Protocol of the Session on November 28, 2018

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wir haben 41 000 Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt, die an 41 Kilometern unserer Stadt gesundheitsbelastenden Stickoxidbelastungen ausgesetzt sind. Das ist ein schwieriges Problem, das auch nicht einfach zu lösen ist, weil es dort Zielkonflikte gibt:

(Michael Kruse FDP: Wenn man das Kraft- werk Wedel vom Netz nähme …!)

Zielkonflikte, wie man die Gesundheit der Anwohner schützt, Zielkonflikte, wie man gleichzeitig den Klimaschutz sichert, und Zielkonflikte, wie man gleichzeitig die Verkehrsinfrastruktur unserer Stadt am Laufen hält.

(Michael Kruse FDP: Wedel länger laufen lassen hilft Ihnen nicht dabei!)

Ich glaube sofort, dass das ein Thema ist, zu dem man gern einen Beitrag abliefert, um Volkszorn und eine kochende Volksseele zu erzeugen, aber ich kann Ihnen nur eines sagen: Diese schwierigen und wichtigen Probleme löst man nicht dadurch, dass man hier mit empörungsschwangerer Stimme und großer Lautstärke einfache Wahrheiten verkündet, sondern das erfordert harte und schwierige Arbeit, die dieser Senat mit dem Luftreinhalteplan geleistet hat – im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielleicht lassen Sie mich einfach einmal zur Versachlichung der Debatte

(Michael Kruse FDP: Das wäre ja das erste Mal!)

(Detlef Ehlebracht)

ein paar Dinge ausführen und vielleicht auch ein paar Punkte richtigstellen, damit manche Dinge nicht immer wiederholt werden, wodurch sie ja nicht richtiger werden.

Erstens: Der Luftreinhalteplan dieses Senats umfasst fast 100 Maßnahmen, von denen die meisten in der Umsetzung sind. Ein Großteil dieser Maßnahmen, über die hier überhaupt nicht geredet wird, trägt im Moment erheblich dazu bei, dass die Luftqualität an Hamburgs Straßen besser wird. Lassen Sie mich einfach ein paar Beispiele nennen. Die Hochbahn setzt mittlerweile keine Euro-4und Euro-3-Busse mehr ein, sondern schafft nur noch Euro-6-Busse an. Der Unterschied ist: Ein Euro-3-Bus stößt 8 Gramm Stickoxide pro Kilometer aus, der neue Diesel 6 nur noch 0,4. Eine deutliche Verbesserung an den Straßen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir hätten gern auch schon vor wenigen Jahren nur noch Elektrobusse, die gar keinen Stickoxidausstoß haben, angeschafft. Dafür war die deutsche Industrie nicht lieferfähig. Wir haben Liefertermine erst zugesagt bekommen, als Hamburg sich mit Berlin und Köln zusammengeschlossen hat. Vorher war die deutsche Automobilindustrie gar nicht bereit, abgasfreie Mobile zu entwickeln. Auch daran sieht man: Ohne diesen Senat

(Michael Kruse FDP: Gäbe es in Deutsch- land gar keinen Fortschritt mehr!)

hätten wir in diesem Bereich gar keine Verbesserungen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – André Trepoll CDU: Die könnten Sie auch selber bauen, oder?)

Es gibt keine andere Stadt in ganz Deutschland, die so viele Elektroladesäulen hat wie Hamburg. In Hamburg stehen mehr Ladesäulen als in den meisten Flächenländern, sogar mehr als in mehreren Flächenländern zusammengenommen. Das zeigt, dass wir hier große Anstrengungen unternehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wie Sie alle wissen, und dagegen kämpfen die Oppositionsparteien auf der rechten Seite dieses Hauses vehement bei jedem Kilometer, auf dem wir das tun, bauen wir 50 Kilometer Radweg jedes Jahr, was auch die Luftqualität in dieser Stadt entscheidend verbessert.

(Dennis Gladiator CDU: Radweg allein nicht!)

Auch darüber reden Sie nicht gern und Sie hätten es übrigens an vielen Stellen auch nicht gern. Insofern fragt man sich schon: Was sind eigentlich Ihre Lösungen, um die Luft in dieser Stadt sauber zu machen,

(Dennis Gladiator CDU: Hören Sie gleich! – Gegenruf von Farid Müller GRÜNE: Sie sind regierungsunfähig, deswegen sitzen Sie da!)

wenn Sie bei allen Maßnahmen, die wir ergreifen, dagegenreden und sich dann hinstellen und Krokodilstränen vergießen, weil Sie meinen, die Luft werde nicht schnell genug sauber? So einfach kann man es sich nicht machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Trotz all dieser Anstrengung gibt es wenige Straßen in dieser Stadt, wo wir keine Perspektive haben, mit den vorhandenen Maßnahmen – die wir ausgeschöpft haben – die Grenzwerte einzuhalten. Das sind die beiden Straßen, wo wir zu Durchfahrtsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge gegriffen haben. Und jetzt ist die Frage: Sind sie wirksam oder nicht?

