Protocol of the Session on November 28, 2018

Im Jahr 2014 ist das Hamburger Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege auf den

Weg gebracht worden. Dieses wird in der laufenden Legislaturperiode fortgeschrieben und weiter ausgebaut und entwickelt.

Hamburg verfügt über einen klug aufeinander abgestimmtes Hilfesystem. Die vielen Beratungsstellen leisten eine vorbildliche Arbeit und passen sich stets mit großem Engagement auch neuen Beratungsbedarfen an. Ihnen gilt an dieser Stelle unser ausdrücklicher Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der FDP und bei Cansu Özdemir DIE LINKE)

Diese bestehenden Beratungsangebote sollen in den nächsten beiden Haushaltsjahren mit jeweils zusätzlichen 250 000 Euro gestärkt werden. Den Schwerpunkt dabei soll zum einen das proaktive Aufsuchen und die interkulturelle Begegnungsarbeit bilden, zum anderen soll die Beratung von Erwachsenen, die in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, gestärkt werden.

Ein wichtiger Baustein für jeden effektiven Opferschutz ist die präventive Arbeit. Ich freue mich sehr, dass die beiden Projekte, SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt – und comMIT!ment, auch in den letzten zwei Jahren mit ausreichenden Kapazitäten fortgeführt werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ein wichtiger Schritt ist es, die Staatsanwaltschaften weiter zu stärken. Opfer von Beziehungsgewalt müssen sich auf einen starken Rechtsstaat verlassen können.

Meine Ausführungen machen sicherlich deutlich, welchen großen, auch haushalterischen Stellenwert die rot-grüne Koalition diesem Thema beimisst. So sind allein für den Haushalt 2019/2020 von den Regierungsfraktionen mehr als 2,3 Millionen Euro zusätzlich für die Opferschutzmaßnahmen und die Sanierung von Frauenhäusern vorgesehen.

Gute Präventions- und Beratungsangebote allein reichen allerdings nicht aus. Das Thema Gewalt an Frauen muss auch gesellschaftlich viel öfter thematisiert und geächtet werden. Dieses Thema gehört nicht in eine Schmuddelecke oder in die Privatheit Einzelner, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Gewalt gegen Frauen findet in jedem Teil unserer Gesellschaft statt. Diese Realität muss endlich anerkannt werden.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, verein- zelt bei der FDP und bei Sabine Boedding- haus DIE LINKE)

Solange allerdings weiter über Familientragödien gesprochen und berichtet wird, wenn ein Mann seine Frau und seine Kinder umbringt, haben wir gesellschaftlich noch einiges zu tun.

Lassen Sie uns auch heute in unserer Debatte ein lautes und deutliches Zeichen für den Kampf gegen Gewalt an Frauen setzen. Ein Zeichen dafür, dass Hamburg handelt und alles Nötige dafür tut, um die Opfer in allen Belangen zu unterstützen, Gewalt präventiv zu verhindern und Gewalttaten schnell aufzuklären. Ich freue mich sehr über die gute Zusammenarbeit in dieser Frage in der Vergangenheit und bin sehr zuversichtlich, dass wir sie auch in Zukunft gemeinsam so führen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Rath für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die aktuellen Zahlen aus Berlin hat meine Vorrednerin eben genannt. Sie sind mehr als erschreckend, sie sind erschreckend hoch, aber leider in der Sache nichts Neues. Deshalb verfolgt die CDU-Fraktion in Hamburg dieses Thema ständig und stetig und wo immer sie kann. Wir haben den Senat in der letzten Zeit mit sehr vielen Kleinen Anfragen diesbezüglich gelöchert, und ich verspreche Ihnen, dass wir das auch weiterhin tun werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Trotz dieser kritischen Oppositionskontrolle möchte ich auch den Kollegen von der SPD-Fraktion danken für die prominente Besetzung dieses Themas heute in der Aktuellen Stunde. Denn Frauenschutz ist kein sozialromantisches Blabla-Thema, sondern eine sehr ernste und vor allen Dingen auch eine sehr konkrete Angelegenheit. Deshalb hätte ich mich gefreut, wenn Ihr Haushaltsantrag, was ein neues Frauenhaus für Hamburg anbelangt, konkreter ausgefallen wäre. Leider ist die Forderung momentan noch ziemlich wachsweich. Da sollen Kosten ermittelt werden und finanzielle Mittel eingeworben werden,

(Farid Müller GRÜNE: Das kommt schon!)

um zügig ein Frauenhaus zu errichten.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Solide Planung!)

Wir alle wissen, wie lange es allein dauert, in Hamburg eine passende Immobilie zu suchen. Ich erinnere mich da nur an die neue Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose in der Hinrichsenstraße. Es scheint eine neue gefunden worden zu sein in Altona, aber das hat zwei Jahre gedauert.

Zügig ist also ein relativer und durchaus dehnbarer Begriff, und daher fordere ich Rot-Grün auf zu einem klaren Bekenntnis, dass ein neues Frauenhaus noch in dieser Legislaturperiode nach Hamburg kommen wird.

(Annkathrin Kammeyer)

(Beifall bei der CDU und bei Daniel Oetzel FDP)

Oder Sie stimmen einfach unserem Antrag zu, den wir in zwei Wochen in die Haushaltsberatungen einbringen werden. Der ist nämlich wesentlich konkreter, und er muss auch konkreter sein. Die Auslastung der Frauenhäuser in Hamburg liegt bei 92 Prozent, bei manchen sogar zeitweise über 100 Prozent. Frauen müssen in andere Bundesländer verlegt werden, da es zeitweise in Hamburg keine Plätze mehr gibt.

