Protocol of the Session on December 12, 2018

Vielen Dank, Herr Gögge. – Herr Hackbusch, Sie haben jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Wir haben den Kulturausschuss, da ist immer schon eine besondere Debatte und natürlich auch eine sehr vielfältige Debatte. Ich will jetzt nicht alles wiederholen, was schon einmal diskutiert worden ist in den kleinen Räumen, sondern ich versuche mich auf bestimmte Sachen zu konzentrieren.

Das Erste, was ich feststelle – und da will ich auch durchaus anfangen mit einem Lob an Rot-Grün –, ist, dass wir hier vor zwei Jahren und vor vier Jahren kräftig kritisiert haben, dass es wichtig ist, bestimmte Sachen zu verändern. Wir haben dort vor allen Dingen genannt die freie Kultur, wir haben dort auch genannt die verschiedenen sonstigen Strukturen, auch im Zusammenhang mit Museen. Davon haben Sie immerhin einen Teil erfüllt, da möchte ich durchaus sagen, das finde ich sehr positiv. Aber man muss sagen, dass Sie immer hinter den Erfordernissen, die eigentlich notwendig sind, hinterherlaufen, und das ist natürlich ein größeres Problem. Ich will versuchen, Ihnen das an verschiedenen Stellen einmal deutlich zu machen.

Wir haben gemeinsam einen Wahlkampf geführt vor acht Jahren,

(Jan Quast SPD: Gemeinsam?)

als die CDU und die GRÜNEN hier noch regiert haben, im Zusammenhang mit der Frage der Unterfinanzierung der Museen. Wir haben festgestellt, dass die Museen völlig unterfinanziert sind und dass dieser Zustand auch in den letzten acht Jahren der Zustand war. Wenn Herr Gögge sich nun hier hinstellt und sagt, er werde jetzt einmal die Museen auf Vordermann bringen, so finde ich das schon einmal die erste Unverschämtheit angesichts dieser Situation, die es dort in der Finanzierung gab und gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stellen fest, dass die Museen in keinem guten Zustand sind. Hören Sie sich doch einmal genau von den scheidenden Direktorinnen und Direktoren an, was die zu erzählen haben. Frau Schulze sagt, dass sie die Hälfte ihrer Zeit damit aufzuwenden hatte, um irgendwelche Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen, statt Energie in das Haus zu investieren. Wir haben die Situation, dass die Kunsthalle verwaist ist, weil derjenige keine Lust mehr hat, diese Auseinandersetzung zu führen. Auch der Weggang von Herrn Notz ist im Zusammenhang mit diesen Situationen zu sehen. Das heißt, Sie hinterlassen in den Museen eine schlechte Situation, und dementsprechend ist da eine typische Situation, dass Sie zu spät gekommen sind mit Ihren Veränderungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite betrifft natürlich die Frage des Denkmalschutzes. Es ist schon unverfroren, dass Sie sich in einer Situation, in der über den Denkmalschutz so intensiv diskutiert wird, weigern, diese Frage im Kulturausschuss zu diskutieren, wo wir da doch den obersten Denkmalschützer haben, um das dort zu besprechen. Dann diskutieren Sie das auch nicht im Stadtausschuss und verlieren hier kein Wort darüber, wo doch eine der wichtigsten Denkmalschutzfragen in dieser Stadt gegenwärtig verletzt wird. Das gehört sich nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Ebenso ist die Situation im Zusammenhang mit dem Stadthaus. Die zusätzliche Stelle ist ja schön und gut, aber sie hilft natürlich nicht in einer Situation, wo wir für einen Lern- und Gedenkort in einer Senatsdrucksache 750 Quadratmeter versprochen bekommen haben in dieser Stadt und wir jetzt sehen, dass 50 bis 70 Quadratmeter davon übriggeblieben sind. Das ist nicht würdig.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das ändern auch Ihre Situation und Ihre Kürzungen nicht.

