Protocol of the Session on December 20, 2017

"… gegenwärtig nicht akut gefährdet".

Das heißt doch, dass wir uns insgesamt in einer schwierigen Lage befinden. Das ist doch keine Situation, in der wir eigentlich gute finanzielle Mittel haben, in der wir eigentlich Sanierungsstaus aufheben müssten, in der wir tatkräftig nach vorn gehen könnten. Da stellen wir fest beziehungsweise stellt der Rechnungshof fest, dass die Situation sich nicht so stark verbessert, wie Sie uns das versuchen darzustellen, sondern wir haben einen Sanierungsstau. Er wird bisher kaum aufgehoben, und das auch für die nächste Zeit nicht. Es ist wichtig für uns, dass wir uns daran erinnern.

(Jan Quast SPD: Das ist absoluter Quatsch!)

(Farid Müller)

Der dritte Punkt ist im Zusammenhang mit den Personalkosten. Ich bin ein entschiedener Befürworter der Ausweitung der Personalkosten in dieser Stadt, das habe ich immer deutlich dargestellt. Aber der Rechnungshof hat klar gesagt, dass wir das, was in gewisser Weise dieser Senat die ganze Zeit erklärt – unsere Überschrift bedeutet, in jedem Jahr 250 Stellen abzubauen –, nicht eingehalten haben. Dementsprechend gibt es auch eine gute Begründung, warum er es nicht eingehalten hat, weil nämlich gewissermaßen einiges mehr zu machen ist und die Aufgaben, die diese Stadt zu erfüllen hat, mit der geringeren Anzahl an Leuten nicht durchzuführen sind. Somit ist es richtig, dass der Senat sich dort verändert hat, aber er sollte es auch offen zugeben

(Beifall bei der LINKEN)

und nicht so tun, als wenn es irgendwie trotz allem klappt.

Deswegen freue ich mich auf die Beratung im Haushaltsausschuss und ich freue mich immer über die beratenden Äußerungen des Rechnungshofs. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Oelschläger für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch von meiner Seite herzlichen Dank an den Rechnungshof für diesen Bericht. Wieder einmal hat der Rechnungshof umfassend und verständlich die Lage Hamburgs dargestellt. Den Bericht kann man auf zwei Arten lesen. Erstens, es geht Hamburg gut und Hamburg ist auf einem guten Wege und zweitens, Hamburg läuft sehenden Auges in eine Schuldenfalle. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Deshalb möchte ich heute den Fachsprechern, nicht so sehr den Haushaltspolitikern, ein paar Anmerkungen mit auf den Weg geben und ja, mit dem Blick auf die GRÜNEN, auch den meiner eigenen Partei.

Der Rechnungshof kommt zu der Auffassung, dass viele politische Entscheidungen sinnvoll und nicht finanziell überfordernd sind, aber die Summe der finanzpolitischen Entscheidungen gefährlich ist. So führt der Rechnungshof aus, dass bereits mehr als 72 Prozent des Haushaltsbudgets für gesetzliche Leistungen, Mieten, Zinsen und Personal ohne Gestaltungsspielräume fix sind. Im Jahr 2015 waren es nur 65 Prozent und die Tendenz ist weiter steigend. Die Bürgerschaft nimmt sich durch langfristige Maßnahmen künftigen politischen Gestaltungsspielraum.

Jetzt können Sie natürlich kommen und sagen, das mache die Haushaltsberatungen einfacher, wo es nichts mehr zu verteilen gibt, da brauchen wir

auch nicht zu diskutieren. Das bedeutet dann aber auch, dass wir dem UKE oder den Hochschulen die Mittel zusammenstreichen müssen, denn diese Zuweisungen sind in den zwingenden 72 Prozent noch gar nicht enthalten.

Ein weiterer Punkt, den ich Ihnen ans Herz legen möchte, sind die Schulden von Tochterunternehmen. Weil der Rechnungshof super ist, hat er die HSH Nordbank gleich herausgerechnet, damit wir Zahlen ohne Nebeneffekte haben. Seit 2010 steigen die Schulden der voll konsolidierten Töchter kontinuierlich an. Gleiches gilt im Übrigen für die Gewährträgerhaftung. Hamburg verschuldet sich außerhalb des Kernhaushalts mehr und mehr. Von neu gebauten Schulen werden noch Generationen von Schulkindern etwas haben, aber wir leisten uns auch mit f&w, fördern und wohnen, eine Flüchtlingsunterbringung auf Pump.

