Protocol of the Session on December 11, 2018

Dass die Stellen in der öffentlichen Verwaltung ständig ausgebaut werden, passt ins Bild. Während es noch im rot-grünen Koalitionsvertrag hieß, wir wollen den Personalbestand jährlich um 250 Stellen senken, passiert in der Realität das Gegenteil. Statt vormals 50 000 Vollzeitkräften waren wir Ende 2016 bei 51 000, Ende 2017 bei knapp 52 000 Stellen, und jetzt sind in der Planung 54 000 Stellen. Dabei, um das noch einmal in Erinnerung zu rufen, steigt der Personalbestand deutlich stärker als die Bevölkerungszahl. Die Bevölkerungszahl also kann diesen Anstieg, das vorhin bemühte Wachstum, gerade nicht rechtfertigen.

Was tun? Das sind drei Dinge. Erstens: Sparen. Zweitens: Steuern senken. Drittens: Umschichten in sinnvolle Ausgaben. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Haushaltspolitik.

Erstens: Sparen und Schuldenstand zurückführen. Wenn der Staat schon seine Bürger ausnimmt wie eine Weihnachtsgans mit einer Steuer- und Abgabenquote, die im OECD-Vergleich zu den höchsten weltweit zählt, dann hat er die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ordentlich hauszuhalten, zu sparen, keine weiteren Schulden aufzunehmen und die bestehenden Schulden energisch zurückzuführen. Wir fordern eine deutliche Rückführung des Schuldenstands, nicht nur des Kernhaushalts, sondern des gesamten Konzerns FHH, im Interesse der Steuerzahler und vor allem der zukünftigen Generationen. Angesichts von Steuererträgen, die von 10,7 Milliarden Euro 2018 – ohnehin ein sehr hohes Niveau – auf 12 Milliarden Euro 2019 und 12,4 Milliarden Euro 2020 ansteigen sollen, fordern wir, diesen Anstieg gerade nicht weitgehend für Mehrausgaben zu verwenden, sondern schwerpunktmäßig zur Rückführung der Verschuldung. Eine Rückführung von einer Milliarde Euro pro Jahr ist möglich – wenn man denn will.

Das lässt der Haushaltsentwurf des Senats allerdings nicht nur vermissen, der Senat macht das Gegenteil. Da sind allzu viele Wahlgeschenke drin, Ausgaben nach dem Motto "Ich wünsche mir was". Das ist der eine Teil. Und dann finden sich ideologisch getriebene Projekte; wir alle denken hier an die Busbeschleunigung, viele Millionen für fast nichts. Ein anderes Beispiel, andere Dimension: Da werden sogenannte interkulturelle Projekte im Kulturhaushalt gefördert, die statt zur Integration von Einwanderern eher zur Verfestigung von Parallelgesellschaften führen. Das sollte schlicht gestrichen werden. Und, und, und, es gibt viele Einsparmöglichkeiten.

Zweitens: Steuern senken. Natürlich sollte der Senat auch den Spielraum der sprudelnden Steuereinnahmen nutzen, um Steuern zu senken, denn im Zweifel gibt der Bürger den Euro sinnvoller aus – so jedenfalls meine Überzeugung – als der Staat. Wir haben dazu Vorschläge. So haben wir bereits mehrfach eine Senkung der Grunderwerbsteuer oder einen Erlass für selbst genutzten Wohnraum gefordert, jedenfalls für Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen, um so auch die Eigentumsquote anzuheben und langfristig dem knappen Wohnungsmarkt in Hamburg entgegenzutreten. Das wurde leider mehrfach von Rot-Grün abgelehnt. Und wir fordern hier im Zuge der Haushaltsanträge den Senat auf, sich auf Bundesebene für eine Erhöhung des Gewerbesteuerfreibetrags einzusetzen, um so gerade kleine und mittlere Gewerbebetriebe zu entlasten; Näheres dazu in Runde 2.

