Wir haben uns einmal erlaubt, die Projekte im Lärmaktionsplan anzuschauen. Die Bilanz, meine Damen und Herren von der Koalition, ist keine vorzeigbare Erfolgsgeschichte.
Erster Bereich: Straßenverkehr. Hier haben wir ein richtig tolles Projekt, Tempo-30-Zonen für Hamburg. Bekanntermaßen geht es darum, dass Lärm durch eine geringere Geschwindigkeit reduziert werden könnte. Aber dieser Lärmschutz darf nur dort angewendet werden, wo nicht gerade die aktuell betriebene Busbeschleunigung betroffen ist. Abgesehen davon, dass Tempo 30 bezüglich des Luftreinhalteplans sowieso problematisch ist, stellt sich die Frage, wo der forcierte Ausbau von Straßen mit Flüsterbelag bleibt, gerade in besonders stark betroffenen Stadtteilen. Ich denke da etwa an die Stresemannstraße.
Zweiter Bereich: Schienenverkehr. Ein großes, prestigeträchtiges Projekt – der Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck. Das Wort Kostensteigerung wäre hier echt ein Kompliment für Sie, ich würde aber eher sagen, es ist eine Kostenexplosion. Mit Zahlen hat es übrigens der Senat sowieso nicht so.
Angesetzt waren 350 Millionen Euro, mittlerweile haben wir über 915 Millionen Euro, das sind 160 Prozent Unterschied und das nur nach dem
Stand von 2015. Wir fragen jetzt einmal bewusst nicht nach dem aktuellen Stand, lieber Senat, denn die Presse ist schließlich anwesend.
Dritter Bereich: Aller guten Dinge sind drei, daher schauen wir auch noch einmal auf die Lärmbelästigung am Flughafen. Ihre Zielrichtung hier können viele Menschen nicht nachvollziehen. Sie benennen die Zeitspanne von 23 bis 6 Uhr als besonders ruhebedürftig. Aber ist Ihnen auch bewusst, dass diese Zeitspanne dann auch besonders sensibel behandelt werden muss? Bei näherer Betrachtung kommt man leider nicht zu diesem Eindruck. Seit 2011 pendelt sich die Anzahl der Flüge, die jedes Jahr nach 23 Uhr landen, entspannt bei einer hohen dreistelligen Zahl ein.
Ihnen Ihre Fehler und Versäumnisse zu präsentieren ist die eine Sache, die andere ist, wirklich etwas Grundsätzliches zu tun, nämlich Lärm zu reduzieren durch eine effiziente und effektive Verkehrsplanung, und das nicht nur für Radfahrer, sondern für alle Verkehrsteilnehmer in dieser Stadt. Man könnte sich ein mehrschichtiges integriertes Verkehrskonzept vorstellen, in dem neben den Radfahrern auch der öffentliche Personennahverkehr, der individuelle Personennahverkehr und der notwendige Liefer- und Güterverkehr vorkommen.
Das könnte auch direkt Anwendung finden in großen Bauprojekten, die unser Erster Bürgermeister gern immer wieder propagiert. Also, ich bitte Sie darum, nicht nur bunte Bildchen von großen Projekten zu malen, sondern einfach einmal vernünftig zu arbeiten und zu regieren und die Dinge im Interesse der Hamburger Bürger umzusetzen.
Und im Übrigen – lassen Sie mich das als neues Mitglied dieses Hauses auch einmal sagen – meine ich, frei nach Cicero, dass Hamburg auch in diesem Punkt nicht gut regiert wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! "Ruhe bitte – 465 000 Hamburgerinnen und Hamburger nicht länger gesundheitlich belastendem Lärm aussetzen!"
Meine Damen und Herren, ich sagte, Frau Oelschläger hat das Wort. Wenn Sie sich unterhalten möchten, bietet das Haus andere Räumlichkeiten.
So lautet das Thema der Fraktion DIE LINKE. Und wir sind uns einig, Lärm macht krank. Es gibt zahlreiche Lärmquellen in einer Stadt wie in Hamburg: Flugverkehr, Bahnverkehr, Straßenverkehr, Baustellen, Gewerbebetriebe, den Hafen, den Dom, Diskotheken, Kneipen, Sportstätten, Kirchen und auch den Lärm in Treppenhäusern, Wohnungen und am Arbeitsplatz.
Für die meisten Lärmquellen gibt es unterschiedliche Verordnungen und Gesetze. Gerichte legen zu Recht unterschiedliche Maßstäbe an Lärmquellen. So finde ich es absolut richtig, dass sich Nachbarn von Kindergärten und Spielplätzen auch ein wenig Krach gefallen lassen müssen. Auch finde ich die Diskussion, ob ein neuer Belag auf einem Sportplatz nun zu einer Rücknahme von einer Ausnahmegenehmigung führen soll, vollkommen abenteuerlich. Es gibt Lärm, der auch etwas mit Leben zu tun hat. Dabei meine ich bewusst nicht den Lamborghini-Fahrer, der vor Kurzem erwischt wurde, weil dessen Wagen 131 Dezibel Lärm verursachte. Ein startender Jet erzeugt lediglich 120 Dezibel. Motorengeräusche in dieser Lautstärke sind in jedem Fall verboten. Dennoch könnte ich mir die Strafe allein für die Lautstärke dieser sogenannten Autoposer gern höher vorstellen. Ich sage das nicht, weil häufig ein bestimmtes Klientel zu diesen Autoposern gehört, sondern weil auch mich dieses Geräusch extrem stört.
