Protocol of the Session on August 22, 2018

(Beifall bei Dr. Jörn Kruse AfD und bei Anna- Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

(Ekkehard Wysocki)

Es kann nicht sein, dass sich weder ein Senator noch der dafür zuständige Bürgermeister bisher mit keiner Silbe zu diesen Fragen hier geäußert hat. Das ist auch der Grund, weshalb wir zumindest sagen, dass wir der Überweisung des Antrages an den Verfassungsausschuss zustimmen.

Dem Antrag der AfD selbst werden wir nicht zustimmen. Da können Sie auch noch hundertmal denselben Antrag in lieblichsten Tönen stellen. Ihre Forderung nach Integration und Wertorientierung gegenüber Zuwanderern ist leider nur vorgeschoben. Im Gegenteil, Sie führen Ihrerseits nach Kräften Ressentiments gegen alle Menschen mit islamischen Wurzeln oder mit Wurzeln aus islamisch geprägten Ländern.

(Beifall bei der CDU, der SPD, vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP – Dr. Jörn Kruse AfD: Das ist einfach falsch!)

Und das, um daraus politisches Kapital …

Sie rufen, das sei falsch, und Herr Wolf schüttelt mit dem Kopf.

Der jüngste Beleg ist Ihre Äußerung zu der von uns vorgestellten möglichen Spitzenkandidatin der CDU, Aygül Özkan. Sie ist in Hamburg geboren. Sie hat hier Aufstieg durch Bildung gemacht. Ich glaube, sie eignet sich hervorragend als Beispiel für eine Frau, die eben nicht für den politischen Islam ist, die sich nicht verhüllen lässt, wie andere es wollen, und die will und zeigt, dass Frauen auch in der Wirtschaft und in der Gesellschaft mit islamischem Hintergrund aufsteigen können. Genau mit Ihrer Äußerung gegen diese Frau, die geradezu als Vorbild gelungener Integration gelten könnte und die uns alle auch im Kampf gegen die Extremisten unterstützt, die auf die Jugendlichen einwirken und sagen, sie hätten in Deutschland keine Chance, sie müssten zu ihnen kommen, genau von dieser Frau haben Sie sich distanziert. Daraus versuchen Sie politisches Kapital zu schlagen. Deshalb ist für mich klar: Ihre Haltung ist vorgeschoben. Sie ist nicht glaubwürdig, und deshalb können und werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Frau Dr. von Berg das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir und auch ich ganz persönlich stehen zu den über 100 000 Muslimas und Muslimen in Hamburg, die hier friedlich leben und die auch diese Werte teilen. Das stellen wir auch in keiner Weise infrage.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Denn gerade für diese Menschen ist der Staatsvertrag da. Darum stehen wir auch zu dem Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Mit den falschen Parteien!)

nicht umsonst auch deswegen, weil er an vielen Stellen eine große positive Wirkung entfaltet. Mein Kollege Herr Wysocki hat auch schon auf die DITIB verwiesen. Ich möchte noch zwei andere Beispiele nennen. So wird die SCHURA mit der Liberalen Jüdischen Gemeinde gemeinsam ein Projekt starten zum Thema Antisemitismus, um antisemitischen Strömungen sowohl präventiv, aber auch tatsächlich interventiv zu begegnen. Das, finde ich, ist ein ganz wichtiges Projekt, das wir uns auch alle wünschen. Auch die Weiterqualifizierung der Imame hier in Hamburg läuft gut an. Das hätte es ohne den Staatsvertrag nicht gegeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nun ist so ein Staatsvertrag gültig in guten und in schlechten Zeiten. Wenn wir auf die Al-Quds-Demo gucken, dann ist das garantiert etwas, was zu den schlechten Zeiten gehört. Auch für uns – da kann ich mich nur Herrn Wysocki und Herrn Wersich anschließen – ist die Al-Quds-Demo in Berlin völlig inakzeptabel. Die Al-Quds-Demo in Berlin ist antiisraelisch und antisemitisch. Dazu gibt es keine zwei Meinungen. Wer daran teilnimmt und dies mit organisiert, ist ebenfalls inakzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei André Trepoll CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Vor diesem Hintergrund – die Rolle des IZH jetzt gerade bei der diesjährig stattgefundenen AlQuds-Demo – muss ich sagen, dass wir uns die Frage stellen und ich persönlich mir auch die Frage stelle, ob das IZH für uns als Gesprächspartner noch infrage kommt. Ich möchte ganz deutlich sagen: Davon unberührt sind die Gespräche mit der SCHURA, die in guter Atmosphäre verlaufen,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das hilft doch nichts! Eben nicht!)

die positive Wirkung zeigen, die vertrauensvoll sind und die wir auch weiterhin führen werden. Aber das IZH – zumindest ich stelle mir diese Frage – ist für mich im Moment wirklich nur ein sehr fraglicher Gesprächspartner.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wir damit parlamentarisch umgehen, hat mein Kollege Herr Wysocki schon angedeutet. Ich finde, wir finden, unsere Fraktion findet, dass die Befassung im Parlamentarischen Kontrollausschuss genau das richtige Gremium ist. Dieser Parlamentarische Kontrollausschuss wird sich damit auch befassen; da gehört er auch hin. Aber für diese Befassung brauchen wir den Antrag der AfD nicht, einer AfD, die immer wieder antimuslimische, deut

(Dietrich Wersich)

lich antimuslimische rassistische Strömungen zeigt; dafür brauchen wir den Antrag der AfD nicht. Deswegen wird der Antrag in der Sache …

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau von Berg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wersich?