Die CDU-Fraktion fordert daher, dass der Senat bis Ende Juni 2019 über die geprüften Immobilien berichtet und noch im Jahr 2019 einen Mietvertrag für ein neues Frauenhaus mit Mietbeginn 2020 vorlegt. Der Bund macht uns gerade vor, wie es aussieht, wenn man Frauenschutz ernst nimmt, und auch in den Haushaltsberatungen für die schnelle Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bis zum Jahr 2022 Haushaltsmittel für das Bundesfamilienministerium in Höhe von 21 Millionen Euro verschafft. Doch darin erschöpft sich die Arbeit unserer Berliner Kollegen Gott sei Dank nicht, sie bringen auch konkrete Projekte auf den Weg. Genannt sei hier die Initiative der Union zur digitalen Vermittlung von Frauenhausplätzen.

Frauenschutz darf nicht nur ein Thema sein, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Es muss natürlich auch ein Thema sein, das vorbeugend behandelt werden muss, und deshalb freuen wir uns insbesondere über die Verlängerung von comMIT!ment. Wir fragen schon regelmäßig immer die Ergebnisse dieser Projektarbeit ab, sind auch mit den Mitarbeitern im Gespräch, und wir sehen einfach, wie das Projektziel erreicht wird. Das Projektziel ist der Abbau der patriarchalischen Rollenbilder, und tatsächlich können hier auch schon erste Erfolge gegen Gewalt vorgewiesen werden.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung zur Sanierung der Frauenhäuser. Damit ist leider kein einziger neuer Platz für eine Frau in einem Frauenhaus geschaffen worden. Es sollte eigentlich eine Instandhaltungskostenübernahme sein und …

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Nein, ganz sicher nicht. Aber das Frauenschutzthema ist nicht dazu da und es ist zu wichtig, um es zu einem Alles-läuft-so-super-Thema und zu einem Wir-feiern-uns-hier-ab zu verbraten.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran – und das ist nicht lange her –, wie sich die Anlaufstelle 24/7 verzweifelt an uns gewandt hat, weil sie überhaupt nicht mit den Personalressourcen zu

rechtkam. Auch das muss hier gesagt werden. Es läuft nicht alles super. Daher lassen Sie uns im Interesse der betroffenen Frauen gemeinsam daran arbeiten, dass es zu solchen Hilferufen erst gar nicht kommen muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP und Cansu Özdemir DIE LINKE)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Frau Demirel das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Rath, wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. War es nicht die CDU, die in Ihrer Regierungszeit ein Frauenhaus geschlossen und da auch Sparmaßnahmen eingeführt hat?

(Franziska Rath CDU: Sie hatten viele Jahre Zeit, das wiedergutzumachen!)

Und diese Sparmaßnahmen wirken noch nach. Wir arbeiten auch daran.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte jetzt nicht die Zahlen noch einmal wiederholen, die sind wirklich schrecklich hoch. Aber ich möchte einige Sätze zu Gewalt gegen Frauen sagen. Gewalt gegen Frauen wird überwiegend durch Partner oder Ex-Partner im häuslichen Bereich, im eigenen Zuhause verübt. Die wenigsten Taten kommen zur Anzeige. Daher ist es nicht klar, ob die steigenden Fallzahlen einen Anstieg der Gewalt oder eine Aufhellung der Dunkelziffern bedeuten. Letzteres wäre ein Erfolg für Gewaltschutz und für den Rechtsstaat. Auch die weltweite Aktion #MeToo hat Wellen ausgelöst und vielen Frauen Mut gemacht, ihr Schweigen zu brechen. Diese Debatte hat aber gleichzeitig das hässliche Gesicht und die Dimension der Gewalt in unserer Gesellschaft noch einmal offen gestellt. Jede Frau und jedes Mädchen hat ein Recht auf Leben ohne Gewalt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN)

Alle Menschen müssen frei von Gewalt leben können, und daher ist es auch eine Frage der gesellschaftlichen Haltung, wie wir Gewalt ächten. Gewalt und Morde an Frauen dürfen nicht als Beziehungsdrama oder Familientragödie verharmlost werden. Oft wird behauptet, dass die Frauen selbst schuld sind oder diese Gewalttaten von bestimmten Minderheiten in unserer Gesellschaft ausgeübt werden oder dass sie eingewandert wären. Herr Flocken kann es kaum erwarten, seine Verschwörungstheorien heute wieder zu verbreiten. Das ist falsch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

(Franziska Rath)

Gewalt gegen Frauen hat keine Nation, keine bestimmte soziale Schicht, Gewalt gegen Frauen kommt leider in allen Schichten der Gesellschaft vor. Daher muss man die Gewalt klar benennen und stoppen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Gewalt gegen Frauen ist kein Familiendrama, sondern eine Straftat. Nicht nur die körperlichen, sondern auch die persönlichen Folgen sind dabei erheblich. Oft bleibt es nicht bei Einzeltaten. Betroffen sind nicht nur die Frauen selbst, sondern auch sehr häufig die Kinder.

Deutschland hat 2017 die Istanbul-Konvention ratifiziert und sich damit zu deren Umsetzung verpflichtet. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.

Nun gilt es, vor Ort zu schauen, was wir tun müssen, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen. Der Senat hat 2014 ein umfangreiches Konzept dazu gegeben, das hat meine Kollegin schon erwähnt. Und mit der Opferschutzkampagne Aus/ Weg ermutigte der Senat 2017 Frauen, diese Gewaltbeziehung zu beenden. Frauen aus allen Bereichen der Gesellschaft sprachen offen über ihre Gewalterfahrungen und machten anderen Frauen Mut. Diese Plakataktion der Behörde war sehr erfolgreich, sodass sie bereits zweimal ausgezeichnet wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)