Es geht um einen Milliardenschaden für unsere Stadt und auch für unser Nachbarbundesland, aber es geht auch um den Standort, es geht um den Finanzplatz, es geht um viele Arbeitsplätze und Mitarbeiter, es geht auch um Kunden der HSH Nordbank, das darf man nicht vergessen. Die heute vorgelegten Eckpunkte zum Abschluss der Verhandlungen fallen in der Tat nicht so schlimm aus, wie man es auch einmal hätte befürchten können. Und es ist sicherlich gut, dass wir heute rechtzeitig zum Stichtag, den uns die EU auferlegt hat, auch dort an einigen Punkten Klarheit haben.
Das ist aber kein Anlass zur Euphorie. Natürlich sind diese schlimmen Erwartungen an das Verkaufsszenario der Bank auch dadurch geprägt, dass wir eine lange Phase der Leidensgeschichte und insbesondere in den Jahren 2014/2015 eine deutliche Verschlechterung der Schifffahrtsmärkte, der Währung und vieler weiterer Punkte hatten, die darauf Einfluss genommen haben.
Im Übrigen, Herr Bürgermeister, verkaufen Sie eine Bank mit 5 Milliarden Eigenkapital, die im letzten Jahr laut Presseberichten 300 Millionen Gewinn gemacht hat, für maximal 1 Milliarde Euro. Auch das zeigt, dass es ein schwieriges Umfeld ist, dass es keine normale Bank ist, und man wird dann sehen, wer am Ende das bessere Geschäft gemacht hat.
Dreh- und Angelpunkt bei allen Diskussionen, auch bei vielen Diskussionen und Beratungen, die wir hier hatten, ist die 2009 herausgegebene Ländergarantie, die in der Tat von der Ausgestaltung kompliziert ist, die durchaus teuer für die Bank war, was im Übrigen auch auf Auflagen der EU zurückgegangen ist, die als Instrument in der Finanzkrise 2009 verständlich war und auch funktioniert hat, die aber nie dafür gedacht war, über zehn Jahre alle strukturellen Risiken, die sich im Schifffahrtsbereich ergeben haben, auch mit einer Veränderung der regulatorischen Anforderungen abzuschirmen. Dafür war die Garantie in der Tat nie gedacht.
Ich finde – ich habe Ihrer Regierungserklärung aufmerksam zugehört –, da war auch ein kleiner Zeitsprung. Sie haben 2009 aufgehört und sind dann 2015 wieder eingestiegen. Aber gerade in der Phase dazwischen, 2012, 2013, 2014, gab es viele Punkte, an die ich hier noch einmal erinnern möchte. Die Prognose, die Sie sich bei Ihren Entscheidungen zu eigen gemacht haben, es gebe keine Garantieinanspruchnahme, erstreckte sich über einen langen Zeitraum. Und dann gab es irgendwann – ich erinnere mich noch sehr genau, da sa
ßen im Raum 151 der Finanzsenator und Herr von Oesterreich eng beieinander und haben gesagt, ja, 1,3 Milliarden Euro Garantieinanspruchnahme – 1,3 Milliarden Euro, das war lange die Verlustprognose für die Bundesländer.
Im Jahre 2013, und das ist ein wesentliches Datum, sind Sie an uns herangetreten und ist die Bank an Sie herangetreten und haben gesagt, man müsse die Garantie wieder aufstocken. Die ist 2011 von 10 Milliarden auf 7 Milliarden reduziert worden und 2013 kam die Wiederaufstockung. Das war doch im Nachhinein ein entscheidender Fehler, der vor allen Dingen dazu geführt hat, dass wir als Stadt in einer sehr schwierigen Marktphase von 2013 bis 2015 relativ handlungsunfähig waren, weil die Wiedererhöhung der Garantie ein langes Beihilfeverfahren ausgelöst hat. In der ganzen Phase, in der sich die Märkte verschlechtert haben, in der sich aus unserer Sicht der Dollarkurs verschlechtert hat, waren der Senat und die Bank in vielen Punkten inflexibel, waren passiv und konnten nicht handeln. Und das war auch nicht in jeder Lage zum Wohle des Vermögens dieser Stadt.
