Protocol of the Session on June 27, 2018

(Dirk Kienscherf SPD: Danach haben Sie auch nie wieder Akzente gesetzt!)

Denn wir haben Ihnen doch als CDU-Fraktion in dieser Legislaturperiode mehr als einmal einen Vorschlag gemacht, wie wir beispielsweise die entstehende Wärme nutzen und durch Wärmetauscherflächen rund 500 Wohnungen vernünftig heizen könnten.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt aber nicht vom Thema abweichen!)

Kollege Gamm, unser Umweltenergieexperte, hat mehrfach das Gespräch mit Ihnen gesucht, hat gesagt: Lassen Sie uns diese Energie, die dort entsteht, klimafreundlich und CO2-frei nutzen. Was haben Sie gemacht? Sie haben es abgelehnt. Das ist das Gegenteil von innovativ.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

(Martina Koeppen)

Aber zugegeben, wir als CDU-Fraktion wollen diesem Senat natürlich die Innovationsfreundlichkeit nicht komplett absprechen, war es doch gerade erst vor einigen Tagen, als Senator Kerstan recht medienwirksam ein Bienenhotel eingeweiht hat. Rot-Grün tut ja doch etwas und bringt sehr kreative Energie auf die Straße, damit es den Bienchen in Hamburg, Verzeihung, den Bürgern in Hamburg lebenswerter geht und sie gut leben können. Von daher freuen wir uns gemeinsam über diesen Deckel und sind stolz darauf für Hamburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt jetzt Herr Duge das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ovens, ich glaube, es ist doch ein bisschen ein schiefes Bild zu sagen, dass allein die Hamburgerinnen und Hamburger davon profitierten, dass der Deckel draufkommt. Die haben 40 Jahre lang gelitten ohne diesen Deckel, der schon längst vom Bund hätte finanziert und gebaut werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Carsten Ovens CDU: Das hätten Sie doch früher machen können!)

Gestern fand in der BSW unter großer Beteiligung eines breit gefächerten Fachpublikums der Stadtentwicklungsbehörde eine Fachkonferenz unter dem Titel "Wohnen und Leben in Hamburg 2030 – Fokusräume der Stadtentwicklung" statt. Der Westen Hamburgs gehört zu diesen Fokusräumen und das zentrale Element, um diesen westlichen Fokusraum zu entwickeln, ist der Deckel, der jetzt im Bau ist und dessen erster Abschnitt – und darüber bin ich sehr glücklich – jetzt fertig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ohne diesen Deckel wären eine Stadtreparatur und eine Stadtentwicklung des Westens eigentlich nicht denkbar. Auf der Fachkonferenz gab es dazu einen sehr interessanten Vortrag von Professor Kees Christiaanse, Zürich, mit dem Titel "Metropolen in Bewegungsstrategien für Wachstum, Innovation und Inklusion", und es gab mehrere Foren, unter anderem "Urbane Freiräume". Autobahnen sind zwar öffentliche Flächen, aber eigentlich doch nicht. Denn schon die Begrenzung auf Auto zeigt, dass sie keine Freiräume darstellen, sondern eher Verbotsräume für alles andere, was irgendwie Mobilität hat. Und es ist eigentlich so ziemlich das Gegenteil dessen, was Freiraum ist, und eben nur Fahrzeugen ab 60 Stundenkilometern vorbehalten, eine Monomobilität, die wir in den Siebzigerjahren teuer bezahlt haben. Ich meine jetzt nicht die Kosten; die sind bezifferbar. Ich meine nicht die Steuergelder, sondern ich meine die Lärmbelastung,

die Luftverschmutzung, die gesundheitlichen Schäden, die sich bis weit über die Autobahn hinaus bemerkbar machen, die verminderte Möglichkeit der Nutzung, insbesondere der Wohnnutzung, die künstliche Barriere, die diese Mobilität mitten in unserer Stadt für die Autobahn und letztlich für viele Nicht-Hamburger damit geschaffen hat. Nur Brücken konnte man an bestimmten Stellen überqueren, die meist auch dann eher autoorientiert in den Entfernungen lagen, für die Menschen, die nicht so mobil waren, schwer zu erreichen.

