Protocol of the Session on October 17, 2018

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Wir werden in den nächsten Wochen die Schwächen Ihres Konzepts aufzeigen. Wir werden in den nächsten Wochen die Aktenvorlage, die wir beantragt haben, dafür nutzen, um zu zeigen, warum Sie keine belastbare Grundlage haben, auf der das Parlament entscheiden kann. Und wir werden Ihnen bessere Alternativen präsentieren.

(Dirk Kienscherf SPD: Na, da sind wir ja ge- spannt!)

Und ganz besonders spannend ist, wenn man den Weg der Energie durch dieses Netz so verfolgt, wann Wärme eigentlich gut ist nach Ihren Definitionen und wann Wärme schlecht ist. In zwei Wochen wird die Fernwärmeleitung von Aurubis eröffnet, und man hört, Herr Kerstan, Sie hätten geradezu danach gedrängelt, an der Seite des Bürgermeisters zu stehen und diese Leitung mit zu eröffnen. Ja, warum haben wir denn eigentlich das Kraftwerk Moorburg in dieser Stadt? Es hat doch eine Historie. Es hat doch einen Sinn. Der Sinn ist: Die Metallindustrie, die wir in dieser Stadt haben und die wir auch, glaube ich, alle behalten wollen, diese Stadt mit günstigem, grundlastfähigem Strom zu versorgen. Und bei dieser Stromproduktion fällt Wärme an. Diese Wärme ist nach Ihrer Definition schlechte Wärme. Wenn der Strom aber genutzt wird, um Metall zu produzieren, und dabei dann auch Abwärme anfällt,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist Blödsinn! Also wirklich!)

ist diese Abwärme dann gute Abwärme. Die darf ins Fernwärmenetz eingespeist werden. Meine Damen und Herren, absurder geht es nicht mehr. Das ist grüne Ideologie par excellence. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der FDP und bei Harald Feineis und Andrea Oelschläger, beide AfD)

Deswegen sehen wir genau fünf Erkenntnisse, die sich aus dem Senatsgebaren, aus dem verzweifelten Senatsgebaren der letzten Monate, muss man ja sagen, ableiten.

Erstens: Der Senat hat die Wohnkosten völlig aus dem Auge verloren.

(Phyliss Demirel GRÜNE: Quatsch!)

Sie sind unglaubwürdig geworden, wenn es darum geht, den Wohnkostenanstieg zu begrenzen. Das sehen wir beim Stromnetz bei den Kosten und wir werden es bei der Fernwärme sehen. Ein Preisanstieg ist unausweichlich mit Ihrem unausgegorenen Konzept.

Zweitens: Der Rückkauf der Fernwärme gelingt nur mit frisierten Gutachten. Ob die vor dem Beihilferecht Bestand haben, ist völlig offen, und wir werden Ihr Vorgehen an dieser Stelle ganz genau überprüfen.

Drittens: Der Fernwärmerückkauf hat uns die Grenzen der Sinnhaftigkeit von Volksentscheiden aufgezeigt. Für einen überteuerten Rückkauf und einen verschwenderischen, ideologischen, ineffizienten Produktionsapparat haben die Hamburger nicht gestimmt. Es gibt eine smarte Lösung, also nutzen Sie sie.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Viertens: Eine SPD, die nur als grüner Erfüllungsgehilfe operiert, wird nicht gebraucht.

Und fünftens: In der Koalition ist schon jetzt nur noch Wahlkampf ausgebrochen. Herr Bürgermeister, Ihr Unwille, in einen sinnvollen Konflikt mit dem Koalitionspartner zu gehen, nützt der Stadt nicht, er schadet ihr, und deshalb sollten Sie Ihren Kurs dringend überarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann, Thilo Kleibauer und André Trepoll, alle CDU)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Dr. Wolf für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ordentliches Regieren war einstmals ein Motto, mit dem Olaf Scholz seine Politik der Öffentlichkeit verkaufen wollte.

(Zuruf: Hat er nie gemacht!)

