Protocol of the Session on December 12, 2018

(Martin Dolzer)

es vielleicht schwer fällt, weil es jetzt einige Zeit her ist, noch einmal direkt an eine Sache anknüpfen, die Herr Dolzer eben gesagt hat. Das ist nicht die Sache, wegen der wir eben den Ältestenrat …

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Und zwar möchte ich, bevor ich in die Rede einsteige, gern noch einmal darüber sprechen, was Herr Dolzer eben als sinnstiftend bezeichnet hat. Da, finde ich, offenbart sich ein zentraler Unterschied der LINKEN zu den anderen Fraktionen dieses Hauses, die sich für eine freie Forschung einsetzen. Sie haben gesagt, eine Sinnstiftung wäre es, wenn die Hochschule nicht die Cluster macht, die sie jetzt macht, sondern es bestimmte Cluster zu bestimmten anderen Themen geben würde, und die müssten dann auch von der Stadt finanziert werden. Das heißt, Sie wollen also den Hochschulen eine konkrete, harte Vorgabe machen, in welchen Bereichen wir exzellente Forschung machen dürfen und in welchen nicht, und haben damit auch gesagt, dass die Schwerpunkte, die die Universität sich selbst gegeben hat und mit denen sie es geschafft hat, vier Exzellenzcluster einzusammeln, nach Ihrer Meinung nicht die richtigen gewesen sind. Das finden wir falsch. Wir wollen nicht politisch steuern, wo die Hochschule hingeht, sondern das macht die Hochschule aus sich heraus. Das ist eine autarke Wissenschaft. Für die setzen wir uns ein – im Gegensatz zu Ihnen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Wissenschaft sprechen, sprechen wir eigentlich über viele verschiedene Dinge. Wir sprechen zum einen über Chancen und Möglichkeiten ganz individueller Menschen, denn Wissen und die Fähigkeit, es auch praktisch anzuwenden, sind elementarer Bestandteil des Aufstiegsversprechens und die harte Währung der Zukunft. Wenn wir über Wissenschaft sprechen, sprechen wir aber auch darüber, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickeln wird. Unsere Institute, Hochschulen und Universitäten sind entscheidender Impulsgeber für die künftige Entwicklung unserer Stadt.

Wir sprechen aber auch über Standortpolitik, und zwar in zwei Richtungen: zum einen, was die Politik für den Wissenschaftsstandort tun kann – außer konkrete Forschungsvorhaben vorzugeben –, und zum anderen, wie Wissenschaft und Forschung zur Innovationskraft und Strahlkraft Hamburgs beitragen können. Das Studierendenwerk hat in seiner letzten Erhebung leider festgestellt, dass es in den meisten Fällen in Hamburg immer noch umgekehrt ist. Die meisten Studierenden kommen aufgrund der Attraktivität Hamburgs zu uns und nicht wegen des guten Rufs der Hochschulen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Umso wichtiger ist es, dass wir in Hamburg ein gutes Umfeld für Wissenschaft, Forschung und Lehre

aufbauen. Diejenigen, die zu uns kommen in diesen Bereichen, sollen sich für Hamburg entscheiden wegen unserer Universität, weil sie hier höchste Qualität in Forschung und Lehre vorfinden, exzellente Forschungs- und Rahmenbedingungen in allen Bereichen des Hochschullebens. Wir sind allerdings davon momentan ein gutes Stück entfernt.

Die Haushaltsberatungen sind daher die richtige Gelegenheit, noch einmal in die Zukunft zu schauen und zu sehen, was wir bei den Senatsplänen für die kommenden zwei Jahre erwarten können. Und diese Debatten, wer hier wann welchen Senat geführt hat und wer wann wie … Das geht aber an alle. Das hat sich wirklich von gestern bis heute durch alle Debatten gezogen. Es wird langsam langweilig. Gerade wenn wir über den Haushalt sprechen und wenn wir über die Zukunft sprechen, sollten wir es wirklich langsam einmal lassen, zu schauen, wer wann was gemacht hat. Wir sollten nach vorn gucken – das ist die Richtung, in die wir müssen – und wie wir es schaffen können, Hamburg gut in die Zukunft zu bringen. Gerade wenn wir über ein Zukunftsthema wie die Wissenschaft sprechen.