Die Autobahn wurde also zur Barriere für die Menschen und für zusammengehörige Stadtteile. Sie wurde zur Barriere für Lebensqualität, für die Stadtentwicklung und schlechthin eine Barriere für Umwelt, für Pflanzen und Tiere mit Ausnahme solcher, die vielleicht darüber hinwegfliegen können; zu solchen gehören wir allerdings ja auch nicht.

Diese teuer erkauften Flächen kaufen wir uns nun zurück und auf eine, finde ich, sehr intelligente Art und Weise, indem wir einen erheblichen Teil, und zwar genau an den Stellen, wo es für die Stadt wichtig ist, wo viele Menschen wohnen … Genau da baut die Stadt nämlich diesen Deckel weiter, nicht nur die Pflichtteile, die der Bund durch die Erweiterung der Fahrbahnspuren machen muss. Und das, finde ich, ist ganz besonders wichtig, dass hier die Stadt auch die Verantwortung für die Menschen übernimmt, indem sonst der Deckel nicht gebaut würde und indem die Menschen eben seit über 40 Jahren unter den Folgen leiden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen können wir uns darüber freuen, dass nun das erste Teilstück in Schnelsen fertig ist. Der Baulärm wird noch eine Weile weitergehen, aber der Autolärm ist unter dem Deckel und damit ist auch diese Lärmbelastung weitgehend erst einmal auf diesem ersten Stück beseitigt. Die anderen dürfen sich freuen, weil es nämlich Stück für Stück weitergehen wird. Wir werden auf dem Deckel das machen, was unterm Deckel nicht ist. Wir werden nämlich eine Nutzungsvielfalt haben. Wir werden eine Flächengerechtigkeitsnutzung haben, indem man dort mit dem Rad fahren kann, indem man zu Fuß gehen kann, Freizeitgestaltung machen kann. Es ist sehr viel Grün geplant, es sind Kleingärten dort geplant. Wir können Grünverbindung in der Ost-West-Richtung wiederherstellen. Wir haben alle Möglichkeiten, um diese Stadt im Westen wieder einer hohen Attraktivität zurückzuführen. Ich meine, das ist ein guter Grund, sich zu freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Sudmann bekommt das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

(Carsten Ovens)

weiß nicht, wie es Ihnen ging, als wir die beiden ersten Reden von SPD und CDU gehört haben. Da fehlte eigentlich nur noch das Selbstlob und "die Sonne scheint heute". Denn Sie haben sich so toll dargestellt, dass der Deckel da ist.

(Zurufe von der SPD)

Über die Ursache, dass wir den Deckel überhaupt brauchen, haben Sie gar nicht gesprochen. Sie reden von Stadtreparatur. Sie reden nicht davon, was unter dem Deckel ist. Diesen Deckel gibt es nur, weil Hamburg gemeinsam mit dem Bund einen vierspurigen Ausbau der A 7 geplant hat, weil noch mehr Verkehr erzeugt wird. Deswegen gibt es einen Deckel, und damit die Anwohnerinnen und Anwohner nicht unter dieser Fehlplanung leiden müssen, ist der Deckel gut.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Rose SPD: Ihr findet immer irgendetwas in der Suppe!)

Ich höre gerade von Wolfgang Rose, wir fänden immer irgendetwas in der Suppe. Lieber Wolfgang Rose, ich dachte eigentlich, die SPD sei langsam auf dem Weg zu einer Verkehrswende. Ich dachte, die SPD hätte langsam einmal erkannt, dass mit dieser Art der Verkehrsplanung nichts gut werden kann. Und da ich gerade bei der SPD bin: Frau Koeppen hat wunderbar dargestellt, dass diese Straße ursprünglich eine Umgehungsstraße genannt wurde, dass man gesagt hatte, da könne man noch im Grünen wohnen. Jetzt kann ich auch einmal fragen: Wer hat die Umgehungsstraße geplant? Das hat die SPD damals. Sie sind aber doch heute weiter. Sie müssen doch heute erkennen, dass Sie mit einer weiteren Verkehrsplanung nicht dafür Sorge tragen können, dass es in der Stadt ruhiger wird. Denn was machen Sie eigentlich an den ganzen Hauptverkehrsstraßen, die extrem laut, extrem giftig sind? Darauf können Sie keinen Deckel setzen. Da müssen Sie doch sagen: Leute, wir haben aus 40, 50 Jahren Fehlplanung im Verkehr gelernt, dass wir den Verkehr reduzieren müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Dr. Mo- nika Schaal SPD)

Ich habe Sie leider nicht verstanden, Frau Schaal, aber ich glaube, inhaltlich werden wir bestimmt nicht darin, was Sie gerade dazwischengerufen haben, einer Meinung sein.