Noch ist keine der Ampeln des Rechnungshofs rot, aber der Rechnungshof zeigt auf: Die Grenzen kommen in Sichtweite. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Senator Dr. Tschentscher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Berichte des Rechnungshofes richten sich an die Bürgerschaft, aber ein bisschen auch an den Senat.

(Thilo Kleibauer CDU: Beide!)

Ja, an beide.

Deswegen nehmen wir ja auch gern dazu gesondert Stellung, aber eins will ich, sofern der Senat heute angesprochen ist, auch in dieser Debatte einmal erwähnen: Die kritischen Untertöne seitens der Opposition sind ja in Ordnung. Nur, wenn man den Rechnungshofbericht wirklich liest – ich nenne jetzt einmal die vier Kernthesen und die Kernaussagen –, dann verstehe ich diesen sehr kritischen Unterton nicht.

Der Rechnungshof stellt fest: Die Kreditaufnahme liegt seit 2012 deutlich unterhalb der Planwerte. Die Finanzplanung ist geeignet, die Schuldenbremse einzuhalten. Der Verlauf der Kassenverstärkungskredite ist unauffällig. Und es bestehen weiterhin keine Anzeichen – das ist jetzt sehr wichtig – für eine Verlagerung von Schulden in Tochterorganisationen. Das muss man einfach einmal so akzeptieren. Das ist ein sehr gutes Zeugnis. Jetzt ist das Schwierige an solchen Debatten, dass die Dinge doch sehr durcheinander angesprochen werden. Der Rechnungshof sagt uns: Trennt ein bisschen die Themen Kernhaushalt, Extrahaushalte und weitere Betrachtungen. Deswegen würde

(Norbert Hackbusch)

ich das gern in dieser Sortierung auch noch einmal darlegen.

Erstens: Der Kernhaushalt war 2011 in einem sehr schlimmen, besorgniserregenden Zustand. Ich habe das hier schon einmal erwähnt, dass wir Schlusslicht in Deutschland waren.

(Thomas Kreuzmann CDU: Darin sind wir nicht Schlusslicht!)

Hinter uns waren nur noch das Saarland und Bremen. Wenn Sie jetzt die Zahlen des Bundesfinanzministeriums zum Kernhaushalt nehmen, dann liegen wir bezogen auf unsere Einnahmen, was unsere Überschüsse angeht, in der Kategorie von wirtschaftsstarken Flächenländern wie Bayern und Baden-Württemberg. Das ist die Entwicklung im Kernhaushalt und die ist sehr bemerkenswert und hat sehr viel damit zu tun, wie wir seit 2011 in einem langfristigen Konzept unsere Ausgaben und Einnahmen planen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Zweite ist dann der Bereich der Sondervermögen. Da habe ich in Erinnerung, als wir zum ersten Mal in einem Sondervermögen Stadt und Hafen in dreistelligem Millionenumfang Schulden getilgt haben, dass ich hier Hinweise von dieser Seite des Hauses bekam: Was kümmerst du dich denn um die Sondervermögen, die sind doch nebensächlich, jetzt bring doch erst einmal den Kernhaushalt in Ordnung. Das war so ungefähr die Tonlage. Seit 2014 haben Sie die Sichtweise geändert. Da tilgen wir im Kernhaushalt und Sie sagen: Wir haben noch die Sonderhaushalte und Sondervermögen, da laufen ja Schulden auf. Das stimmt, aber es sind andere Arten von Krediten, keine Kredite, um laufende konsumptive Ausgaben zu decken, sondern es sind Kreditaufnahmen für die Entwicklung der HafenCity, die dann aus den Grundstückserlösen auch wieder getilgt werden können, und Kredite im Sondervermögen Schulbau, für die wir Schulen bauen, die 50 bis 100 Jahre zur Verfügung stehen,

(Farid Müller GRÜNE: Die wird doch ange- schoben!)

eine sehr wichtige Aufgabe, die wir im Interesse der jungen Generation hier lösen müssen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Und nun sage ich Ihnen einmal etwas, was heute gar nicht erwähnt wurde. Frau Dutschke, wir haben Ihre Kleine Anfrage zu diesem Punkt, ich glaube, gestern beantwortet. Vielleicht haben Sie es erst heute bekommen, aber ich sage Ihnen einfach einmal, was drinsteht.