Dazu einfach einmal zur Versachlichung der Debatte – Herr Duwe, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie dazu schon ein Stück weit beigetragen haben –: Die Messwerte an einer Messstation sind von mehreren Faktoren beeinflusst. Erstens: Was sind die verkehrlichen Anordnungen? Zweitens: Wie ist die Wetterlage? Drittens: Gibt es bauliche oder verkehrliche Umfahrungssituationen, die durch Baustellen verursacht wurden? Und jetzt zu diesem Grenzwert, den Sie aus einem Monat nehmen. Wir müssen den Jahresdurchschnittswert senken, denn Stickoxide wirken nicht schädlich, wenn in einer Stunde oder an einem Tag der Grenzwert überschritten wird, sondern wenn es eine Dauerbelastung gibt. Dazu hat der Gesetzgeber gesagt, das ist die Jahresbelastung, die wir uns ansehen müssen. Und jetzt hat Herr Gamm anscheinend eine Glaskugel in seiner Schublade, weil er uns nach sage und schreibe sechs Monaten mitgeteilt hat, den Jahresdurchschnittswert könnten wir gar nicht senken. Das weiß er schon nach sechs Monaten. Das zeigt eigentlich nur eins: Dass Sie sich mit dem Sachverhalt überhaupt nicht auseinandergesetzt haben, Herr Gamm.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig! Inhaltliche Ar- beit war nie deren Stärke!)

Jetzt nehmen wir doch einfach einmal den besagten Luftmesspunkt Max-Brauer-Allee. Vom Jahr 2016 bis 2017 ist der Wert, der dort gemessen wurde, um sage und schreibe 21 Prozent gefallen. Und wissen Sie was? Zu der Zeit ist dort noch gar keine Maßnahme ergriffen worden. Und wissen Sie auch, warum das passiert ist? Es wurde schon erwähnt: Der Lessingtunnel, eine der Zufahrten zur Max-Brauer-Allee, war 2017 für acht Monate gesperrt. Daraufhin war das Verkehrsaufkommen niedrig und die Messstation, das kann jeder nachschauen, hat in diesen Monaten 10 Mikrogramm weniger gemessen.

(Senator Jens Kerstan)

(André Trepoll CDU: Und das ist jetzt Ihr Vorschlag?)

Und in dem Moment, wo der Tunnel geöffnet wurde, ging der Grenzwert wieder 10 Mikrogramm hoch.

(Zuruf: Sperren Sie doch den Tunnel! – Hei- terkeit)

Meine Damen und Herren, vielleicht geben Sie sich die Mühe und hören einen Moment zu. Vielleicht lernen Sie dabei etwas, bevor Sie hier Volksreden halten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf: Dieses Argument ist doch nicht ernst zu nehmen!)

Also, wenn Sie diese 10 Mikrogramm wieder auf den Vorjahreswert drauf gerechnet hätten, dann wären Sie bei 58 Mikrogramm gewesen, und nach sechs Monaten Dieseldurchfahrtsbeschränkung an dieser Straße ist der Wert auf 48 Mikrogramm gesunken. Das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, selbst nach sechs Monaten. Insofern ist selbst dieses Argument, das Sie hier heranziehen, nicht haltbar, wenn man es sich einmal anschaut und auf Sachgehalt überprüft. Ich würde Sie einfach bitten, warten Sie das Jahr ab, und dann gucken wir.

Und vielleicht nur ein Hinweis: Wir sind an gesetzliche Bedingungen gebunden.

(Philipp Heißner CDU: Messen Sie mal in der Nachbarstraße!)

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass man nach einem Kalenderjahr – von Januar bis Dezember – einer wirksamen Maßnahme Bilanz ziehen muss. Das heißt, wir können das jetzt nach sechs Monaten noch nicht machen. Aber ich bin mir sicher …

(André Trepoll CDU: Sonst machen Sie ein Gutachten! Einfach ein Gutachten! So lange, bis das wieder passt!)

In den Ländern, wo Sie mitregieren, Herr Trepoll, läuft das auch nicht anders. Insofern: So einfach, wie Sie es darstellen, ist es bei Weitem nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und wenn es denn dann so ist, dass Sie sagen, selbst wenn es nicht wirken sollte, sollte man es aufheben, was ist denn Ihre Botschaft für die Bürgerinnen und Bürgern an diesen Straßen,

(Philipp Heißner CDU: Keine Fahrverbote!)

die einer Gesundheitsbelastung ausgesetzt sind? Kein einziges Wort von Herrn Gamm. Da muss ich sagen: Für eine große Volkspartei, die auch für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt verantwortlich ist,

(Zurufe)

ist das wirklich jämmerlich, in diesem Zielkonflikt dazu kein Wort zu sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Einzige, was jetzt noch hilft, das ist in der Tat, dass wir die Schadstoffe so umverteilen, dass sie unterhalb des Grenzwertes bleiben. Denn da ist es ja richtig: Es gibt einen höheren Schadstoffausstoß. Er wird großräumiger verteilen. Ein anderes Mittel hat diese Landesregierung nicht. Wer dieses Mittel aber hat, ist übrigens ein Unionsminister in der Bundesregierung, der seit drei Jahren keine Hand gerührt hat, um dafür zu sorgen, dass die Autos sauberer werden. Der läuft jetzt, anstatt seinen Job zu machen, los und sagt, er wolle doch einmal schauen, ob die Kollegen an den Messstationen richtig messen. Da muss ich sagen: Schuster, bleib bei denen Leisten. Mach erst einmal deinen eigenen Job, dann kannst du auch gucken, ob die anderen ihren Job richtig machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber wenn jetzt das Bundeskraftfahrtamt den Deutschen Wetterdienst damit beauftragen will, die Hamburger Messstationen zu überprüfen – die Aufforderung ist übrigens gerade erst letzte Woche gekommen, darum ist es ein Märchen, dass die Prüfung verweigert wurde; es gab bis letzte Woche noch überhaupt keine Anfrage der Bundesregierung –, dann kann das gern gemacht werden. Wir sind sicher …

(André Trepoll CDU: Von selber sind Sie auch nicht auf die Idee gekommen!)