkt eins: Am Dienstag ist hier die CDU – das betrifft gar nicht uns – wieder dafür kritisiert worden, dass das Prinzip "Hafen finanziert Hafen" gescheitert sei. Ich kann nur sagen: Sie haben das Prinzip 2011 übernommen und dann erst einmal ein paar Jahre was getan? Gar nichts. Sie haben es einfach so weitergeführt. Ihr SPD-Senat hat dem Hafen kein weiteres Geld zur Verfügung gestellt.

(David Erkalp CDU: Das haben die verges- sen!)

Es ist keine zusätzliche Finanzierung gekommen. Erst als die HHLA-Milliarde komplett ausgelaufen ist, ist Ihnen aufgefallen, dass Sie aus dem Haushalt vielleicht einmal etwas tun müssten. Das ist in den letzten Doppelhaushaltsberatungen gewesen. Wenn Sie hier also die Union angreifen und sie dafür kritisieren, dass das Prinzip "Hafen finanziert Hafen" gescheitert sei, dann kann ich nur feststellen: Sie sind mit Ihrer Hafenfinanzierung Jahre zu spät gekommen, und das Ergebnis ist, dass wir einen riesigen Mangel bei der allgemeinen Infrastruktur der HPA erst einmal aufholen müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schauen Sie doch einmal in den Haushalt der HPA. Es sind immer weniger Projekte ausfinanziert, obwohl Sie der HPA immer mehr Geld zur Verfügung stellen. Das sollte Sie umtreiben. Mehr Geld rein, weniger Output raus. Das ist das Gegenteil von dem, was wir hier eigentlich haben wollten, als wir die Doppik beschlossen haben. Es ging darum, die Effizienz der öffentlichen Institutionen zu stärken, und nicht darum, Kohle reinzuschieben und hinten immer weniger herauszubekommen.

Deswegen machen wir Ihnen hier auch konkrete Vorschläge, wie es denn besser gelingen kann, wie man vor allem auch in Zeiten immer noch knapper Gelder für die Infrastruktur mehr Output generieren kann. Und da habe ich nichts von Ihnen gehört, Herr Schmidt, Herr Lorenzen. Nehmen Sie doch einmal unseren Vorschlag auf. Trauen Sie sich doch einmal eine Strukturreform bei der HPA zu. Nehmen Sie doch einmal den Verkehrsteil der HPA und docken Sie ihn an den Teil der Verkehrsbehörde an. Es gibt doch überhaupt keinen Grund, warum es in dieser Stadt zwei Institutionen geben muss, die beide Straßenbauplanung machen. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, außer dass Sie da offensichtlich nicht ran wollen. Also seien Sie einmal mutig und reformieren Sie die HPA, klatschen Sie es an die Verkehrsbehörde mit dran,

dann haben Sie auch Straßenplanung aus einem Guss. Dann haben wir da auch keine Ampeln, von denen die nichts wissen, oder eine Koordinierung von Baustellen, die überhaupt nicht funktioniert. Seien Sie doch einmal mutig, gehen Sie mit uns diesen Weg mit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Und dann: Machen Sie mehr als Sonntagsreden wie der Kollege Tjarks kürzlich in der "Welt". Tun Sie doch einmal etwas dafür, dass der Hafen nicht nur rückläufig ist in den Umschlagszahlen und der Wertschöpfung, sondern sich wieder weiter entwickelt. Herr Lorenzen, wenn Sie sagen, wir würden Ihre Politik unterstützen, okay. Gehört es zu Ihrer Politik, endlich weitere Industrieunternehmen anzusiedeln? Wenn ja, dann unterstützen wir Ihre Politik selbstverständlich sehr gern. Herr Westhagemann, ich habe es Ihnen schon vorab gesagt: Es ist unsere Erwartungshaltung, dass Steinwerder-Süd sich jetzt nicht wie ein Kaugummi weiter zieht und weiter zieht, sondern dass Sie die Ausschreibung endlich auf den Weg bringen, dass Sie die Planfeststellung für die Fläche hinbekommen und dass Sie da dann einen zukunftsfähige Ansiedlung vornehmen. Genau das ist jetzt nämlich Ihr Job.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Lorenzen, wenn Sie dann sagen, Sie würden sich überlegen, was Sie bei der Westerweiterung machen, also das ist wirklich lächerlich. Es war jemand aus Ihrer Behörde, aus der BUE, der sein Fachwissen aus der Planung für die Westerweiterung genommen hat, um hintenrum eine Klage gegen dieses Projekt anzuschieben. Er hat sein Detailwissen als hamburgischer Beamter missbraucht,

