Annkathrin Kammeyer

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir heute hier im Parlament im Nachklapp zum diesjährigen Welt-AIDS-Tag ein weiteres Zeichen gegen die Diskriminierung und Stigmatisierung HIV-positiver Menschen setzen können. Wir fordern den Senat heute auf – meine Kollegin hat es schon erwähnt –, die Deklaration der Deutschen Aidshilfe #positivarbeiten zu unterzeichnen und zukünftig bei Bewerberinnen und Bewerbern nicht mehr, in welcher Form auch immer, nach einer HIV-Infektion zu fragen. HIV-positive Menschen sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Kolleginnen und Kollegen wie alle anderen Menschen auch. Sie sind genauso leistungsfähig, sie können jeden Beruf ohne Einschränkung ausüben. Der medizinische Fortschritt, eine rechtzeitige Diagnose und gute Therapiemöglichkeiten machen dieses heute möglich, und das ist großartig.
Was jedoch nicht großartig ist, ist die Tatsache, dass HIV-positive Menschen in unserer Gesellschaft trotzdem noch immer Opfer von Diskriminierung und Stigmatisierung werden. Gerade in dem für alle Menschen so zentralen Bereich des Arbeitslebens müssen die Betroffenen sich immer wieder Stigmatisierungen ausgesetzt fühlen. Das ist gegen die Menschenwürde jedes Einzelnen, und die berufliche Benachteiligung der Betroffenen ist nicht mehr hinnehmbar. Oft passieren Stigmatisierungen im beruflichen Umfeld, auch aus Angst vor der Krankheit und Unwissenheit über den gegenwärtigen medizinischen Fortschritt. Hier müssen wir dringend Wissenslücken schließen. An dieser Stelle möchte ich der Deutschen Aidshilfe, aber
auch unserer Hamburger AIDS-Hilfe für ihr unermüdliches Engagement in dieser Frage danken.
Die Unterzeichnung der Deklaration #positivarbeiten wird die Stigmatisierung nicht beenden, aber die Bürgerschaft und die Freie und Hansestadt Hamburg als einer der größten Arbeitgeber dieser Stadt setzen heute ein wichtiges Zeichen für Respekt und die Selbstverständlichkeit eines diskriminierungsfreien Umgangs mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben. Ich freue mich sehr, dass der Bezirksamtsleiter des Bezirksamtes HamburgMitte, Falko Droßmann, unseren Beschluss heute gar nicht mehr abwarten konnte und die Deklaration schon vor einigen Tagen unterschrieben hat. Lassen Sie uns das doch heute mit einem breiten Votum hier im Haus unterstützen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fast 140 000 Menschen sind im letzten Jahr Opfer von häuslicher Gewalt geworden, 82 Prozent der Opfer sind Frauen. Das Dunkelfeld dürfte jedoch deutlich größer sein. Diese erschreckenden Zahlen des Bundeskriminalamts hat das Bundesfamilienministerium letzte Woche zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen in Berlin vorgestellt. Diese Zahlen haben mich tief bewegt, und ich glaube, das geht uns allen so.
Die Zahlen zeigen deutlich, dass Gewalt gegen Frauen keine Randerscheinung, sondern ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft ist. Dieses Problem darf nicht totgeschwiegen, tabuisiert oder marginalisiert werden. Es gehört in die Mitte der Gesellschaft, denn genau dort findet Gewalt gegen Frauen auch statt. Wir müssen das Schweigen brechen. Deswegen finde ich es wichtig, dass wir heute in der Aktuellen Stunde an prominenter Stelle miteinander über das Thema sprechen.
Nur so können wir Frauen, die Gewalt erfahren haben, dazu ermutigen, sich aus gewalttätigen Beziehungen oder Strukturen zu befreien und rechtzeitig Hilfsangebote anzunehmen. Der erste Schritt in ein gewaltfreies Leben ist für viele der betroffenen Frauen, Schutz in einem der fünf Hamburger Frauenhäuser zu suchen. Unsere Aufgabe ist es, eine ausreichende Anzahl dieser Plätze vorzuhalten und die Frauenhäuser stetig instand zu setzen, um auch eine bauliche Qualität dieser Schutzplätze zu gewährleisten. Deswegen haben wir in der vergangenen Legislaturperiode rund 6,7 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung unserer Frauenhäuser investiert. Rot-Grün veranschlagt dieses Jahr im Zuge der Haushaltsberatungen weitere 820 000 Euro für neu entstandene Sanierungsbedarfe in den Frauenhäusern.
Der steigenden Anzahl der Hilfe suchenden Frauen wollen wir mit der Einrichtung eines neuen Frauenhauses mit 30 Plätzen begegnen. Ziel muss es immer sein, die Frauen möglichst schnell in ihren eigenen Wohnraum zu kriegen. Das Projekt Vivienda leistet hier gute Arbeit und begleitet und unterstützt Frauen auch nach dem Auszug aus dem Frauenhaus. Künftig soll die 2016 geschaffene Koordinierungs- und Aufnahmestelle 24/7 dieses Anliegen auch zu einem früheren Zeitpunkt unterstützen.
Im Jahr 2014 ist das Hamburger Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege auf den
Weg gebracht worden. Dieses wird in der laufenden Legislaturperiode fortgeschrieben und weiter ausgebaut und entwickelt.
Hamburg verfügt über einen klug aufeinander abgestimmtes Hilfesystem. Die vielen Beratungsstellen leisten eine vorbildliche Arbeit und passen sich stets mit großem Engagement auch neuen Beratungsbedarfen an. Ihnen gilt an dieser Stelle unser ausdrücklicher Dank.
Diese bestehenden Beratungsangebote sollen in den nächsten beiden Haushaltsjahren mit jeweils zusätzlichen 250 000 Euro gestärkt werden. Den Schwerpunkt dabei soll zum einen das proaktive Aufsuchen und die interkulturelle Begegnungsarbeit bilden, zum anderen soll die Beratung von Erwachsenen, die in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, gestärkt werden.
Ein wichtiger Baustein für jeden effektiven Opferschutz ist die präventive Arbeit. Ich freue mich sehr, dass die beiden Projekte, SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt – und comMIT!ment, auch in den letzten zwei Jahren mit ausreichenden Kapazitäten fortgeführt werden.
