Protocol of the Session on April 11, 2018

(Beifall bei der AfD)

Für den Senat bekommt nun Herr Senator Dr. Steffen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hier vorgelegte Antrag ist ein sehr guter Antrag und ich finde auch den Prozess, der zur Erstellung dieses Antrags geführt hat, einen sehr guten Prozess. Ich finde, da können alle Beteiligten sich gegenseitig beglückwünschen. Wir haben ja eben schon gefrotzelt, wer jetzt eigentlich wem noch Blumen schenken muss. Ich habe jetzt keine mehr

dabei, aber ich glaube, das ist tatsächlich ein bisschen wechselseitig, und ich finde, wir lösen das, wie das Juristen untereinander tun: Wir rechnen einfach auf.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Wie unromantisch!)

Aber zurück zur Sache. Ich glaube, dass tatsächlich dieser Prozess ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie es richtig ist, sich diesen Strukturfragen zu nähern. Weil wir eben anders, als es bei vielen früheren Gelegenheiten gewesen ist, nicht so gearbeitet haben, dass wir gesagt haben, wir wissen von vornherein, das ist die richtige Lösung, und wenn dann Schwierigkeiten auf der Strecke auftreten, dann wird es eben passend gemacht, sondern wir haben gesagt, wir brauchen eine Prüfung von verschiedenen Alternativen und wir brauchen eine sehr gründliche Untersuchung dieser Alternativen und eine sehr gründliche Abwägung. Ich bin überzeugt davon, dass dieser Prozess, diese Gespräche, die unter den Fraktionen stattgefunden haben, nicht möglich gewesen wären ohne diese sehr gründlichen Prüfungsergebnisse, die in der Justizbehörde erarbeitet worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Und so ist es ja in der Sache auch richtig. Denn natürlich kann man von vornherein sagen, ja, das ist eine schöne Lösung, Billwerder, da kann man doch alles zusammen machen. Aber es war natürlich notwendig, auch diese Lösung gegen andere Varianten abzuwägen. Ich finde nach wie vor richtig, dass wir den Blick auf norddeutsche Kooperationsmöglichkeiten gerichtet haben. Wir haben dann lernen müssen, dass Landtagswahlen verheerende Wirkungen haben,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Gute Wirkungen!)

wenn es um die Kontinuität bei bestimmten Sachprojekten geht. Aber das Gute ist ja, dass wir von vornherein mit mehreren Alternativen gearbeitet haben, und natürlich galt es auch, dann diese Alternative gegen weitere Alternativen abzuwägen. Die CDU hatte ja zu einem früheren Zeitpunkt auch die Frage gestellt: Kann man nicht die vorhandenen Gebäude, die seit Jahren leer stehen, in Fuhlsbüttel nutzen für den Jugendvollzug? Auch das haben wir geprüft. Und natürlich muss man auch prüfen, ob ein Verbleib am Standort nicht eine günstigere Variante ist. Es ist ja selbstverständlich, dass diese Frage gestellt und beantwortet werden muss.

All das haben wir gemacht im Rahmen der Prüfungen, die wir hier jetzt auch zur Verfügung gestellt haben im Rahmen der Gespräche, die geführt wurden zwischen den antragstellenden Fraktionen. Und das Ergebnis ist eben, dass diese Variante in Billwerder überlegen ist, dass sie auch ganz große

(Dirk Nockemann)

Möglichkeiten bietet, mit Personal effizienter umzugehen. Und, Herr Dolzer, ich fand Ihre Anmerkungen ja sehr wichtig und auch richtig, aber es gibt eben einen engen Zusammenhang zwischen den Fragen, wie effizient eine Struktur ist und wie menschlich ein Vollzug. Denn es geht darum, dass die Menschen, die wir im Vollzug beschäftigen, deren Anzahl bei allen Bemühungen immer irgendwie limitiert sein wird, mit den Gefangenen arbeiten und nicht unnötigerweise auf langen Wegen beschäftigt sind, mit zu umständlichen Sicherungsmaßnahmen und so weiter und so fort. Das heißt, Effizienz bedeutet Menschennähe, und genau das stellen wir in einer modernen Jugendanstalt her.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das ist eben auch ganz wichtig: Moderne Strukturen wirken Subkulturen entgegen, sorgen dafür, dass wir passende Angebote haben für Qualifizierungsmaßnahmen. Und einen ganz großen Wert – deswegen ist es auch richtig, was Sie ansprechen – haben auch Sportangebote. Das ist etwas, was erfahrungsgemäß bei der Klientel im Jugendvollzug sehr gut angenommen wird, sehr gute Effekte hat im Hinblick auf soziales Lernen, im Hinblick auf körperliche Ertüchtigung. All das ist sehr wichtig und deswegen wird das im Rahmen der neuen Konzeption einer Jugendanstalt in Billwerder eine ganz große Rolle spielen.