(Ewald Aukes FDP: Hört, hört!)

um ein Projekt, das die Stadt plant, lahmzulegen. Genau eine solche Planung ist exemplarisch dafür, was in dieser Stadt, insbesondere in der grün geführten Umweltbehörde, falsch läuft. Sie behindern die Hafenentwicklung, anstatt sie nach vorn zu bringen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – David Erkalp CDU: Doppelmandat!)

Dann das Thema Digitalisierung; da wird es dann richtig ulkig.

(Carsten Ovens CDU: Traurig, nicht ulkig!)

Da erzählt uns Ihr Fraktionsvorsitzender von den GRÜNEN dann allen Ernstes, dass der Hafen mehr Beratung und mehr Digitalisierung brauche. Das Gegenteil ist der Fall. Der Hamburger Hafen ist führend in vielen Bereichen, nehmen Sie die Imund Exportplattform von DAKOSY. Lassen Sie uns die lieber einmal exportieren. Das wird gerade am

Frankfurter Flughafen eingeführt. Wir brauchen einen Senat, der sich hinter den Hafen stellt und den Hafen stark macht, und nicht einen, der ihn nur schlechtredet aus der Regierung heraus.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

In der Tat – Sie haben vollkommen recht –, der Tourismus in dieser Stadt entwickelt sich gut. Was sich nicht gut entwickelt, ist die einzige Organisation innerhalb des Senats, die sich mit Tourismus auseinandersetzt. Das muss man erst einmal schaffen, in Zeiten zweistellig wachsender Touristenzahlen trotzdem im Bereich der Hamburg Tourismus einen Umsatzrückgang zu produzieren. Diese Organisation ist in ihrer jetzigen Form nicht richtig für die Zukunft aufgestellt und deswegen erwarten wir von Ihnen, dass Sie unseren Antrag wenigstens einmal prüfen. Denn diese Organisation wird nicht in die Zukunft gehen, indem sie weiterhin ein großes Callcenter betreibt, bei dem leider keiner mehr anruft, weil die Touristen ihre Reisen nach Hamburg mittlerweile über das Internet buchen. Deswegen: Gehen Sie mit uns den Weg mit, genau diese Institution in die digitale Zukunft zu führen, dann haben Sie natürlich auch unsere Unterstützung.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Nicht zuletzt möchte ich hier doch auch ein paar Worte zu dem verlieren, was Herr Lorenzen eben dargeboten hat, weil wir uns schon auch einige Gedanken darum machen, dass ein wichtiger Ansprechpartner hier in der Stadt, nämlich die Handelskammer, mittlerweile als Stimme der wirtschaftlichen Vernunft vollkommen ausgefallen und offensichtlich nur noch mit sich selbst beschäftigt ist. Wir wünschen uns eine starke Kammer und wir möchten sehr an die Beteiligten appellieren, die Konfliktlagen dort endlich beizulegen und daran zu arbeiten, dass die Handelskammer wieder genau das ist, was sie einstmals war, nämlich eine Interessenvertretung für die ganze Wirtschaft. Wir brauchen diese Kammer, wir brauchen eine starke Kammer und nicht solch ulkigen Sonntagsreden wie die von Herrn Lorenzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als nächster Redner spricht zu uns Herr Lorkowski für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich könnten wir alle hier in Hamburg zufrieden sein. Die Konjunktur brummt, die Steuereinnahmen sprudeln, der Arbeitsmarkt scheint leer gefegt. Zwar liegt die Arbeitslosenquote in Hamburg mit 6 Prozent im November 2018 noch immer über dem Bundesdurchschnitt, allerdings fiel der Rückgang dieser

Quote gegenüber dem Vorjahr dieses Mal sogar deutlicher aus als beim Bundesdurchschnitt. Leider aber werden durch die konjunkturelle Überhitzung auch die Kehrseiten des Booms überdeutlich. Der Fachkräftemangel blockiert Hamburgs Wirtschaft und die starke Zuwanderung aus dem Ausland hat das Problem in keiner Weise lösen können.

