Protocol of the Session on December 20, 2017

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollege! Herr Kruse, ich muss sagen, Ihre Klamaukrede war wirklich ziemlich peinlich. Ich fürchte, dass Sie gerade verzweifelt an einem Marketingauftritt für Ihre neue Doppelspitze arbeiten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: So ist das!)

Die ist aber heute gründlich danebengegangen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Aber noch schlimmer finde ich eigentlich, dass Sie Ihren eigenen Erwartungen an den Bürgermeister, die ich ja teile, dass er sich nämlich mehr um die Hamburger Belange kümmern soll, gar nicht gerecht werden, indem Sie jetzt wieder so eine allgemeine Haudrauf-den-Olaf anmelden, anstatt einmal konkrete Themen anzumelden, mit denen Sie wirklich den Senat und den Bürgermeister konfrontieren und dann auch stellen können.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist das, was Herr Kruse kann, das ist sein Niveau!)

Das wünsche ich mir für 2018, denn jetzt haben wir hier einen sehr oberflächlichen Schlagabtausch, der überhaupt keinen Erkenntnisgewinn bringt.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich möchte ich aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, um auch noch einmal aus unserer Sicht ein paar Schlaglichter auf das letzte Jahr zu werfen. Für uns ist es natürlich keine Frage, dass der Erste Bürgermeister vor, während und nach dem G20-Gipfel mächtig geschwächelt hat, eklatante Fehler gemacht und seinen politischen Kompass verloren hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus unserer Perspektive ist die erhebliche und bewusst vollzogene Einschränkung von Grund- und Bürgerrechten, von Versammlungs- und Meinungsfreiheit rund um den G20-Gipfel bis zum heutigen Tag der schlimmste Sündenfall des Senats und das hat natürlich auch der Erste Bürgermeister zu verantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich zitiere Heribert Prantl von der "Süddeutschen Zeitung":

"Die Öffentlichkeitsfahndung à la Hamburg ist keine Fahndung nach den Regeln der Strafprozessordnung."

(Dennis Thering CDU: Sonderbar! – Dr. An- dreas Dressel SPD: Das entscheiden die Gerichte!)

"Es handelt sich um die pauschale Aufforderung zu einem öffentlichen Suchspiel. Mit dieser Aktion setzt die Hamburger Polizei die fatale Taktik fort, die sie schon beim G20-Gipfel praktiziert hat. Sie wirft G20-Kritiker in einen Topf mit Gewalttätern vom Schwarzen Block. Das ist schwarze Fahndung."

(Beifall bei der LINKEN)

Auch der Hamburger Datenschützer, Herr Caspar, hat sich ähnlich kritisch zu der beispiellosen Öffentlichkeitsfahndung im Netz geäußert. Wir fordern vom Senat eine selbstkritische Aufarbeitung und ein klares Bekenntnis zu unseren im Grundgesetz verbrieften Bürgerinnen- und Bürgerrechten und eine entsprechende Neujustierung seiner Politik. Grundrechte sind unteilbar, nicht verhandelbar und gelten für alle.

(Beifall bei der LINKEN)

Unsere Kritik am Ersten Bürgermeister zu seiner fehlenden Sozialkompetenz haben wir im letzten Jahr hinlänglich dargelegt und sie ist leider immer noch aktuell. Die Schwächsten unserer Gesellschaft sitzen beim Senat, beim Ersten Bürgermeister, am Katzentisch: Obdachlose, Alleinerziehende, Kinder und ihre Eltern in Armut, die Altersrente, die Erwerbslosen und die prekär Beschäftigten, sie alle haben keine eigene Lobby, sie sind damit chancenlos. Der Senat lässt mantraartig verkünden, er täte auf allen Feldern genug. Ich bin mir sehr, sehr sicher, gäbe es bei den Betroffenen die Ressource zur Gründung einer Volksinitiative, würde er sehr schnell eines Besseren belehrt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Milliardengrab HSH Nordbank gefährdet die Stabilität des Hamburger Haushalts. Wir hatten hier schon sehr früh eine konsequente Anwendung des EU-Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes ge

(Dr. Anjes Tjarks)

fordert. Auch hier trägt der rot-grüne Senat eine hohe Mitverantwortung und muss sich dieser stellen. Dass der Senat immer wieder erst auf massiven Druck durch Volksinitiativen zum Jagen getragen werden muss und dann urplötzlich Millionen von Euro lockermachen kann, ist für die jeweilige Sache gut, wirft aber ein komisches, ein fahles Licht auf sein Selbstverständnis, wie er eigentlich mit der Opposition umgeht.

