Protocol of the Session on January 17, 2018

Das Wahlergebnis ist auf Seite 5240 zu finden.

2025 – innerhalb von zehn Jahren – die Zahl der Schülerinnen und Schüler um 300 000 erhöhen wird. Da denken Sie vielleicht erst einmal: Na ja, das ist ja gar nicht so viel, es betrifft ja die ganze Bundesrepublik. Tatsächlich ist es aber so, dass das in etwa 30 000 Lehrkräfte in der Bundesrepublik bedeutet. Das ist richtig viel. Deswegen legen wir diesen Antrag heute vor.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für einige Bundesländer ist das ein richtiges Problem, diese auf einmal andere Prognose, denn die hatten mit der sogenannten demografischen Rendite gerechnet. Die haben gedacht: Na ja, wir können die Lehrerausbildung herunterfahren, die Zahlen der Schülerinnen und Schüler sinken ohnehin. Und jetzt auf einmal merken sie, dass sie einen Lehrermangel haben. Und in einigen Bundesländern ist das tatsächlich schon dramatisch. Daher gucken die natürlich in die ganze Bundesrepublik und sie gucken auch nach Hamburg.

In Hamburg haben wir bislang noch eine sehr komfortable Situation. Das liegt zum einen daran, dass wir seit einigen Jahren auch schon steigende Zahlen im Bereich der Schülerinnen und Schüler haben und dass wir vorgebaut haben. Wir haben nämlich immer die Lehrkräfte mit eingestellt, den Lehrkräftebedarf also ständig auch ausgeglichen. Wir haben unsere Ausbildungszahlen im Gegensatz zu anderen Bundesländern konstant hoch gehalten, sodass wir einen großen Teil des Nachwuchses, der unbedingt notwendig war, auch selbst abdecken konnten. Und dadurch konnten wir die Stellen bis auf wenige Ausnahmen – die gibt es, das gebe ich zu – immer sehr zeitnah nachbesetzen. Das liegt an einer guten Politik der Regierungsfraktionen und des Senats.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe letzte Woche die Pressemitteilung der Opposition gelesen und im Schulausschuss auch zugehört. Ich weiß, dass die Opposition jetzt gleich kommen und sagen wird: zu wenig, zu spät, nicht an den richtigen Stellen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Warten Sie doch ab!)

Aber ich glaube, wir haben alle im letzten Schulausschuss gehört, dass die Gewitterwolken, die da an den Himmel gemalt worden sind, verpufft sind. Hier sind maximal noch Schäfchenwolken übrig, sodass ich sagen muss: Ich finde, wir sind hier wirklich sehr gut aufgestellt. Wo wir hingucken müssen, das sind die Schäfchenwolken, dass wir tatsächlich bundesweit ein Rekrutierungsproblem bei den MINT-Fächern haben und dass wir auch hier in Hamburg in einzelnen Schulstandorten Rekrutierungsprobleme haben; darauf sollten wir auch wirklich immer noch gemeinsam ein Augenmerk legen und auch die unterstützen. Aber das hat mit der Anzahl der Referendariatsplätze erst

einmal nichts zu tun, das hat tatsächlich eine andere Zielrichtung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mein Fazit: Wir blicken in die Zukunft. Deswegen beantragen wir den Ausbau der Referendariatsplätze um 135, in drei Stufen um jeweils 45. Wir geben dem Landesinstitut den Vorlauf, den es unbedingt braucht, um auch Ausbilder und Ausbilderinnen zu suchen und zu qualifizieren. Wir schauen also nach vorn, machen das mit Ruhe und Bedacht und doch mit der nötigen Eile. Und ich bin der Auffassung, dass unser Antrag genau zur richtigen Zeit kommt, um unser Zukunftsthema, das wir als Regierungsfraktionen haben, nämlich Bildung, tatsächlich stark zu stellen und zukunftsweisend auszustatten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Jetzt erhält das Wort Barbara Duden für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vieles ist in dem Wortbeitrag von Frau von Berg schon deutlich geworden. Auch ich will ein bisschen loben, aber ich will auch ein bisschen die Gesamtsituation darstellen.