(Beifall bei der FDP und bei Peter Lorkowski AfD)

Zunächst einmal das Gute: Der Senat ist erfolgreich damit, Bundesmittel einzuwerben und neue Institute zu gründen; es wurde schon gesagt. Beides ist gut für unseren Standort und dafür haben Sie voll unsere Anerkennung. Sie müssen aber auch diese Bundesmittel durch Landesmittel flankieren und Stück für Stück die Unterfinanzierung der Hochschulen beenden, sich davon befreien. Stattdessen wächst der bundesmittelfinanzierte Anteil Jahr für Jahr, meine Damen und Herren. Das ist alles andere als nachhaltig. Und die 100 Millionen Euro, Herr Dr. Tode, die Sie gerade angesprochen haben: Sie haben hinterher selbst noch gesagt, 65 Millionen Euro gingen an das UKE. Ein hoher Betrag geht ehrlich gesagt auch in die Pensionsrückstellungen, davon haben die Universitäten und die Forschung auch nicht direkt etwas. Und der große Rest, der dann noch übrig ist, geht in Ihre neue supertolle Globalposition, die hochschulübergreifenden Angelegenheiten, wo Sie heute noch niemandem sagen können, was Sie damit machen. Also hier von konkreten Verbesserungen der Wissenschaft zu sprechen, nur weil auf dem Papier 100 Millionen Euro mehr da sind, das ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Damit werden Sie auch der Debatte nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir über nachhaltiges Wachstum sprechen wollen in diesen Fragen, dann kommen wir auch zur TU Hamburg. Es ist gut, dass der Senat sich hier auf den Weg gemacht und einen klaren Wachstumskurs ausgegeben hat. Gar nicht gut wiederum ist es dann allerdings, dass offensicht

lich – Herr Ovens hat es auch schon angesprochen – unter den Beteiligten auf der Regierungsbank noch große Differenzen darüber herrschen, wo eigentlich die Reise hingehen soll. Wir hatten eine Zielgröße von bis zu 15 000 Studierenden, mittelfristig wurde ja alles Mögliche aufgerufen. Es muss doch aber um qualitatives Wachstum an dieser Stelle gehen und nicht nur darum, unsere Universitäten einfach immer größer zu machen. Das ist nicht die Richtung, in die wir gehen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Gerade nicht, wenn wir Ihre Ziele aufnehmen wollen – die wir im Grunde unterstützen –, dass sich die Hamburger Hochschullandschaft mit den deutschen Spitzenuniversitäten messen kann. Dann müssen nicht nur die Geldmittel absolut steigen, dann müssen sie auch relativ steigen, damit auch in die Qualität investiert werden kann. So ein Massenwachstum, wie von Herrn Tjarks damals vorgeschlagen mit 15 000 Studis an der TU, das ist das Gegenteil davon.

(Beifall bei der FDP)

Und dann zum Stichwort Uni-Bau. Sie haben es kürzlich als Rot-Grün versucht, den teilweise wirklich desaströsen Zustand der Universitätsgebäude durch die Ankündigung einer Bauoffensive zu heilen. Wir sagen Ihnen aber auch deutlich: 500 Millionen Euro in den nächsten 20 Jahren in den UniBau ist noch lange keine gute Wissenschaftspolitik. Eine halbe Milliarde Euro in Beton an dieser Stelle ist sicher sinnvoll vor dem Hintergrund, wie die Zustände teilweise sind. Aber noch kein einziger Kurs ist damit automatisch besser geworden, und es ist absurd, wenn Sie die teilweise Erhebung der baulichen Versäumnisse der Vergangenheit als Fortschritt in der Wissenschaft verkaufen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich mir eine Universität vorstelle, die in Zukunft möglicherweise eine Exzellenzuniversität werden kann, dann habe ich nicht unbedingt Bilder von einem Foyer vor mir, in das es reinregnet. Wir schlagen Ihnen deshalb heute mit unserem Antrag vor, nicht nur bei der Universität Hamburg, sondern insgesamt eine Kennzahl für den baulichen Zustand an allen öffentlichen Hochschulen in Hamburg aufzunehmen, um transparent zu machen, welche Sanierungsbedarfe in den nächsten Jahren auf uns zukommen, damit wir sehen, was wir da finanzieren müssen. Das tut vielleicht einmal weh, weil es Riesensummen sein könnten, aber es ist ehrlicher, transparenter und auch ganz im Sinne Ihrer – nicht Ihrer, sondern unserer – doppischen Haushaltsführung, die wir natürlich befürworten.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