Ein guter Tag für den Vollzug, ein guter Tag für das Thema Resozialisierung. Es ist ein guter Tag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den letzten Jahrzehnten tatsächlich erheblich darunter gelitten haben, dass sie wenig Sicherheit im Hinblick auf die Frage hatten, wie eigentlich ihre eigene berufliche Zukunft aussieht, ob strukturelle Änderungen dann tatsächlich zu Neuorientierungen führen werden, auch zu großen Neuorientierungen, was den Ort ihres Arbeitsplatzes betrifft. Im Hinblick auf das gesamte Hamburger Stadtgebiet muss man ja sehen, dass die Haftanstalten auch sehr weit auseinanderliegen. Und natürlich, das darf man nicht zu niedrig schätzen, ist es eine einschneidende Konsequenz, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bislang auf Hahnöfersand tätig waren, künftig in Billwerder tätig sein sollen. Deswegen ist es wichtig, dass wir hier so eine hohe Verlässlichkeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, auch für ihre persönliche Lebensplanung.

Ich möchte mich bedanken bei allen, die hier konstruktiv mitgewirkt haben, bei den Fraktionen, auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Projektes Justizvollzug 2020, die hier sehr gute Arbeit geleistet haben, und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. Ich kann versprechen, das wird in dem Sinne auch tatsächlich fortgesetzt werden, wie diese Gespräche geführt wurden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte nun also dem gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, GRÜNEN und FDP aus der Drucksache 21/12547 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig der Fall.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich Ihnen noch das Ergebnis der beiden Wahlen vortragen.

Bei der Wahl eines oder einer Deputierten der Behörde für Inneres und Sport sind 105 Stimmzettel abgegeben worden. 105 Stimmzettel waren gültig. Herr Benjamin Welling erhielt 86 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, 11 Enthaltungen. Damit ist Herr Welling gewählt.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sind 105 Stimmzettel abgegeben worden, hier waren ebenfalls 105 Stimmen gültig. Frau Barbara Kriesten erhielt 93 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen. Damit ist auch Frau Kriesten gewählt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 18, Bericht des Haushaltsausschusses: Haushaltsplan 2017/ 2018 – Einzelpläne 6.1 und 9.2: Entwicklung, Erschließung, Vermarktung und Finanzierung des Stadtentwicklungsgebietes "Oberbillwerder" durch Gründung der IBA-Projektentwicklung GmbH & Co. KG.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/11563: Haushaltsplan 2017/2018 – Einzelpläne 6.1 Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und 9.2 Allgemeine Finanzwirtschaft Entwicklung, Erschließung, Vermarktung und Finanzierung des Stadtentwicklungsgebietes "Oberbillwerder" durch Gründung der IBA-Projektentwicklung GmbH & Co. KG (IPEG) (Se- natsantrag) – Drs 21/12374 –]

Wer wünscht dazu das Wort? – Frau Oldenburg, Sie bekommen es für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wohnungsbau ist heute das Thema des Tages und es ist ja auch so, dass man es nicht oft genug auf die Tagesordnung set

(Senator Dr. Till Steffen)

zen kann, und jetzt wollen wir noch einmal einsteigen ins Thema.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, immer mehr Menschen möchten hier bei uns in Hamburg wohnen und arbeiten. Das ist gut für unsere Stadt und da hilft nur eines: bauen, bauen und nochmals bauen. Seit 2011 haben wir den Wohnungsbau wieder angekurbelt und inzwischen sind über 40 000 neue Wohnungen entstanden, hauptsächlich durch Nachverdichtung.

(Beifall bei der SPD)

Doch die Nachverdichtung kommt an ihr Ende. Jetzt ist es an der Zeit, die Stadt an neuen Orten zu denken und zu planen, wenn wir mit der Dynamik der Entwicklung Schritt halten wollen. Deshalb wollen wir in Oberbillwerder einen neuen Stadtteil errichten.