Ein wichtiger Schritt ist es, die Staatsanwaltschaften weiter zu stärken. Opfer von Beziehungsgewalt müssen sich auf einen starken Rechtsstaat verlassen können.
Meine Ausführungen machen sicherlich deutlich, welchen großen, auch haushalterischen Stellenwert die rot-grüne Koalition diesem Thema beimisst. So sind allein für den Haushalt 2019/2020 von den Regierungsfraktionen mehr als 2,3 Millionen Euro zusätzlich für die Opferschutzmaßnahmen und die Sanierung von Frauenhäusern vorgesehen.
Gute Präventions- und Beratungsangebote allein reichen allerdings nicht aus. Das Thema Gewalt an Frauen muss auch gesellschaftlich viel öfter thematisiert und geächtet werden. Dieses Thema gehört nicht in eine Schmuddelecke oder in die Privatheit Einzelner, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Gewalt gegen Frauen findet in jedem Teil unserer Gesellschaft statt. Diese Realität muss endlich anerkannt werden.
Solange allerdings weiter über Familientragödien gesprochen und berichtet wird, wenn ein Mann seine Frau und seine Kinder umbringt, haben wir gesellschaftlich noch einiges zu tun.
Lassen Sie uns auch heute in unserer Debatte ein lautes und deutliches Zeichen für den Kampf gegen Gewalt an Frauen setzen. Ein Zeichen dafür, dass Hamburg handelt und alles Nötige dafür tut, um die Opfer in allen Belangen zu unterstützen, Gewalt präventiv zu verhindern und Gewalttaten schnell aufzuklären. Ich freue mich sehr über die gute Zusammenarbeit in dieser Frage in der Vergangenheit und bin sehr zuversichtlich, dass wir sie auch in Zukunft gemeinsam so führen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Özdemir, Sie haben bereits erwähnt, dass wir heute in der Aktuellen Stunde, wie ich finde, sehr schön und sehr würdig über das Thema Gewalt gegen Frauen debattiert haben, und da kam auch schon die Finanzierung der Frauenhäuser zur Sprache. Was mich jetzt im Vorfeld ein bisschen irritiert hat, ist, dass Sie diesen Antrag zum heutigen Sitzungstag angemeldet haben und nicht im Zuge der Haushaltsberatungen; da hätte er meiner Meinung nach hingehört.
Ja, aber unserer steht heute nicht auf der Tagesordnung.
Na gut, ich mache erst einmal weiter. Ich möchte trotz der Debatte in der Aktuellen Stunde noch einmal ein paar Punkte aus dem Antrag aufgreifen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Platzanzahl in den Hamburger Frauenhäusern steigen muss und dass mehr Plätze benötigt werden. Ich habe mich persönlich sehr über die Ankündigung der Senatorin gefreut, ein weiteres Haus mit 30 Plätzen zu schaffen. Sie wissen genau wie ich, dass allein die Standortsuche eines solchen Frauen
hauses aufgrund unterschiedlicher Probleme und auch Sicherheitslagen sich durchaus schwierig gestalten kann. Ich empfinde es als einen großen Erfolg, dass wir jetzt dieses neue Frauenhaus erst einmal suchen und dann vielleicht bauen oder sanieren oder eröffnen und dass dieses vom Senat im Moment mit Hochdruck vorangetrieben wird. Wir als Parlament werden das auf jeden Fall nach Kräften unterstützen.
Was Sie immer vergessen, wenn es um die Platzanzahl geht – das hat die Senatorin in der Aktuellen Stunde auch erwähnt –, ist, dass die Einrichtung der 24/7 als zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für eine große Entlastung gesorgt hat. Dieses Angebot soll platzmäßig im nächsten Jahr noch einmal aufgestockt werden. Weitervermittlungen in andere Bundesländer sind nicht immer nur dadurch bedingt, dass wir in Hamburg Platzmangel haben, sondern manchmal hat es auch andere Gründe, nämlich aufgrund der Sicherheitslage einer Frau, dass man sie nicht in Hamburg im Frauenhaus unterbringt, sondern in einem anderen Bundesland.
Es ist richtig, dass die 24/7 sich an die Abgeordnete des Sozialausschusses gewandt hat, um auf ihre massiven Probleme aufmerksam zu machen. Es gab dann Gespräche, das haben Sie schon gesagt, auch im Ausschuss, unter den Obfrauen, aber auch mit der Behörde. Ich finde, dass relativ schnell eine gute, unbürokratische Lösung gefunden werden konnte, die den Frauenhäusern jetzt mehr Flexibilität bei dem Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen verschafft.
Die Frauenhäuser sollen künftig ein Personalbudget anstatt der Personalstellen zugewendet bekommen, und ich glaube, das wird sie in ihrer Flexibilität, wie sie ihr Personal einsetzen, sehr bestärken. Die Schnittstellen der Frauenhäuser mit anderen Behörden und Stellen sollen außerdem optimiert werden. Das soll zu einer weiteren Entlastung der Mitarbeiterinnen vor Ort führen. Es gehört auch dazu, dass Hamburg als eines der wenigen Bundesländer seine Frauenhäuser über feste Zuwendungen finanziert. Das ist für eine gute und verlässliche Arbeit der Frauenhäuser besonders relevant.
Der langen Verweildauer der Frauen in Frauenhäusern wirken wir mit dem Projekt VIVIENDA entgegen. Das Projekt soll seine erfolgreiche Arbeit auch in den nächsten zwei Jahren fortführen. Außerdem sind Frauenhausbewohnerinnen in die Förderrichtlinie zum Ankauf von Belegungsbindung aufgenommen und können als Zielgruppe bei Konzeptausschreibungen des LIQ berücksichtigt werden.
Wir werden auch im Haushalt 2019/2020 wieder auskömmliche Mittel für die Sanierungsbedarfe der bestehenden Frauenhäuser zur Verfügung stellen und es soll viel in den Opferschutz investiert werden – ich habe es vorhin schon gesagt –, insgesamt 2,7 Millionen Euro. Von der rot-grünen Koalition liegt ein umfangreicher Haushaltsantrag vor, den wir im Dezember hier miteinander beraten werden.