Kein Ende in Sicht auch bei den Verkehrsstaus in und rund um Hamburg. Der öffentliche Nahverkehr ist durch Pendler hoffnungslos überlastet, Zugausfälle und Verspätungen sind an der Tagesordnung, der Hauptbahnhof befindet sich seit Jahren am Kapazitätslimit und der Hafen, einst Jobmotor und Aushängeschild der Hansestadt, kämpft mit einer ganzen Palette hausgemachter Probleme und fällt gegenüber den Konkurrenzhäfen, etwa Rotterdam oder Antwerpen, mit zunehmender Fallgeschwindigkeit immer weiter zurück. Was die Elbvertiefung angeht, scheinen zwischenzeitlich zwar die rechtlichen Hürden weitgehend abgebaut, aber bis wann das Projekt tatsächlich umgesetzt sein wird, steht noch immer in den Sternen. Zu den Hafenproblemen später noch mehr.

Weiterhin gilt es zu bedenken, dass über den Hafen hinaus zahlreiche Hamburger Branchen nicht am Wirtschaftsboom teilhaben. So verliert zum Beispiel der Einzelhandel kräftig Marktanteile an das Onlineshopping. Fehlende Hamburger Flugdirektverbindungen nach Übersee führen zu Abwanderung von Kreuzfahrtreedereien, deren Passagiere sich eine komfortable An- und Abreise wünschen und nicht erst noch quer durch die Republik zu geeigneten Flughäfen weiterreisen möchten.

Neben der Elbvertiefung, dem Ersatz der Köhlbrandbrücke und der Kostenexplosion beim Schlickbaggern im Hafen gehören vor allem Gefahren, die aus der Weltwirtschaft auf Hamburg zukommen, … Zwar ist Hamburgs Wirtschaft von der durch den US-Präsidenten Trump aufgebauten protektionistischen Drohkulisse bislang noch nicht ernsthaft betroffen gewesen, wirklich ernst könnte es allerdings bald werden, wenn die Briten, so wie es aussieht, im kommenden März ungeregelt mit einem harten Brexit aus der EU austreten werden. Hamburg als Seehafen dürfte dann überproportional in Mitleidenschaft gezogen werden, denn der Zoll ist schon jetzt hoffnungslos überlastet. Die Situation wird sich dann noch weiter verschärfen, denn immerhin sind die Briten für Deutschlands Exportwirtschaft der viertgrößte und für Hamburg der fünftgrößte Handelspartner. Auch bei den Importen zählt Großbritannien zu den wichtigsten Partnerländern.

Dass der Austritt der Briten aus der Europäischen Union jetzt derartig dramatische Züge angenommen hat, liegt nicht zuletzt in der Verantwortung der Bundesregierung und der Kanzlerin Merkel. Mit der von den führenden Staaten der EU demonstrierten

(Michael Kruse)

(Farid Müller GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! Wissen Sie, was in Großbritannien los ist?)

kompromisslosen Haltung gegenüber Großbritannien wollte die EU wohl ein Exempel statuieren, sozusagen als Strafe für den Tabubruch,

(Dennis Thering CDU: Hätten Sie vorher mal durchgelesen, was man Ihnen aufgeschrie- ben hat!)

den sich die Briten mit ihrem als dreist empfundenen Austritt aus der EU erlaubt haben. Merkel marschiert bei der Racheallianz offenkundig ganz vorne weg.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wer hat Ihnen das alles aufgeschrieben?)

Und Hamburgs Exbürgermeister Scholz, jetzt unter Merkel Finanzminister, übt sich ganz in Kabinettsdisziplin.

(Zuruf: Sie brauchen einen neuen Reden- schreiber!)

Die gravierenden Folgen eines ungeordneten Brexit tragen nicht nur die Briten, sondern auch die EU-Länder mit. Die Verantwortung dafür liegt in Berlin. Um von dem vom Welthandel so abhängigen Hamburg Schaden abzuwenden, sollte sich der Senat gegebenenfalls über Olaf Scholz in Berlin dafür einsetzen, dass ein auch für die britische Seite akzeptables Vertragswerk ausgehandelt werden kann und ungeordnete Verwerfungen, die auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetragen werden, vermieden werden.