Die weiteren Prognosen überspringe ich jetzt ein bisschen. Als Sie uns 2015 hier vorgerechnet haben, warum wir den EU-Eckpunkten zustimmen müssen, war Ihre Kalkulation auf der Basis 6 Milliarden Euro Garantieinanspruchnahme. Ein Jahr später sagt die Bank uns, nein, nein, nein, es würden aber die vollen 10 Milliarden Euro. Allein das löst doch einen großen Vertrauensschaden in die Politik, aber auch in die beteiligten Vertreter von Bank und Beratern aus, wenn mit solchen Zahlen und solchen Prognosen in solcher Schnelligkeit hantiert wird, was Milliardenbeträge für die öffentliche Hand betrifft.
Herr Ermisch hat vor Kurzem gesagt, im Prinzip hätten wir die 10 Milliarden Euro von vornherein gebraucht – Herr Ermisch ist seit über fünf Jahren Vorstandsmitglied dieser Bank und hat uns oft genug im Ausschuss gegenübergesessen, das aber zu keinem Zeitpunkt gesagt. Die erste Frage ist, ob wir als Parlament vielleicht nicht alle Informationen von der Bank bekommen haben. Die zweite Frage, die es zu klären gilt, ist doch, ob uns der Senat in jeder Situation richtig informiert hat. Oder sind auch Sie in Teilen von der Bank falsch informiert worden? Das sind wesentliche Punkte, die man klären muss.
Ein anderes wesentliches Problem, das teilweise auch andere norddeutsche Landesbanken hatten, war das Thema Schiffsfinanzierung. Da soll man nun auch nicht so tun, als sei die Geschichte der Bank im Jahr 2003 losgegangen und nur von 2003 bis 2008 gelaufen. Ich will hier niemanden ent
schuldigen, ich will hier auch niemanden anklagen, aber ich empfehle einmal einen Blick in die Geschäftsberichte der Hamburgischen Landesbank Ende der Neunzigerjahre/Anfang 2000. Eine international expandierende Geschäftsbank hat nichts mit Daseinsvorsorge oder Gemeinwohlorientierung zu tun. Gerade im Bereich Schifffahrt war eine starke Expansionsphase bei den Emissionshäusern, bei den Dienstleistern, bei den Schiffsbanken in dieser Stadt; das darf man doch nicht vergessen.
Im Jahr 2000 hat bereits die Hamburgische Landesbank jedes sechste Containerschiff auf diesem Globus finanziert gehabt und wir hatten im Jahr 2000 allein für die Hamburgische Landesbank eine Gewährträgerhaftung von 80 Milliarden Euro. Wir haben uns in den letzten Jahren, auch mit den Kollegen in den Ausschüssen, sehr intensiv mit der Gewährträgerhaftung und dem Risiko für die Länder auseinandergesetzt. Es wäre klug gewesen, wenn damals der eine oder andere einmal die Frage gestellt hätte, wofür wir als Haushalt, als Stadt mit einem Garantievolumen von 80 Milliarden Euro haften. Diese Frage hätte deutlich vor 2003 von dem einen oder anderen kommen können, aus heutiger Sicht vielleicht kommen müssen.
Es gibt im Übrigen ein schönes Zitat von einem der Hauptprotagonisten aus dem Schiffsbereich, das die damalige Einschätzung vielleicht sehr gut zum Ausdruck bringt. Im Spätsommer des Jahres 2007, nachdem einer der großen bekannten Hamburger Charter-Reeder seine größte Bestellung irgendwo bei einer Werft in Asien in Auftrag gegeben hatte, gab er eine Pressemitteilung heraus mit dem Satz:
"Das dynamische Wachstum in der Containerschifffahrt wird nach unserer Überzeugung noch viele Jahre anhalten."
Da kann man doch nur sagen: was für eine Fehleinschätzung. Diese Fehleinschätzung kam übrigens von Erck Rickmers, der 2011 von Ihnen hier ins Parlament geholt wurde, der für die SPD in den Ausschuss geschickt wurde, um die HSH Nordbank zu begleiten, und der Ihr wirtschaftspolitischer Sachverstand war. Auch das vielleicht zum Thema, dass an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Selbstkritik angebracht wäre.