Ihren Antrag würden wir gern an den Sozialausschuss überweisen, weil es uns wichtig ist, ihn dort noch einmal intensiv mit Ihnen zu diskutieren und meiner Meinung nach auch gern zeitnah. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Ovens, ich glaube, es wäre für die Diskussion besser, wenn Sie hier nicht immer die Riesenkeule rausholen würden, vor allen Dingen bei einem Thema, wo wir uns eigentlich komplett einig sind. Ich glaube, das würde der Debatte wirklich helfen. Ich wollte mich nämlich eigentlich für diesen Diskussionsaufschlag bedanken.
Uns Sozialdemokraten liegen die gleichen Aufstiegschancen für alle und damit ein ausfinanziertes und vor allem unbürokratisches BAföG-System naturgemäß besonders am Herzen. Deswegen haben wir auch gemeinsam mit der CDU und CSU einen Koalitionsvertrag geschlossen und uns darauf verständigt, die Bedarfssätze zu erhöhen und auch die Freibeträge anzuheben, um eben die Zahlen der BAföG-Berechtigten und -Empfänger wieder zu steigern. Bis 2021 will der Bund nun also rund 1 Milliarde Euro zusätzlich investieren. Die Bedarfssätze zu erhöhen ist auch dringend notwendig. Gerade in Universitätsstädten steigen zum Beispiel die Kosten für Wohnraum immens. Das haben wir insbesondere aber auch in Hamburg der verfehlten Wohnungsbaupolitik der CDU der letzten Jahrzehnte zu verdanken.
Nun aber konkret zu Ihren Forderungen im Antrag, die wir in der grundsätzlichen Stoßrichtung eigentlich teilen. Auch wir sind der Meinung, dass die Antragstellung für das BAföG vereinfacht und entbürokratisiert werden muss. Allerdings liegt eine große bürokratische Hürde im Rahmen der Antragstellung im Moment bei den Formblättern nach Paragraf 46 Bundesausbildungsförderungsgesetz und denen der Erlass- und Verwaltungsvorschriften. Die Zuständigkeit für die Änderung liegt beim Bund. Wir können da ja gern gemeinsam mit unseren Parteikollegen in Berlin sprechen und für eine
Vereinfachung werben. Sie haben auch recht, im Zuge der Ausweitung des BAföG kann man durchaus auch über eine geeignete Ausweitung der Informationspolitik in Sachen BAföG nachdenken. Allerdings unternimmt das Studierendenwerk, wie auch gestern schon im Ausschuss gehört, bereits vielfältige Anstrengungen, um mehr junge Menschen als bisher zu einer Antragstellung zu ermutigen. Bevor wir die Informationspolitik anpassen und weitere Forderungen formulieren …
Ja?
Nein, ich bin gleich fertig und habe nur noch 6 Sekunden. Läuft das weiter, wenn Sie fragen?
Okay.
Bevor wir die Informationspolitik anpassen und weitere Forderungen formulieren, sollten wir allerdings zunächst auf die konkreten Änderungen beim BAföG auf Bundesebene warten. Der Referentenentwurf soll Ende des Jahres vorgelegt werden und damit sollen im Wintersemester 2020 wieder mehr Studierende ein auskömmliches BAföG beziehen. Der Senat hat gestern im Ausschuss berichtet, dass er den Prozess im Bund eng begleitet und gegebenenfalls auch mit weiteren Initiativen nachsteuern will.
Also, liebe CDU-Fraktion …
Machen Sie Ihren Kollegen in Berlin Druck, wir machen das auch. Wir lehnen Ihren Antrag ab und auch den Zusatzantrag der FDP. Ich melde mich vielleicht noch mal.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. Oktober letzten Jahres eine wegweisende Entscheidung getroffen: Die bisherigen Regelungen des Personenstandsrechts sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wenn sie intergeschlechtlichen Menschen neben den Optionen männlich/weiblich keine weitere positive Option ermöglichen. Der Umstand, dass Männer und Frauen sich im Personenstandsregister mit ihrem Geschlecht eintragen lassen können, Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, aber nur die Möglichkeit bleibt, gar kein Geschlecht einzutragen, ist verfassungswidrig. Die bisherige Regelung im Personenstandsgesetz verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Personengruppe. Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht jedes Menschen gehört nämlich auch seine geschlechtliche Identität. Die geschlechtliche Identität entscheidet darüber, wie eine Person sich selbst wahrnimmt, aber auch, wie sie von anderen wahrgenommen werden will und wird. Die Zuordnung zu einem Geschlecht ist dabei besonders identitätsstiftend und somit zentraler Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, und das gilt für Männer, für Frauen, aber eben auch für Personen, die sich keinem der beiden genannten Geschlechter zuordnen lassen.
Das Personenstandsrecht wiederum ist keine bloße Formalie, sondern beschreibt die Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung. Das Perso
Das Wahlergebnis ist auf Seite 5538 zu finden.
nenstandsrecht verlangt bisher einen Geschlechtseintrag, ermöglicht jedoch einer bestimmten Gruppe in unserer Gesellschaft keinen positiven Eintrag, der ihrem Geschlecht entspricht. Das, liebe Abgeordnete, ist diskriminierend, das verdrängt eine Gruppe von Menschen aus der öffentlichen Wahrnehmung und marginalisiert die geschlechtliche Vielfalt, die es real in der Gesellschaft gibt, und deswegen begrüßen wir als SPD-Fraktion die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich.
Auch wenn ich in der Sache und im Ergebnis sehr glücklich über die Entscheidung aus Karlsruhe bin, macht es mich als Abgeordnete nachdenklich. Zum wiederholten Mal haben wir Politikerinnen es nicht selbst geschafft, eine Diskriminierung von Personen im deutschen Recht zu beseitigen, sondern wieder einmal mussten die Bundesverfassungsrichterinnen unseren Job machen. Das, liebe Kolleginnen, sollte uns zu denken geben. Aber auch wenn es sich hier um Bundesrecht handelt, möchte ich auch in diesem Haus einmal an alle Kolleginnen appellieren, besonders auf der rechten Seite des Hauses, die aber leider erwartungsgemäß gerade nicht so zahlreich vertreten sind. Ich möchte Sie trotzdem auffordern, …
Herr Warnholz ist da, das freut mich.