Und schließlich – drittens – Umschichten. Wir wollen nicht nur sparen, wir wollen auch umschichten und Akzente setzen. Denn wenn man nüchtern prüft, welche Ausgaben wirklich nötig sind für eine sinnvolle Daseinsvorsorge und welche ideologisch getrieben und unnötig, dann ist da eine Menge um

zuschichten. So haben wir eine Reihe von Vorschlägen, die regelhaft nicht zu einer Erhöhung der Ausgaben führen, sondern durch Umschichtung finanziert werden können. So fordern wir mit unseren 25 Haushaltsanträgen unter anderem im Sozialbereich, Rentnern mit Grundsicherungsbedarf freie Fahrt im HVV zu ermöglichen, im Bereich Innere Sicherheit, die Polizeistellen aufzustocken und Überstunden abzubauen, Aussteigerprogramme für Salafisten ebenso wie für Linksextremisten aufzulegen,

(Jens-Peter Schwieger SPD: Und Rechtsex- tremisten!)

zusätzliche Mittel für die Instandsetzung von Gebäuden der Freiwilligen Feuerwehr, im Bereich Städtebau und Wohnen die Wiedereinführung einer Ausgleichsabgabe für fehlbelegten Wohnraum und, und, und.

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Haushaltspolitik, damit der Bürger nicht länger ausgenommen wird wie eine Weihnachtsgans, sondern der Staat endlich wieder zum vernünftigen Wirtschaften zurückkehrt, auch und gerade hier in Hamburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Dr. Ludwig Flocken, fraktionslos, für maximal fünf Minuten.

Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Volksvertreter! Jetzt ist Herr Trepoll nicht da; schade. Ich wollte ihm danken, dass er als Einziger hier ein Wort in den Mund genommen hat – nicht in die Hand, wie Herr Tjarks das jetzt sagen würde wahrscheinlich. Er hat als Einziger ein Wort benutzt, wenn auch nur im Nebensatz: Überregulierung. Alles andere, was hier gesagt wurde, geht in Richtung Betreuung. Betreut werden sollen die Menschen von der Krippe über den Kindergarten bis hin zur Schule. Immer bessere, intensivere, hochqualitative Betreuung in der Kultur, in der gleichgeschalteten Kultur. Betreutes Denken. Frau Özdemir hat Essen gefordert.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Essen für alle!)

Und immer wieder natürlich auch eine Integration. Also ich muss sagen: Die Ausländer, die ich kenne, die sich integriert – nicht nur integriert, sondern assimiliert – haben, die haben das alle ganz allein geschafft, aus ihrem eigenen Willen, aus ihren eigenen Fähigkeiten heraus, ohne dass von uns ihnen irgendjemand dabei geholfen hat. Das geht, und das geht sogar sehr gut.

Und wenn die FDP und die CDU jetzt immer nur der Regierungskoalition hinterherlaufen und sa

(Dr. Alexander Wolf)

gen: Eure Ziele, die sehen wir ja auch, und wir wollen auch, dass die Leute besser betreut sind, bloß ihr müsstet einmal auf uns hören, wir können das alles viel besser. Das hört sich natürlich, wenn der Herr Kruse das sagt, auch wirklich toll an, das gebe ich zu. Aber letztlich werden Sie immer den Kürzeren ziehen, wenn Sie denjenigen Leuten hinterherlaufen, die es in ihrer DNA haben, dass sie die Leute betreuen wollen, während das bei Ihnen doch eigentlich nicht so ist, Sie wollen doch die Leute dazu bringen, dass sie ihre freien Kräfte entwickeln können. Darauf kommt es an.