Zum Thema Schiffsfinanzierung noch ein zweiter Punkt, weil ich glaube, dass das die damalige Haltung und Einschätzung ziemlich gut trifft. Der Aufsichtsratsvorsitzende Herr Mirow hat bei seinem Amtsantritt 2013 gesagt, Ziel müsse es sein, die HSH Nordbank als Schiffsfinanzierer zu erhalten. Das sei einer der wesentlichen Gründe, warum es sie gibt und warum es sie weiterhin geben sollte. Des Weiteren hat er deutlich gemacht, dass das für den maritimen Standort Norddeutschland sehr
wichtig sei und ansonsten das Geschäft nach Singapur und China abwandere. Ich will das nicht anklagend sagen, ich will das auch nicht in die andere Richtung entschuldigend sagen, aber ich glaube, das gehört zu diesem Gesamtbild dazu, dass das die damalige Sichtweise war, dass Schiffsfinanzierung enorm wichtig ist für das maritime Cluster in dieser Stadt und dass das im Endeffekt etwas ist, was in anderen Regionen dieses Landes die Montanindustrie war oder die Automobilindustrie ist: eine hohe Abhängigkeit von diesem Sektor. Dafür zahlen wir heute und in den nächsten Jahren mit dieser Landesbank noch einen sehr, sehr hohen Preis.
Die Frage ist auch, welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen. Die HSH Nordbank wird von dem finanziellen Ausmaß her mit Abstand sicherlich das größte Verlustgeschäft der Stadt sein. Aber ich glaube, dass man sich auch an der einen oder anderen Stelle fragen muss und fragen sollte, was wir daraus lernen und was wichtig ist. Da gibt es viel zu tun für diese Bürgerschaft, aber auch für den Senat und für die Regierenden,
für alle Parteien. Ich habe gesagt, dass wir zu unserem Teil der Verantwortung stehen, und ich freue mich, wenn Sie das auch sagen.
Wir müssen die Risiken im Beteiligungsbereich der Stadt klar benennen und auch klar begrenzen und wir müssen sie teilweise besser und intensiver im Blick haben. Dazu gehört auch, dass man Aktivitäten auf den Prüfstand stellt, dass man nicht immer leichtfertig für alles Bürgschaften herausgibt, sondern dass man das auch kritisch beurteilt. Ich bin ein großer Freund des kaufmännischen Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts des Finanzsenators und sage jedes Mal, wenn wir ihn beraten: Wir müssen ihn besser machen. Gerade die Risikoberichterstattung in diesem Geschäftsbericht ist noch nicht ausgeprägt und muss verbessert werden. Das muss doch auch eine Konsequenz aus diesem Desaster sein.
Dazu gehört auch, dass wir das zentrale Beteiligungsmanagement der Stadt in der Finanzbehörde entsprechend professionalisieren. Es ist doch komisch, wenn der Senat bei dem Thema HSH Nordbank nur auskunftsfähig ist, wenn er in jeder Ausschusssitzung drei oder vier oder fünf Berater dabei hat, die jeweils Stundensätze von 500 Euro für die Ausschusssitzung in Rechnung stellen. Es muss doch auch in der Finanzbehörde selbst möglich sein, die Beteiligung der Stadt mit einer Inhouse-Expertise im Blick zu behalten.
Wir als Bürgerschaft haben 2011 als Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank den Ausschuss Öffentliche Unternehmen eingerichtet. Eine Reaktion des Parlaments, der Bürgerschaft, ist auch, dass wir Aktivitäten im Beteiligungsbereich stärker im Blick behalten und enger kontrollieren wollen. Ich bedanke mich ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit auch mit den Kollegen Schreiber und Seeler in diesem Ausschuss. Bei allen unterschiedlichen politischen Auffassungen, die es an der einen oder anderen Stelle gibt, verfolgen wir, glaube ich, ein gemeinsames Interesse in diesem Ausschuss – und das ist gut so.
Eine zweite wesentliche Schlussfolgerung ist, dass die Auswirkungen der HSH Nordbank, die jetzt geldmäßig fließen, transparent und offen dargelegt werden müssen. Dazu gehört auch, sie klar im Konzernbericht der Stadt auszuweisen. Wir waren schon irritiert – und hatten das in einer der letzten Bürgerschaftssitzungen auch zum Antrag gemacht –, dass der Finanzsenator im Endeffekt die Finanzverbindlichkeiten der Stadt dadurch nach unten gerechnet hat, dass er die hsh-finanzfondsund auch die hsh-portfoliomanagement-Anstalten nicht zu 50 Prozent einbezogen hat. Ich finde es schon merkwürdig, Herr Senator, dass Sie sich hier dem Vorwurf aussetzen, das politisch entsprechend zu beeinflussen. Das haben Sie an dieser Stelle auch gar nicht nötig. Dieser Fehler muss korrigiert werden. Die Opposition hat darauf hingewiesen, der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass das mit dem nächsten Jahresabschluss der Stadt gemacht werden muss.