Ich möchte Sie auffordern, die Belange von LSBTI künftig nicht mehr als belangloses Nischenthema abzutun, sondern gemeinsam für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen zu streiten.
Auch der häufig zu hörende Verweis darauf, dass es ja nun wirklich wichtigere Probleme gebe, ist fehl am Platz. Aus der Perspektive eines nicht unmittelbar Betroffenen lässt sich natürlich immer leicht darauf verweisen, dass es Wichtigeres gibt. Aber ich möchte mir den Aufschrei meiner männlichen AfD-Kollegen gar nicht vorstellen, wenn sie sich nicht einmal als Männer im Personenstandsregister eintragen lassen könnten. Die Diskriminierung von gesellschaftlichen Gruppen ist immer ein relevantes Thema, egal wie groß diese Gruppe ist, und wir als Rot-Grün stehen mit aller Konsequenz gegen jede gruppenbezogene Ausgrenzung.
In Hamburg haben wir als rot-grüne Koalition das Thema schon länger auf der Agenda. So ist die Anerkennung der Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten und deren Abbildung im staatli
chen Handeln immer wiederkehrendes Motiv unseres Landesaktionsplans für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt mit seinen elf Handlungsfeldern und 90 Einzelmaßnahmen.
Mit dem heutigen Antrag senden wir ein starkes Signal nach Berlin und fordern unsere Kolleginnen auf Bundesebene nachdrücklich dazu auf, dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen und ein diskriminierungsfreies, verfassungskonformes Personenstandsgesetz zu erlassen. Wenn nötig, tun wir das auch durch eine Bundesratsinitiative.
Es wird im Bund unter Einbeziehung der unterschiedlichen Experten noch zu diskutieren sein, ob ein drittes Geschlecht, wie etwa inter/divers, im Personenstandsgesetz eingeführt wird oder ob in Zukunft insgesamt auf einen Geschlechtseintrag verzichtet werden kann. Wichtig ist aber in allererster Linie, dass wir in diesem Jahr noch ein Personenstandsrecht bekommen, das Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, nicht mehr ausgrenzt und das endlich der realen Vielfalt geschlechtlicher Identität gerecht wird. Dafür stehen wir als rot-grüne Koalition in Hamburg und dafür bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.
Ein letzter Punkt: Den Zusatzantrag der LINKEN werden wir in diesem Fall ablehnen, weil er in vielen Punkten unserem Antrag entspricht und wir allerdings zunächst die Arbeit auf Bundesebene abwarten wollen, bevor wir in letzter Konsequenz auch eine Initiative im Bundesrat in Betracht ziehen. – Ich bedanke mich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir Hamburgerinnen und Hamburger haben zwar bisher recht wenige gesetzliche Feiertage; dafür sind sie größtenteils männlich geprägt. So erinnern sie uns beispielsweise an die Geburt eines Mannes, an die Kreuzigung eines Mannes, an die Auferstehung eines Mannes,
an die Gründung der Kirche durch einen Mann und daran, dass ein Mann in den Himmel gefahren ist. Es war nicht der gleiche Mann, das stimmt.
Gemeinsam haben Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Himmelfahrt aber nicht nur ihren männlichen Bezug, sondern auch ihre religiöse Bedeutung. Ich begrüße sehr, dass wir Hamburgerinnen und Hamburger uns einen weiteren gesetzlichen Feiertag geben. Ich bin aber auch der Meinung, dass wir im 21. Jahrhundert keinen siebten Feiertag brauchen, der sich zumindest in der Wahrnehmung der Menschen in erster Linie mit einem christlichen Mann beschäftigt.
Martin Luthers und Johannes Bugenhagens Verdienste sind nicht nur für die Entwicklung der Kirche, sondern auch für unser Bildungssystem und unsere Sprache kaum zu überschätzen.
War Martin Luther seiner Zeit, was aufklärerisches Gedankengut angeht, in vielen Bereichen weit voraus, so gilt dies jedenfalls nicht für seine Einstellung zur Rolle der Frau. Um nur eines der vielen Zitate zu nennen:
"Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allemal, dass die Männer durch sie geboren werden."
Ich plädiere dafür, dass wir nicht den Reformationstag, sondern den 8. März zum neuen Feiertag machen, der an die Errungenschaften der Frauenbewegung erinnert, die unter anderem darin bestehen, dass Frauen heute hier sitzen, stehen, Reden halten und auch am Ende dieser Debatte über diesen Feiertag mitentscheiden. Frauenrechte und die gleiche Teilhabe von Frauen an der Gesellschaft mussten immer gegen erbitterte Widerstände erkämpft werden. Erst vor 100 Jahren durften Frauen das erste Mal wählen, auf die erste weibliche Regierungschefin mussten wir bis 2005 warten.
Aber auch heute noch finden sich sehr wenige weibliche Straßennahmen im Stadtbild wieder. Mit einem neuen Feiertag sollte meiner Meinung nach in erster Linie ein politisches und gesellschaftliches Signal verknüpft sein. Der Weltfrauentag ist über gesellschaftliche Schichten und Religionen hinweg relevant. Er erinnert an die Errungenschaften der Frauenbewegung und mahnt uns zugleich, wie viel wir im Bereich der Gleichstellung noch zu tun haben. Der Weltfrauentag ist weltlich, aber grenzt keine Religion aus. Wir Hamburgerinnen und Hamburger sollten bei der Entscheidung über einen neuen Feiertag weniger nach links und rechts gucken, sondern mit hanseatischem Selbstbewusstsein voranschreiten und als erstes Bundesland den Weltfrauentag zum gesetzlichen Feiertag machen.