Wenn wir jetzt einmal gucken, wo das vielleicht ein bisschen besser gelaufen ist in den letzten Jahren als in Deutschland, dann sieht man die beiden größten Volkswirtschaften. Das eine ist, dass Trump vor zwei Jahren angetreten ist mit dem Versprechen, für jedes Gesetz, für jede Regulierung, die er einführt, zwei alte zu streichen. Und was hat er gemacht? Er hat sein Versprechen übererfüllt. Er hat für jedes Gesetz, das er eingeführt hat, für jede Regulierung vier alte gestrichen. Und was ist dabei herausgekommen? Die Wirtschaft boomt. Allen geht es besser, insbesondere denen, die vorher arbeitslos waren, den Milieus, in denen es eine hohe Arbeitslosigkeit gab, also bei den Latinos und bei den Nachkommen derer, die als Folge des Sklavenhandels nach Amerika gekommen sind. Denen geht es viel, viel besser heute.

Und das andere, wo viele von uns mit ein bisschen Neid hingucken, ist die Dynamik, mit der in China Infrastrukturprojekte vorangetrieben werden. Das ist ja wirklich beeindruckend. Aber man muss eben bedenken, dass dort eine andere Kultur herrscht, die dort auch ihre Berechtigung hat, eine kollektivistische Kultur, die wir so hier nicht implantieren können und ja auch nicht wollen. Deutschland ist eben groß geworden zunächst einmal beginnend vor 200 Jahren durch eine Entwicklung der Freiheit. Da ist Deutschland wirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell groß geworden. Und wenn Sie immer mehr versuchen, die Menschen einzuschränken, immer mehr unfrei zu machen, dann werden sie eben auch schwach. Keiner hat das heute besser ausgedrückt als Frau Özdemir, die eben gesagt hat: Sie müssen die Handbremse ziehen. Ja, genau. So sollen die Menschen leben, so sollen sie sich bewegen: mit angezogener Handbremse. – Vielen Dank.

Jetzt erhält das Wort der Erste Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher.

Sehr geehrter Herr Präsident, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man über etwas so Bedeutendes redet wie einen Doppelhaushalt, dann ist es schon sehr sinnvoll, dass man die Haushaltslage einordnet in die Entwicklung, die wir

erreicht haben und die wir auch in die Zukunft fortführen wollen. Ich begrüße unseren langjährigen Haushaltsdirektor Herrn Coorssen, der hier noch einmal als Gast dabei ist.

(Beifall bei allen Fraktionen)

2009 und 2010 hatte Hamburg jedes Jahr fast eine Milliarde Euro neue Schulden gemacht und lag im Haushaltsergebnis, das ist eigentlich noch bemerkenswerter, damit im bundesweiten Vergleich auf den letzten Plätzen, kurz vor den Sanierungsländern Saarland und Bremen. Das war eine bedrückende und für die Zukunft unserer Stadt bedrohliche Lage.

Im letzten Haushaltsjahr 2017 hatten wir fast eine Milliarde Euro Überschuss. Und zum ersten Mal hatten wir auch ein bereinigtes Gesamtergebnis im neuen kaufmännischen Haushalt von plus 500 Millionen Euro, einschließlich – das sage ich denjenigen, die immer darüber geredet haben – der Betrachtung der Nebenhaushalte und der öffentlichen Unternehmen. Die Stadt hat also zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht auf Kosten der kommenden Generationen gelebt, sondern alle ihre Aufwendungen aus der aktuellen wirtschaftlichen Kraft bewältigt und dabei sogar Altlasten bereinigt und Rückstellungen für die kommenden Jahre gebildet. So sieht eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Finanzpolitik aus, die in den öffentlichen Haushalten in Deutschland und anderen Ländern in Europa ihresgleichen sucht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Verbesserung unserer Haushaltslage beruht nicht auf Steuererhöhungen. Da, liebe Kollegen von der Opposition, kämpfen wir vor allem erst einmal gegen Ihre Länderkollegen an, die es darauf anlegen, das Wohnen in den Metropolen besonders teuer zu machen.