(Heiterkeit bei André Trepoll CDU)

Sie lachen, Herr Trepoll. Sie werden Ihre Argumentation ändern müssen, die Sie seit 2014 aufgebaut haben.

Es ist nämlich so, dass wir in diesem Jahr einen, wie Sie wissen, sehr guten Haushaltsverlauf hatten. Wir hatten der FDP-Fraktion auch schon berichtet, dass wir Ende November 2017 – das wird sich aber Ende Dezember nicht anders darstellen – in nennenswertem Umfang Schulden im Kernhaushalt getilgt haben, nämlich 600 Millionen Euro. 640 Millionen Euro werden es wahrscheinlich werden.

Im Gegenzug haben wir natürlich die Investitionen für den Schulbau über Kredite weiter finanziert. Aber selbst wenn ich diese Positionen gegenrechne, bekommen wir noch über alles eine nennenswerte Tilgung dieser langfristigen Kredite in diesem Haushaltsjahr hin. Das heißt, wenn ich das einmal in meinen Worten sagen darf, wir haben die Investitionen in die HafenCity und die Investitionen in den Schulbau, von denen wir 50 bis 100 Jahre etwas haben, im Grunde bar bezahlt. Wo gibt es denn so etwas eigentlich? Fragen Sie das einmal in irgendeinem anderen Flächenland oder gar in den Stadtstaaten,

(Farid Müller GRÜNE: Bei den Unterneh- men!)

dass wir in der Lage sind, in dieser verantwortungsvollen Art und Weise mit dem Steuergeld umzugehen. Das ist ein sehr großartiges Ergebnis für dieses Haushaltsjahr und das darf wirklich in so einer Debatte einmal anerkannt werden. Frau Dutschke, ich bedauere, dass Sie das nicht erwähnt haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber das dritte Thema ist natürlich ein weiteres Problem, das uns sehr bedrückt. Das sind die weiteren Extrahaushalte. Dazu zählt im Wesentlichen das Thema HSH Nordbank. Dort gibt es diese beiden Anstalten, die wir gründen mussten, und dort ist es so, dass erhebliche Schuldenaufnahmen in kurzer Zeit jetzt nötig sind. Aber ich sage Ihnen eindeutig: Wir werden es nicht hinbekommen und wir werden es auch gar nicht versuchen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir es nicht tun werden, die Verschuldung, die durch eine verfehlte Landesbankenpolitik bis 2008 ausgelöst wurde und die jetzt durch eine Inanspruchnahme der HSH-Nordbank-Garantie von 2009 in kurzer Zeit aufläuft, durch Kürzungen bei den Kitas, den Schulen oder in der Wissenschaft zu finanzieren. Das werden wir nicht tun, sondern diese Schulden gehören seit Langem zu den Verbindlichkeiten der Stadt, die wir nach dem Konzept unserer Finanzplanung schrittweise abbauen, vermutlich schneller, als sich einige das jetzt noch vorstellen können.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Dann hat Herr Kleibauer noch die Destatis-Zahlen, also die Zahlen der Statistikämter angesprochen.

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

Gerade heute gibt es wieder eine Veröffentlichung; wir haben uns die heute Vormittag schnell angesehen. Auch solche Zahlen muss man verstanden haben, bevor man sie kritisiert. Wir haben innerhalb eines Jahres – steht dort – einen Zuwachs von insgesamt rund 700 Millionen Euro gehabt, und zwar alles, Kernhaushalt und Extrahaushalte. Das sind ungefähr die Schulden, 700 Millionen Euro, für die hsh finfo, die Anstalt, die die Garantien bedient, die Sie 2009 beschlossen haben.

Die weiteren Schulden in Extrahaushalten, insbesondere für den Netzrückkauf, ein halbe Milliarde Euro Investitionen in den Schulbau und andere Investitionen, wie den Neubau des CCH oder das Geomatikum, haben wir nach den Zahlen von Destatis in vollem Umfang durch eine Rückführung von Schulden im Kernhaushalt ausgeglichen.

(Thilo Kleibauer CDU: Das steht doch alles gar nicht da drin!)

Das ist die eigentliche Botschaft, Herr Kleibauer, der Statistikämter zum Stichtag 30. September 2017, über die Sie einmal nachdenken sollten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.