(Beifall bei der SPD)

2016 hat die Stadtentwicklungsbehörde die IBA mit der Erstellung eines Masterplanentwurfs beauftragt. Nördlich der S-Bahn-Station Allermöhe wird ein Mix aus 6 000 bis 7 000 öffentlich geförderten Wohnungen, frei finanzierten Geschosswohnungen, Eigentumswohnungen sowie modernen Stadt- und Einfamilienhäusern angestrebt.

Mit der Veräußerung des Areals an die IBA-Projektentwicklung IPEG gehen wir nun den ersten formalen Schritt für die weitere Entwicklung, Erschließung und Vermarktung des neuen Stadtteils. Dafür wird die IPEG von der Hansestadt mit einer Kommanditeinlage von 78,5 Millionen Euro ausgestattet, die zur Finanzierung der Flächen verwendet wird. Der Planungs- und Realisierungsprozess von Oberbillwerder wird sich über 10 bis 15 Jahre erstrecken. In diesem Zeitraum wird es immer wieder Möglichkeiten der Verfeinerung der Planung geben.

Bürgerbeteiligung wird bei der Planung von Oberbillwerder großgeschrieben. Zwischenzeitlich sind mit der zweiten wettbewerblichen Phase die vier besten Entwürfe ausgewählt. Nach einer weiteren öffentlichen Planungswerkstatt und Abschlusspräsentation wird jetzt im Mai der Sieger gekürt und dann mit der Entwicklung des Masterplans beauftragt. Lassen Sie mich an dieser Stelle auf eine Haltung der Anwohner aufmerksam machen, die mich dabei sehr beeindruckt hat. Natürlich gibt es auch in den öffentlichen Veranstaltungen Bedenkenträger, denen der Bau von Oberbillwerder überhaupt nicht passt, aber sie dominieren nicht den Dialog. Vielmehr überwiegt eine Einstellung, die ein Bürger aus Neuallermöhe so zusammenfasste: Zuerst fand ich die Bebauung von Oberbillwerder nicht gut. Aber dann habe ich mir überlegt, dass ich auch auf der Suche nach einer Wohnung vor 25 Jahren in das Neubaugebiet Neuallermöhe gezogen bin. Ich lebe gern hier. Warum soll es nicht

anderen Menschen auch so gehen, die heute eine Wohnung suchen?

Meine Damen und Herren! Nicht nur an sich selbst denken, sondern auch das Wohl seiner Mitmenschen im Blick haben, das ist die Haltung, die Hamburg in dieser Wohnungsfrage braucht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und eigentlich nicht nur beim Wohnungsbau. Bei den Foren zur Bürgerbeteiligung finden sich schon heute Leute, die äußern, nach Oberbillwerder ziehen zu wollen, wenn die ersten Wohnungen und Häuser dort einmal stehen.

Und jetzt noch ein letztes Wort zur, wie ich finde, doch sehr destruktiven Haltung der Opposition: Wenn es konkret wird, dann kommen Sie mit den abstrusesten Argumenten gegen den Wohnungsbau. Die CDU im Bezirk ist gegen Oberbillwerder mit der Begründung, es gebe zu wenig Bürgerbeteiligung, und DIE LINKE möchte lieber ein neues Dorf dort bauen oder wahlweise 2 000 Sozialwohnungen, möglichst dicht gebaut an die Hochhaussiedlung Bergedorf-West – das war nun wahrlich kein Ruhmesblatt der Stadtentwicklung.

(Kazim Abaci SPD: Oh, lieber nicht!)

Insofern kann man das alles irgendwie überhaupt nicht ernst nehmen.

Es hilft wohl nichts, SPD und GRÜNE müssen wohl mal wieder alles allein machen. Wir packen das an, die Opposition steht daneben. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Hamann das Wort.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Oldenburg, das war ja sehr erfrischend, so etwas einmal von Ihnen zu hören und nicht immer von dem Kollegen, der hauptsächlich mit Zwischenrufen und Ordnungsrufen hier auf sich aufmerksam macht

(Beifall bei der CDU und der FDP – Heiter- keit bei der SPD)

und jetzt innerhalb Ihrer Fraktion offensichtlich aus genau diesem Grund befördert wurde, weil er der Einzige ist, der das kann. Aber geschenkt, Ihre Rede war gut zu hören und Sie haben ohne Zweifel auch gute Gründe. Aber Sie wissen ja: Die guten Gründe müssen den besseren Gründen weichen