An dieser Stelle auch noch einmal was zu Doppik: Dass das Regieren aus Schattenhaushalten und großen allgemeinen Töpfen – ich habe es eben in der Familiendebatte auch schon einmal gesagt – natürlich einfacher ist, als transparent und zielgerichtet zu agieren, ist schon klar. Das kann aber nicht unser Anspruch sein. Diese Phänomene, wie das, was ich eben schon angesprochen habe, Ihre neue wissenschaftspolitische Schatztruhe, die hochschulübergreifenden Angelegenheiten, stellen nichts weiter dar als einen partiellen und stückweisen Austritt wieder zurück aus dem doppischen Haushaltswesen. Das ist keine Entwicklung, die wir gutheißen können, und wir hoffen wirklich, dass sich das in den nächsten Jahren nicht immer noch weiter verstärkt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FPD und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben die Doppik beschlossen, damit Hamburg zielgerichtet investiert. Dabei wollen wir auch bleiben. Weniger Globaltöpfe, mehr Mittel, die mit Leistungszwecken hinterlegt sind. Wenn Sie konkrete Pläne für die TU Hamburg haben, dann teilen Sie sie doch mit uns und verstecken Sie sich nicht hinter irgendwelchen Globaltöpfen, wo Sie sagen: Irgendwann demnächst werden wir das ausdifferenzieren und dann sagen, was davon wohin fließt. Sagen Sie doch einfach, was Sie konkret vorhaben, dann können wir über diese Ideen diskutieren und ich kann mir gut vorstellen, dass wir in vielen Bereichen dann gemeinsam für dieselbe Richtung streiten könnten. Wenn Sie aber einfach nur Gelder einstellen und sagen, das werde dann irgendwann unterjährig, möglicherweise auch erst in zwei Jahren, konkretisiert, dann ist das nicht die Richtung. Das ist übrigens auch keine Richtung, bei der die TU Hamburg eine gute Richtung vorgegeben bekommt, wo Sie eigentlich mit dieser Universität hin wollen.

(Beifall bei der FDP)

Am Ende des Tages, meine Damen und Herren, sind wir uns, glaube ich, einig, dass der Bereich Wissenschaft/Hochschulen ein großes Zukunftsthema ist. Das ist zumindest ein Bereich, wo sich alle Rednerinnen und Redner nach meiner Wahrnehmung darauf verständigen …

Ich wollte gerade zum Ende kommen, aber okay.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, ich gestatte eine Zwischenfrage.

Vielen Dank. – Herr Oetzel, eine Frage: Sie haben eben gesagt, der TU Harburg sollte dann auch gesagt werden, wo sie hingehen soll ein Stück weit.

(Daniel Oetzel)

Sie haben am Anfang gesagt, wenn wir als LINKE eine Vorstellung äußern, in welche Richtung sich Wissenschaft entwickeln kann, würde das in die Autonomie der Hochschule eingreifen. Haben diese zwei Ideen nicht irgendwie eine Widersprüchlichkeit? Oder ist es nicht auch so, dass bestimmte Forschungsprojekte politisch vorgegeben werden? Würden Sie das nicht so machen, wenn Sie an der Regierung wären?

