Wir haben Ihnen damals gesagt, dass die Bekämpfung der steigenden Armut, dass die Bekämpfung der sozialen Spaltung auch bedeutet, die Demokratie zu stärken, die Demokratie in den Stadtteilen. Die Demokratie stärken bedeutet aber auch, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen in dieser Gesellschaft haben.
Demokratie stärken bedeutet auch, unabhängig von der Einkommensstärke der Eltern, den Kindern ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Demokratie stärken bedeutet auch das Recht auf Wohnen, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf gut bezahltes Arbeiten und das Recht darauf, in Würde zu altern.
Das ist momentan in Hamburg nicht möglich. Trotz der höheren Ausgaben sind wir noch weit entfernt von der Stärkung der Demokratie in dieser Stadt. Wir sind noch weit davon entfernt, dass Menschen die von mir genannten Rechte auch wirklich in Anspruch nehmen können. Ich weiß nicht, in welcher Stadt Sie Politik machen, aber in der Stadt, in der
wir Politik machen, erleben die Menschen, Herr Wysocki, vor ihrer Haustür, in ihren Stadtteilen die Auswirkungen der jahrelangen Kürzungspolitik. Sie müssen feststellen, dass zum Beispiel die Grünanlage um die Ecke nicht ausreichend gepflegt wird. Sie müssen feststellen, dass die aufsuchende Seniorinnen- und Seniorenarbeit nur noch teilweise geleistet wird. Sie müssen feststellen, dass Bürgerinnen- und Bürgerhäuser, Stadtteilkulturzentren und Geschichtswerkstätten ihre Angebote einschränken. Dass die sowieso schon unzureichende Finanzierung
der Stadtteilbeiräte mangels eigener Etatkosten wieder ausläuft und zu wenige Sportstätten gebaut werden. Die Ursache hierfür liegt in den Mittelzuweisungen des Senats, die nach wie vor nicht auskömmlich sind, auch wenn Sie das immer wieder behaupten. Ich glaube, Sie haben einfach ein Wahrnehmungsproblem.
Das tun wir nämlich, und das tun wir nicht nur in der Sommerpause mit einer Radtour durch die Stadtteile, sondern das ganze Jahr hindurch.
Und das, was die Menschen uns erzählen, das erzählen Sie auch Ihnen. Auch Sie bekommen das in den vielen Gesprächen mit, aber Sie ignorieren die Situation, und das ist doch das Problem.
Dass Sie so etwas nicht erlebt haben, kann ich mir gar nicht vorstellen, denn die Diskussion führen wir nämlich seit 2011. Dann waren Sie anscheinend nicht anwesend oder haben geschlafen.
Kürzungen vor allem im Bereich der sozialen und vor allem im Bereich der städtischen Infrastruktur. Die Mehrausgaben im Haushaltsplan – eine Groß
zügigkeit des Senats, die sicher auch den Bürgerschaftswahlen Anfang 2020 geschuldet ist – lassen keinen wirklichen Plan für die Zukunft der Stadt Hamburg erkennen. Sie reagieren wirklich kurzfristig dann einmal auf Missstände in der Stadt. Sie stopfen die größten Risse und Löcher, die entstanden sind, ohne eine wirkliche Idee oder wirklich ein Konzept zu haben, um die Defizite in der Stadt auch wirklich zu bekämpfen und zu beenden. Eine solidarische und soziale Politik sieht ganz anders aus und ist nicht so, wie sie in Ihrem Antrag dargestellt ist.
Ich möchte Ihnen noch einmal darstellen, warum aus unserer Sicht dieser Haushalt ein Kürzungshaushalt ist. Sie haben die Ausgaben, Herr Schwieger, für die physische Infrastruktur erhöht, aber damit kann man doch nur erreichen in dieser Situation, dass der Zustand der Schulgebäude, dass der Zustand der Straßen und Brücken sich nicht noch weiter verschlechtert.
Die Mehreinnahmen wurden aber nicht dazu genutzt, um die soziale Infrastruktur beziehungsweise die Personalkosten den Bedarfen anzupassen.
Herr Abaci, Sie bekommen im Ausschuss schon seit Jahren mit, dass die Bedarfe steigen, Sie sprechen es doch auch selbst an.
Ich möchte noch einmal das Beispiel mit dem Personal ansprechen. Die Ausgaben für das Personal werden im sogenannten Kernhaushalt seit Jahren lediglich um 1,5 Prozent, in einzelnen Bereichen wie zum Beispiel der Universität sogar nur um 0,88 Prozent erhöht, in anderen Bereichen gar nicht.
Die Tarifabschlüsse mit den Gewerkschaften ergaben teilweise eine doppelt so hohe Steigerung der Löhne und Gehälter, und auch für die kommenden Tarifrunden ist mit wesentlich höheren Abschlüssen zu rechnen, aber der im Haushaltsentwurf fehlende Tarifausgleich führt in den einzelnen Behörden, auch bei den Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfängern, zwangsläufig zu Einsparungen beim Personal. Auch eine Debatte, Herr Schmidt, die wir seit Jahren führen und die Sie auch seit Jahren mit den Zuwendungsempfängerinnen und -empfängern in dieser Stadt führen.