Das Motto war schon damals eine Mogelpackung, als noch die Basta-Politik von Herrn Scholz in Hamburg galt. Denn anders, als die PR-Arbeit des Senats es suggeriert: Selbst Wirtschaft konnte die SPD nicht – auch nicht in Hamburg, auch wenn sich dies in der Öffentlichkeit erst nach und nach herumspricht. Mit Peter Tschentscher wird dies der

(Michael Kruse)

Öffentlichkeit endlich bewusst. Zuerst seine Verbeugung vor dem grünen Koalitionspartner zu seinem Amtsantritt, mit dem erkennbar ein anderer Politikstil eingezogen ist; die GRÜNEN werden nicht mehr als der Anbau angesehen, sondern ihre Bedeutung und ihr Einfluss sind spürbar gewachsen. Dann, es klang vorhin schon an, der Rücktritt von Senator Horch, und alle bislang ins Gespräch gebrachten Ersatzkandidaten für den Posten des Wirtschaftssenators haben abgewinkt. Da wird klar, dass die SPD allzu wenig Wirtschaftskompetenz hat. Und nun, für diejenigen, die immer noch nicht sehen wollen oder wollten, der Rückkauf des Fernwärmenetzes zu 100 Prozent, das Nachgeben gegenüber dem grünen Koalitionspartner, das Fernwärmenetz tatsächlich zu 100 Prozent auf der derzeitigen Basis zurückzukaufen, ein weit überhöhter Kaufpreis, bloß weil ein Herr Kerstan und die GRÜNEN es so wollen.

Wir alle haben noch gut in Erinnerung, wie scharf Andreas Dressel, heute Finanzsenator, im Jahr 2013 als SPD-Fraktionschef zum Thema Fernwärmerückkauf Stellung nahm. Eine seiner Pressemitteilungen stand unter der Überschrift "FernwärmeKunden sollten auf Versprechungen der Initiative nicht hereinfallen!" – Ausrufezeichen. Und heute? Da fällt einem spontan der Politikersatz ein "Was schert mich mein Geschwätz von gestern?". Adenauer lässt grüßen, wobei der Vergleich natürlich hinkt.

Und das andere, was einem einfällt: Passt mir das Ergebnis des Gutachtens nicht, wird eben rasch ein neues in Auftrag gegeben, und das so lange, bis das gewünschte Ergebnis herauskommt; was nicht passt, wird passend gemacht. Der normale Bürger allerdings, der Steuerzahler, der Wähler mit gesundem Menschenverstand, kann nur den Kopf schütteln.

(Ekkehard Wysocki SPD: Den vertreten Sie ja nicht!)

Und diese Gutachten, auf die Herr Kerstan und der Senat sich berufen, anders als noch im Frühjahr Herr Dressel, liegen uns bei der heutigen Bürgerschaftssitzung noch nicht einmal vor. Da fehlen einem die Worte. Was für eine Missachtung der Volksvertreter kommt hier zum Ausdruck.

Natürlich gibt es den Volksentscheid, der umzusetzen ist. Aber der durchgeführte Volksentscheid gibt eben keine Einhundert-zu-null-Entscheidung vor, sondern seine Umsetzung setzt voraus und steht auch nach seinem Wortlaut unter der Bedingung, dass die Umsetzung rechtlich zulässig sein muss und insbesondere nicht gegen die Landeshaushaltsordnung verstößt.

(Zuruf: Ja, dann klagen Sie mal dagegen!)

Konkret heißt das, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit gemäß Paragraf 7 der Haushaltsordnung gewahrt sein müssen,

anders ausgedrückt, dass die Umsetzung wirtschaftlich vernünftig ist. Und das scheint hier gerade nicht der Fall zu sein. Damit sind die Voraussetzungen der Umsetzung so unseres Erachtens nicht gegeben und die Entscheidung zum Rückkauf von 100 Prozent des Fernwärmenetzes so nicht durch den Volksentscheid geboten; sie sind nicht von ihm gedeckt. Und das sagen wir, die AfD, als die Partei, die sich, wie wir alle wissen, am stärksten für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung einsetzt.