Gerade in einer Großstadt ist schon einiges getan, um die Umwelt ein klein wenig leiser zu machen, wenn man nicht mit quietschenden Reifen vorfährt. Die neuen Lärmkarten 2017 der BUE für den Straßenverkehr zeigen, dass 362 000 Hamburgerinnen und Hamburger von einem durchschnittlichen 24-Stunden-Umgebungslärm von mehr als 55 Dezibel betroffen sind. Zwar werden Motoren leiser, aber dafür der Autoverkehr mehr.
Ähnlich verhält es sich mit dem Schienenverkehr. Der technische Fortschritt macht Züge und Gleisanlagen leiser, aber dafür sind die Taktungen höher. Ebenso gilt das für den Flugverkehr. Es wurde bereits angesprochen, auch hier können wir der Fluglärmbeauftragten auch politisch noch einmal den Rücken stärken und ihre Kompetenzen ausbauen beziehungsweise verstetigen. Ziel muss es sein, die Nachtruhe frei von Lärm und Krach für alle Hamburger zu gewähren.
Am meisten stört Lärm, wenn er unnötig ist. Einer meiner Favoriten sind Laubbläser und Laubsauger wegen des durchdringenden Lärms, den sie verursachen. Je nach Modell erzeugen sie über 110 Dezibel und sind damit lauter als so mancher Press
lufthammer und die meisten Kreissägen. Abgesehen davon, dass sie Nützlinge vernichten, werden viele mit Zweitaktmotoren betrieben und erzeugen unnötige Abgase. Vielleicht kann man ja doch die SAGA, die Stadtreinigung und vor allem deren Subunternehmer wieder mit Harken und Besen ausstatten, auch wenn das antiquiert klingt. Mir ist bewusst, dass die Laubsammlung der Stadtreinigung überwiegend mit Elektroblasgeräten durchgeführt wird, aber vollkommen leise ist das auch nicht.
Und da ich schon einmal beim Wünsch-dir-was bin: Können wir nicht alle für Silvester einmal auf die Kanonenschläge und lauten Böller verzichten? – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Sehr geehrte Frau Boeddinghaus, die von Ihnen zitierten Studien will ich gar nicht …
Die von Ihnen zitierten Studien will ich gar nicht grundsätzlich kritisieren. Ich finde es bloß nicht so geschickt, sich darauf zu konzentrieren, weil Sie alle für Kritik offen sind auf zweierlei Art. Zum einen, dass Sie sich eben prinzipiell nicht auf Kinder beziehen, und zum anderen, dass da andere Einflussgrößen sind, wie das von Ihnen immer beliebte Thema Armut, was ja als solches schon eine Reduzierung der Lebenserwartung bewirkt.
Der eine Punkt ist die Cortisolkonzentration, von der man eben seit über 20 Jahren weiß, dass man sie schmerzlos und genau im Speichel messen kann. Da hat man eben festgestellt, dass normal, beim Gesunden, ein scharfer Anstieg schon während der zweiten Nachthälfte stattfindet, der uns eben für die Tagesaktivität bereit macht, und dann ein langer, flacher Abfall über den Rest des Tages. Wenn man eben Stress und auch Lärmstress hat, dann ist dieser Startpunkt am Morgen etwas niedriger und im ganzen Tagesverlauf nimmt dann die Cortisolkonzentration zu, um dann in einer Er
schöpfung zu enden. Diese Ergebnisse sind übrigens vor elf Jahren sehr gut zusammengefasst worden von Vermeer und van IJzendoorn.
Der zweite Punkt ist folgender: Man kann die Größe des Hypocampus messen, das ist eine Struktur im Temporallappen. Und man weiß, wenn ein Kind in der frühen Kindheit belastet wurde, dann hat es hinterher im Teenageralter ein um die Hälfte kleineres Volumen des Hypocampus. Und das ist – das sollte Sie interessieren – verbunden mit schlechteren Lernmöglichkeiten, weil der Hypocampus damit beschäftigt ist, vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis zu transferieren, und andere Aufgaben im Bereich der Gefühle und der Raumorientierung hat.
Jetzt muss ich mich ein bisschen korrigieren. Diese Studie, die ich eben benannt habe, ist zwar richtig, sie bezog sich aber auf ein etwas anderes Thema.
Aber es ist eben interessant zu sehen, dass, egal ob ein Kind an einer vielbefahrenen Straße jede Nacht schläft oder ob es im Alter von ein bis drei Jahren in eine Kinderkrippe gesteckt wird, der Effekt ist völlig identisch. Da müssen Sie sich einmal fragen lassen, ob es in erster Linie um die Ideologie
Frau Schaal und Frau Sparr haben sich ja sehr bemüht, die positiven Aktivitäten des Senats aufzuzählen, aber sie sind nicht drum herumgekommen festzustellen, dass im Bereich Lärmschutz in Hamburg noch etliches zu tun ist. Und, Frau Schaal, ich finde das schon sehr interessant, wenn Sie sagen, es geht nicht um Pläne. Es geht um den Lärmaktionsplan. Da habe ich Ihnen genau dargelegt, was der Senat alles nicht gemacht hat. Es geht genau darum, dass der Senat eben nicht die Taten umsetzt, die er verspricht. Und der Deckel auf der A 7 ist ein wunderbares Beispiel. Da waren wir sehr dafür. Was Sie nicht erwähnt haben, ist, dass aber die A 7 dabei ja auch weiter ausgebaut wurde und zusätzliche Spuren bekommen hat,
wodurch mehr Verkehr und mehr Lärm in anderen Bereichen entstehen. Aber der Deckel wird dazu führen, dass es in den umliegenden Bereichen leiser wird. Aber Ihre Behauptung, davon profitiert die ganze Stadt mit weniger Lärm, ist jetzt sehr weit hergeholt.