Angesichts der 66 Antragstellerinnen und Antragsteller für den Reformationstag rechne ich am Ende der Debatte nicht mit einer Mehrheit für diesen Antrag. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass der Großteil der Mitglieder dieses Hauses die immense Bedeutung des Weltfrauentages anerkennt, und hoffe darauf, dass wir ihm in zehn Tagen, aber vor allen in den nächsten Jahren eine größere Bedeutung beimessen können. Auch nach dem heutigen Tag haben wir im Vergleich zu Bayern tatsächlich noch ein paar Feiertage Rückstand. Vielleicht verkürzen wir diesen ja in den nächsten Jahren noch einmal und dann sollten wir wirklich überlegen, in Hamburg einen ersten Feiertag mit weiblichem Bezug einzuführen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gewalt gegen und Missachtung von Frauen in Deutschland und auch in Hamburg ist keine Häufung von tragischen Einzelschicksalen, sondern angesichts von 25 Prozent Frauen, die schon einmal Gewalt durch den Beziehungspartner erfahren haben, geradezu ein alltägliches Phänomen, insbesondere in unserer Nachbarschaft. Dabei dürfen wir als Politik uns nicht allein auf die Stärke des Rechts verlassen. Wer Gewalt gegen Frauen verübt, macht sich in Deutschland strafbar, doch mit Gesetz und Strafverfolgung lässt sich dieser gesellschaftlichen Problematik nur teilweise begegnen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt vor allem in der Prävention und gesellschaftlichen Sensibilität. Mit den Projekten Commitment und StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt haben wir als rot-grüne Koalition zwei Projekte, die durch präventive Aufklärung und Sensibilisierung in gesellschaftlichen Strukturen Gewalt gegen Frauen verhindern wollen.
Nachdem Frau Demirel soeben zu Commitment gesprochen hat, möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal mit StoP beschäftigen. Die Initiative StoP hat es sich zum Ziel gesetzt, Beziehungsgewalt entgegenzuwirken, und setzt dabei auf die Nachbarschaft. Die Sensibilität für das Thema Partnergewalt in der unmittelbaren räumlichen Umgebung ist ein entscheidender Faktor beim Kampf gegen Gewalt in Beziehungen. Viel zu oft gibt man sich damit zufrieden, dass die Nachbarin mit den blauen Flecken schon wieder im Treppenhaus gestürzt ist. Diesem Phänomen wirkt StoP aktiv entgegen. Durch Fortbildung, Aktionsgruppen, Jugendarbeit und Informationsveranstaltungen werden soziale Netzwerke in den Stadtteilen gestärkt und es wird auf das Thema Partnergewalt aufmerksam gemacht. Durch aufmerksame Nachbarn, die Stellung gegen Gewalt beziehen, anstatt wegzuschauen, die mutmaßliche Opfer ansprechen, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen, können im Einzelfall Leben und Gesundheit von Menschen geschützt werden.
Diese wichtige Arbeit haben wir als rot-grüne Koalition mit weiteren Mitteln unterstützt. Damit werden nicht nur die erfolgreichen StoP-Projekte in Horn und Steilshoop gestärkt, sondern auch ein drittes Projekt in Osdorf aufgebaut. Die drei Standorte befinden sich in einem permanenten fachlichen Austausch, um ihre Arbeit zu evaluieren und sich im Kampf gegen Beziehungsgewalt zu vernetzen.
Letzter Satz: Darauf sind wir stolz. Lassen Sie uns gemeinsam auch in Zukunft dafür kämpfen, dass Frauen und Mädchen in Hamburg sicher sind. Gewalt in der Partnerschaft ist keine Privatsache, sondern geht uns alle an. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat das Jahr 2017 zum Themenjahr für sexuelle Vielfalt erklärt. 2017 steht unter dem Motto "Gleiches Recht für jede Liebe". Insofern passt es hervorragend, dass wir heute den Aktionsplan für Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Bürgerschaft diskutieren.
Hamburg hat mit dem Beschluss des Aktionsplans einmal mehr deutlich gemacht, dass die Belange und Rechte lesbischer, schwuler, bisexueller, trans- und intersexueller Menschen zu unserer Identität als moderner, weltoffener Stadt gehören. Und ich sage sehr bewusst Hamburg und nicht der Senat, Rot-Grün oder die SPD, weil dieser Aktionsplan insbesondere auch seine Wurzeln im zivilgesellschaftlichen Engagement zahlreicher Initiativen hat.
Mit diesem Aktionsplan verfolgen wir das Ziel, dass allen Menschen gleichberechtigte Teilhabe und vorbehaltlose Anerkennung zuteilwird, unabhängig von ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität.
Schon in der letzten Legislaturperiode hat die damalige Senatorin für Justiz und Gleichstellung, Jana Schiedek, den Aktionsplan auf den Weg gebracht. Im rot-grünen Koalitionsvertrag haben wir beschlossen, den Aktionsplan in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Daraufhin wurde der Entwurf in den letzten zwei Jahren von der Senatorin Katharina Fegebank und dem Senat weiterentwickelt und insbesondere um die neuen Herausforderungen, die im Zusammenhang mit Geflüchteten entstanden sind, ergänzt. In diesem intensiven Prozess befanden wir uns stets in einem regen Austausch mit der Community. Für die Anregungen, Kritik und Ratschläge aus den zahlreichen Gesprächen bin ich sehr dankbar.
Dieser diskursive und beteiligungsorientierte Prozess hat dazu beigetragen, dass wir heute einen umfassenden, ganzheitlichen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Situation von LSBTI in Ham
burg vorliegen haben, der die Kompetenzen der Fachbehörden und Senatsämter bündelt und dabei auch zeigt, dass der Kampf für Akzeptanz und Vielfalt in Hamburg nicht nur von der Gleichstellungsbehörde, sondern vom ganzen Senat geführt wird.
Der Aktionsplan umfasst elf Handlungsfelder mit 90 konkreten Einzelmaßnahmen, die von der Kindheit bis zum Alter reichen. Ziel der Maßnahmen ist es, aufzuklären, zu sensibilisieren, die Teilhabe und Selbstbestimmung zu stärken und Benachteiligung und Diskriminierung in allen Lebensbereichen abzubauen. Konkrete Beispiele sind die Erarbeitung eines Konzepts zur Vorbeugung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Sport oder auch Maßnahmen im Bereich der Pflege und offenen Seniorenarbeit.
Die Umsetzung der Maßnahmen soll ein runder Tisch unter Einbeziehung der Community begleiten. Dabei ist der Landesaktionsplan aber keineswegs der Startschuss des rot-grünen Engagements für LSBTI in dieser Legislatur, sondern vielmehr die konsequente Fortführung unserer Arbeit in den letzten zwei Jahren.