Selbstverständlich.

Ist riskant. Der Parlamentarische Kontrollausschuss ist ja bekanntlich nicht öffentlich. Insofern gilt auch die Öffentlichkeit nicht.

Das ist richtig.

Würden Sie es nicht auch für angemessen halten, dass sich der Senat zu diesem Thema deswegen in der Öffentlichkeit, und das heißt hier auch im Parlament, zu dieser Frage endlich einmal äußert?

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Wenn ich das so finden würde, Herr Wersich, dann würden wir der Überweisung an den Verfassungsausschuss zustimmen. Wir sind nicht der Auffassung, auch ich bin nicht der Auffassung. Ich bin der Auffassung, dass es im Parlamentarischen Kontrollausschuss genau richtig aufgehoben ist. Da wird sich der Senat auch äußern können, nicht öffentlich. Welche politischen Konsequenzen wir daraus ziehen, das wird sich dann nach der Befassung zeigen.

Deswegen werden wir den Antrag in der Sache und die Überweisung ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Frau Schneider das Wort.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Obwohl es Differenzen zwischen meinen drei Vorrednerinnen beziehungsweise Vorrednern gab, stimme ich dem Tenor, muss ich sagen, wirklich zu.

Trotz einer eindeutigen Distanzierung der SCHURA vom Al-Quds-Tag und trotz Gesprächen zwischen der Bürgerschaft, vertreten durch ihre religionspolitischen Sprecherinnen und Sprecher, und Vertretern der SCHURA, darunter auch ein Vertreter des IZH, hat das Islamische Zentrum Hamburg

auch in diesem Jahr an dem Al-Quds-Tag teilgenommen.

Der 1979 von Khomeini ins Leben gerufene AlQuds-Tag und der seit vielen Jahren durchgeführte Al-Quds-Marsch in Berlin stehen für vieles, was wir – ich nehme an, die meisten in diesem Haus und wir von der LINKEN – auf jeden Fall bekämpfen. Er steht für die Ideologie des iranischen Regimes, für Unterdrückung von Frauen, Hass auf Homosexuelle, die im Iran erhängt werden, für Folter, Verhaftung und Ermordung von Oppositionellen, für Steinigung von Vergewaltigungsopfern, Verfolgung bis hin zur Todesstrafe für Ungläubige. Vor allem aber steht der Al-Quds-Tag für den Angriff auf das Existenzrecht Israels und für glühenden Antisemitismus. Wir teilen, was die Veranstalterinnen der diesjährigen Gegenkundgebung in ihrem Aufruf geschrieben haben. Ich zitiere:

"Es ist unerträglich, dass ausgerechnet in Berlin eine Demonstration stattfinden kann, die die größte jüdische Gemeinschaft der Welt bedroht. Von Berlin aus wurden die größten antisemitischen Verbrechen der Menschheitsgeschichte geplant, organisiert und durchgeführt. Die Stadt Berlin darf nicht zulassen, dass von hier aus zur Vernichtung Israels aufgerufen wird."

Wir haben kein Verständnis dafür, dass Vertreter aus dem Umfeld des IZH auch 2018 am Al-QudsTag teilgenommen haben. Das ist ein ernster Rückschlag.

Wir stimmen dem Antrag der AfD dennoch nicht zu, nicht nur, weil die AfD ganz eigene Interessen verfolgt, die mit einem friedlichen interreligiösen und interkulturellen Zusammenleben nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Es gibt keine Alternative zu diesem friedlichen interreligiösen und interkulturellen Zusammenleben. Deshalb sind wir der Meinung, dass die Auseinandersetzung darüber, auf welchen Grundlagen es stattfinden muss, immer und immer wieder geführt werden muss, und zwar noch lange, nicht nur ein Jahr, zwei Jahre, fünf Jahre, sondern wirklich noch lange, trotzdem oder gerade auch wegen solcher Rückschläge.

Es ist ja auch keineswegs so, dass die Beteiligung von IZH-Vertretern am Al-Quds-Tag der einzige Rückschlag wäre. Die pauschale und fundamentalistische, rechts motivierte und meist hasserfüllte Islamkritik, wie die AfD sie im Verbund mit Pegida und Konsorten betreibt, ist auch ein Rückschlag und eine ernste Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens.

Wir sind der Meinung, dass die Instrumente der Klärung von Problemen, die der Staatsvertrag bereitstellt, noch nicht ausgeschöpft sind. Ich stimme Herrn Wersich zu, dass der Senat sich auch deutlich positionieren muss, dass der Senat die Ge

(Dr. Stefanie von Berg)

spräche mit der SCHURA und die Gespräche vor allem auch mit dem IZH sehr ernst führen muss.

Ich gehe davon aus, dass auch wir von der Bürgerschaft, wir religionspolitischen Sprecherinnen und Sprecher, die Gespräche weiterführen werden, und ich bin auch der Meinung, dass wir in geeignetem Rahmen darüber sprechen. Ich bin nun keine Anhängerin des Verfassungsschutzes,

(Michael Kruse FDP: Der Verfassungsschutz auch nicht von Ihnen!)

Das ist mir völlig klar; dem tut meine Kritik weh.

Aber ich gehe trotzdem davon aus, dass wir den Rahmen finden müssen, wie dieses Problem gelöst werden kann, wie man einen Schritt weiterkommt, sodass wir nicht jedes Jahr dieselbe Debatte ernsthaft führen müssen. Dafür eignet sich auch nicht unbedingt die Öffentlichkeit im großen Rahmen. – Schönen Dank.