Wir haben in Hamburg grundsätzlich noch keinen Mangel an ausgebildeten Lehrkräften. Hamburg war und ist ein attraktiver Standort, der als Arbeitsplatz für Lehrerinnen und Lehrer weit vorn in der Gunst von Deutschlands Lehrern ist. Wer die Entwicklung der Zahlen sieht, erkennt aber auch, dass wir, um weiterhin so attraktiv zu bleiben, gegensteuern und womöglich entstehende Engpässe vermeiden müssen; deshalb auch dieser Beschluss. Dazu zählt – wie auch schon deutlich wurde in der Debatte davor – die Erhöhung der Referendariatsstellen ab Februar 2019. Hamburg hat in der Vergangenheit viele der neu einzustellenden Lehrer aus anderen Bundesländern eingestellt. Diese Entwicklung ist rückläufig, weil auch andere Bundesländer natürlich überall auf Lehrersuche sind. Durch dieses Mehr an Referendariatsplätzen ab Februar 2019 binden wir auch wieder mehr Lehrerinnen und Lehrer an Hamburg. Aber, das muss man auch deutlich machen, auch hier müssen wir mit Augenmaß vorgehen, denn die Entwicklung darf natürlich auch nicht in die Richtung gehen, dass wir hier Lehrerinnen und Lehrer im Referendariat einstellen, die wir dann später als fertige Lehrer in Hamburg nicht weiter gebrauchen können. Also deshalb, auch wenn hier von der Opposition der Wunsch kommt, immer mehr, immer mehr, muss man auch gucken. Ich glaube, dass wir dann, wenn wir Referendariatsplätze erweitern, auch immer weitgehend davon ausgehen müssen, dass wir den Bedarf, den wir in Hamburg haben, erfüllen können und dass wir niemanden mit einem

(Dr. Stefanie von Berg)

Referendariatsplatz hier in Hamburg sozusagen herlocken und dann hinterher sagen: War ganz nett, aber tut uns leid, wir können dich nicht einstellen.

Steffi von Berg hat in ihrer Debatte eben auch schon einmal deutlich gemacht, dass wir glauben, dass nach der letzten Schulausschusssitzung die CDU nicht mehr behaupten wird, dass es 500 unbesetzte Stellen in Hamburgs Lehrkörper gibt. Der Lernprozess, glaube ich, ist in dieser Richtung geglückt. Aber ich will ein paar Zahlen doch noch einmal deutlich machen, wie es heute um die Lehrerversorgung aussieht, auch wenn das hier eine Debatte nur für die absoluten Spezialisten ist. Ich danke noch einmal ausdrücklich allen, die für diese Debatte im Raum geblieben sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Dann klatsche ich jetzt dafür, dass ich jetzt hier sitze, oder wie?)

Ja, manchmal klatscht man auch für sich selbst; das macht Mut.

Wir haben 1 900 Lehrer zusätzlich für Ganztagsschule und Inklusion eingestellt. Wir stellen in Hamburg grundsätzlich unbefristet ein und wir verbeamten auch. Das war in der Vergangenheit sehr attraktiv; das haben jetzt auch andere Bundesländer gemerkt und machen es uns ein bisschen nach.

Seit 2011, 2012 liegt die Zahl der neu eingestellten Lehrer immer über der Anzahl der Lehrer, die Hamburgs Schulsystem verlassen, sei es wegen Ortswechsels oder sei es, weil sie in die wohlverdiente Pension gehen. Stadtteilschulen und Gymnasien haben 104 Prozent Lehrer, Grundschulen zwischen 104 und 110 Prozent, aber selbstverwaltete Schulen bestimmen über die Ausschreibungen und die Besetzung. Aber all das zeigt, dass die Erhöhung der Referendariatsstellen ein weiterer Beweis für die Zukunftsfähigkeit des Hamburger Schulsystems ist. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste erhält das Wort Birgit Stöver für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen meiner beiden Vorrednerinnen und auch der Titel des Antrags, Hamburg müsse dem Lehrkräftemangel vorbeugen, suggeriert, dass wir bisher keinen Mangel an Lehrkräften gehabt hätten. Das, möchte ich gleich zu Anfang klarstellen, ist absolut falsch, das ist eine absolute Untertreibung. Also auch wir in Hamburg haben einen Lehrermangel.

(Beifall bei Philipp Heißner CDU)

Bundesweit fehlen mehr als 3 000 Lehrer und das betrifft nicht nur die MINT-Fächer, sondern zunehmend alle Bereiche. Es wurde schon gesagt, dass wir steigende Schülerzahlen haben. Aber auch große Herausforderungen mit Blick auf Inklusion und Integration, auch der Ausbau der Ganztagsschule bedingen, dass es an allen Ecken und Kanten an Lehrern, an Erziehern und auch an Sonderpädagogen fehlt. Hamburg ist hier wahrlich keine Ausnahme.