Da kann man klatschen, Andreas.
Als Beispiele seien hier nur unser Haushaltsantrag, der den Bereich Gleichstellung mit zusätzlichen finanziellen Mitteln ausstattet, unser Engagement für das Schulaufklärungsprojekt Soorum oder die Schaffung der Netzwerkstelle selbstbewusst trans* im mhc genannt.
Liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat eine Umfrage herausgebracht, in der sich 82 Prozent der Deutschen für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aussprechen. Jetzt frage ich Sie: Wie lange noch wollen Sie und Ihre Partei Menschen diskriminieren, die sich lieben? Wie lange wollen Sie die von Hamburg initiierte positiv beschiedene Bundesratsinitiative ignorieren? Und wie lange noch müssen schwule und lesbische Paare unter dem Bauchgefühl Ihrer Kanzlerin leiden? Ich sage Ihnen, wie lange, bis zum 24. September 2017, dann werden Sie nämlich abgewählt.
Ich möchte kurz noch etwas zur medialen Berichterstattung sagen, nämlich zu der der "Bild"-Zeitung. Sie hat am 28. Januar 2017 einen kleinen Artikel in ihrem Blatt veröffentlicht, in dem sie die Sinnhaftigkeit des Aktionsplans infrage stellt, weil Anerkennung und Teilhabe für Menschen unab
hängig der sexuellen Identität schon längst selbstverständlich wären. Erst einmal freut mich das, dass wir dazu die gleiche Einstellung haben; ich finde auch, dass Akzeptanz für LSBTI eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Aber solange 40 Prozent der Deutschen angeben, dass sie es unangenehm fänden, wenn der eigene Sohn sich als schwul outet, oder solange 38 Prozent der Deutschen angeben, es sehr unangenehm zu finden, wenn homosexuelle Paare sich in der Öffentlichkeit küssen, solange es noch normal ist, dass Frauen auf der ersten Seite der "Bild"-Zeitung nackt sind, solange können wir, glaube ich, noch nicht von Gleichstellung und Akzeptanz als Selbstverständlichkeit sprechen.
Ich habe noch zehn Sekunden. Der Landesaktionsplan richtet den Fokus auf das alltägliche Leben, er zeigt auf, welche Probleme real existieren. Ich freue mich über Ihre Unterstützung und auch noch auf einen fachlichen Austausch im Ausschuss. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Hamburg und in ganz Deutschland leiden viele Prostituierte unter schlechten Arbeitsbedingungen, Ausbeutung und sozialer sowie gesellschaftlicher Ausgrenzung. Unsere Aufgabe muss es sein, die Selbstbestimmungsrechte von Prostituierten zu stärken und einer Verdrängung in die Illegalität vorzubeugen. Dabei haben wir sowohl diejenigen Prostituierten im Blick, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, als auch diejenigen, die aufgrund einer finanziellen Zwangslage Prostituierte geworden sind, als auch diejenigen, die sich aus freier Motivation für den Beruf der Sexarbeiterin entschieden haben. Für diese extrem verschiedenen Gruppen bedarf es differenzierter Lösungsansätze, die sich an den Lebensrealitäten der konkret Betroffenen orientieren.
Zu diesem Zweck haben wir als rot-grüne Regierungsfraktion bereits im Koalitionsvertrag die Einrichtung eines Runden Tisches Prostitution in Hamburg niedergeschrieben. Dieser runde Tisch soll sich am erfolgreichen Vorbild aus NordrheinWestfalen orientieren; Frau Engels hat es bereits angedeutet. Dort konnten, obwohl oder gerade weil der runde Tisch aus einem sehr breiten Spektrum an Vertreterinnen und Vertretern zusammengesetzt war, sehr erfolgreich gemeinsame Verhandlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung formuliert werden. Insbesondere waren auch Prostituierte selbst an den Beratungen beteiligt. An diesem Erfolgsprojekt aus NRW wollen wir uns nun messen lassen.
Der Runde Tisch Prostitution soll mit seiner Expertise ergebnisoffen diskutieren und uns als Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger Lösungsvorschläge für die verschiedenen Problemfelder und Herausforderungen im Bereich Prostitution an die Hand geben. Im Gegensatz zu dem Modell in NRW soll der Runde Tisch Prostitution in Hamburg allerdings als dauerhaftes Gremium eingerichtet werden, das nicht nur einmalige Lösungsvorschläge erarbeitet, sondern darüber hinaus auch als dauerhafte Anlaufstelle zum Erfahrungsaustausch und frühzeitigem Besprechen möglicher neuer Konfliktlagen dienen soll. Vorbild hierfür sind die in Hamburg schon als dauerhafte Einrichtungen etablierten runden Tische zur häuslichen Gewalt und Genitalverstümmelung.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang zu betonen, dass der Runde Tisch Prostitution in Hamburg zwar hinsichtlich der Anzahl der Teilnehmenden
begrenzt sein soll, aber in Bezug auf die Auswahl der Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner keinen Closed Shop darstellen wird. Der runde Tisch ist explizit aufgefordert, auch regelmäßig Expertise von zusätzlichen Sachverständigen, aber auch die Meinung und Wahrnehmung von Anwohnerinnen und Anwohnern einzubeziehen. Auf diese Weise schaffen wir ein transparentes, wissensgestütztes und zielgerichtetes Gremium mit dem klaren Ziel, die Situation der Prostituierten in Hamburg zu verbessern.
Hinsichtlich der Situation von Prostituierten fordern wir den Senat jedoch außerdem auf, das Kontaktanbahnungsverbot in St. Georg zu evaluieren. Besonderes die Auswirkungen, die das Kontaktanbahnungsverbot in den letzten Jahren auf den Schutz und die Arbeitsbedingungen der Prostituierten hatte, müssen überprüft werden. Anschließend ist eine Bewertung dahingehend vorzunehmen, ob die jetzige Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Anwohnerinnen und der Anwohner und der Prostituierten darstellt.