Aber ich will die letzte Zeit zu einem anderen Thema verwenden. Ich bin gestern sehr genau der Generaldebatte gefolgt und habe dort festgestellt, dass Herr Wolf von der AfD ein einziges Beispiel für Kürzungen gebracht hat, wo er gesagt hat, der Haushalt müsse viel kürzer und viel kleiner werden. Er hat das Thema Interkultur angesprochen, und wir haben heute die Situation, dass die AfD fordert, Interkultur solle insgesamt gestrichen werden in dieser Stadt.

(Zuruf von Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Ich stelle fest, dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass viele Menschen in dieser Stadt ängstlich davor sind, dass neue Menschen hierherkommen, andere Kulturen hierherkommen. Das bedeutet auch eine Anstrengung für die Gesellschaft. Aber Sie wollen diese Anstrengung nicht mit unter

(René Gögge)

stützen, Sie wollen nicht die Situation verbessern, sondern Sie wollen die Situation verschärfen. Sie wollen, dass die Widersprüche schärfer werden, Sie wollen keine Lösung, und das finde ich unredlich und unmöglich in diesem Haus.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich will Ihnen auch ein Zweites sagen. Dieser Antrag zeigt deutlich, Sie wollen Ihren Rassismus nicht nur den neuen Flüchtlingen entgegenbringen, die hierherkommen, sondern allen gegenüber, die in den letzten Jahrzehnten hierhergekommen sind. Auch das ist unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜ- NEN und bei Ewald Aukes FDP)

Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Herr Meyer, Sie haben jetzt für die FDP-Fraktion das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Hamburgerinnen und Hamburger haben wir das Glück, in einer kulturell sehr reichen Stadt zu leben, und damit meine ich nicht nur die Aushängeschilder Elbphilharmonie oder das Schauspielhaus, sondern ich meine besonders die Orte, an denen Kultur ihre Wurzeln hat, an denen sehr ungeplant kulturelle Werte durch das Aufeinandertreffen von Menschen entstehen. Stadtteilkultur schafft diese Räume, in denen sich Menschen aller Altersgruppen und sozialer Hintergründe begegnen. In Zeiten notwendiger Integration und Teilhabe vieler verschiedener Menschen kann man den Beitrag der Stadtteilkultur daher gar nicht stark genug hervorheben. Der Kollege Hackbusch hat das glücklicherweise eben auch schon getan, denn Stadtteilkultur ist ein Stück gelebter gesellschaftlicher Zusammenhalt, Herr Wolf.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Damit die Stadtteilkulturzentren ihre wertvolle Funktion aber erfüllen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Der aktuell vorgesehene jährliche Aufwuchs von 1,5 Prozent bei der Finanzierung reicht da bei Weitem nicht aus und lässt den Stadtteilkulturzentren eben nicht den nötigen Raum zur Entwicklung. Wir schlagen daher eine realistischere und dennoch moderate Erhöhung bei der Finanzierung der Stadtteilkultur vor.

(Beifall bei der FDP)

Angesichts der wertvollen Arbeit der Stadtteilkulturzentren und der überschaubaren haushalterischen Auswirkungen sollte es der Regierungskoalition eigentlich ein Leichtes sein, unserem Vorschlag zu folgen. Es ist allerdings auch klar, dass es mit Geld allein nicht gemacht ist, wir brauchen auch struk

turelle Verbesserungen. Aus unserer Sicht bestehen Handlungsbedarfe in zwei Themengebieten, nämlich der Digitalisierung und der Vernetzung.

Zunächst zur Digitalisierung. Wie in allen anderen Lebensbereichen ist die Digitalisierung auch bei der Stadtteilkultur keine Frage des Ob, sondern eine Frage des Wann und des Wie. Kultur muss mit der Zeit gehen, wenn sie die Menschen erreichen will.

Heute trägt fast jeder Mensch ein Smartphone in der Tasche, mit dem viele kulturelle Anwendungen möglich sind. Von Kulturinformationen über VideoWorkshops bis hin zu spielerischen Sprach- und Kulturangeboten ist vieles denkbar. Die Chancen der Digitalisierung bestehen in der Stadtteilkultur daher nicht nur aus einem Effizienzgewinn, sondern besonders auch in einer größeren und attraktiveren Angebotsvielfalt. Digital interaktive Kulturangebote können aber erst aufgebaut werden, wenn die nötige technische Infrastruktur dafür auch vorhanden ist. Leider wissen wir aber gar nicht, auf welchem Stand sich die Digitalisierung der Stadtteilkultur tatsächlich befindet. Deshalb können wir mit einer entsprechenden Kennzahl Licht ins Dunkel bringen und die Zusammenarbeit mit und unter den Einrichtungen dadurch verbessern.