Dazu gehört auch, die Öffentlichkeit regelmäßig über die Entwicklung des Portfolios, was denn die Stadt schon angekauft hat, zu unterrichten. 2,4 Milliarden Euro Altlasten über die hsh portfoliomanagement AöR. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum es quartalsweise Berichte über den aktuellen Entwicklungsstand des Portfolios gibt, die dann aber irgendwo vertraulich verschlossen bleiben. Nein, auch das muss eine Lehre aus dem Desaster sein, rechtzeitig über die Entwicklung dieses Portfolios zu berichten, sonst gibt es den Vorwurf der Geheimniskrämerei; und das ist etwas merkwürdig, das brauchen wir nicht.
Wir werden die Drucksache, wenn sie denn kommt – heute ist sie ja nur mit einigen wenigen Eckpunkten –, vernünftig parlamentarisch beraten. Dazu gehört natürlich auch, dass der Senat uns vollständig die Verträge, die Prognosen vorlegt, dass man auch als Bürgerschaft über Experteneinbeziehung
nachdenkt, dass Sie uns erklären, warum Sie ausgerechnet auf dieses Käuferkonsortium gekommen sind; es gab ja auch andere Bieter.
Erstaunlicherweise sagen Sie jetzt, Sie könnten jetzt genau einschätzen oder einschätzen lassen, ob 9 Milliarden Euro Garantieinanspruchnahme richtig seien oder erreicht würden oder nicht. Bislang haben Sie gesagt, das sei alles eine Prognose der Bank. Also, da bin ich einmal gespannt. Um das beurteilen zu können, müssen jetzt die Zahlen und die Fakten auf den Tisch.
Ich begrüße sehr, dass Sie gesagt haben, es gebe keinen unmittelbaren Zeitdruck, was die Drucksache angehe. Sicherlich ist es für uns alle gut, ein vernünftiges Verfahren der parlamentarischen Beratung zu finden. Das gibt uns dann auch die Chance, die offenen Punkte, die Sie adressiert haben, im Verfahren vielleicht weiter zu konkretisieren.
Es ging uns immer darum, das haben wir mehrfach gesagt, die finanziell am wenigsten nachteilige Variante unter den schlechten Alternativen für die Stadt auszuwählen. Dafür sind wir nach wie vor. Wir werden uns an diesen Beratungen, wie gehabt, konstruktiv beteiligen und dann unseren Beschluss überlegen in der gemeinsamen Verantwortung, die es in diesem Parlament zwischen den unterschiedlichen Fraktionen, aber auch in Hamburg und Schleswig-Holstein bei diesem wichtigen Thema gibt. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war ja doch ein bisschen überraschend, dass der Herr Oppositionsführer gar nicht hier als Erster in die Bütt geht, wenn es eine Regierungserklärung gibt. Ist das vielleicht schon ein kleines Anzeichen von schlechtem Gewissen bei diesem Thema? Grund genug hätte die CDU jedenfalls dafür.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Ich will dem künftigen Bürgermeister antworten!)
Es gab heute den Versuch, auch in der Pressemitteilung zu sagen, es sei alles eine große gemeinsame Verantwortung, das rühre man mal alles in einen Pott und wolle das darüber weg verbuchen. Ich finde, so leicht kann man sich das bei einer solchen Schlussrechnung – Herr Kleibauer hat es eben auch gesagt: der größte Vermögensverlust, den wir hier in einer langen, langen Zeit zu verdauen haben – nicht machen, sondern dann muss das auch politisch aufgearbeitet werden. Dafür ist hier der richtige Ort.
Vielleicht kann Herr Trepoll, wenn er nachher in die Debatte reingeht, diese große Aufforderung zur Selbstkritik ein bisschen aufarbeiten. Ich finde, man muss Selbstkritik immer ins Verhältnis zu angerichtetem Schaden setzen. Das habe ich noch nicht gesehen und da sollte die CDU wirklich einmal sagen, was Sache ist.
Natürlich bestreiten wir nicht, dass in der Zeit ab 2003 auch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von Kiel aus – der Name Heide Simonis fiel – Mitverantwortung dafür haben.