Die Situation der Prostituierten in ganz Deutschland ist verbesserungswürdig, nicht nur in Hamburg. Daher ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass sich auf Bundesebene mit dem Prostituiertenschutzgesetz dieses Themas angenommen wird. Schade dagegen ist, dass die Bundesregierung der Hamburger Rechtsauffassung nicht gefolgt ist und das Prostituiertenschutzgesetz für nicht zustimmungsbedürftig im Bundesrat hält. Zudem wurden auch die Fragen einiger Länder zur Klärung der mit dem Gesetz einhergehenden Finanzierungsfragen nicht beantwortet. Ich möchte an dieser Stelle Frau Senatorin Leonhard danken, die trotz der fehlenden formellen Beteiligung versucht hat, im Interesse Hamburgs und der Prostituierten Einfluss auf unterschiedliche Punkte des Gesetzes zu nehmen.
Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Thema der Situation der Prostituierten auch noch einmal ausführlich im Sozialausschuss beraten haben. Für die Einsetzung des runden Tisches, Frau Engels hat es schon gesagt, gab es eigentlich einen breiten Konsens innerhalb der Fraktionen. Nun bleibt mir zum Schluss nur noch, allen Beteiligten des runden Tisches viel Erfolg bei ihrer Arbeit zu wünschen. Wir sind sehr gespannt auf die ersten Ergebnisse und freuen uns, diese dann auch in Politik umsetzen zu können. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es fast schon wieder ein bisschen bezeichnend, dass die rechte Seite des Saals komplett leer ist. Ich hätte mir von diesen Fraktionen ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bei diesem wichtigen Thema gewünscht.
Ja, die CDU ist zum Teil noch da, darüber freue ich mich natürlich. Ich habe gesagt, die rechte Seite des Parlaments. Ich habe nicht gesagt, welche Fraktion, aber ich fange jetzt einmal mit der inhaltlichen Rede an.
Frau Engels hatte es gesagt, 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben schon einmal Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erfahren. Das ist nicht nur eine Häufung von schrecklichen Einzelschicksalen, sondern wirft auch ein trauriges Bild auf unsere Gesellschaft.
Die US-amerikanische Soziologin Carol Hagemann-White hat einmal geschrieben:
"Die Gewalt gegen Frauen wirft weniger die Frage nach der Qualität einer Beziehung als nach der Qualität eines Gemeinwesens auf."
Ich denke, in diesem Satz ist viel Wahres enthalten. Wird in Gesellschaften vermehrt Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausgeübt, ist das nicht nur auf eine zufällige Häufung von Gewalttätern zurückzuführen, sondern vielmehr auch ein gesellschaftliches Versagen bei der Prävention einerseits und der Verfolgung dieser Taten andererseits. Gewalt in der Partnerschaft ist keine Privatsache.
Sie zu verhindern und zu ahnden ist eine Aufgabe, die uns alle angeht. Wenn in der Politik über Gewalt in Beziehungen und Gewalt gegen Frauen gesprochen wird, erscheint das häufig als ein abstraktes Problem. Dabei sind Gewalt und Unterdrückung in Partnerschaften konkret, alltäglich und in unserer Nachbarschaft, so auch im Fall von A.
A. ist eine berufstätige verheiratete Frau mit vier Kindern, deren Ehemann sie misshandelt und die Kinder regelmäßig einsperrt. Sogar mit einer Pistole hat er seine Familie mehrfach bedroht. Als A. sich nach Wochen und Monaten der Unterdrückung endlich einer Kindergärtnerin offenbart, setzt das eine engagierte Nachbarschaftskampagne in Gang. Es finden Treffen statt, auf denen beraten wird, wie A. geholfen werden kann. Telefonketten werden installiert. Jederzeit hat A. einen Ansprechpartner in ihrem Umfeld, an den sie sich in Gefahrensituationen wenden kann. Gestärkt durch den Zuspruch der Nachbarschaft steht A. die Bedrohungssituation durch und kann mit ihren Kindern nach einer Zeit im Frauenhaus wieder ohne ihren Mann in die gemeinsame Wohnung einziehen. Ohne dieses zivilgesellschaftliche Engagement der Nachbarn hätte A.s Geschichte auch anders ausgehen können. Und es gibt leider noch viel zu viele Fälle, in denen sich Betroffene in ihrem Umfeld nicht wohl genug fühlen, um sich anderen anzuvertrauen.
Aus diesem Grund haben wir heute diesen Antrag gestellt, um die Initiative "StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt", finanziell weiter zu unterstützen. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, Partnergewalt entgegenzuwirken, und setzt dabei auf die Nachbarschaft.
Die Sensibilität für das Thema Partnergewalt in der unmittelbaren räumlichen Umgebung ist ein entscheidender Faktor beim Kampf gegen Beziehungsgewalt. Viel zu oft werden Fernseher lauter gedreht, wenn aus der Nachbarwohnung Schreie ertönen. Viel zu oft fallen einem die blauen Flecke der Nachbarin im Treppenhaus oder die übergroße Sonnenbrille im Januar sogar auf. Man kann sich aber dann doch nicht durchringen, sie auch darauf anzusprechen. Diesem Phänomen wirkt StoP aktiv entgegen.
Durch Fortbildung, Aktionsgruppen, Jugendarbeit und Informationsveranstaltungen werden soziale Netzwerke in den Stadtteilen gestärkt und für das Thema Gewalt in Beziehungen sensibilisiert. Die Teilnehmerinnen werden ermuntert, ihre kulturellen Leit- und Selbstbilder zu reflektieren. Dabei wird der Fokus nicht nur auf Frauen gelegt, sondern auch Männer und Jugendliche werden aktiv mit einbezogen. Auch Einzelfallbetreuungen können gewährleistet werden.
Durch aufmerksame Nachbarn, die Stellung gegen Gewalt beziehen, anstatt wegzuschauen, die mutmaßliche Opfer ansprechen, anstatt ihnen aus
dem Weg zu gehen, können nicht nur im Einzelfall Leben und Gesundheit von Menschen gerettet werden, nein, es werden auch langfristig und nachhaltig soziale Netzwerke in den Stadtteilen gestärkt.