Also, Herr Dolzer, Sie sind doch ein großer Fan der ausschließlichen öffentlichen Finanzierung der Hochschulen. Und wenn wir dann überlegen, wie wir es schaffen können, mehr dieser Landesmittel, dieser öffentlichen Mittel für die Weiterentwicklung der Hochschulen, bereitzustellen, dann muss man sich natürlich auch mit den Universitäten hinsetzen. Es gibt auch so etwas wie Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Und natürlich ist es darüber dann auch möglich zu überlegen, wo die Reise hingehen soll, wenn dafür dann auch mehr öffentliche Mittel bereitgestellt werden. Das ist aber etwas anders, als wenn Sie den Hochschulen vorgeben, wo ihre Forschungsschwerpunkte sind. Hier geht es nämlich um die Forschungsfreiheit. Das ist etwas grundlegend anderes als die grundsätzliche öffentliche Ausfinanzierung der Hochschulen, die Sie auch immer besonders laut fordern, Herr Dolzer.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich wollte ja gerade versöhnlich enden. Ich war gerade dabei, sozusagen in den Ausklang meiner Rede zu kommen

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Gleich kommt Jens Kerstan noch, keine Sorge!)

ja, stimmt allerdings – und festzustellen, dass wir hier alle doch eigentlich dasselbe Ziel haben, nämlich dass die Wissenschaftslandschaft in Hamburg sich in eine gute Richtung entwickelt. Wie gesagt, es sind auch gute Sachen da, ich habe es teilweise auch gelobt, aber eben nicht überall.

Wir sagen deutlich, wenn etwas falsch läuft. Das müssen Sie uns schon zugestehen, Herr Tjarks, auch wenn Sie – um doch noch einmal wieder die Schärfe hineinzubringen – im Grunde gestern grundsätzlich der Opposition abgesprochen haben, hier irgendwie eine Legitimation zu haben. Da ging es um das Thema Volksentscheide; es war recht fragwürdig, zu sagen, es gebe keine demokratische Legitimation für Opposition, die eine bestimmte Meinung zu Volksentscheiden vertritt.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das habe ich nicht gesagt!)

Die demokratische Legitimation der Opposition ergibt sich auch aus der direkten demokratischen Le

gitimation durch eine Bürgerschaftswahl, und das sollten Sie nicht bewerten.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Peter Lorkowski AfD)

Herr Nockemann bekommt das Wort für die AfD-Fraktion und für maximal 18 Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ja nun heute sozusagen meine Jungfernrede in diesem Bereich und ich möchte sie gleich mit einem Novum beginnen: Ich möchte nämlich ein kleines Lob verteilen an diejenigen Senate, die in der Vergangenheit hier Verantwortung getragen haben im Bereich von Wissenschaft und Forschung. Ja, früher war es nicht so gut, es ist signifikant besser geworden mit dem Forschungsstandort Hamburg. Ehre, wem Ehre gebührt.

Ich habe mit Freude gesehen, dass hier wirklich viele brennen für das Thema Wissenschaftsstandort Hamburg, und deswegen betrachte ich diesen Streit, der vorhin stattgefunden hat, wer da wem etwas an Leistungen abspricht, als klein, als kontraproduktiv. Wo es Streit gibt, nämlich im Bereich von Forschungsfreiheit, hat Herr Oetzel gerade die richtige Antwort für Herrn Dolzer gefunden. Ich hoffe, dass alle in diesem Haus vertretenen Parteien eingesehen haben, dass Forschung nicht nur um ihrer selbst willen stattfinden kann, dass Forschung nicht nur ein emanzipatorisches Element beinhaltet, sondern …

(André Trepoll CDU: Nicht nur national geht!)

Und mit national hat das wenig zu tun,

(André Trepoll CDU: Gott sei Dank!)

aber wir wollen natürlich auch Deutschland und Europa voranbringen, und ich glaube, das können wir nur mit einer exzellenten Forschung, die mit der Forschung in Asien und den USA, insbesondere im Osten und im Westen der USA, mithalten kann, Herr Dr. Trepoll.