Auf Nachfrage sind dann mehrere Personen benannt worden, die von Sicherheitsbehörden rechten Organisationen zugeordnet werden. Die bekamen dann Stempel auf die Stirn, wo zum Beispiel Identitäre, Reichsbürger, NPD, Pegida und andere grausliche Begriffe draufstanden. Ob das wirklich stimmte, wird man im Zweifel belegen müssen. Und nun sage ich Ihnen einmal etwas, Herr Grote, was für Sie, glaube ich, neu ist: Auch solche Leute haben ein Demonstrationsrecht. Auch für solche Leute gilt die Meinungsfreiheit unseres Grundgesetzes. Da sind Sie jetzt baff, Herr Grote. Habe ich mir gedacht. Darauf wären Sie von selbst nicht gekommen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass das Wort Herr Professor Kruse hat, und was eine Rede ist, das entscheidet der Redner selbst.
Ja, bei der Meinungsfreiheit gilt auch: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Das sage ich zu einigen Zwischenrufern, die ich eben gehört habe.
Wenn es noch ein paar mehr wären, die Herr Grote als igitt brandmarkt, dann bleiben immer noch über 200 normale Bürger, die friedlich gegen Frau Merkel demonstrieren wollten. Sollen die sich jetzt ihr Demonstrationsrecht stehlen lassen von einem Dutzend Leute, deren Meinung sie nicht teilen? Ich meine damit die Rechten, von denen Herr Grote glaubt, es seien Rechte. Vielleicht hat er sogar recht. Das können Sie doch nicht im Ernst meinen, Herr Senator. Und ebenso wichtig: Sollen die sich ihr Demonstrationsrecht stehlen lassen von einem Haufen linker Gewalttäter aus der Gegendemonstration?
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Herr Professor Kruse, würden Sie bitte zum Thema Regierungserklärung und Antwort darauf kommen?
Ich bin der Auffassung, dass das genau eines der wichtigsten Themen unserer Stadt ist, über Demonstrationsfreiheit und Meinungsfreiheit hier zu reden, die leider nicht adäquat geschützt werden.
Und wenn es stimmen würde, dass einige Organisatoren der rechten Szene zugerechnet werden können, tangiert das das Demonstrationsrecht der Mehrheit der Teilnehmer und macht das die Meinung der anderen, die der Meinung sind, dass Merkel nach den vielen dramatischen und folgenreichen Fehleinschätzungen gehen sollte, weniger relevant? Ganz bestimmt nicht. Ihr Oberlehrerverhalten war ein Griff daneben, Herr Grote.
Dann habe ich mich gefragt, ob der gleiche Innensenator vor G20 eigentlich genauso gehandelt hat. Haben Sie, Herr Grote, in den Tagen vor G20 die vielen bürgerlichen Kritiker des Gipfeltreffens davor gewarnt, zur Demo zu gehen beziehungsweise nach Hamburg zu kommen,
weil sie sonst mit linksradikalen Kommunisten, Gewalttätern, Kriminellen gemeinsame Sache machen? Haben Sie das, Herr Grote? Ich kann mich daran nicht erinnern. Dabei hätte das in dem Fall sogar Sinn gemacht, da es um Gewalt und Kriminalität ging.
Die Gewalttäter von G20, zum Beispiel Antifa – wobei die Vorsilbe Anti nur den wahren Charakter dieser Bande verschleiert –, also die Gewalttäter von Antifa sind grundsätzlich die gleichen, die den Kern der Gegendemonstranten am Dammtor bilden. Und warum haben Sie nicht die anderen Gegendemonstranten davor gewarnt, mit linksradikalen Gewalttätern gemeinsame Sache zu machen? Warum nicht? Ich sage Ihnen, warum nicht: weil Sie auf einem Auge politisch blind sind. Für Sie sind linke Demonstranten okay, konservative nicht.
Letztere stellt man gleich unter üblichen Verdacht, auch ohne Belege. Und die Antworten sind nicht Argumente, sondern Staatspädagogik nach Gutsherrenart.
Gutsherr Grote sagt einem, wogegen man demonstrieren kann und wo man wegbleiben soll. Das ist ein Beispiel für eine politisch einseitige faktische Einschränkung der Meinungsfreiheit und es ist parteipolitischer Opportunismus der üblen Sorte.
Wir sind immer für die Polizei und bedanken uns für ihren Einsatz. Die Hamburger Polizei hält den Kopf hin für viele Dinge, die in Hamburg total schieflaufen. Also noch einmal: Die Polizei schützt die Demonstranten. Ich sage noch einmal danke dafür. Aber für die kleine Gruppe von "Merkel muss weg"-Demonstranten hätten zwei Streifenwagen zum Regeln des Verkehrs genügt. Alle anderen Polizisten, Herr Grote, brauchten Sie ausschließlich für die Gegendemonstranten, die gewalttätig sind. Das sollten Sie bedenken, wenn Sie sich öffentlich äußern. Aber es kam noch viel schlimmer. Eine Reihe von Hamburger Gruppen, Organisationen, Parteien, Gewerkschaften und so weiter und so weiter haben dazu aufgerufen, gegen die "Merkel muss weg"-Demonstration zu demonstrieren.
Sind das alles linksradikale Gewalttäter? Nein, wohl nicht. Die meisten wissen vermutlich nicht einmal, was sie da tun, weil sie keine einzige Rede gehört oder gelesen haben.
Aber wozu braucht man Fakten, wenn man Vorurteile hat? Und jeder, der dahin geht, wird in der Grote-Diktion, Sie ahnen es, gemeinsame Sache mit Antifa machen. Ist das denen eigentlich klar? Ich vermute nicht.
Und dann gab es noch eine Äußerung aus dem Senat, die mich total verstört hat. Frau Fegebank, die für zwei Wochen die total wichtige Position eines Bürgermeisterplatzhalters eingenommen und auch genossen hat, wie man sehen konnte, sagte zu den Montagsdemos, das seien keine Rechtspopulisten, das seien echte Nazis.
Das ist natürlich dümmlicher linkspopulistischer Unsinn und eine üble Diffamierung von Hamburger Bürgern.
Vielleicht sollten Sie einmal die Zwischenrufer dazu ermahnen. Das wäre, glaube ich, hilfreicher für die Diskussion.
Ich frage mich also, wie kommt sie darauf? Hat Frau Fegebank einen Geheimdienst, der ihr Fake News aufgetischt hat? Oder haut sie einfach mit großer Keule auf alles, was einer grünen Seele nicht verdächtig ist, weil es parteipolitisch opportun ist?
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Augenblick, Herr Professor Kruse. – Ich möchte die Zwischenrufer bitten, ein bisschen zurückzufahren.
Deshalb frage ich noch einmal: Bringt das so viel Applaus bei Ihresgleichen, Frau Fegebank, dass sich ein solcher Fehltritt lohnt? Gerade für eine Wissenschaftssenatorin finde ich das unerträglich. In Ihrem Beritt, also in Universitäten und Forschungsinstituten, ist eigentlich differenziertes Denken die Praxis. Davon können und sollten Sie sich einmal eine große Scheibe abschneiden.
Was machen Sie eigentlich, wenn 200 Hamburger Bürger Sie wegen des Nazi-Vergleichs auf Schadenersatz verklagen? Reicht Ihre Haftpflichtversicherung dafür aus?