(Jan Quast SPD: So ein Schwachsinn!)

Denn unsere Forderungen, die wir hier oft einbringen, decken sich mit Forderungen der Volksinitiativen und werden dann aber ins Reich von "Wünsch Dir was" verwiesen. Und immer wird uns erzählt, der Senat würde alles tun und er hätte alles im Griff, dann kommt eine Volksinitiative und dann sieht das alles sehr viel anders aus. Lieber Senat, die Volksinitiativen sind Ihre Achillesfersen und ich muss keine Wahrsagerin sein, um zu sagen, dass auch im nächsten Jahr sicher wieder eine an den Start gehen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Behörden sind gerade dabei,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die macht ihr dann selber!)

den nächsten Doppelhaushalt aufzustellen und es steht zu befürchten, dass strukturell keine Zunahmen in den einzelnen Behörden kommen werden. Auch hier entscheidet maßgeblich der Erste Bürgermeister, der der schwarzen Null mehr huldigt als seiner sozialdemokratischen Verantwortung, für sozialen Ausgleich in Hamburg zu sorgen und konzeptionell dem Auseinanderdriften einzelner Regionen entgegenzuwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Geld ist genug da, es muss nur endlich für die dringenden Bedarfe der sozialen und kulturellen Infrastruktur eingesetzt werden. Wir haben Jahr für Jahr dafür sehr reale und konkrete Investitionen vorgeschlagen. Nun hat sich Olaf Scholz ja bekanntlich schwergetan …

(Glocke)

Ist Schluss?

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): So ziemlich, ja.

Das tut mir leid. Ich hätte gern noch etwas zu seinem Papier gesagt; vielleicht komme ich noch einmal. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wird wahrscheinlich etwas schwierig, weil wir tatsächlich nur noch fünf Minuten in der Aktuellen Stunde haben. – Deswegen hat Professor Kruse von der AfD-Fraktion für diese fünf Minuten das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat er ja mit der Doppelspitze!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich beim Lesen der Formulierungen in Ihrer Anmeldung, Herr Kruse, gefragt, was Sie eigentlich geritten hat, den Bürgermeister so pauschal, überzogen und persönlich verletzend anzugehen, und das kurz vor Weihnachten.

(Zurufe von der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP: Oh!)

Sachlich haben natürlich auch wir von der AfD vieles zu kritisieren. Wir von der AfD kritisieren die erheblichen Mängel in der inneren Sicherheit, zum Beispiel bei der Einbruchskriminalität. Wir kritisieren die unzureichende personelle Ausstattung von Polizei und Justiz. Wir kritisieren den Umgang mit der von Frau Merkel heraufbeschworenen Migrationskrise, zum Beispiel die viel zu geringe Zahl von Abschiebungen. Hochmoral allein ist kein guter Ratgeber bei allen menschlich guten Vorsätzen. Zum Thema Islam, bei dem das aufgeht, sage ich nachher noch etwas anlässlich unseres äußerst moderaten DITIB-Antrages.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Schön zu wissen, dass er moderat ist!)

Das wollte ich Ihnen extra nur vorher sagen, Frau von Treuenfels.

Wir kritisieren auch das Hamburger Verkehrschaos, die in vielen Jahren überfällige Elbvertiefung und eine Schulpolitik, die unschuldige Kinder zu Geiseln einer Inklusionsideologie macht.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh!)

Ich habe auch von dieser Stelle gesagt, dass ich einmal eine kräftige Aufstockung der Mittel für Wissenschaft, Forschung und Lehre an den Hamburger Hochschulen gewünscht hätte, zumal der Finanzsenator von Geld geradezu erschlagen wird. Aber ich kann doch auch als Oppositionspolitiker nicht leugnen, dass es in puncto Wissenschaft auch große Fortschritte gegeben hat,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wo er recht hat, hat er recht!)

vor allem, dass das auch als Priorität des Senats für die Standortqualität erkannt worden ist. Bahrenfeld ist da ein gutes Beispiel. Das gehört zur Glaubwürdigkeit auch eines Oppositionspolitikers. 2017 war diesbezüglich kein verlorenes Jahr. Zwei

(Sabine Boeddinghaus)