(Beifall bei der CDU)

Und doch behaupten Senator Rabe und die rotgrünen Regierungsfraktionen immer noch, es gäbe in Hamburg keinen Lehrermangel.

Und da ist auch bei mir der Lernprozess nicht vollkommen ausgebildet. Ich habe eine Anfrage an den Senat gestellt; die hat auch tatsächlich genau das Gegenteil ans Licht gebracht. Natürlich hat diese Anfrage ergeben, dass wir, gemessen am tatsächlichen Bedarf, einen Lehrermangel haben und dass eben halt immer noch viel zu viele Unterrichtsstunden ausfallen, sage und schreibe 70 000 im Jahr. An diesen Zahlen gibt es nichts zu rütteln, sosehr sich der Senat auch dagegen wehrt.

(Beifall bei der CDU)

Schaut man sich die Vergangenheit an, hat Hamburg sich in der Lehrerbildung immer sehr vornehm zurückgehalten. Die Arbeit nämlich, die Lehrerausbildung, hat Hamburg oftmals andere machen lassen. Nicht einmal die Hälfte unserer Lehrer wird bisher in Hamburg ausgebildet. Der rot-grüne Senat überlässt die kostenintensive Lehrerausbildung gern anderen Bundesländern und, das hat Frau Duden schon gesagt, überlässt es gern der Attraktivität unserer Stadt, dass schon genügend Lehrer zu uns kommen werden. Vorausschauende und verantwortungsvolle Bildungspolitik sieht anders aus.

Die Einrichtung von 135 zusätzlichen Referendariatsstellen ist dabei, finden wir, zu kurz gegriffen. Der Lehrermangel schlägt im gesamten Bundesgebiet durch und es wird darauf ankommen, mehr junge Menschen für den Beruf des Lehrers zu gewinnen. Denn, Frau von Berg, der Beruf des Lehrers muss auch und vor allem in Hamburg attraktiv bleiben. Das geschieht aber nicht, wenn Lehrerinnen und Lehrer aufgrund der gestiegenen Anforderungen und Leistungen Aufgaben von Inklusion und Integration leisten, für die sie gar nicht entsprechend ausgebildet sind und für die gar nicht die entsprechenden Ressourcen vorhanden sind. Dabei kann ich nur die geplante Lehrerreform mit der Einführung eines Einheitsschullehrers für Gymnasium und Stadtteilschule kritisieren. Es gibt genau hier eine große pädagogische Lücke und führt zu einer großen Gefahr für die Stadtteilschulen. Statt einer Aufwertung werden diese und damit der in Deutschland wirklich wichtige mittlere Schulab

(Barbara Duden)

schluss abgewertet und das ist wiederum wenig attraktiv für die Stadtteilschule und künftige Lehrer. Lehrer, die künftig ausschließlich für das Unterrichten am Gymnasium ausgebildet werden, sind dann nur noch unzureichend für die Arbeit an Stadtteilschulen vorbereitet.

Ich sehe eine Gefahr, dass durch bildungspolitische Gleichmacherei sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler eher auf der Strecke bleiben, als wenn man sich dieser individuell annimmt. Diese Diskrepanz zwischen den Ansprüchen, die an die Lehrer gestellt werden, und den tatsächlichen Möglichkeiten sehe ich als eine wesentliche Ursache dafür, dass immer weniger Menschen den Lehrerberuf erreichen wollen. Im Sinne unserer Kinder darf die Lehramtsbildung aber nicht an Attraktivität verlieren.

Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen geht also quantitativ schon einmal in die richtige Richtung, geht aber qualitativ am Bedarf vorbei. Und jetzt ist es das, was Frau von Berg Schäfchenwolken nennt: Mit dem Blick auf die tatsächlich vakanten Lehrerstellen kann sich jeder ausrechnen, dass es bei Weitem nicht ausreicht; vor allem die Lücken in den MINT-Fächern werden damit nicht gefüllt. Und genau im MINT-Bereich wird ein Teufelskreis damit verursacht. Weil die Lehre in den MINT-Fächern an den Schulen nicht mehr in der notwendigen Qualität erfolgt, wächst in der Schülerschaft auch nicht der entsprechende qualifizierte Nachwuchs heran. Die Klagen der Hochschulprofessoren, aber auch der Ausbildungsbetriebe …

(Farid Müller GRÜNE: Alles Thesen!)