Diese Kürzungspolitik, was bedeutet das? Das bedeutet Einsparungen beim Personal, das bedeutet eine massive Arbeitszeitverdichtung, auch ein Pro
(unterbrechend) : Okay, die Situation hat sich erledigt. Ich weise noch einmal darauf hin, dass Sitzplätze hier lediglich für Abgeordnete vorgesehen sind. – Frau Özdemir, fahren Sie bitte fort.
Diese Kürzungspolitik wirkt sich auf das Personal aus, nämlich mit Arbeitszeitverdichtung, der Nichtbesetzung von Stellen, den Stellenkürzungen oder Befristungen. Das betrifft den Bereich Opferschutz, einen Bereich, über den wir in der letzten Bürgerschaftssitzung auch diskutiert haben. Das betrifft den Bereich Kinder und Jugend und viele andere Einrichtungen in den Stadtteilen und Beratungsstellen, vor allem im sozialen Bereich. Die Tarifsteigerungen müssen deshalb refinanziert werden. Und das ist auch eine Forderung der Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger, die Sie seit acht Jahren immer wieder deutlich ansprechen, dass die Tarifsteigerungen vollständig refinanziert werden und hierfür auch entsprechende Finanzmittel im Hamburger Haushalt vorgehalten werden.
Und es reicht nicht aus, wenn man sagt, hier ist ein Bedarf, da richtet man eine Beratungsstelle ein, da kommt dann einmal eine Einrichtung. Die Zuwendungen müssen doch auch ausreichend sein, die Zuwendungen müssen bei bestehenden Einrichtungen erhöht werden, sodass die Arbeit, die viel mehr geworden ist und nicht weniger, auch wirklich richtig ausgeführt werden kann und eben nicht die Situation entsteht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich viel ehrenamtliche Arbeit investieren.
Ich möchte in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit sagen, ich empfinde den Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor allem im sozialen Bereich wirklich als unsolidarisch und auch als respektlos.
Es kann doch nicht sein, dass Menschen, die eine so wichtige und dringend notwendige Arbeit machen für die Stadt, immer wieder um die Refinanzierung der Tarifsteigerungen kämpfen müssen, immer wieder um die Erhöhung der Zuwendungen kämpfen müssen, sich von Jahr zu Jahr fragen müssen, ob ihre Stelle für nächstes Jahr eigentlich noch gesichert ist. Die Zuwendungsempfängerinnen und -empfänger der Stadt müssen mehr Geld erhalten, um eben auch den von der Bürgerschaft selbst beschlossenen Mindestlohn von 12 Euro
umsetzen zu können. Das ist schon eine lange hinfällige Anerkennung der wertvollen Arbeit, die in dieser Stadt geleistet wird, aber gern einmal übersehen wird.
Wir sehen auch den Kampf gegen den Niedriglohnsektor als zentrale Aufgabe der Politik an. Die Bürgerschaft beschloss, dass für die Beschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg bis 2020 tarifvertraglich ein Mindestlohn von 12 Euro vereinbart werden soll. Dies soll in den kommenden Tarifverhandlungen erreicht werden. Diese Ankündigung der rot-grünen Mehrheit entpuppt sich jedoch als heiße Luft. Ein Blick in den Haushalt zeigt auch, warum: Im Entwurf für den Haushalt 2019/2020 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2022 findet sich nicht ein einziger Euro zusätzlich für Personalausgaben. Der Stadt muss deshalb ein finanzierter Plan vorliegen, damit im städtischen Einflussbereich tatsächlich ein Mindestlohn von 12 Euro bezahlt wird.
Das sollte ebenso als Grundlage für die städtische Vergabe von Aufträgen gelten. Zudem muss der Senat auch die private Wirtschaft, also als Auftragnehmerin für öffentliche Aufträge, in die Pflicht nehmen und den Mindestlohn in Höhe von 12 Euro auch im Vergabegesetz verankern.
Es ist auch bekannt, dass wir darüber hinaus eine Erhöhung des städtischen Mindestlohns auf 13 Euro fordern. Das ist selbst nach Berechnungen Ihrer Bundesregierung mindestens notwendig, um überhaupt eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erreichen.
Ich möchte aber ein weiteres Beispiel nennen, nämlich im Bereich der Wohnungspolitik. Sie halten weiter an der Linie fest, 3 000 geförderte Wohnungen im Jahr zu bauen. Wir sehen alle, und das auch wieder seit Jahren, dass es eben nicht ausreicht, um das Problem der strukturell fehlenden 80 000 preiswerten Wohnungen in der Stadt – und jährlich kommen noch die Wohnungen, die aus der Sozialbindung fallen, hinzu – anzugehen. Wir wollen deshalb, dass der Neubau öffentlich geförderter Wohnungen auf 6 000 pro Jahr verdoppelt wird, und wir wollen, dass Wohnungen, die einmal öffentlich gefördert werden, nicht befristet, sondern dauerhaft öffentlich gebunden sind.