(Beifall bei der FDP)

Digitalisierung und Zusammenarbeit sind dann auch gleich Stichworte für das zweite Thema, Vernetzung. Stadtteilkultur, und das steckt doch schon im Namen, ist Kultur direkt vor Ort. Das heißt aber nicht, dass Sie die Stadtteilkultur örtlich isoliert betrachten. Bei aller Individualität und Identifikation im Stadtteil kommt es auch auf gute Vernetzung und Kooperationsmöglichkeiten an. Das betrifft die Kulturprogramme ebenso wie die Zusammenarbeit mit der Verwaltung oder anderen Organisationen.

In der Kultur ist das Geld immer knapp und jeder Euro wertvoll. Deshalb müssen wir alles daransetzen, unnötige Mehraufwendungen oder Parallelstrukturen zu verhindern und Synergien sinnvoll zu nutzen. Lassen wir den Kultureinrichtungen den Raum für Freiheit, Kreativität und Kunst, und sichern wir diesen mit einem auskömmlich finanzierten Rahmen.

(Beifall bei der FDP)

Das trifft für die Stadtteilkultur ebenso zu wie für die großen Häuser oder Organisationen, die in Hamburg Kultur schaffen und fördern. Hier möchte ich den Landesmusikrat nur als ein Beispiel nennen, der für junge wie ältere Menschen eine wertvolle Unterstützung leistet und einer auskömmlichen und zeitgemäßen Ausfinanzierung bedarf. Erhalten wir Hamburgs Kulturszene bunt, kreativ und lebendig, denn wir profitieren alle davon. – Vielen Dank.

(Norbert Hackbusch)

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Herr Dr. Wolf, Sie haben jetzt für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Ich spreche hier und heute von Leitkultur, auch und gerade, nachdem Friedrich Merz nicht zum CDU-Vorsitzenden gewählt wurde,

(Dr. Monika Schaal SPD: Dann können Sie ihn ja adoptieren!)

den man historisch aus Zeiten einer früher einmal konservativen CDU noch mit dem Begriff verbindet. – Zitat:

"Ist die Sehnsucht nach einer Leitkultur angesichts einer weitaus vielfältigeren Zusammensetzung unserer Gesellschaft wirklich nur ein konservatives Propagandainstrument? Oder verbirgt sich dahinter auch in unserer Wählerschaft der Wunsch nach Orientierung in einer scheinbar immer unverbindlicheren Welt der Postmoderne?"

Zitatende.

So fragte im Dezember vergangenen Jahres der damalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der sich offenbar sehr vorurteilsfrei mit dem Begriff auseinandersetzte.

(Dirk Nockemann AfD: Hört, hört, so etwas gibt es auch noch!)

Leitkultur, in linken Kreisen immer noch ein Fremdwort, ist dabei der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration. Denn nur ein Land, das klar und selbstbewusst definiert, was seine Kultur, seine Sprache, seine Werte und seine Mentalität ausmacht, kann erwarten, dass Migranten sich an diesem Leitbild bei der Eingliederung in die Gesellschaft orientieren. Leitkultur und gelingende Integration hängen eben unmittelbar miteinander zusammen.

(Beifall bei der AfD – René Gögge GRÜNE: Ist schon eine Haushaltsdebatte hier!)

Friedrich Merz prägte den Begriff zu Beginn der 2000er-Jahre, Thomas de Maizière legte vor einem Jahr einen Zehnpunkteplan zur deutschen Leitkultur vor, und selbst Boris Palmer von den GRÜNEN gab in einem Interview kürzlich bekannt, dass er den Begriff früher für Unsinn gehalten habe, das inzwischen jedoch anders sehe.

(Zuruf von René Gögge GRÜNE)

Dass Sie das nicht verstehen, Herr Gögge, ist klar.