Das ist so. Die Klage der Hochschulprofessoren, dass die mangelnden Grundkenntnisse der Studierenden beziehungsweise der Auszubildenden da sind und überbrückt werden müssen, wird auch an Ihr Ohr gedrungen sein, auch an das von Schulsenator Rabe.

(Farid Müller GRÜNE: Was hat das mit der Lehrerausbildung zu tun?)

Diese Klagen sollten ihn endlich dazu bewegen, wirksam gegen den Bewerbermangel in den MINTFächern vorzugehen und die notwendige Quantität und Qualität zurückzuerlangen. Bereits im vergangenen Schuljahr ist an jeder dritten Stadtteilschule der erteilte Physik- und Chemieunterricht im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Diese Entwicklung muss gestoppt werden.

Die CDU stimmt dem vorliegenden Antrag zu, weil quantitativ gesehen die Einführung von 135 Referendariatsstellen ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Ansonsten kritisieren wir die rotgrüne Bildungsideologie, die Gleichmacherei aufs Schärfste.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort Sabine Boeddinghaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir fällt gar nicht so sehr viel ein zu dem Antrag. Ich könnte ihn eigentlich in einem Satz bewerten, indem ich sage: Natürlich stimme ich diesem Antrag zu, es ist die richtige Maßnahme. Aber es macht im Grunde nur eines deutlich: Rot-Grün erfüllt das Schulgesetz. Und wenn man dafür einen Senat jetzt schon loben muss, dann sind wir nicht so richtig weit gekommen hier im Parlament, finde ich.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Wir haben erfreulicherweise wachsende Schülerzahlen, wir haben natürlich auch Lehrerinnen und Lehrer, die in Pension gehen. Deswegen muss man dann auch bei der Sicherstellung der Referendarsplätze nachsteuern, das ist gar keine Frage. Trotzdem, finde ich, muss man noch einmal ein paar Worte verlieren, denn wir brauchen natürlich in Zukunft weiterhin eine Debatte über die Bedarfe an den Schulen. Das haben wir nun gerade in der letzten Sitzung hier mit der Volksinitiative "Gute Inklusion" erlebt. Bevor sie an den Start gegangen ist, hat der Senat auch fest behauptet, alles wäre gut an den Schulen, es gäbe keinen Mangel an Lehrerstellen. Jetzt hat die "Gute Inklusion"-Initiative knapp 300 Lehrerinnen und Lehrer rausverhandelt und da sind wir noch nicht beim Bedarfsdecken, bei dem, was wir wirklich in den Schulen brauchen. Wenn wir unterwegs sind, hören wir gerade an den Stadtteilschulen, dass es einen Mangel gibt, und wir müssen diese Debatte weiter führen. Das hat jetzt mit diesem Antrag heute nichts zu tun. Deswegen haben wir auch unseren Zusatzantrag erst einmal zurückgestellt. Wir werden ihn in den Doppelhaushaltsberatungen im Dezember wieder aufrufen, denn wir müssen wirklich alle zusammen schauen, was an den Schulen wirklich für Bedarfe da sind. Es ist Inklusion, es ist Ganztag, es ist die Beschulung von Flüchtlingskindern und vieles mehr. Von daher ist das jetzt gerade das, was nötig ist; aber wir brauchen mehr. Wir brauchen auch mehr, zum Beispiel noch einmal genau hinzugucken – und das werden wir auch in Zukunft noch einmal aufnehmen –, wie überhaupt die Situation für die jungen Referendarinnen und Referendare an den Schulen aussieht. Sie müssen relativ viel bedarfsdeckenden Unterricht machen, sie müssen ab und zu sogar bei Vertretungsunterricht einspringen. Vertretungslehrer machen zunehmend auch fachspezifischen Unterricht. Also wenn wir da hingucken, dann ist vieles im Argen und deswegen müssen wir weiterhin die Debatte führen, ob die bereitgestellten Stellen für Lehrerinnen und Lehrer den Bedarfen wirklich gerecht werden. Von daher erst einmal heute grünes Licht für den

(Birgit Stöver)

Antrag. Aber die Debatte geht noch weiter. Auch für die Schulen in den sogenannten sozial schwierigen Stadtteilen muss mehr getan werden. Das werden wir zu gegebener Zeit wieder aufrufen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)