Wenn sich aber Herr Ovens hier hinstellt und sagt, von diesem Deckel profitierten nur Hamburgerinnen und Hamburger: Herr Ovens, wer fährt denn unter dem Deckel? Wenn es nur Hamburger Verkehr wäre, hätten wir gar kein Problem. Wir haben das Problem, dass wir immer mehr in allen Bundesländern, in Europa auf den Autoverkehr setzen und deswegen von diesem Deckel, von dem vierspurigen Ausbau der A 7 profitieren, der unter dem Deckel ist, eben alle, die sagen, sie würden gern

weiterhin Auto fahren. Also, was lernen wir denn daraus?

(Philipp Heißner CDU: Die fahren auch ohne Deckel! – André Trepoll CDU: Widerlich!)

Was lernen wir daraus, wenn wir merken, dass es so nicht weitergehen kann?

(Zurufe)

Was ist denn los?

(Zurufe)

Ich warte mal eben ganz kurz, bis Sie sich etwas beruhigt haben. Ich rede über Verkehrslärm, nicht über Debattenlärm. Sie können gern dazwischenrufen, aber nicht alle gleichzeitig. Auf einzelne Zwischenrufe gehe ich gern ein.

(Arno Münster SPD: Oh Mann, doch nicht so oberlehrerhaft!)

Also noch einmal: Was lernen wir daraus?

(Glocke)

Meine Damen und Herren, Frau Sudmann hat vollständig recht mit ihrer Bemerkung, dass sie jetzt das Wort hat und nicht Sie alle. Wir haben noch über eine Stunde Zeit hier in der Aktuellen Stunde. Sie alle können sich gern noch melden. – Frau Sudmann fährt jetzt fort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(André Trepoll CDU: Also verbieten?)

Was lernen wir daraus, wenn wir merken, dass wir den Autoverkehr weder in ganz Hamburg noch in ganz Deutschland unter einen Deckel packen können? Wir lernen doch daraus, dass wir gucken müssen, wie wir die Verkehrswende, die auch RotGrün gern in den Mund nimmt, die die CDU ab und zu auch entdeckt, aber nicht so richtig umsetzt, mit einer entsprechenden Planung begleiten können. Wir müssen also dafür Sorge tragen, dass wir Alternativen haben. Und das ist die S21; es ist die alte AKN-Strecke.

(Dirk Kienscherf SPD: Machen wir ja alles!)

Sage ich. Ich hätte Sie fast gelobt, Herr Kienscherf; jetzt natürlich nicht mehr.

Es sind also die Planungen, die vorangetrieben werden müssen. Es sind die Planungen, in Hamburg dafür Sorge zu tragen, dass wir weniger Autoverkehr haben. Dann kommen wir weiter.

Aber ich will noch einmal einen Aspekt ansprechen, der heute bestimmt nicht mehr von Ihnen angesprochen wird. Wir haben zurzeit eine Debatte um Luftreinhaltung in Hamburg. Wir haben bei den Deckeln Planungen. Gibt es verschiedene Luft

schadgutachten? Untersucht wurde, was passiert, wenn der Deckel da ist, was bei den Einfahrten, was bei den Ausfahrten ist. Diese ganzen Untersuchungen resultieren aus den gefälschten Daten, die von den Autoherstellern gemacht wurden. Deswegen finde ich, dass der Senat jetzt Maßnahmen ergreifen muss, um zu sagen: Wir wollen die reale Belastung haben, wir müssen wissen, ob es weiterhin zu extremen Überschreitungen kommt, wie die DEGES es gesagt hat. Die DEGES hat gesagt: An den Tunnelein- und -ausfahrten werden wir extreme Überschreitungen der Werte haben. Das muss geprüft werden. Denn wir haben festgestellt, dass die Realität viel, viel schlimmer ist, als uns die Autoindustrie mit ihren Abgasen immer glauben macht.

Insofern: Ich habe Ihre Aufmerksamkeit gehabt, aber ich hoffe, Sie denken auch darüber nach, wie eine echte Verkehrswende aussehen kann, damit nicht noch mehr Menschen unter dem Verkehr in Hamburg leiden müssen.