(Beifall bei Harald Feineis und Dirk Nocke- mann, beide AfD – Heiterkeit bei Anna Galli- na GRÜNE)

Ein Letztes in dieser ersten Runde. Natürlich sagen uns die Regierungsvertreter von Rot-Grün: Keine Sorge, liebe Bürger, das wird alles kostenneutral sein, ihr Bürger braucht nicht mit steigenden Kosten zu rechnen. Pustekuchen. Wie viel auf derartige Politikerversprechen zu geben ist,

(Dr. Monika Schaal SPD: Was sind Sie denn? Eine Miezekatze, oder was?)

zeigen doch gerade die heutigen Meldungen über die Preiserhöhungen beim Strom nach Erwerb von 100 Prozent des Stromnetzes. Um 12 Prozent steigen die Netzentgelte. 12 Prozent. Ich sage speziell den SPD-Vertretern in diesem Hause und auf der Regierungsbank: Vernachlässigen Sie nur weiter Ihre Wähler und verkohlen Sie sie. Den grünen Vertretern und den grünen Wählern mit häufig gehobenem Einkommen macht das wenig aus.

(Wolfgang Rose SPD: Wie viel verdienen Sie denn?)

Der LINKEN-Klientel, überdurchschnittlich oft Bezieher von staatlichen Transferleistungen, wird das auch wenig ausmachen; der Staat wird's im Zweifel schon bezahlen. Aber für den normalen, für den einfachen Steuerzahler, der das selbst mit seinem Gehalt, mit seinem Lohn zu bezahlen hat,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Für das Volk, das dafür gestimmt hat?)

ist das schmerzhaft. Und diese normalen Steuerzahler, früher oft SPD-Wähler, laufen der SPD nicht ohne Grund in Scharen davon. Machen Sie nur weiter so, liebe SPD-Vertreter. Wir, die AfD, stehen bereit und nehmen uns der Sorgen und Nöte der Bürger und der Steuerzahler an.

(Zuruf von Phyliss Demirel GRÜNE)

Auch wenn Sie das gern populistisch nennen. Wir nennen das Demokratie. – In diesem Sinne: Besten Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort erhält nun der fraktionslose Abgeordnete Dr. Flocken.

(Dr. Alexander Wolf)

Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Volksvertreter, liebe Landsleute! Skin in the Game, das bräuchten Sie, Herr Bürgermeister, um einen weisen Ratschluss zu treffen. Der libanesischstämmige Mathematiker und Risikoforscher Nassim Nicholas Taleb hat gezeigt, dass bessere Entscheidungen trifft, wer persönlich mit seiner Haut drinsteckt im Spiel; Skin in the Game nennt er das. Wie viel Angst Sie davor haben, zeigt das zitierte Untreuegutachten. Im Stuttgarter AfD-Grundsatzprogramm von 2016 kommt das weniger poetisch, vielleicht etwas hölzern daher als Politikerhaftung. Davon halten Sie offensichtlich nicht sehr viel.

Wie glücklich sind Sie aber, Herr Tschentscher, dass Sie mit geradezu kindlicher Unschuld hochbelastete Ausdrücke im Mund führen können. Ein Vergleich. In unserer "Gemeinsamen Erklärung 2018" heißt es: Wir fordern, rechtsstaatliche Verhältnisse an den deutschen Grenzen wiederherzustellen. Böse, böse – wiederherstellen.

(Anna Gallina GRÜNE: Reden Sie auch zur Sache?)

Nicht wahr, da klingt doch eindeutig das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums von 1933 durch? Anders hier.

(Zuruf)

Ja, das sage ich Ihnen jetzt.

Ihr Begriff, Herr Tschentscher, "Daseinsvorsorge" ist nun einmal eindeutig von einem NS-Rechtsphilosophen geschaffen, dem Schüler eines anderen NS-Rechtsphilosophen und Teil der NS-Propaganda.