StoP leistet bereits in Steilshoop und auf der Horner Geest eine hervorragende Arbeit, zum größten Teil ehrenamtlich. Die Vernetzung mit anderen Institutionen in den Stadtteilen ist vorbildlich. Auch die wissenschaftliche Begleitung – Frau Engels hat es angesprochen – durch die HAW hat einen wertvollen Beitrag bei der Fortentwicklung des Projekts geleistet.
Insgesamt sind die von StoP auf die Beine gestellten Projekte eine riesengroße Bereicherung für die beiden Stadtteile.
Ich freue mich heute besonders, dass hier auf der Tribüne auch Vertreterinnen von StoP von der Horner Geest bei uns sind und der Debatte folgen. Schön, dass Sie da sind.
Unser Ziel muss es jetzt sein, die bestehenden Strukturen finanziell weiter zu stärken, aber auch das erfolgreiche StoP-Konzept auf andere Stadtteile auszuweiten, auch in Stadtteilen, in denen gerade neue Nachbarschaften entstehen.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Gewalt in Beziehungen in Hamburgs Stadtteilen durch aktives zivilgesellschaftliches Engagement entgegengewirkt wird. Lassen Sie uns gesellschaftliche Strukturen ausbauen, in denen Opfer von Gewalt, aber auch Gewaltausübende bereit sind, sich anderen anzuvertrauen, wenn sie Hilfe brauchen. Lassen Sie uns gemeinsam die StoP-Initiative unterstützen. Stadtteile ohne Partnergewalt sind etwas, das wir gemeinsam erreichen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
"Wer in Deutschland promoviert, macht fast immer Karriere. Es sei denn, er bleibt in der Wissenschaft."
Das schrieb "Die Zeit" im April 2013 in einer Reportage unter dem Titel "Prekariat statt Professur". Auch wenn diese Überschrift erst einmal ein bisschen reißerisch klingen mag, steckt doch viel Wahrheit dahinter. Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler hangeln sich in der Phase nach der Promotion oft von einer befristeten Stelle zur nächsten. Auch wenn sie dann mit Ende 30 habilitieren, dauert es oft noch Jahre, bis sie eine Professur finden – wenn ihnen das überhaupt
gelingt. Falls nicht, steht man als hochqualifizierter Nachwuchswissenschaftler mit Anfang 40 ohne unbefristeten Job und mit der Aussicht, sich bis zur Rente mit Vertretungen und befristeten Lehraufträgen herumzuschlagen, da.
Dass ausgerechnet diejenigen, die nach sehr erfolgreichem Studienabschluss so hervorragend promoviert haben, dass Ihnen angeboten wird, weiter in der Wissenschaft zu arbeiten, mit derartigen Existenzsorgen konfrontiert sind, tut dem Wissenschaftsstandort Deutschland nicht gut.
Aus meinem Freundeskreis weiß ich, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Lust hätten, in der Wissenschaft zu bleiben, und dafür auch hervorragend geeignet wären, ihre Entscheidung aufgrund dieser Unsicherheiten immer wieder infrage stellen.
Die Wissenschaft wird immer ein hartes Geschäft bleiben und nie der leichteste Weg in den Berufseinstieg für junge Promovierte werden. Auch am Umstand, dass es immer mehr Interessentinnen und Interessenten als Professuren geben wird, wird sich von heute auf morgen nichts ändern. Wir als Politik können aber dafür sorgen, dass Karrieren auch im Wissenschaftsbereich planbarer werden. Wir können Rahmenbedingungen schaffen, die trotz der besonderen Gegebenheiten des Wissenschaftsbetriebs junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermuntern, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.
Ich bin froh darüber, dass über das Grundanliegen der Debatte, nämlich der Verbesserung der Situation von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, in Deutschland weitestgehend parteiübergreifende Einigkeit vorherrscht. Mit dem auf Bundesebene verabschiedeten Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das bereits von uns initiierte wichtige Reformen enthält, zum Beispiel ein Verbot willkürlicher Befristungen und die Stärkung des Rechts auf Vertragsverlängerung für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Kindern, wurde ein wichtiger Schritt gegangen. Gleichzeitig lässt dieses Gesetz aber dringend notwendige Anpassungen wie die Aufhebung der Tarifsperre außen vor.
Ich bin über den Umstand sehr glücklich, dass Hamburg als Ergänzung zu diesem Gesetz in Kooperation mit den Hochschulen einen eigenen Code of Conduct zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Hamburg eingeführt hat.
Dieser Code of Conduct enthält freiwillige Selbstverpflichtungen der Uni Hamburg, der TUHH, der HCU und der HAW, die mit der Stadt auf Vereinba
Das Wahlergebnis ist auf Seite 2389 zu finden.
rungsbasis Aufgaben für die Hochschulen ausgehandelt haben, welche zur positiven Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchsbereichs in Hamburg beitragen sollen. Einzelne hervorzuhebende Punkte des Code of Conduct sind zum Beispiel die Verpflichtung der Hochschulen zur angemessenen Vergütung von Lehraufträgen oder die Sicherheit von Juniorprofessuren, bei erfolgsversprechender Prognose in die zweite Phase der Beschäftigung aufgenommen zu werden.
Für den ausgehandelten Code of Conduct erhielt Hamburg bundesweit positive Rückmeldungen. Auch die Gewerkschaften begrüßen seine Implementierung ausdrücklich. Nun geht es darum, den Code of Conduct zu evaluieren und vor allen auch die freiwilligen Selbstverpflichtungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Mit unserem Antrag heute fordern wir den Senat auf, darüber Bericht zu erstatten, inwiefern der Code of Conduct in Hinblick auf die Befristung von Arbeitsverhältnissen bereits erste Wirkung zeigt, welche Möglichkeiten zur Durchsetzung es bei Verstößen gibt und wie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler über den Inhalt des Code of Conduct informiert wurden.
Rot-Grün bleibt dran an der Verbesserung der Situation der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in Hamburg und setzt sich im Rahmen der Möglichkeiten der Hamburger Landespolitik dafür ein, dass talentierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Wissenschaftsbetrieb angemessene Bedingungen vorfinden und der Forschung und dem Wissenschaftsstandort Hamburg somit nicht verloren gehen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und erwarte mit Spannung die Ergebnisse des von uns geforderten Senatsberichts. – Vielen Dank.