(Zuruf von Thilo Kleibauer CDU)

Die Verbesserung unserer Haushaltslage beruht auf einer realistischen Konsolidierung auf der einen Seite, verbunden mit den richtigen Investitionen und Wachstumsimpulsen auf der anderen Seite. Wir haben heute fast eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, die meisten in modernen, wettbewerbsfähigen Unternehmen, die ganz wesentlich zu unseren Steuereinnahmen beitragen.

Nach dem gerade veröffentlichten Bericht des Stabilitätsrats in Berlin – und jetzt hören Sie gut zu –

(André Trepoll CDU: Das machen wir die ganze Zeit!)

liegen wir mittlerweile im Haushaltsüberschuss pro Einwohner im bundesweiten Vergleich auf Platz 1, noch deutlich vor Bayern und Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(Dr. Ludwig Flocken)

Das ist die Entwicklung in den letzten Jahren: von einem Schlusslicht auf Platz 1 in Deutschland. Und genau das macht uns stark und handlungsfähig für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit der Haushalts- und Finanzplanung, die wir heute beraten, legen wir die entscheidenden Grundlagen für das Handeln der Freien und Hansestadt Hamburg in den kommenden Jahren. Aber wir stehen vor unwägbaren Zeiten. Die wirtschaftlichen Aussichten sind unsicher. In Deutschland und Europa erstarken in vielen Regionen Populisten, denen jedes Mittel recht ist, um an Macht und Einfluss zu kommen. Sie finden Zuspruch vor allem bei denen, die das Gefühl haben, die Probleme, die sie selbst in ihrem eigenen Leben haben, würden von der Politik nicht ernst genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in den vergangenen Monaten viele Gelegenheiten genutzt, um mit Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften und Unternehmen, aber auch direkt mit vielen Bürgerinnen und Bürgern in ganz Hamburg zu sprechen und dabei auch zuzuhören. Dabei geht es um viele verschiedene Anliegen, aber immer wieder auch genau um die Themen, die in allen großen, wachsenden Metropolen dieser Welt eine Rolle spielen.

An erster Stelle steht immer wieder der Mangel an Wohnraum. Deswegen findet es großen Zuspruch, dass wir mittlerweile Baugenehmigungen erteilt haben für über 80 000 neue Wohnungen. Denn das einzige Mittel, das wirklich grundlegend hilft gegen den Mietenanstieg, heißt: ausreichend Wohnraum schaffen, vor allem günstige Wohnungen. Alles andere, liebe Opposition, ist Täuschung und Illusion.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb finden Sie in den Haushaltsplänen die Voraussetzungen dafür, dass wir in Zukunft den Bau von über 3 000 neuen Sozialwohnungen fördern können – 3 000 neue Sozialwohnungen pro Jahr –, und zwar mit längeren Bindungsfristen, nicht mehr von 15, sondern in Zukunft von 20 oder sogar 30 Jahren.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wer hat das immer gefordert?)

Bei den Mietsteigerungen, sehr geehrte Abgeordnete, liegen wir in Hamburg wirklich nicht an der Spitze, ganz im Gegenteil zu dem, was Sie dazwischenrufen. Bei den Mietsteigerungen liegen die anderen großen Metropolen vorn, vor allem München und Berlin

(André Trepoll CDU: Das war auch schon immer so!)

und viele andere große Städte, die eben nicht so erfolgreich die Wohnungspolitik machen wie wir.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und das Zweite ist, dass wir verstärkt spezielle Wohnangebote für Auszubildende, Studierende und auch für die älteren Menschen schaffen, damit ein gutes Leben in Hamburg für alle möglich ist. Wir helfen damit jungen Menschen in der Ausbildung und im Studium, den Familien und der älteren Generation, die in den letzten Jahrzehnten unsere Stadt zu dem aufgebaut hat, was sie heute ist.

Hamburg ist eine grüne Stadt mit vielen Parks, Naturschutzgebieten und Biotopen.

(Dirk Nockemann AfD: Und die neuen Flüchtlingsheime!)

Wir gestalten das Wachstum unserer Stadt so, dass Hamburg seinen Charakter als grüne Stadt behält.