Doch wie absurd diese Behauptung ist, zeigt sich, wenn wir uns die Zahlen etwas genauer anschauen. Das Kerstan-Konzept hätte zur Folge, dass die Vattenfall-Wärme Hamburg fast die Hälfte ihres Unternehmenswerts in neue Anlagen investieren müsste. Diese Anlagen müssten also erst einmal finanziert werden
und würden zudem die Energieerzeugung im Vergleich zu heute nicht günstiger, sondern sogar noch teurer werden lassen. Und das alles soll nach Überzeugung der GRÜNEN keine Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit und somit auch nicht auf die Preise haben. Also was für einen wirtschaftlichen Unsinn wollen Sie den Hamburgerinnen und Hamburgern und uns hier eigentlich auftischen?
Daher kann die Grundlage einer solchen Aussage nur katastrophale wirtschaftliche Unkenntnis sein oder eine gezielte Wählertäuschung, um sich bis zur nächsten Bürgerschaftswahl durchzumogeln.
An kaum einer anderen Fragestellung zeigt sich deutlicher, dass über dieser rot-grünen Koalition mittlerweile der Mehltau der politischen Leichenstarre schwebt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus den Beiträgen der Herren Gamm und Kruse ist eins deutlich geworden: Sie reden von Pragmatismus, Realismus und träumen von Kohle.
Erstes Märchen: Kohle als Übergangstechnologie. Herr Gamm, Sie haben dem Kraftwerk Moorburg hier schon oft die Sinnhaftigkeit bestätigt.
Da kann ich schon verstehen, dass Sie nun über die Wärme zu einer Art Ewigkeitsgarantie kommen wollen. Die Wahrheit aber ist: Der in Moorburg erzeugte Strom ist schon heute durch andere Quellen ersetzbar,
Wenn wir es jetzt in die Fernwärmeerzeugung einbinden, verlängern wir ohne Not die Produktion von 8,5 Millionen Tonnen CO2 jährlich, und das auf fast unbegrenzte Zeit. Diesen Klimafrevel will die Koalition vermeiden. Darum ist jetzt auch mit Vattenfall endgültig geklärt: Moorburg geht nicht ins Fernwärmenetz.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei Stephan Jersch DIE LINKE – Stephan Gamm CDU: Das ist auch nicht richtig!)
Das ist ein Erfolg der rot-grünen Koalition, und den lassen wir uns von Ihren Gespenstergeschichten auch nicht zerreden.
Zweites Märchen: Gefälligkeitsgutachten – hört man ja auch immer so. Auf der letzten Sitzung des Energienetzbeirats am 30. August, bei der Herr Gamm anwesend war, wurde deutlich gesagt: Das BDO-Gutachten, das den Unternehmenswert so stark gesunken sieht, ist zur Ermittlung des realen Unternehmenswerts nach Landeshaushaltsordnung nicht zu gebrauchen. Es legt Komponenten zugrunde, von denen wir schon jetzt wissen, dass sie nicht zum Zuge kommen – Kraftwerk Moorburg. Dafür fehlt ein großer Teil der Komponenten des BUE-Konzepts. Und vor allem: Es fehlt die betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse. Die muss aber vorliegen, und zwar errechnet aus dem Geschäftsmodell der Erwerberin, also der Stadt Hamburg. Darum hat die BUE ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, das das nachholen wird, mit diesen Komponenten, die wir wirklich haben wollen: industrielle Abwärme, das hoch innovative Konzept der Stadtreinigung, der Aquiferspeicher und Erdgas als die dann akzeptablere Übergangstechnologie.
Drittes Märchen: Bezahlbare Wärme durch Kohleeinsatz. Haben Sie denn die Entwicklung der letzten Monate überhaupt nicht mitbekommen? Die Kohlepreise sind massiv gestiegen. In der letzten Heizperiode kostete eine Tonne Steinkohle ungefähr 65 Dollar. Heute, zu Beginn der Heizperiode, sind wir schon bei 72 Dollar. Das sind bereits mehr als 10 Prozent Steigerung.
(Beifall bei den GRÜNEN – Michael Kruse FDP: Das ist aber nur bei den Rohstoffen, nicht bei der Produktion!)
Aktuell liegen wir bei einem CO2-Preis von 22,40 Euro. Vor einem Jahr waren es 7 Euro. Die Prognosen gehen davon aus, dass wir bald bei 100 Euro landen werden, und das ist auch richtig und sinnvoll, weil wir so für die Industrie einen Anreiz in Richtung Dekarbonisierung setzen.
Wir sehen aber auch ganz deutlich: Das Preisrisiko liegt eindeutig bei den fossilen Brennstoffen. Gera
de darum ist der Erwerb des Netzes mit den Erzeugungsanlagen so wichtig. Wir können nicht nur steuern, wie wir die Wärme erzeugen, sondern auch, welchen Preis wir dafür verlangen. Und dafür werden wir noch nicht einmal Verluste in Kauf nehmen müssen, denn dass das Netz gute Gewinne abwirft, ist ja bekannt. Und es erklärt auch, weshalb Vattenfall ein schwieriger Partner bei den Verkaufsverhandlungen ist, denn eigentlich möchten sie nicht an uns verkaufen. Das ist aus deren Sicht auch nachvollziehbar. Momentan sind internationale Investoren auf Einkaufstour, die Industrieanlagen und Infrastrukturen zu exorbitanten Preisen ankaufen, die weit über den objektivierten Unternehmenswerten liegen.
In einer städtischen Gesellschaft treten Renditeerwartungen in den Hintergrund. Da muss solide gewirtschaftet werden, um den Bürgerinnen und Bürgern eine gute und kostengünstige und klimafreundliche Wärmeversorgung zu sichern. Aus all dem folgt: Einen günstigen und stabilen Preis für die Fernwärme kann auf die Dauer nur die Stadt selbst gewährleisten.
(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Michael Kruse FDP: Indem Sie das Geld aus dem Fenster werfen!)
Und damit kommen wir zum vierten Märchen: Geiselhaft – die GRÜNEN tanzen der SPD auf der Nase herum. Hallo, Wien lässt grüßen. Ich verstehe ja, dass Sie daran Interesse hatten. Es stimmt nur nicht und es geht auch gar nicht darum. GRÜNE und SPD nehmen den verfassungsgemäßen Auftrag des Volksentscheids anders als CDU und FDP gleichermaßen ernst.
Meine Damen und Herren! SPD und GRÜNE stehen zum Volksentscheid, sie betrachten aber auch sorgsam alle fachlichen und rechtlichen Fragen. Ich sage auch: Eine rechtliche Unzulässigkeit zeichnet sich bisher nicht ab. Wir warten jetzt noch auf das neue Bewertungsgutachten und werden dann eine verantwortungsbewusste Entscheidung treffen
und sehen uns einig mit der Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger in unserem Willen, das Netz der Fernwärme zurückzuerwerben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine interessante Themenanmeldung der Partei der sozialen Kälte, die sich hier um die zweite Miete sorgt.