(Ekkehard Wysocki SPD: Ein Horizont bis zur Bettkante! )

Der Austrittswunsch der Briten ist zu respektieren, auch wenn wir uns alle gewünscht hätten, dass sie bleiben.

Frau Merkel hat in ihrer Rolle als Supereuropäerin gerade eben die britische Premierministerin Theresa May kalt abblitzen lassen,

(Ksenija Bekeris SPD: Zu welchem Haus- haltstitel ist das?)

statt endlich auf eine konstruktive Gestaltung der unvermeidlichen Trennung hinzuarbeiten; Gesinnungspolitik statt rationalen Handelns. Es bleibt nicht viel Zeit.

Der neue Hamburger Wirtschaftssenator muss aber noch auf zahlreichen weiteren Feldern Antworten liefern. Mit Genugtuung hat die AfD-Fraktion zur Kenntnis genommen, dass sich Westhagemann, wie die Presse berichtete, jüngst intensiv mit den immer noch vorhandenen Stärken des Hafens auseinandersetzt. Dies betrifft in erster Linie die Hinterlandanbindung. Hier ist Hamburg seinen Konkurrenten weit voraus. Ohne diesen Standortvorteil würden die Positionsverluste Hamburgs im

Wettbewerb der Seehäfen noch viel deutlicher ausfallen. Immerhin werden von Hamburg aus mehr als 2,4 Millionen Standardcontainer allein über die Schiene ins Hinterland transportiert. Das sind fast so viele Container, wie von Rotterdam, Antwerpen und Bremen aus zusammen auf dem Schienenweg verschickt werden. Um dieses beeindruckende Ergebnis zu erreichen, ist nicht nur eine umfassende Schieneninfrastruktur, sondern auch eine ausgeklügelte Verladetechnik mit zum Teil vollautomatischen Detektoren notwendig.

Eine weitere schon lange schwelende, aber bislang ungelöste Baustelle hat der neue Wirtschaftssenator Westhagemann von seinem Vorgänger Horch übernommen. Aufgrund absurder föderaler Zuständigkeiten ist es in Deutschland bislang noch immer nicht gelungen, den Importeuren bei der Einfuhrsteuer dieselben Erleichterungen einzuräumen, wie sie niederländische oder belgische Finanzbehörden bei Einfuhren über die dortigen Seehäfen schon lange gewähren. Und dies, obgleich EU-Recht eine Anpassung an die vereinfachten Regelungen der Nachbarländer problemlos ermöglicht. Das heißt, faktisch brauchen Importeure bei Anlieferung an den belgischen oder niederländischen Seehäfen keine Einfuhrsteuer auf eingeführte Waren zahlen, denn diese gezahlte Steuer dürfen die Importeure ohnehin später in ihren Umsatzsteuererklärungen als Vorsteuer voll mit der beim Verkauf der Waren eingenommenen Mehrwertsteuer verrechnen.

(Dennis Thering CDU: Kürzer wär's besser gewesen!)

Das heißt, es gilt das sogenannte Verrechnungsmodell.

Diese Problematik nahm die AfD-Fraktion vor rund einem Jahr – Drucksache 21/10230 – zum Anlass, den Senat, damals noch unter Olaf Scholz, aufzufordern, sich über den Bundesrat und bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass endlich auch das in den EU-Nachbarländern gültige Verrechnungsmodell in Deutschland eingeführt wird. Damals wurde hier in der Bürgerschaft von Sprechern aus den Reihen der Regierungskoalition und auch der CDU frech und wider besseren Wissens behauptet, dass eine seit 2015 tagende Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein Ergebnis vorgelegt habe, es sei also alles schon passiert. Tatsache ist jedoch, dass dieses angebliche Ergebnis nichts anderes war als ein Protokoll des Stillstands und der ungelösten Widersprüche. Nichts ist seitdem geschehen. Die AfD-Fraktion hat kürzlich erst in einer SKA dazu nachgehakt. Zumindest diesmal hat der Senat in seiner Antwort eingeräumt, dass das Problem als solches bestehe. Der Senat erklärt zudem im Ton der Harmlosigkeit, dass ihm Widerstände beim Bund oder den übrigen Ländern nicht bekannt seien, und weiter – Zitat –

"[…] der notwendige Entscheidungsprozess in den meisten Ländern noch nicht abgeschlossen zu sein"